Wednesday, April 29, 2009

"Richter wie Schakale": Scalias starke Worte zu "fleeting expletives"

Antonin Scalia, Richter am US Supreme Court, ist nicht nur für seine konservativen Ansichten bekannt, sondern auch für seine starken Worte und oft untergriffigen Bemerkungen über Richterkollegen. Der "Kuhmist in der Prada-Tasche"-Fall FCC v. Fox (siehe dazu schon hier, hier und hier), in dem gestern die Entscheidung verkündet wurde, bot ihm dazu wieder Gelegenheit.

Der Fall selbst ist weniger wegen der Frage interessant, ob man amerikanische Kinder wirklich vor exakt sieben Worten schützen muss, auch wenn sie bloß flüchtig geäußert werden, sondern wegen der Auseinandersetzung über die gerichtliche Kontrolle von (unabhängigen) Regulierungsbehörden, über die es zwischen den Richtern Scalia und Breyer unterschiedliche Auffassungen gibt. Knapp zusammengefasst: Breyer - seine Auffassung blieb in der Minderheit - meint, dass die FCC als unabhängige Regulierungsbehörde sich nicht einfach nach dem politischen Wind richten darf und es daher eine strenge gerichtliche Kontrolle geben muss; im Falle von Policy-Änderungen auch über die ausreichende Begründung der vorgenommenenn Änderungen. Scalia, der die Mehrheitsmeinung verfasste, meint dagagen, dass die FCC nur von der Einflussnahme des Präsidenten geschützt sein soll, nicht aber von politischem Druck aus dem Kongress. Es gäbe keinen Grund, schreibt Scalia, dass sich Bundesrichter - wie Schakale, die dem Löwen die Beute stehlen - etwas von jener Macht aneignen, die der Kongress dem Präsidenten entrissen hat. (Im Original: "There is no reason to magnify the separation-of-powers dilemma posed by the Headless Fourth Branch, […] by letting Article III judges—like jackals stealing the lion’s kill—expropriate some of the power that Congress has wrested from the unitary Executive.")

Scalia hat damit immerhin vier seiner Kollegen am Supreme Court, die gegen die Mehrheitsentscheidung stimmten, mit Schakalen verglichen - und anders als bei den "fleeting expletives", um die es in diesem Fall auch ging, kann man wohl kaum sagen, dass es sich dabei um flüchtige Bemerkungen handelt, die ihm bloß "herausgerutscht" sind.

Hier noch die Auseinandersetzung Breyer / Scalia im Wortlaut; zunächst aus Breyers dissenting opinion:

“I begin with applicable law. That law grants those in charge of independent administrative agencies broad authority to determine relevant policy. But it does not permit them to make policy choices for purely political reasons nor to rest them primarily upon unexplained policy preferences. Federal Communications Commissioners have fixed terms of office; they are not directly responsible to the voters; and they enjoy an independence expressly designed to insulate them, to a degree, from “‘the exercise of political oversight.’” […] That insulation helps to secure important governmental objectives, such as the constitutionally related objective of maintaining broadcast regulation that does not bend too readily before the political winds. But that agency’s comparative freedom from ballot-box control makes it all the more important that courts review its decision making to assure compliance with applicable provisions of the law—including law requiring that major policy decisions be based upon articulable reasons. …
[T]he FCC’s answer to the question, “Why change?” is, “We like the new policy better.” This kind of answer, might be perfectly satisfactory were it given by an elected official. But when given by an agency, in respect to a major change of an important policy where much more might be said, it is not sufficient.” [Betonung hinzugefügt]
Die Antwort Scalias, in der Mehrheitsmeinung:

"JUSTICE BREYER purports to “begin with applicable law,” [...] but in fact begins by stacking the deck. He claims that the FCC’s status as an “independent” agency sheltered from political oversight requires courts to be “all the more” vigilant in ensuring “that major policy decisions be based upon articulable reasons.” Not so. The independent agencies are sheltered not from politics but from the President, and it has often been observed that their freedom from presidential oversight (and protection) has simply been replaced by increased subservience to congressional direction. […] Indeed, the precise policy change at issue here was spurred by significant political pressure from Congress. Regardless, it is assuredly not “applicable law” that rulemaking by independent regulatory agencies is subject to heightened scrutiny. […] There is no reason to magnify the separation-of-powers dilemma posed by the Headless Fourth Branch, […] by letting Article III judges—like jackals stealing the lion’s kill—expropriate some of the power that Congress has wrested from the unitary Executive.” [Betonung hinzugefügt]

Ob die Beschränkung auch der fleeting expletives verfassungsrechtlich zulässig ist, hat der Supreme Court übrigens nicht entschieden, da diese Frage in der Unterinstanz nicht Gegenstand war.

Update15. Jänner 2010: Zum neuerlichen Hearing vor dem Second Circuit Court of Appeals siehe den Bericht bei informationoverlord und die Aufzeichnung der Verhandlung auf C-Span.

Monday, April 27, 2009

No agency without control? Coming up: die Post-Control-Kommission

Das "österreichische Modell" der Regulierungsbehörde* ist nicht nur in seiner Struktur etwas eigenartig, sondern auch hinsichtlich der Bezeichnung der Behörden. Dass eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (in Teilbereichen) selbst als Regulierungsbehörde auftritt und auch "Geschäftsstelle" einer als Kommission eingerichteten weiteren Regulierungsbehörde ist, lässt sich schon in Österreich nur schwer erklären, im Ausland erntet man damit meist nur Verwunderung, wenn nicht Verständnislosigkeit (nicht einmal der EuGH scheint die Konstruktion zu durchschauen, siehe dazu schon hier).

