Tuesday, March 06, 2012

"Weltbank kontaktiert" und "Task Force Urheberrecht": Fortschritte auf dem österreichischen Weg "an die Spitze der IKT-Nationen"

Wieder einmal eine kleine Erinnerung: Das sogenannte "Kompetenzzentrum Internetgesellschaft" wurde vor etwa zwei Jahren als "unbürokratische und umsetzungsorientierte[!] Einrichtung" eingerichtet, und mittlerweile ist es auch schon bald ein Jahr her, dass tatsächlich eine Website geschaffen wurde, auf der man sich gelegentlich nach Fortschritten umsehen kann. Und so kann man herausfinden, dass es im vergangenen Februar wieder einen Ministerratsvortrag gab mit einem ersten Bericht über den "Stand IKT in Österreich" und mit einem zweiten Prioritätenkatalog (zum ersten Katalog siehe hier und zum sogenannten "Fortschrittsbericht" hier).

Nett finde ich den "aktuellen Fortschrittsbericht" (4.10.2011), der darauf hinweist, dass sich Österreich "auf Platz 20 unter 133 Nationen" im Networked Readiness Index [NRI] befinde. Wörtlich heißt es: "In den nächsten fünf Jahren will das KIG ['Kompetenzzentrum Internetgesellschaft'] Österreich mit gezielten Maßnahmen unter die Top 12 bringen." Ich bin nicht ganz sicher, ob da ein Zahlensturz passiert ist, denn zuletzt (übrigens schon zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des "Fortschrittsberichts") hatte es Österreich geschafft, noch einen Platz abzusteigen und war auf Platz 21 [nicht: 12] angelangt (womit aber nichts über die Sinnhaftigkeit dieses Indizes gesagt sein soll). Anyway: zur Priorität "A12: Indexpflege" lautet die Beschreibung im "Fortschrittsbericht":
"Der NRI, unser Maßstab, soll analysiert und den Führungskräften der öffentlichen Verwaltung nähergebracht werden. Gleichzeitig werden eine ausgewogenere Ermittlung der Rohdaten angestrebt sowie Verbesserungen der Methodologie vorgeschlagen."
Und was waren die Aktivitäten?
"WEF [World Economic Forum] Gespräch am 3.10.2011, Weltbank kontaktiert"
Damit dürfte das "Kompetenzzentrum Internetgesellschaft" seinem wichtigsten Ziel, "Österreich an die Spitze der IKT-Nationen zu positionieren", wohl einen bedeutenden Schritt näher gekommen sein.

Aber im Ernst: es gibt natürlich eine Reihe sinnvoller Aktionen, auch im zweiten Prioritätenkatalog, doch möchte ich manches erst sehen, um daran glauben zu können. So soll es (als "Priorität B4") eine Task Force Urheberrecht geben mit dem Justizministerium als Träger und folgender Kurzbeschreibung (wörtlich und vollständig zitiert):
  • Einrichtung eines Dialog zwischen den beteiligten Interessensgruppen 
  • Möglichst früh zu gemeinsamen Lösungen zu finden 
  • Zermürbende Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden 
  • Klärung von praktischen Streitfragen, zu legislativen Projekten, die von allen Betroffenen mitgetragen werden
  • Formulierung österreichischer Interessen in der europäischen und internationalen urheberrechtlichen Diskussion
Das klingt erstmal noch nicht sehr konkret, und die bisherigen Erfahrungen mit der österreichischen Urheberrechtspolitik verleiten auch nicht gerade dazu, nun auf einmal gleich großen Gestaltungs- und Erneuerungswillen zu erwarten. Aber es ist wenigstens ein kleines Zeichen, dass man auf eines der heißesten rechtspolitischen Themen der "Internetgesellschaft" wenigstens nicht ganz vergessen hat.

Dass das Thema Urheberrecht auch für das "Kompetenzzentrum" Bedeutung haben könnte, zeigt der Urheberrechtshinweis" im Impressum der Website; Zitat: "Kein Teil dieser Seiten darf in irgendeiner Form in welchem Verfahren auch immer ohne schriftliche Genehmigung der Kompetenzzentrums reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, bearbeitet, vervielfältigt, verbreitet oder zur Verfügung gestellt werden. Der Download von Texten zum persönlichen, privaten und nicht-kommerziellen Gebrauch ist jedoch gestattet." Das klingt ein wenig, als wolle man damit sogar die freien Werknutzungen nach §§ 41 ff Urheberrechtsgesetz beschränken, etwa das Betrachten der - zugegeben nicht besonders spannenden - Bilder der Website, was ja eine Zwischenspeicherung "unter Verwendung elektronischer Systeme" voraussetzt, die aber nach § 41a UrhG zulässig ist. Und wer sich die "schriftliche Genehmigung des Kompetenzzentrums" einholen möchte, steht auch vor Problemen: das "Kompetenzzentrum" hat nämlich keine Rechtspersönlichkeit und zudem sollen die Rechte eigentlich - nach anderen Angaben auf der Website - bei der RTR GmbH liegen (Nebenaspekt: so hält also die RTR-GmbH nach eigenen Angaben Urheberrechte auch am Ministerratsvortrag 131/6 vom 15. Februar 2012. Ob das die MinisterInnen wissen?).

PS: Die A1-Priorität "Best Practise Plattform: iktprojekte.at" dümpelt weiter vor sich hin, obwohl sie laut Fortschrittsbericht seit Oktober 2011 abgeschlossen ist. Als Fortschritt zur Priorität "A10 KIG Informationsstrategie" wird auch der Abschluss der Website des Kompetenzzentrums ausgwiesen - leider brachte der Fortschritt auch mit sich, dass alle früheren Links (etwa in meinem früheren Blog-Beitrag) tot sind.

Update 13.03.2012: nun hat das "Kompetenzzentrum Internetgesellschaft" den großartigen 2. Prioritätenkatalog auch per APA OTS-Aussendung verkündet; Ziel ist wie immer: "Österreich an der IKT-Spitze zu positionieren". Das war übrigens schon 2005 beim IKT-Masterplan so: damals war Österreich an 19. Stelle im Networked Readiness Index und wollte binnen 5 Jahren unter die ersten 5 kommen. 2010 - also fünf Jahre später - war Österreich 20. (und 2011 schon 21.)

1 comment :

MA said...

Sollte diese "Task-Force" tätig werden, so bin ich gespannt, ob die "beteiligten Interessengruppen" ebenso "vielschichtig" vertreten sein werden wie in der "Generalversammlung" der KIG. Dort "[...] sind folgende Organisationen und Institutionen vertreten:

Industriellenvereinigung
Wirtschaftskammer Österreich
Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien
Landwirtschaftskammer Österreich
Österreichischer Gewerkschaftsbund
Österreichische Universitätenkonferenz Österreichische Akademie der Wissenschaften
Landeshauptleutekonferenz Landesregierung
Österreichischer Gemeindebund
Österreichischer Städtebund
Internet Service Providers Austria
Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten
Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Bundesministerium für Gesundheit
Bundesministerium für Inneres
Bundesministerium für Justiz
Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung


Internetoffensive Österreich:

Hewlett-Packard GesmbH
Microsoft Österreich GmbH
IBM Österreich
Raiffeisen Informatik Consulting
A1 Telekom Austria
T-Mobile Austria GmbH


Vorstand:

Bundeskanzleramt
Bundesministerium für Finanzen
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend
Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH
Internetoffensive Österreich"