EGMR: ausgewählte "Communicated Cases" zu Art. 10 EMRK

Übersicht über ausgewählte anhängige "Communicated Cases" (den Konventionsstaaten mitgeteilte Fälle) zu Art. 10 EMRK

Diese Liste enthält derzeit vor dem EGMR anhängige Fälle, in denen eine Verletzung des Art. 10 EMRK geltend gemacht wurde und in denen eine veröffentlichte Mitteilung des Sachverhalts ("statement of facts"/"exposé des faits") an den betroffenen Staat ergangen ist. Die Liste ist chronologisch gereiht nach dem Datum des statement of facts.

Wichtig: die Liste ist - bei weitem - nicht vollständig; ich habe die statements of facts nicht systematisch und lückenlos geprüft und ich habe auch bewusst Fälle, die mir im Hinblick auf meine Interessen nicht wesentlich schienen, nicht aufgenommen; das betrifft insbesondere - aber nicht nur - zahlreiche Beschwerden gegen die Türkei (vor allem im Zusammenhang mit Maßnahmen gegen kurdische Politiker, Aktivisten oder Medien) sowie Fälle zu Russland und Aserbaidschan, in denen häufig zwar Art. 10 angesprochen ist, aber zu erwarten ist, dass der EGMR die Angelegenheit (vorrangig) unter Art. 11 EMRK (Versammlungsfreiheit) beurteilen wird. Bei der Liste handelt es sich um eine interne Arbeitsunterlage von mir, die ich "as is", ohne jegliche Gewähr, hier zugänglich mache.

Ich habe diese Liste zu meiner eigenen Erinnerung gemacht, und daher zu den einzelnen Fällen auch stichwortartig notiert, worum es im Wesentlichen geht (bzw. was mich an dem jeweiligen Fall interessiert) - dies ist aber nur als eine sehr grobe Orientierung zu sehen; für eine verlässliche Information ist in jedem Fall das Lesen des verlinkten statements of facts notwendig.