Und dazu kommt dann noch die Bezeichnung: die meisten Regulierungsbehörden haben das Wort "Control" in ihrem Namen. Ausgenommen davon sind nur die Rundfunkregulierungsbehörde (die den auch nicht gerade in sich stimmigen Namen "KommAustria" bzw "Kommunikatiosnbehörde Austria" trägt) und die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR), die allerdings im Rundfunkbereich gar nicht behördlich tätig wird. Alle anderen relevanten Netzregulierungsbehörden sind "Control-GmbHs" bzw "Control-Kommissionen":
Und demnächst soll es eine weitere "Control-Kommission" geben: die Post-Control-Kommission, die nach dem nun in Begutachtung befindlichen Entwurf für ein neues Postmarktgesetz (Text, Vorblatt, Erläuterungen) an die Stelle des bereits jetzt bestehenden Postsenats der Telekom-Control-Kommission treten soll.

Warum also diese merkwürdige Mischung zwischen Deutsch und Englisch in der Behörden-Bezeichnung und das in diesem Zusammenhang eher ungewöhnliche Wort "Control"? Schuld ist die Flugverkehrskontrolle oder Air Traffic Control, für die schon 1963 auf europäischer Ebene die EUROCONTROL eingerichtet wurde. Anfang der 1990er Jahre wurde dann in Österreich eine organisatorische Modernisierung der Flugverkehrskontrolle in Angriff genommen und mit BGBl 1993/898 die Grundlage für die "Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung" (Austro Control GmbH) geschaffen. Diese GmbH trot an die Stelle des früheren Bundesamts für Zivilluftfahrt und war die erste Ausgliederung einer überwiegend mit behördlichen Aufgaben befassten staatlichen Organisationseinheit.

Schon kurz nach der Gründung wurde die Verfassungsmäßigkeit dieser Konstruktion in Zweifel gezogen, aber mit dem Austro Control-Erkenntnis vom 14.03.1996, B 2113/94 ua, VfSlg 14473, hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass keine Verletzung des Systems des Aufbaus der staatlichen Verwaltung erfolgt ist und dass die Beleihung der Austro Control mit behördlichen Aufgaben nicht die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Ausgliederung von Hoheitsaufgaben überschreitet.

Und weil es mit der Austro Control so gut funktioniert hat, wollte das Verkehrsminisierium auch die nächste neu zu schaffende Behörde nach einem ähnlichen Modell einrichten und auch gleich ähnlich benennen - nämlich Telekom Control-GmbH. Damit war der Name etabliert, sodass Energie-Control und Schienen-Control (jeweils GmbH und Kommission) nur mehr eine Frage der Zeit waren. Einzig bei der Rundfunkregulierungsbehörde hat man aus gutem Grund den Begriff "Control" nicht übernommen (obwohl es es im Jahr 1999 sogar einen - nicht vom BKA erstellten - durchaus ernst gemeinten Vorschlag für ein "Bundesgesetz über die Aufgaben und die Einrichutng der 'Mediacontroll Austria ' (MCA)" gab!).

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*) Dazu jüngst wieder Holoubek, Vom Wirtschaftsaufsichtsrecht zum Regulierungsverwaltungsrecht? Gutachten zum 17. Österreichischen Juristentag, Wien 2009 (wie schon erwähnt, wird der Juristentag vom 6. bis 8. Mai 2009 in Wien stattfinden).

Sunday, April 26, 2009

Roaming-Verordnung: die geänderte Verordnung (und schon wieder ein falscher Rekord)

Kurz bevor der EuGH am 28.04.2009 über die Gültigkeit der Roaming-Verordnung in ihrer Stammfassung verhandelt (Rs C-58/08 Vodafone), hat das Europäische Parlament über die von der Kommission vorgeschlagene Novellierung abgestimmt. Das Ergebnis war eine große Mehrheit für einen schon mit der Ratspräsidentschaft informell ausgehandelten Kompromiss, sodass die weitere Beschlussfassung nur noch eine Formsache sein dürfte (siehe auch die Presseaussendung der Kommission). Neben einer Verlängerung der Geltungsdauer der Roaming-Verordnung (und einer weiteren Absenkung der Roaming-Entgelte für Sprachanrufe in den kommenden zwei Jahren) wurde nun auch eine Obergrenze für SMS eingeführt (den Endkunden dürfen maximal € 0,11 exkl. USt. pro "Roaming-SMS" in der EU verrechnet werden). Außerdem wird eine Preisregelung auf der Vorleistungsebene für das Datenroaming getroffen, wo höchstens €1,00 pro MB verrechnet werden darf (dieser Tarif sinkt ab 1. Juli 2010 auf höchstens €0,80 und ab 1.Juli 2011 auf höchstens € 0,50). Zur näheren Information hier der Link auf die konsolidierte Fassung der Roaming-Verordnung auf der Parlaments-Website.

Kommissarin Reding kommentiert das wie immer in blumiger Sprache: "Die heutige Abstimmung markiert das definitive Ende der Roaming-Abzocke in Europa", sagte sie laut Presseaussendung (Ähnliches sagte sie auch schon vor rund zwei Jahren zur Stammfassung der Verordnung; siehe dazu auch hier). Und schon wieder behauptet Reding unzutreffenderweise, dass die Verordnung in Rekordzeit beschlossen worden sei: doch die "Rekordzeit von nur sieben Monaten" stimmt schon deshalb nicht, weil der Rat noch nicht zugestimmt hat - also werden es wohl zumindest acht Monate sein, bis die Verordnung kundgemacht werden kann. Und die Zeit von nicht einmal sechs Monaten, die bei der Entbündelungsverordnung zwischen Präsentation des Vorschlags und Kundmachung der beschlossenen Verordnung im Amtsblatt lag, ist damit keinesfalls mehr einzuholen.

