Kommissarin Reding, stets eine Freundin großer Worte, fragt auch nicht lange, wem die Stunde schlägt - ihrer Ansicht nach schlägt sie nämlich (und sogar laut) für internationale Roaming-Entgelte. Nach dem Motto "es kann nie genug Pathos in einer Presseaussendung geben" wird sie in der Aussendung der Kommission so zitiert:
"Loudly, the bell is now tolling for international mobile roaming charges in Europe. Thanks to the tremendous work accomplished in the European Parliament over the past days, this last border in the EU's internal market, still visible for the moment on most consumers' mobile phone bill, is now bound to disappear very shortly."
This last border klingt vielleicht nicht ganz so toll wie Kennedy's New Frontier, aber wenn die Roaming-Entgelte (die es freilich auch weiterhin geben wird, wenn auch der Höhe nach begrenzt) tatsächlich die letzte Grenze im Binnenmarkt sein sollten, dann wäre ein wenig Pathos ja verkraftbar - auch wenn die Fakten nicht stimmen: denn dass diese Grenze "on most consumers' mobile phone bill" sichtbar wäre, stimmt auch mit den eigenen Daten der Kommission nicht überein: laut einschlägiger Eurobarometer-Umfrage waren 55% der Handy-Besitzer in den letzten 12 Monaten nicht einmal in einem anderen EU-Land (Seite 14 der Umfrage) - und werden dementsprechend auch keine Roaming Entgelte auf ihren Rechnungen vorgefunden haben; dazu kommen noch jene, die ihr Telefon gar nicht ins Ausland mitnehmen (7%) oder es grundsätzlich ausschalten (8%) . Und was die "letzte Grenze" anbelangt, warte ich erst einmal auf den nächsten Binnenmarktbericht, der für Herbst 2007 angekündigt ist.
Inhaltlich zur Abstimmung: das Modell Rübig (keine "Zwangsverbilligung", sondern "opt in") hat sich nicht durchgesetzt, dafür liegt das Parlament im Wettlauf um die optisch niedrigsten Tarife nun in allen Disziplinen vor Kommission und Rat (23 Cent im Wholesale-Bereich; im Endkundenbereich 40 Cent für abgehende, 15 Cent für eingehende Anrufe). Berichterstatter Rübig zeigt sich in seiner Presseaussendung übrigens "voll zufrieden", aber zugleich auch "weniger glücklich".
Der Berichtsentwurf wurde substantiell abgeändert, die im Ausschuss angenommene Fassung ist derzeit noch nicht öffentlich zugänglich (sie müsste demnächst hier verfügbar sein; zum weiteren Fortgang siehe auch hier); nach der Presseaussendung des Parlaments wurde beschlossen, dass die Regulierung der Wholesale-Tarife sofort mit Veröffentlichung in Kraft treten soll, die Endkundentarife müssten ein Monat später angepasst werden. So gesehen, könnte es sich für den August-Urlaub doch noch ausgehen (die Kommission, der es jetzt gar nicht schnell genug gehen kann, hatte übrigens in ihrem Vorschlag eine Frist von sechs Monaten vorgesehen!).
Wer Freude an Details hat, kann natürlich auch die hunderten Änderungsvorschläge nachlesen, die im Parlament gemacht wurden (Teil 1 und Teil 2); erfrischend finde ich die Begründung zweier Abänderungsanträge des deutschen CDU-Abgeordneten Werner Langen, in denen er vorschlägt, zwei Erwägungsgründe entfallen zu lassen:
"Unspezifische Aussage, daher zu streichen."
Andererseits, was bliebe dann noch für die Erwägungsgründe übrig?
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