Wednesday, May 04, 2011

Zur "mit TTMMJJJJ in Kraft" getretenen "Cold Calling"-Novelle zum TKG

Die Anzahl der Presseaussendungen rund um eine Gesetzesnovelle ist nicht immer kongruent mit deren tatsächlicher Bedeutung. Sucht man etwa im OTS-Portal der APA unter dem Stichwort "cold calling", so findet man allein in den letzten drei Monaten 27 Aussendungen, die sich mit den am 28. April 2011 kundgemachten einschlägigen Novellen zum KSchG und zum TKG befassen. Auch die Titel beider Gesetze klingen eindrucksvoll ("Konsumentenschutzrechts-Änderungsgesetz 2011" und "Bundesgesetz über Maßnahmen gegen Unerbetene Werbeanrufe, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert wird" - man beachte den großen Anfangsbuchstaben bei "Unerbetene", als wäre es ein Eigenname). Die tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes dürften da nicht mithalten können (siehe im Blog schon hier, hier und hier).

Die TKG-Novelle verbietet die Unterdrückung oder Verfälschung der Rufnummer bei Werbeanrufen und erhöht die Strafdrohung für unerbetene Werbeanrufe. Das einzig Bemerkenswerte an dieser Novelle ist das Inkrafttreten: Nach § 137 Abs 3 in der Fassung der Novelle treten die geänderten Bestimmungen in § 107 Abs 1a und § 109 Abs 3 und 4 "mit TTMMJJJJ in Kraft".

Nach Art 49 Abs 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes treten Bundesgesetze, "soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist", mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung in Kraft - und in der Praxis geht man bei derartigen Schlampigkeiten im Gesetzgebungsprozess davon aus, dass damit eben gar kein Inkrafttretensdatum bestimmt wurde. Im Rechtsinformationssystem wurde dementsprechend auch der 29.04.2011 als erster Geltungstag der neuen Fassung bestimmt (§ 107, § 109).

Ähnliche Fehler in der Gesetzgebung sind schon öfter vorgekommen, allerdings kann ich mich an keine "TTMMJJJJ"-Bestimmung erinnern, sondern nur an "XX.XXXX"; zB im Bewährungshilfegesetz. Auch in § 181 Strafvollzugsgesetz fand sich ein XX.XXXX, das aber mit einer Novelle bereinigt wurde (siehe hier, Art II Z 26a). Auch im TKG sollte man wohl mit der nächsten Novelle - die ohnehin bald ansteht - eine Bereinigung vornehmen (bei der Beschlussfassung über die Vorratsdatennovelle hat man das noch übersehen). Dennoch: ein Ruhmesblatt für die Qualität der Gesetzgebung ist die Novelle sicher nicht, und vielleicht hätten manche Abgeordnete, anstatt Presseaussendungen zu verfassen, besser einmal einen Blick in die Beschlussvorlage geworfen.

Die parallele KSchG-Novelle ist übrigens ausdrücklich mit 1. Mai 2011 in Kraft getreten (zum inhaltlichen Kompromiss, nach dem die Rechtsfolgen für anlässlich von unzulässigen Werbeanrufen abgeschlossene Verträge unterschiedlich sind, je nach der Art des Vertrages, siehe bereits hier; kurze Darstellung der Änderungen auf verbraucherrecht.at).

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