Lesestoff: TKG-Evaluierung, Schlichtung, EMV, Handy-Kinder-Kodex

Evaluierungsbericht zum TKG:
§ 113 Abs 6 TKG 2003
sieht vor, dass der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie regelmäßig eine Evaluierung der gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen und im Abstand von zwei Jahren dem Nationalrat einen diesbezüglichen Bericht vorzulegen hat. Der erste Bericht wurde im Februar 2006 vorgelegt und im März 2006 im Verkehrsausschuss "enderledigt" (zur Kenntnis genommen); er umfasste den Zeitraum vom Inkrafttreten bis zum 20. August 2005.
Nun wurde - mit einem guten Jahr Verspätung - der 2. Evaluierungsbericht gemäß § 113 Abs 6 TKG 2003 dem Nationalrat vorgelegt (und dem Verkehrsausschuss zur Enderledigung zugewiesen). Der Bericht umfasst den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2007.
Nach Ansicht des BMVIT hat sich das TKG 2003 bewährt, es wird jedoch vorgeschlagen, die Regelung zur "Genehmigung" von AGB abzuschaffen (eigentlich sieht § 25 Abs 6 TKG 2003 keine Genehmigung, sondern ein Widerspruchsrecht der Regulierungsbehörde vor) und der Regulierungsbehörde die Mitwirkung in Fusionskontrollverfahren zu ermöglichen. Ein kritischer Hinweis findet sich auch zur restriktiven Personalpolitik des Bundes, die die Vollziehung des Telekommunikationsrechts durch die Fernmeldebehörden erschwert.

Streitschlichtungsbericht der RTR:
Die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) hat am Freitag den jährlichen Streitschlichtungsbericht veröffentlicht, der diesmal ein "all time high" ausweist: r226 eingebrachte Schlichtungsanträge bedeuten die höchste Fallzahl seit Einrichtung der Schlichtungsstelle im Jahr 1998. Wie jedes Jahr werden die Betreiber mit den jeweils auf sie entfallenden Schlichtungsfällen namentlich genannt und auch illustrative Beispiele geschildert. Besonders bemerkenswert war im vergangenen Jahr etwa der Verbindungsnetzbetreiber MyPhone; er ist zwar erst Ende 2007 in den Markt eingestiegen, aber: "Trotzdem belegte MyPhone auf Anhieb im Berichtsjahr den dritten Platz bei den sie betreffenden Beschwerden und es wurden bei der Schlichtungsstelle 791 neue Fälle aktenkundig."

Mobilfunk-Grenzwerte: "Expertenkonsens 2009":
Der Wissenschaftliche Beirat Funk, ein Beratungsgremium des BMVIT, hat in der vergangeenn Woche ebenfalls seinen jährlichen Bericht - den "Expertenkonsens 2009" - abgeliefert. Die - wenig überraschende - Schlussfolgerung: "Nach heutigem Stand der Wissenschaft kommt es bei Einhaltung der Grenzwerte zu keiner gesundheitlichen Gefährdung im Umgang mit dem Mobilfunk."

Umsetzungsbericht Kinder- und Jugendschutz im Mobilfunk:
Und schließlich weise ich noch auf den neuen Umsetzungsbericht zur Selbstregulierungsaktion der Mobilfunker in Sachen Kinder- und Jugendschutz hin. Diese "Selbstregulierung" (von mir schon bei der Einführung als Placebo Policy bezeichnet) bewirkt immerhin, dass ein paar versteckte Websites entstanden sind (etwa in Österreich: www.handykinderkodex.at) und PricewaterhaouseCoopers einen schönen bunten Bericht abliefern kann, der wiederum Kommissarin Reding Anlass für ein paar mahnende Worte bietet.

Thursday, April 23, 2009

Das Ende der Regulierungsferien ist nahe: Schlussanträge zu C-424/07 Kommission / Deutschland

Die Sache wurde nicht gerade emotionslos geführt: als die deutsche Politik vor bald drei Jahren partout nicht zur Kenntnis nehmen wollte, dass Marktdefinition und Marktanalyse nach dem Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste Sache der Regulierungsbehörde (und nicht des Gesetzgebers) sein müssen, reagierte Kommissarin Reding recht direkt: die deutsche Argumentation sei eines Winkeladvokaten würdig, meinte sie. Wenige Tage nach dem Inkrafttreten der TKG-Änderung mit der Regelung zu den neuen Märkten (siehe näher bereits hier) schickte die Kommission das Aufforderungsschreiben im Vertragsverletzungsverfahren und kündigte außerdem zeitgleich an, so schnell als möglich Klage beim EuGH zu erheben (Presseaussendungen folgten auch zur zweiten Stufe des Verfahrens und zur Beschlussfassung über die Klagserehebung).

"Das ungestüme Vorgehen der Kommission ist bedauerlich", meint dazu Generalanwalt Poiares Maduro in seinen heute veröffentlichten Schlussanträgen in dieser Rechtssache C-424/07 Kommission / Deutschland. In der Sache selbst aber kann auch er keinen Ansatzpunkt dafür finden, dass die von Deutschland getroffene Regelung mit dem Rechtsrahmen vereinbar wäre.

