Aus juristischer Sicht spannend ist - natürlich neben den konkreten Vorlagefragen, die mir noch nicht bekannt sind [update 31.01.2013: siehe nun die Ergänzung unten, der Vorlagebeschluss der DSK ist nun - worauf der Kommentar unten hingewiesen hat - hier zu finden] - auch die Frage, ob die Datenschutzkommission ein vorlageberechtigtes Gericht ist, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der EuGH mit Urteil vom 16.10.2012, C-614/10, Kommission/Österreich, ausgesprochen hat, dass die DSK dem Kriterium der Unabhängigkeit, wie es in Art 28 Abs 1 Unterabs 2 der Datenschutz-RL 95/46/EG für die mitgliedstaatlichen Datenschutz-Kontrollstellen festgelegt ist, nicht entspricht (siehe zu diesem Urteil im Blog hier). Wie der anonyme Kommentator zutreffend anmerkt, stellt sich damit wohl auch die Frage, ob die "völlige Unabhängigkeit" im Sinne der DatenschutzRL auch Maßstab für die unionsrechtliche Qualität eines nach Art 267 AEUV vorlageberechtigten Gerichts ist (wobei der EuGH freilich in RNr 40 des DSK-Urteils festhielt, dass der Ausdruck "in völliger Unabhängigkeit" in Art 28 der RL 95/46/EG "autonom, und damit unabhängig von Art 267 AEUV," auszulegen ist).
Das Problem der fehlenden Unabhängigkeit der DSK im Sinne der DatenschutzRL soll übrigens durch eine Novelle zum Datenschutzgesetz behoben werden, für die eine Regierungsvorlage dem Parlament bereits vorgelegt (aber noch nicht beschlossen) wurde. Eine Verfassungsbestimmung ist darin nicht vorgesehen, das Unterichtungsrecht des Bundeskanzlers soll nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage vielmehr "in unionsrechtskonformer Auslegung des Art. 20 Abs. 2 B-VG nach § 38 Abs. 2 DSG 2000 nunmehr dahingehend eingeschränkt werden, dass die/der Vorsitzende der Datenschutzkommission dem Unterrichtungsrecht nur insoweit zu entsprechen hat, als dies nicht der völligen Unabhängigkeit der Kontrollstelle im Sinne von Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 der Datenschutz-Richtlinie widerspricht."
Diese Novelle wird freilich nur eine Zwischenlösung sein, da die DSK ja mit Ablauf des 31.12.2013 aufgelöst wird; ihre Nachfolgerin als Kontrollstelle iSd DatenschutzRL soll nach dem derzeit in Begutachtung befindlichen Entwurf für eine DSG-Novelle ab dem 1.1.2014 die "Datenschutzbehörde" werden.
Zur Übersicht: die Verfahren betreffend die Gültigkeit (und Auslegung) der VorratsdatenRL vor dem EuGH sind derzeit
- C-293/12 Digital Rights Ireland, Vorabentscheidungsersuchen des irischen High Court
- C-594/12 Seitlinger u.a., Vorabentscheidungsersuchen des VfGH
- C-46/13, Vorabentscheidungsersuchen der DSK
Update 31.01.2013 - Wortlaut der Vorlagefragen: Anders als ich zunächst aufgrund der Medienberichte angenommen habe, fragt die DSK nicht nur nach der Gültigkeit der VorratsdatenRL, sondern stellt auch eine sehr konkrete Frage zu ihrer Auslegung (sowie eine weitere Frage zur Auslegung der DatenschutzRL 95/46/EG). Es geht dabei im Kern (und etwas vereinfacht) darum, ob die Regelung in der VorratsdatenRL, wonach über Vorratsdaten nur "besonders ermächtigten Personen" Auskunft zu geben ist, dem in der allgemeinen DatenschutzRL vorgesehenen Recht auf Auskunft vorgeht. Konkret lauten die Vorlagefragen wie folgt:
- Ist Artikel 7 lit c) der Richtlinie 2006/24/EG dahin auszulegen, dass eine von der Vorratsspeicherung im Sinne der Richtlinie betroffene natürliche Person nicht zum Kreis der "besonders ermächtigten Personen" im Sinne dieser Bestimmung zählt und ihr kein Recht auf Auskunft über ihre eigenen Daten gegenüber dem Anbieter eines öffentlich zugänglichen Kommunikationsdienstes oder dem Betreiber eines öffentlichen Kommunikationsnetzes eingeräumt werden darf?
- Ist Artikel 13 Abs 1 lit c) und d) der Richtlinie 95/46/EG dahin auszulegen, dass das Recht einer von der Vorratsspeicherung von Daten im Sinne der Richtlinie 2006/24/EG betroffenen natürlichen Person auf Auskunft über ihre eigenen Daten nach Artikel 12 lit a dieser Richtlinie gegenüber dem Anbieter eines öffentlich zugänglichen Kommunikationsdienstes oder dem Betreiber eines öffentlichen Kommunikationsnetzes ausgeschlossen oder beschränkt werden kann?
- Im Fall der zumindest teilweisen Bejahung von Frage 1: Ist Artikel 7 lit c) der Richtlinie 2006/24/EG mit dem Grundrecht gemäß Artikel 8 Abs 2 zweiter Satz der GRC vereinbar und damit gültig?