Thursday, May 13, 2010

Le Pen scheitert vor dem EGMR: Verurteilung wegen Aufstachelung zu Hass keine Verletzung des Art 10 EMRK

Aufstachelung zu Diskriminierung, Hass oder Gewalt gegen eine ethnisch oder religiös bestimmte Gruppe ist nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art 10 EMRK geschützt. Dies hat der Europäische Gerichtshof vor kurzem in seiner Entscheidung vom 20. April 2010 im Fall Le Pen  gegen Frankreich (Appl. no. 18788/09) neuerlich klargestellt. Jean-Marie Le Pen war aufgrund einer Aussage in einem Interveiw mit Le Monde (wegen "provocation à la discrimination, à la haine, à la violence envers un groupe de personnes à raison de leur origine ou de leur appartenance ou de leur non appartenance à une ethnie, une nation, une race ou une religion déterminée") zu einer Strafe von 10.000 Euro verurteilt worden. Die Aussagen in ihrer Gesamtheit hatten, so die französichen Gerichte, ein negatives bzw sogar beunruhgendes Bild der muslimischen Gemeinschaft gezeichnet. Le Pen habe das französische Volk ("gens") einer wachsenden muslimischen Gemeinde, die eine Bedrohung darstelle, gegenübergestellt, was Feindseligkeit gegenüber dieser Gruppe schüren konnte.

Der EGMR hat die auf Art 10 EMRK gestützte Beschwerde Le Pens gegen seine Verurteilung einstimmig als offensichtlich unbegründet und damit unzulässig beurteilt. Im ECHR-Blog weist Dirk Voorhoof auf einen interessanten Boomerang-Effekt hin: der EGMR hatte nämlich schon in den Fällen Lindon, Otchakovsky-Laurens und July gegen Frankreich (Appl. nos. 21279/02 und 36448/02) zum Ausdruck gebracht, dass "Hate Speech" auch in der politischen Debatte nicht toleriert werden muss - damals ging es um einen Roman, in dem Le Pen als "Kopf einer Killerbande" dargestellt wurde (mehr dazu bei contentandcarrier).

Einen weiteren französischen Fall zu Art 10 EMRK hat der EGMR mit Urteil vom 11. Mai 2010, Fleury gegen Frankreich (Appl no. 29784/06), entschieden. Auch dabei wurde keine Verletzung des Art. 10 festgestellt, denn der Vorwurf eines Oppositionspolitikers an einen Bürgermeister, er und sein Team würden manipulieren und "ein wenig zu tief hineingreifen" ("crochent un peu trop dedans") hatte keinerlei Basis im Tatsächlichen.

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