"Durch die Änderungen des TKG hat Deutschland die Regulierungsmöglichkeiten auf neuen Märkten beschränkt", stellt der Generalanwalt am Beginn seiner Würdigung fest (RNr. 43). Er unterscheidet dann zwischen den materiell-rechtlichen Fragen betreffend den Gestaltungsspielraum Deutschlands bei der Umsetzung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens einerseits und den verfahrensrechtlichen Fragen (inwieweit die Änderungen des TKG in den Entscheidungsfindungsprozess der deutschen Regulierungsbehörde bezüglich einer Intervention gemäß dem gemeinschaftlichen Rechtsrahmen eingreifen) andererseits. Zunächst prüft er die materiell-rechtlichen Fragen, nämlich
  • "Darf Deutschland eine grundsätzliche Freistellung neuer Märkte von der Regulierung vorsehen?
  • Darf Deutschland das Ermessen der deutschen Regulierungsbehörde insoweit einschränken, als bei einer Intervention auf neuen Märkten vorrangig ein bestimmtes Regulierungsziel zu berücksichtigen ist?"

Beide Fragen beantwortet er mit einem klaren Nein; in RNr 52 bis 54 schreibt er:

"Letztlich geht es um eine politische Entscheidung: Soll die Regulierung eingeschränkt und sollen die mit beträchtlicher Marktmacht einhergehenden Folgen geduldet werden, um Infrastrukturinvestitionen zu begünstigen?
53 Normalerweise wäre Deutschland eine solche politische Entscheidung ohne Weiteres gestattet – nicht jedoch, wenn eine gemeinschaftliche Regulierung des Telekommunikationssektors vorgesehen ist. Hier hat der Gemeinschaftsgesetzgeber bereits entschieden, diesen Sektor der Regulierung zu unterwerfen – mit all den damit verbundenen Eingriffsmöglichkeiten.
54 Der Telekommunikationssektor umfasst zweifellos auch die neuen Märkte im Sinne von § 3 Nr. 12b TKG. Deutschland kann daher die Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers nicht rückgängig machen und diese neuen Märkte grundsätzlich von der Regulierung freistellen."

Der Grundsatz, dass neue Märkte nicht der Regulieung unterliegen, ist auch nicht, wie Deutschland geltend macht, bereits im gemeinschaftlichen Rechtsrahmen verankert; der Gemeinschaftsgesetzgeber habe den Schritt von "einer lediglich zurückhaltenden Empfehlung" (in den Leitlinien zur Marktanalyse, siehe dort Nr. 32) zu einem verbindlichen Rechtsgrundsatz nicht beabsichtigt (RNr 55 und 58).

Und zur zweiten Frage hält der Generalanwalt fest, dass die Abwägung zwischen den Zielen des Rechtsrahmens den nationalen Regulierungsbehörden zusteht. Die Rolle des nationalen Gesetzgebers ist darauf beschränkt, dafür zu sorgen, dass die nationalen Regulierungsbehörden alle erforderlichen Maßnahmen zur Verfolgung dieser Ziele treffen (RNr. 64- 67):

"Mit anderen Worten: Die Entscheidung eines nationalen Gesetzgebers, dass ein bestimmtes Ziel vorrangig zu berücksichtigen ist, greift praktisch in die vom Gemeinschaftsgesetzgeber vorgesehenen Modalitäten der konkreten Marktbeurteilung ein, die nämlich von den nationalen Regulierungsbehörden unter Berücksichtigung der verschiedenen Ziele im jeweiligen Einzelfall vorgenommen werden soll. Das Fehlen einer Regelung zur Festlegung einer Rangfolge der im gemeinschaftlichen Rechtsrahmen genannten Ziele und das sich aus diesem Fehlen zwangsläufig ergebende Ermessen der nationalen Regulierungsbehörden waren daher vom Gemeinschaftsgesetzgeber genau beabsichtigt.
67 Daher darf Deutschland das der deutschen Regulierungsbehörde bei der Intervention auf neuen Märkten zustehende Ermessen nicht durch Vorgaben wie die in § 9a Abs. 2 TKG normierten einschränken, wonach ein bestimmtes Regulierungsziel vorrangig zu berücksichtigen ist."

Damit steht nach der Auffassung des Generalanwalts fest, dass die Änderungen des deutschen TKG hinsichtlich der Interventionsmöglichkeiten der deutschen Regulierungsbehörde über den Deutschland zustehenden Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens hinausgehen; auf die Frage, ob Deutschland mit diesen Änderungen auch seine Verpflichtungen bezüglich der verfahrensrechtlichen Angelegenheiten verletzt hat, kommt es daher nicht mehr an.

Tuesday, April 21, 2009

Geheimsache "Internetdeklaration", update

Wahrscheinlich fehlt sie ohnehin niemandem, aber ich habe doch einmal nachgefragt, warum die vor mehr als einem Jahr groß für Oktober 2008 angekündigte "ÖSTERREICHISCHE INTERNETDEKLARATION" der - bevorzugt in Großbuchstaben auftretenden - sogenannten "INTERNETOFFENSIVE" noch nicht im Internet verfügbar ist, obwohl sie seit Herbst angeblich fertig ist. Auch das ohnehin etwas seltsame Argument, man wolle auf die neue Regierung warten, scheint nach bald fünf Monaten neuer Regierung auch nicht mehr sehr zwingend.

Aber keine Angst, es hat sich nichts geändert. Auf meine Anfrage teilte mir jemand von office@internetoffensive gestern Folgendes mit:
"das Redaktionsteam hat die Internetdeklaration tatsächlich bereits im
Herbst fertiggestellt. Dennoch wurde bislang aufgrund des Regierungswechsels auf
eine Publikation verzichtet. Mit der Übergabe an die neue Regierung finden Sie
die fertige Deklaration auch im Internet. Der Termin wird in den nächsten Wochen
feststehen."


Gut so: immerhin war eine IKT-Strategie für Österreich nach Ansicht derselben "INTERNETOFFENSIVE" schon vor fünf Monaten "längst überfällig" - da kann es auf ein paar Wochen mehr oder weniger, in denen die offenbar höchst brisante Deklaration unter Verschluss bleibt, auch nicht ankommen. Auf die feierliche Übergabe eines USB-Sticks in einigen Wochen können wir uns schon einmal gefasst machen.

