Thursday, October 13, 2011

Aus aktuellem Anlass: zur Finanzierung der Regulierungsbehörde

Die politischen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit vermuteten Korruptionsfällen, die sich auch im politischen Umfeld der Telekommunikationsgesetzgebung abgespielt haben sollen, gehen weiter. Aktuell hat Peter Pilz, Nationalratsabgeordneter der Grünen, laut Bericht im Standard einen neuen Verdacht geäußert. Er habe, ich zitiere jetzt den Standard, ein Vernehmungsprotokoll von Walter Meischberger aus dem Jahr 2009 präsentiert, "in dem sich der Ex-FPÖ-Politiker schwertut, seine Leistung für zwei Rechnungen an die Kommunikationsberatung des Lobbyisten Peter Hochegger darzulegen: 'Um welches Lobbying-Projekt es im Konkreten ging, kann ich nicht sagen.' Nur so viel: Seine Aufgabe ('es ging um Regulatoren' beim Festnetz) wäre es gewesen, 'in den Parlamentsklubs von BZÖ und FPÖ' zu lobbyieren. Einen ÖVP-FPÖ-Antrag von 2005 (damals eingebracht von Uwe Scheuch und Ulrike Baumgartner-Gabitzer) hält Pilz jetzt für ein mögliches Ergebnis von Meischbergers Lobbying."

Ich will diese Behauptungen nicht kommentieren, sondern gebe bloß wieder, was NRAbg. Dr. Pilz laut Standard gesagt haben soll, ohne mich damit zu identifizieren. Ich möchte nur aus rechtlicher Sicht kurz die damals erfolgten Änderungen darlegen.

Die knappe Vorgeschichte: die Telekom-Regulierungsbehörde (damals: Telekom Control GmbH) wurde seit ihrer Einrichtung im Jahr 1997 durch Finanzierungsbeiträge der Telekom-Branche (im Wesentlichen anteilig nach ihren Umsätzen - und damit überwiegend von der Telekom Austria/Mobilkom) finanziert. Dieses Finanzierungsbeitragsmodell wurde auch bei der Schaffung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH im Jahr 2001 beibehalten und damit auf die Rundfunkbranche ausgedehnt. Der ORF war allerdings der Auffassung, dass er, falls überhaupt, nur weniger beitragen müsste und bekämpfte einen Bescheid, mit dem er zur Leistung von Finanzierungsbeiträgen verpflichtet worden war, beim Verfassungsgerichtshof - mit Erfolg: Mit Erkenntnis vom 7.10.2004, G 3/04, hob der VfGH Teile des KommAustria-Gesetzes auf.

Der VfGH hatte zwar keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Mitfinanzierung der Regulierungsbehörde durch die regulierten Unternehmen, sah die konkreten Finanzierungsregeln jedoch insoweit als unsachlich und daher verfassungswidrig an, als sie dazu führten, "dass die Beitragspflichtigen auch Aufgaben finanzieren müssen, die unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt in ihrem Interesse liegen (können), bzw die nicht grundsätzlich alle in Betracht kommenden Interessenten nach dem Maßstab des (objektiven) Interesses erfassen." Vereinfacht: die regulierten Unternehmen sollten die Behörde nicht auch noch dafür bezahlen müssen, dass sie von ihr zB bestraft werden.

Damit war klar, dass die Finanzierung der RTR und KommAustria auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen war, und dass auch der Bund einen Anteil der Finanzierung beitragen musste (beschlossen wurde schließlich ein Bundesanteil von 25%). Formal waren zwar nur die Rundfunkveranstalter betroffen, aber natürlich wären die Telekomunternehmen, hätte man die Regeln für sie nicht auch entsprechend modifiziert, umgehend zum VfGH gegangen und hätten ebenso Recht bekommen. Allerdings waren bis dahin die Beiträge jeweils gezahlt worden, sodass eine rückwirkende Änderung jedenfalls nicht zwingend erforderlich schien. Freilich wurden im Hintergrund auch Überlegungen angestellt, mit welchen rechtlichen Winkelzügen allenfalls doch noch eine Bekämpfung auch früherer und laufender Beitragszahlungen möglich gewesen wäre, sodass durchaus auch für den Gesetzgeber bzw die Regulierungsbehörde eine gewisse Unsicherheit verblieb und dementsprechend eine Kompromisslösung angestrebt wurde, die Rechtsfrieden und Rechtssicherheit bieten würde.

Vor diesem Hintergrund ist der von NRAbg. Dr. Pilz angesprochene Initiativantrag (544/A 22. GP; pdf) zu sehen. Der Initiativantrag (anstelle einer Regierungsvorlage) war naheliegend, weil die Reparatur zur Sicherung der Finanzierung der Regulierungsbehörde natürlich möglichst rasch über die Bühne gehen sollte. Der Antrag sah - vereinfacht gesagt - vor, dass die neuen Regeln für den Rundfunkbereich rückwirkend mit 1. Jänner 2005 in Kraft treten sollten, die neuen Regeln für den Telekombereich mit 1. Jänner 2006 (siehe § 17 Abs 6 und 7 KOG im Antrag).

Im Zuge der Beratungen im zuständigen Ausschuss wurde dann von den Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer und Dr. Bösch ein Änderungsantrag eingebracht, mit dem das Inkrafttreten auch der Regeln für den Telekombereich auf den 1. Jänner 2005 vorverlegt wurde (Ausschussbericht 837 BlgNR 22. GP, pdf Bericht, pdf Gesetzestext). In dieser Form wurde die Novelle - übrigens mit Zustimmung der Grünen - auch beschlossen (siehe dazu zB die Presseaussendung des Paralments) und am 27.04.2005 mit BGBl I 2005/21 kundgemacht, nur etwa dreieinhalb Monate nach Kundmachung des aufhebenden Erkenntnisses des VfGH (BGBl I 2005/3).

Dass die Regelung kommen musste, war nach dem Erkenntnis des VfGH klar, allfälliges Lobbying konnte daher wohl nur bei der Höhe des Bundesanteils und/oder dem Zeitpunkt des Inkrafttretens nützlich sein. Dass die schließlich - mit dem Abänderungsantrag zum Initiativantrag angestoßene - rückwirkende Inkraftsetzung nicht nur für den Rundfunk-, sondern auch für den Telekombereich eine Ersparnis auch für die Telekom Austria (wie für alle anderen Telekomunternehmen) brachte, ist klar und wurde von der Telekom Austria auch transparent in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2005 auf Seite 34 ausgewiesen (siehe den kleinen Ausschnitt oben); für alle Telekombetreiber ging es dabei um einen Betrag von zusammen unter 2 Mio Euro, anteilig nach Umsatz verteilt auf alle Unternehmen. Wie es im Hintergrund zu dieser Änderung gekommen ist, dazu lässt sich natürlich allein mit den Gesetzesmaterialien nichts sagen.

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