2025
2024
2023
2022
2021
2020
2019
  • 11.10.2019, Duff und BBC Scotland gegen Vereinigtes Königreich (Appl. no. 8562/19); Journalist der BBC; beschwert sich gegen den Ausschluss der Öffentlichkeit bei einem Gerichtsverfahren über den Entzug der Zulassung für ein Pflegeheim.
  • 20.09.2019, azadlig.info u.a. gegen Aserbaidschan (Appl. no. 36589/17); Blockieren von Websites und Aufnahme in eine Liste von Ressourcen mit verbotenen Informationen.
  • 12.09.2019, Vinokur gegen Russland (Appl. no. 31261/19); der Beschwerdeführer hatte mit 13 Jahren ein dreiminütiges Rock-Video in seinem Feed auf einer Social-Media-Plattform gepostet; mehrere Jahre später wurde der Song als extremistisches Material beurteilt und der Beschwerdeführer wegen Verbreitung extremistischen Materials verurteilt.
  • 10.09.2019, Stołowski gegen Polen (Appl. no. 46296/17); Verurteilung eines Journalisten wegen eines Artikels über eine zweifelhafte Geschäftsbeziehung eines Bürgermeisters mit einer Fensterfirma, die seien Wahlkampf finanziert habe.
  • 28.05.2019, Kochkin gegen Russland (Appl. no. 2171/18); der Beschwerdeführer wurde gerichtlich zu einer Geldstrafe wegen Zurschaustellung extremistischer Symbole verurteilt, weil er auf seiner VKontakte-Seite die russische Fassung eines satirischen Videos der "Daily Show" hochgeladen hatte, in der im Hintergrund Menschen mit Waffen und schwarzen Fahnen mit arabischen Schriftzeichen gezeigt wurden.
  • 24.05.2019, Aleksey Vladimirovich Glukhov gegen Russland (Appl. no. 42633/18); Rechtsanwalt und Verteidiger von Dmitriy Semenov, der wegen der Veröffentlichung des Satzes "Orthodoxie oder Tod" verurteilt wurde (s. dazu den anhängigen Fall Appl. no. 478710/17); er hatte auf seiner Facebook-Seite Informationen zu diesem Fall veröffentlicht und wurde wegen eines Kommentars, den ein anonymer Leser dort hinterlassen hatte, zu einer Geldstrafe wegen Veröffentlichung extremistischen Materials verurteilt.
  • 05.02.2019, Di Caprio u.a. gegen Italien (Appl. no. 39742/14); der Fall betrifft die "Terra dei Fucochi" (ein Gebiet in Kampanien, das durch zahlreiche illegale Deponien, insbesondere auch Sondermülldeponien, und die dort entstandenen Feuer, schwer verseucht ist, wobei Studien Zusammenhänge zu dort gehäuft auftretenden schweren Erkrankungen und Todesfällen aufzeigen); die BeschwerdeführerInnen stützen sich vor allem auf Art. 2 und Art. 8 im Hinblick auf das von ihnen behauptete Versagen des Staates beim Schutz ihres Lebens und ihrer Gesundheit, aber auch auf Art. 10 EMRK, da der Staat seinen positiven Verpflichtungen zur Information über die Gesundheitsgefahren nicht nachgekommen sei.
  • 21.01.2019, Tatyana Leonidovna Turi gegen Russland (Appl. no. 64140/17); Mitarbeiterin der Moskauer Metro, wurde wegen eines TV-Interviews verwarnt.
2018
2017
  • 11.10.2017, Szabó gegen Ungarn (Appl. no. 48725/17); vom Parlamentspräsidenten verhängte Strafe gegen einen Abgeordneten wegen Störung der Parlamentssitzung.
  • 26.09.2017, Byvshev gegen Russland (appl. no. 25309/15); Beschwerdeführer veröffentlichte auf VKontakte in ukrainischer Sprache ein Gedicht über die Situation in der Krim; wurde wegen Aufstachelung zu Hass aus ethnischen oder nationalen Gründen verurteilt, als Lehrer entlassen, und seine Bankguthaben wurden eingefroren.
  • 26.09.2017, Loskutov gegen Russland (Appl. no. 12543/13); Verwaltungsstrafen wegen Entweihung religiöser Symbole; hatte Plakate in der Form orthodoxer Ikonen aufgehängt, mit Sturmhauben über den Köpfen (als Unterstützung für Pussy Riot).
  • 26.09.2017, Luzgin gegen Russland (Appl. no. 17942/17); "fake news" - der Beschwerdeführer hatte über VKontakte einen Link zu einem Text über die Geschichte der ukrainischen Rebellenarmee geteilt; wurde wegen Leugnens der vom Nürnberger Tribunal festgestellten Fakten sowie wegen Verbreitens unwahre Informationen über die Aktionen der UdSSR um zweiten Weltkrieg verurteilt.
  • 22.09.2017, Paykachev gegen Russland (Appl. no. 11265/17); Nichtzulassung eines Journalisten zur Berichterstattung über ein Verfahren wegen übler Nachrede gegenüber einem Polizisten.
  • 20.09.2017, Maglevannaya ua gegen Russland (Appl. no. 13002/10 ua); Verfahren wegen übler Nachrede/Herabsetzung durch Internetveröffentlichungen; zu prüfen ist die russische Rechtslage, die für Veröffentlichungen auf nicht mit den Behörden registrierten Websites die "normalen" Haftungsbestimmungen anwendet, nicht aber jene für Medien.
  • 18.09.2017, Mochalov ua gegen Russland (Appl. no. 9163/13 ua); Verbot eines Zeitschriftenartikels über die Rolle der tschuwaschischen Sprache in Russland wegen Extremismus und Überwachung des Telefons des Journalisten wegen des Verdachts von Kontakten mit Extremisten.
  • 04.09.2017, Siwy gegen Polen (Appl. no. 62360/13); Zollbeamter und Vorsitzender der Zöllnergewerkschaft wurde nach einem Rundfunkinterview disziplinär verwarnt; er hatte eine neue Zoll-Vorschrift als gesetzwidrig bezeichnet und Verständnis für die Proteste dagegen gezeigt.
  • 08.08.2017, Sivoldayev gegen Russland (Appl. no. 39954/15); Ausschluss eines Journalisten von einer Gerichtsverhandlung betreffend eine angeblich ohne Zustimmung erfolgte Organentnahme bei einer Verstorbenen.
  • 10.07.2017, Garapova ua gegen Russland (Appl. nos . 8921/15, 10964/15, 14673/17 und 30328/17); die BeschwerdeführerInnen wurden verurteilt, weil sie auf ihrer vk.com-Seite (VKontakte - facebook-ähnliche russische Plattform) Videos verlinkt hatten, die als extremistisch beurteilt wurden (ein Video des Bloggers und Oppositionspolitikers Navalny und ein Musikvideo russischer Hiphop-Bands).
  • 04.07.2017, Follorou und Johannès gegen Frankreich (Appl. nos. 30635/17 und 30636/17); Vereinbarkeit der Überwachungsmaßnahmen aufgrund der loi no 2015-912 vom 24. Juli 2015 mit Art. 8 und 10 EMRK; die Beschwerdeführer sind Journalisten bei Le Monde.
2016
  • 17.11.2016, Navalny gegen Russland (Appl. no. 62670/12); Blogger hatte Link zu einem YouTube-Video gepostet und die Leser seines Blogs aufgefordert, sich das Video anzusehen; wurde verurteilt, weil im verlinkten Video unrichtige Behauptungen aufgestellt wurden; weder das Blog noch YouTube wurden von den nationalen Gerichten als Medium im Sinne des russischen Gesetzes über Massenmedien angesehen.
2014
  • 15.05.2014: Navalny gegen Russland (Appl. no. 32058/13); Oppositionspolitiker, sagte in einem Interview mit einem Magazin, dass man ein Dieb oder zumindest ein Gauner sein müsse, um Mitglied bei "Einiges Russland" zu werden.
2013
  • 18.11.2013: Sukhov gegen Russland (Appl. no. 78116/12); orthodoxer Priester; musste eine von ihm angebrachte Plaque mit der Aufschrift "Orthodoxie oder Tod" entfernen, weil es sich um einen verbotenen extremistischen Slogan handle.
2012

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