Monday, April 20, 2009

EGMR: Recht auf Informationszugang nach Art 10 EMRK - NGOs als "watchdogs"

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Informationsfreiheit nach Art 10 EMRK entwickelt sich weiter: 2006 hat der Gerichtshof in einer (Nicht-)Zulassungsentscheidung (Sdružení Jihočeské Matky gegen Tschechische Republik) anerkannt, dass ein Eingriff in das durch Art 10 EMRK geschützte Recht zum Empfang von Nachrichten auch dann vorliegen kann, wenn eine Behörde die Herausgabe von Informationen verweigert (siehe dazu auch hier und hier). Nun hat er diesen Zugang in einem Urteil bestätigt und erstmals auch eine Verletzung von Art 10 EMRK wegen der Verweigerung der Herausgabe von Dokumenten durch ein staatliches Organ festgestellt.

Das Urteil Társaság a Szabadságjogokért gegen Ungarn vom 14. April 2009 (Appl. no. 37374/05) betrifft einen Gesetzesprüfungsantrag, den ein Mitglied des ungarischen Parlaments gegen eine Novellierung des Strafgesetzbuchs (mit Änderungen bei Drogendelikten) beim ungarischen Verfassungsgerichtshof gestellt hat. Die vor dem EGMR als Kläger auftretende Organisation - eine auch in der Drogenpolitik aktive NGO mit dem Ziel, die Zivilgesellschaft und den Rechtssaat in Ungarn zu stärken - beantragte beim Verfassungsgerichtshof die Herausgabe des Gesetzesprüfungsantrags, was dieser ablehnte. Auch die gegen diese Verweigerung eingebrachte Klage bei den nationalen Gerichten brachte (in beiden Instanzen) keinen Erfolg.

Der EGMR verweist in seinem Urteil zunächst darauf, dass das Sammeln von Informationen ein wesentlicher vorbereitender Schritt im Journalismus ist und damit unter den Schutz der Pressefreiheit fällt. Aber die Funktion des "public watchdog" oder "social watchdog" ist nicht auf die Medien beschränkt; auch die Aktiviäten zivilgesellschaftlicher Organisationen können einen ähnlichen Schutz rechtfertigen, wie er der Presse zukommt. Wörtlich heißt es in Abs. 27:
"The function of the press includes the creation of forums for public debate. However, the realisation of this function is not limited to the media or professional journalists. In the present case, the preparation of the forum of public debate was conducted by a non-governmental organisation. The purpose of the applicant's activities can therefore be said to have been an essential element of informed public debate. [...] The applicant is an association involved in human rights litigation with various objectives, including the protection of freedom of information. It may therefore be characterised, like the press, as a social “watchdog” [...]. In these circumstances, the Court is satisfied that its activities warrant similar Convention protection to that afforded to the press."
Der verfahrensgegenständliche Gesetzesprüfungsantrag betraf auch eine Angelegenheit des öffentlichen Intereses, sodass die Weigerung des ungarischen Verfassungsgerichtshofs, das Dokument herauszugeben, einen Eingriff in die Informationsfreiheit durch Schaffung eines administrativen Hindernisses bedeutete; ziemlich direkt heißt es in Abs. 28 des Urteils: "The Constitutional Court's monopoly of information thus amounted to a form of censorship."

Der damit bewirkte Eingriff hatte zwar eine gesetzliche Grundlage und verfolgte ein legitimes Ziel, wurde vom EGMR aber nicht als in einer demokratischen Gesellschaft notwendig beurteilte. Nach Ansicht des EGMR ging es im konkreten Fall weniger um eine Verweigerung des generellen Rechts auf Zugang zu offiziellen Dokumenten als um eine durch die Zensurmacht eines Informationsmonopols ("the censorial power of an information monopoly") ausgeübte Behinderung der Ausübung der Funktion eines "social watchdog". Weiter heißt es in Abs. 36 wörtlich:
"Moreover, the State's obligations in matters of freedom of the press include the elimination of barriers to the exercise of press functions where, in issues of public interest, such barriers exist solely because of an information monopoly held by the authorities."
Der EGMR betont aber, dass im vorliegenden Fall - anders als in der Sache Guerra gegen Italien - die Information unmittelbar verfügbar war und nicht erst zusammengesucht werden musste.

Schließlich ging der EGMR auch noch darauf ein, dass das ungarische Gericht die Herausgabe der Daten wegen der darin enthaltenen persönlichen Daten des Abgeordneten, der den Gesetzesprüfungsantrag gestellt hatte, verweigert hatte. Diese Begründung konnte den EGMR auch nicht überzeugen (Abs. 37 und 38):
"the Court considers that it would be fatal for freedom of expression in the sphere of politics if public figures could censor the press and public debate in the name of their personality rights, alleging that their opinions on public matters are related to their person and therefore constitute private data which cannot be disclosed without consent. [...]
The Court considers that obstacles created in order to hinder access to information of public interest may discourage those working in the media or related fields from pursuing such matters. As a result, they may no longer be able to play their vital role as “public watchdogs” and their ability to provide accurate and reliable information may be adversely affected [...]"

