Tuesday, June 15, 2010

EuG: Berlusconi-Sender hätte Unionswidrigkeit der von Berlusconi-Regierung gewährten DVB-T-Förderung erkennen müssen

Die Vereinbarkeit von Förderungen im Zusammenhang mit dem Übergang auf digitale Fernsehübertragung mit dem Gemeinsamen Markt stand (steht) mehrfach im Zentrum von Auseinandersetzungen zwischen Kommission und Mitgliedstaaten bzw Rundfunkunternehmen. Die österreichische Förderung wurde der Kommission notifiziert und von dieser akzeptiert, Deutschland war diesbezüglich weniger erfolgreich (ein Verfahren beim EuGH ist noch anhängig, mehr dazu hier).

Dass eine Förderung in Italien schon angesichts der dortigen Ausgangssituation im Fernsehmarkt besonders heftig umstritten sein würde, überrascht nicht. Aufgrund einer Beschwerde von Centro Europa 7 Srl (siehe zu einem EuGH-Verfahren dieses Unternehmens hier) hatte die Kommission im Jahr 2004 die von Italien aufgrund der italienischen Haushaltsgesetze 2004 und 2005 gewährten Förderungen (150 bzw 70 Euro Zuschuss für den Kauf von DVB-T-Decodern mit Zusatzfunktionen) untersucht und festgestellt, dass es sich um eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe gehandelt habe.

Wer die italienische Fernsehlandschaft kennt, kann sich ausrechnen, wem diese Förderung wohl am ehesten zugute gekommen ist: einem im terrestrsichen Fernsehmarkt starken privaten Anbieter von Pay-TV - mit anderen Worten: Berlusconis Mediaset. Genauso klar scheint, wer durch die DVB-T-Förderung gegenüber der Mediaset am ehesten benachteiligt sein konnte: ein Anbieter von Pay-TV über Satellit - also Murdochs Sky Italia (Sky hat bei der Kommission ebenfalls Beschwerde erhoben). Dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Haushaltsgesetze 2004 und 2005 in Italien eine von Berlusconi geführte Regierung im Amt war, wird wohl Zufall gewesen sein ...

Gegen die Entscheidung der Kommission vom 24.01.2007 (case site) klagte die Mediaset SpA vor dem EuG. Die Kommission wurde in diesem Verfahren unterstützt von Sky Italia SRL - und wenn man es personalisieren will, heißt das natürlich Berlusconi gegen Murdoch (EurActiv zB schrieb von einem "media tycoon battle"). Mit dem heute verkündeten Urteil in der Rechtssache T-177/07 Mediaset SpA / Kommission hat das Gericht die Klage von Mediaset abgewiesen und damit die Entscheidung der Kommission bestätigt (oder, wenn man es wiederum verkürzt personalisieren will: Berlusconi hat gegen Murdoch verloren).

Das EuG bestätigt die Beurteilung der Kommission, dass die Beihilfe nicht technologieneutral war und dass Mediaset von der Beihilfe profitiert hat. In die Kategorie "Sachen, die wir ohne Gerichtsentscheidung vielleicht nicht geahnt hätten", fällt die Klarstellung, dass eine "Preissenkung die Enscheidung preisbewusster Verbaucher durchaus beeinflussen" kann (RNr. 65).

Mediaset machte unter anderem auch geltend, dass die Beihilfenrückforderung durch die Kommission mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht vereinbar sei. Dazu verwies das Gericht im Wesentlichen auf die Rechtsprechung, wonach Unternehmen grundsätzlich nur dann auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe vertrauen dürfen, wenn sie unter Einhaltung des Beihilfenverfahrens gewährt wurde. Ein "sorgfältig handelnder Wirtschaftsteilnehmer" hätte, so das Gericht, "nicht nur erkennen müssen, dass die streitige Maßnahme nicht technologisch neutral war, sondern auch, dass sie weder der Kommission gemeldet noch genehmigt war" (RNr 176).

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