Monday, December 20, 2010

Mobilfunkpreise: Europäischer Bürgerbeauftragter rügt irreführende Kommissions-"Fact Sheets"

Seit nunmehr 15 Jahren veröffentlicht die Europäische Kommission jährlich einen Bericht über die Umsetzung des Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste. Die genaue Bezeichnung des Berichts, der früher schlicht Umsetzungsbericht bzw. Implementation Report hieß, variiert in letzter Zeit, und auch die Art der Berichterstattung hat sich gewandelt - statt eines umfassenden Berichts gab es zuletzt einen immer kürzer werdenden allgemeinen Berichtsteil und dazu ergänzend immer ausführlichere "Staff Working Documents"  (was den Vorteil - und vielleicht auch seinen Grund darin - hat, dass diese nicht übersetzt werden müssen). Seit dem 11. Umsetzungsbericht 2005 gibt es zusätzlich auch sogenannte Fact Sheets, in denen die wesentlichen Daten für die einzelnen Mitgliedstaaten zusammengefasst wurden, vor allem für die Medien (zumal man den Journalisten auch bei der Kommission nicht mehr zutraut, dass sie die Originalquellen lesen).

Allerdings birgt jede Verkürzung und jede mediengerechte Aufbereitung auch Gefahren, und ich habe mich im Hinblick auf Fact Sheets der Kommission ja auch schon gefragt, ob der Begriff Fact Sheetz zur Gänze (oder allenfalls nur das Wort Fact) nicht unter Anführungszeichen zu stellen wäre, wenn mehr die PR als das Vermitteln von Fakten im Vordergrund steht (siehe etwa zum "fact sheet" zur 116er-Rufnummer hier, im letzten Absatz). Zwei Mobilfunkunternehmen waren mit der Darstellung der Mobilfunkentgelte, die in Frankreich bzw. den Niederlanden zu zahlen waren, im 14. Umsetzungsbericht und in den dazugehörenden Fact Sheets nicht zufrieden, da die Kommission - aufbauend auf einer auch von der OECD verwendeten Berechnungsmethode - nur die beiden größten Mobilfunkunternehmen für die Preiserhebung heranzog. Sie erhoben Beschwerde an den Europäischen Bürgerbeauftragten, die zumindest teilweise als begründet beurteilt wurde. An sich, so befand der Bürgerbeauftragte (Entscheidung, Zusammenfassung), kann die Kommission die OECD-Methodik durchaus heranziehen, allerdings müsste das auch entsprechend ausgewiesen sein, was zwar im Bericht selbst, nicht aber in den Fact Sheets der Fall gewesen sei:
"On the very first page of the fact sheet containing the chart entitled 'Typical consumer price for average mobile usage in 2007 and 2008', the Commission failed to inform readers that the chart was based on the data provided by only the two main mobile operators. This could be misleading. The Commission's failure to draw the reader's attention to this fact constitutes an instance of maladministration."
Die Feststellung von "Maladministration", also eines Missstands in der Verwaltung, hat zwar keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen, sollte allerdings die Kommission in Hinkunft zu mehr Sorgfalt bei der Veröffentlichung der Fact Sheets motivieren.

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