Noch ein margin squeeze-Fall vor dem EuGH

Während der Rechtsstreit über den von der Kommission in einem Wettbewerbsverfahren vor sechs Jahren festgestellten, seit 1998 praktizierten "margin squeeze" der Deutschen Telekom AG beim entbündelten Zugang zum Ortsnetz noch beim EuGH anhängig ist (C-280/08 P Deutsche Telekom AG; zum Urteil des EuG in dieser Sache, T-271/03 Deutsche Telekom /Kommission, siehe hier), wurden dem EuGH nun auch im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens Fragen zu einem margin squeeze-Fall vorgelegt: In der Sache C-52/09 Konkurrensverket / TeliaSonera Sverige AB hat das Stockholmer Bezirksgericht folgende Fragen vorgelegt:
  1. Unter welchen Voraussetzungen liegt aufgrund des Unterschieds zwischen dem Vorleistungspreis eines vertikal integrierten Unternehmens in beherrschender Stellung beim Verkauf von ADSL-Vorleistungsprodukten an Wettbewerber und dem Endkundenpreis desselben Unternehmens ein Verstoß gegen Art. 82 EG vor?
  2. Sind bei der Beurteilung von Frage 1 lediglich die Endkundenpreise des beherrschenden Unternehmens maßgeblich oder sind auch die Endkundenpreise der Wettbewerber zu beachten?
  3. Ist es für die Beantwortung von Frage 1 von Bedeutung, dass dem beherrschenden Unternehmen keine regulatorische Verpflichtung zu Vorleistungen auferlegt ist, sondern es sich aus eigenem Antrieb dazu entschlossen hat?
  4. Hängt die Missbräuchlichkeit einer Praxis der in Frage 1 beschriebenen Art davon ab, dass eine wettbewerbsbeschränkende Wirkung vorliegt, und wie lässt sich in diesem Fall diese Wirkung näher bestimmen?
  5. Ist für die Beantwortung von Frage 1 der Grad der Marktmacht des beherrschenden Unternehmens von Bedeutung?
  6. Hängt die Missbräuchlichkeit einer Praxis der in Frage 1 beschriebenen Art davon ab, dass das Unternehmen, das die Praxis anwendet, sowohl auf der Vorleistungsebene als auch auf der Endkundenebene eine beherrschende Stellung hat?
  7. Muss die Ware oder die Dienstleistung, die das beherrschende Unternehmen auf der Vorleistungsebene zur Verfügung stellt, für die Wettbewerber unverzichtbar sein, damit die Praxis gemäß Ziffer 1 missbräuchlich ist?
  8. Ist es für die Beantwortung von Frage 1 von Bedeutung, ob es um die Belieferung eines Neukunden geht?
  9. Hängt die Missbräuchlichkeit einer Praxis von der in Frage 1 beschriebenen Art davon ab, dass das beherrschende Unternehmen die erlittenen Verluste voraussichtlich ausgleichen kann?
  10. Ist es für die Beurteilung von Frage 1 von Bedeutung, ob die Einführung einer neuen Technologie auf einem Markt hohe Investitionen erforderlich macht, z. B. im Hinblick auf die angemessenen Kosten für die Einführung und die eventuelle Notwendigkeit, während der Einführungsphase mit Verlust zu verkaufen?

Fragen, die sich gewiss nicht nur in Schweden stellen. Frage 9 könnte übrigens durch das jüngste Urteil des EuGH in der Rechtssache C-202/07 P France Télécom SA / Kommission (siehe dazu hier) schon beantwortet sein, wenngleich darauf hinzuweisen ist, dass es in der Sache C-202/07 nicht um margin squeeze, sondern predatory pricing gegangen ist.

PS: Ergänzend noch einmal der Hinweis: eine Übersicht über anhängige und abgeschlossene Fälle in Telekom- und Rundfunksachen findet sich unter dem in der rechten Spalte angegebenen Link EuGH/EuG-Übersicht.

Tuesday, April 14, 2009

ORF: unternehmensinterne PolitikerInnen?

Es könnte eine Serie werden: wie Österreichs größtes Kommunikationsunternehmen kommuniziert (siehe bisher etwa hier und hier). Aktuelles Beispiel: wie reagiert der ORF auf die Bitte nach Übermittlung des Jahresberichts gemäß § 8 ORF-Gesetz und des "Strategie- und Strukturkonzepts"?

Sozusagen im Selbstversuch habe ich vor gut einer Woche folgende E-Mail an den ORF-Kundendienst geschrieben:
"Leider kann ich auf Ihrer Website weder den aktuellen Jahresbericht nach § 8 Abs 1 ORF-Gesetz noch das in letzter Zeit diskutierte 'Strategie- und Strukturkonzept' des ORF finden. Da beide Dokumente wohl öffentlich zugänglich sein sollten, ersuche ich Sie, mir diese (am einfachsten per e-mail: [...]) zu übersenden."*
Heute bekam ich darauf folgende Antwort:
"Ich bedanke mich für Ihre E-Mail und Ihr Interesse an unserem Programm. Gerne übermittle ich Ihnen den Link, dem folgend Sie unseren aktuellen Geschäftsbericht finden:
http://kundendienst.orf.at/service/publikationen/gb_2007.html
Zum Jahr 2008 gibt es bis jetzt lediglich diese Zusammenfassung:
http://kundendienst.orf.at/unternehmen/menschen/gremien/jahresergebnis.html
Das angesprochene Strategie-Papier ist leider nicht öffentlich zugänglich, da es sich hier um ein unternehmensinternes Konzept handelt. Diesbezüglich bitte ich um Ihr Verständnis!"*
Was den Jahresbericht anlangt, ist es ein Déjà-vu: auch 2005 und 2007 habe ich angefragt und auch damals bekam ich praktisch gleichlautende Antworten, in denen der Jahresbericht nach § 8 ORF-Gesetz mit dem ORF-Geschäftsbericht verwechselt wurde. Der Jahresbericht - immerhin das zentrale Instrument, mit dem der ORF nach dem Konzept des ORF-Gesetzes die Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Aufträge dokumentiert (Harald Fidler im Standard ist diesbezüglich skeptisch) - ist im ORF-Kundendienst schlicht unbekannt.
Natürlich kann man den Bericht bekommen, wenn man hartnäckig ist und bei den richtigen Leuten (manchmal mehrfach) nachfragt, und so habe ich mittlerweile alle bisherigen Jahresberichte (bis auf den jüngsten) auch offiziell vom ORF bekommen können - auf Papier, denn elektronisch wollte die Berichte noch nie jemand weitergeben. Offen bleibt für mich die Frage, was der ORF mit dem Verstecken seines (nach dem ORF-Gesetz) zentralen Leistungsnachweises bezweckt.

