Friday, March 18, 2011

"Cold Calling": Kompromiss bei KSchG-Novelle

Gestern einigten sich die Regierungsparteien im Konsumentenschutzausschuss des Nationalrats auf einen Kompromiss zum - selbst von der Parlamentskorrespondenz schon so genannten - "Cold-Calling"-Gesetz (Ausschussbericht, vom Ausschuss beschlossener Gesetzestext, Entschließungsantrag). Dabei handelt es sich eigentlich um eine kleine Novelle zum Konsumentenschutzgesetz (KSchG), mit der der Verbraucherschutz bei unzulässigen Telefonanrufen ein wenig verbessert werden soll. Hauptstreitpunkt zwischen den Regierungsparteien war die Frage, ob Verträge, die während eines unzulässigen Werbeanrufs ausgehandelt werden, absolut nichtig sein sollten (SPÖ-Position), oder ob dabei (bloß) ein Rücktrittsrecht bestehen sollte (ÖVP); in letzterem Fall wieder war strittig, wann die Frist zu laufen beginnen und wie lang sie gegebenenfalls sein sollte.

Schon die Regierungsvorlage war ein Kompromiss, der für "Verträge, die während eines gemäß § 107 Abs. 1 TKG 2003 unzulässigen Anrufs im Zusammenhang mit Gewinnzusagen oder Wett- und Lotterie-Dienstleistungen ausgehandelt werden," absolute Nichtigkeit vorsah, für andere Verträge dagegen sollten die Verträge gültig werden, wenn der Unternehmer dem Verbraucher innerhalb einer Woche eine Bestätigung der wesentlichen Vertragsinhalte übermittelt.

Die nun im Ausschuss beschlossene Fassung ist bei der Nichtigkeit für die "Verträge ... im Zusammenhang mit Gewinnzusagen oder Wett- und Lotterie-Dienstleistungen" geblieben; die Aussendung der Parlamentskorrespondenz ist diesbezüglich übrigens irreführend, wenn es darin heißt: "In einem von den Regierungsparteien eingebrachten Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage wird zudem klargestellt, dass 'Cold Calling'-Verträge im Zusammenhang mit Gewinnzusagen und Wett- und Lotteriedienstleistungen absolut nichtig sind." Gerade das stand nämlich auch schon in der Regierungsvorlage.

Neu gegenüber der Regierungsvorlage ist allerdings, dass alle anderen Verträge, die während unzulässiger Anrufe zustandekommen, gültig sein sollen; bei Verträgen über Dienstleistungen, die während unzulässiger Anrufe ausgehandelt werden, beginnt die Rücktrittsfrist, "sobald der Unternehmer mit der Erbringung der Dienstleistung beginnt oder, wenn er die Dienstleistung erst später in Rechnung stellt, mit der ersten Rechnungslegung." Und schließlich soll - wie schon nach der Regierungsvorlage - auch in bestimmten Fällen, in denen nach dem bisherigen Fernabsatzrecht kein Rücktrittsrecht besteht, der Rücktritt ermöglicht werden, wenn der Vertrag bei einem unzulässigen Anruf zustandekommt (das betrifft Verträge über Dienstleistungen, mit deren Ausführung dem Verbraucher gegenüber vereinbarungsgemäß innerhalb von sieben Werktagen ab Vertragsabschluss begonnen wird, Verträge über Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierte mit Ausnahme von Verträgen über periodische Druckschriften und Verträge über Hauslieferungen oder Freizeit-Dienstleistungen).

Zur Begründung, weshalb der nunmehrige Beschluss wesentlich weniger weit geht als noch die Regierungsvorlage, heißt es im Ausschussbericht:
"Mit diesen beiden Neuerungen werden – konzentriert auf die im praktischen Rechtsleben weitaus wichtigsten Problemfelder – die aktuell dringlichen zivilrechtlichen Regelungsbedürfnisse im Zusammenhang mit dem verpönten Cold Calling befriedigt, ohne den auf europäischer Ebene seit Jänner 2011 für die nahe Zukunft zu erwartenden Regelungen im Rahmen der Verbraucherrechterichtlinie in unzweckmäßiger Weise vorzugreifen." 
Die Frage der Vereinbarkeit mit den vielleicht kommenden Regelungen in der neuen Richtlinie (Entwurf der Kommission, allgemeine Ausrichtung des Rates, Stellungnahme des Rechtsausschusses des EP) habe ich übrigens hier schon angesprochen.

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