Dass ich das Strategie- und Strukturkonzept nicht bekommen würde (jedenfalls nicht auf diesem Weg), war fast zu erwarten - interessant finde ich allerdings, dass es sich nach der Auskunft des Kundendienstes um ein unternehmensinternes Konzept handeln soll, das nicht öffentlcih zugänglich sei. Abgesehen davon, dass es (laut Standard-Bericht) im ORF-Intranet zugänglich ist (was de facto einer Veröffentlichung gleichkommt), hat es jedenfalls auch Staatssekretär Ostermayer bekommen (siehe wiederum im Standard), und auf einem in der (Online-)Presse veröffentlichten Foto von der Nationalrats-Sondersitzung am 31. März 2009 sieht man das Strategie- und Strukturkonzept zB zwischen dan Abgeordneten Glawischnig und Bucher liegen. Wenn es sich aber um ein unternehmensinternes Konzept handelt, dann stellt sich doch die Frage, welche PolitikerInnen nach Ansicht des ORF so unternehmensintern sind, dass ihnen das Dokument übermittelt wurde. Und wenn das Konzept "der Politik" übermittelt wurde (immerhin meint ja sogar der ORF-Informationsdirektor, dass "die Politik" Eigentümerfunktion habe, und auch der Stiftungsratsvorsitzende scheint dies ähnlich zu sehen), dann ist schwer verständlich, dass die Allgemeinheit - immerhin Begünstigte der Stiftung ORF - nicht wissen dürfte, wohin die Reise gehen soll. Auch hier gilt natürlich: wer wirklich will, kann sich das Konzept schon organisieren - was spräche dann aber dagegen, es gleich öffentlich zu machen?

Wie man liest, soll noch diese Woche ein Entwurf für eine Novelle zum ORF-Gesetz in Begutachtung gehen. Und obwohl ich mich sonst mit Anmerkungen dazu zurückhalte, möchte ich doch eine kleine Anregung einbringen - die Einfügung einer Bestimmung zur Transparenz, zB so

"§ ## Transparenzverpflichtung
Der ORF hat zumindest folgende Informationen auf seiner Website ### [zB. kundendienst.orf.at] zu veröffentlichen:
1. den Jahresbericht gemäß § 8 Abs 1,
2. Beschlüsse des Stifungsrates gemäß § 18,
3. Beschlüsse des Stiftungsrates gemäß § 21 Abs 1 Z 6 bis 13,
4. Maßnahmen, die nach § 21 Abs 2 Z 1, 2 und 17 der Zustimmung des Stiftungsrates bedürfen,
5. Stellenausschreibungen gemäß § 27,
6. Empfehlungen des Publikumsrates gemäß § 30,
7. das Tarifwerk des Werbefunks und die Programmentgelte gemäß § 31,
8. das Redakteursstatut gemäß § 33,
9. den Jahresabschluss und den Lagebericht sowie den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht nach § 39 Abs 1 bis 3,
10. eine Dokumentation über die Erfüllung der Verpflichtungen gemäß § 39 Abs 4 einschließlich der genauen Angabe der Methode, nach der die Kosten und Erlöse den verschiedenen Geschäftsbereichen zugeordnet und zugewiesen werden und der Darlegung der Kostenrechnungsgrundsätze, die der getrennten Buchführung zugrunde liegen,
11. Prüfberichte gemäß §§ 40 und 41."

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*) Jeweils vollständiger Wortlaut mit Ausnahme der Gruß- und Höflichkeitsformeln bzw der Absenderangaben

Sunday, April 12, 2009

"Kurz kommt auch wieder der eingangs gezeigte Hase ins Bild": Oster-Nachlese

Ostern ist rundfunkrechtlich ein heikler Termin: "Toni, der Lehrbua vom Osterhasen" schaffte es mit seiner im ORF-Fernsehen ausgestrahlten Werbung für Ö3 zu allen drei österreichischen Höchstgerichten (VfGH, VwGH, OGH; siehe dazu mehr hier in diesem Blog).

In Deutschland stellte zuletzt das OVG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 17. Dezember 2008 fest, dass die Sendung "Jetzt geht's um die Eier! Die große Promi-Oster-Show" von Sat1 unzulässige Schleichwerbung enthielt (Pressemitteilung des OVG, Bericht auf DWDL, Berichte zur unterinstanzlichen Entscheidung und zur Entscheidung der Medienbehörde auf Telemedicus).

Und sogar im Vereinigten Königreich ist der Easter Bunny letztes Jahr schon einmal ins Visier der Ofcom geraten; er sollte eben nicht in einer Radio-Morgensendung "Happy f(*)cking Easter" sagen (siehe Broadcast Bulletin vom 23.6.2008, Seite 8).

Und auch betulich-harmlose Werbespots für die ORF-Nachlese können rundfunkrechtlich kritisch sein, wie das Beispiel der Werbung für die "Oster-Nachlese" zeigt, die vom Bundeskommunikationssenat als Verstoß gegen § 13 Abs 8 ORF-Gesetz beurteilt hat; der Verwaltungsgerichtshof hat die dagegen erhobene Beschwerde des ORF als unbegrüdnet abgewiesen (VwGH 1.10.2008, 2005/04/0161). In der Entscheidung des Bundeskommunikationssenates wurde der gegenständliche Spot im Wesentlichen so beschrieben:
"Im Bildfenster ist vorerst ein Hase zu sehen, der über eine Wiese hoppelt, auf der sich gefärbte Ostereier befinden. Sodann sieht man Barbara van Melle, die mit der Dekoration von Zweigen mit bemalten Eiern beschäftigt ist. Danach wird die Dekoration von augenscheinlich zum Verzehr bestimmten Backwaren mit gefärbten Ostereiern gezeigt. Kurz kommt auch wieder der eingangs gezeigte Hase ins Bild. Während dieser Szenen ist ein Insert mit dem Text 'Oster Extra' und zuvor auch 'Schöner Leben' am unteren Bildrand zu sehen. Im Anschluss wird die betreffende Printausgabe der ORF-Nachlese auf einem bunten Hintergrund in das Bild eingespielt, wobei das Titelblatt groß und deutlich sichtbar ist. Man kann hierbei einige bemalte Eier und eine auf einem Teller in einer Art Nest angerichtete Speise sowie im oberen Titelblattdrittel die Überschrift 'Das große Oster-Extra' und die Aufschrift 'ORF nachlese' erkennen."
Nach § 13 Abs 8 ORF-Gesetz darf aber ORF-Fernsehwerbung für periodische Druckwerke nur auf den Titel (Namen des Druckwerks) und die Blattlinie, nicht aber auf deren Inhalte hinweisen. Der ORF war der Ansicht, dass der Werbespot als Hinweis "auf eigene Programme und Sendungen sowie auf Begleitmaterialien, die direkt von diesen abgeleitet sind" zu beurteilen wäre und daher nach § 13 Abs 5 ORF-Gesetz nicht als Werbung gelte. Während der BKS in seiner Entscheidung ausführlich darlegte, weshalb es sich bei der Nachlese nicht bloß um solche Begleitmaterialien handelte, teilte der VwGH schon die Prämisse nicht, dass § 13 Abs. 8 erster Satz ORF-G auf ein periodisches Druckwerk keine Anwendung finde, wenn dieses Druckwerk gleichzeitig auch "Begleitmaterial" sei: Nur "für die Berechnung der höchstzulässigen Werbezeiten" gelten Hinweise auf Begleitmaterialien nicht als Werbung, abgesehen davon sind solche "Hinweise" als "Werbung" anzusehen und daher nach den diesbezüglichen Vorschriften, hier insbesondere § 13 Abs 8 erster Satz ORF-G, zu beurteilen. Dass aber im Fall des Oster-Nachlese-Spots mehr als bloß der Titel des Druckwerks und dessen Blattlinie genannt wurde, war evident.

PS - sozusagen als Nachlese zum Osterhasen-Lehrbub: der Oberste Gerichtshof ist in der "Toni, der Lehrbub"-Entscheidung noch zum Ergebnis gekommen, dass dem ORF die objektive Gesetzesverletzung im Sinne des Lauterkeitsrechts nicht subjektiv vorwerfbar war, da es damals noch keine Rechtsprechung - auch des Bundeskommunikationssenates - dazu gab. Das hat sich mittlerweile geändert, wie der OGH in einem Beschluss vom 26.08.2008, 4 Ob 105/08g zum Ausdruck brachte: "Der OGH hat sich bereits mit Inhalt und offenkundigem Zweck des § 13 Abs 9 ORF-G auseinandergesetzt, - vor dem Hintergrund einer nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung vertretbaren Auslegung - (4 Ob 8/03k = MR 2003, 261 [Swoboda, 264) = ÖBl 2004, 68 - cross promotion; RIS-Justiz RS0077771 [T55]). Seither sind mehrere Entscheidungen des VwGH und des VfGH zu dieser Norm ergangen, und es besteht auch eine reichhaltige - im Rechtsmittel als 'verfeinert' bezeichnete - Entscheidungspraxis des für den Vollzug der genannten Norm zuständigen BKS." Der außerordentliche Revisionsrekurs des ORF gegen die vom OLG Wien verhängte einstweilige Verfügung blieb damit erfolglos; in dieser Entscheidung des OLG Wien hieß es wörtlich: "Es besteht kein Zweifel daran, dass die Beklagte den Zulässigkeitsrahmen § 13 Abs 9 ORF-G gezielt auszuloten versucht und dabei Grenzüberschreitungen in Kauf nimmt."

Wednesday, April 08, 2009

Rundfunkmitteilung: noch ein Entwurf, noch eine Konsultation

Aller guten Dinge sind drei, offenbar auch im Beihilfenrecht: nach dem Drei Stufen-Test* hat die Kommission nun offenbar die Drei-Stufen-Konsultation entdeckt: die lange angekündigte Neufassung der Rundfunkmitteilung (siehe dazu in diesem Blog hier und hier) geht nun mit einem neuen Entwurf in die dritte Runde der Konsultation.

Wie von Kommissarin Reding angekündigt, wurde der Text etwas gekürzt; der neue Entwurf hat nur mehr 97 Absätze (gegenüber den 107 Absätzen des letzten Entwurfs; allerdings hat die derzeit noch geltende Rundfunkmitteilung aus 2001 nur 62 Absätze). Allzu gravierende Weglassungen sind allerdings nicht zu verzeichnen, vor allem wurden Zitate gekürzt und Wiederholungen gestrichen. Spannender könnten die inhaltlichen Änderungen sein, die in der Presseaussendung der Kommission so beschrieben werden:
"Die wichtigsten Änderungen im Vergleich zum vorausgegangenen Entwurf betreffen die Grundsätze der Technikneutralität und der redaktionellen Unabhängigkeit. Zudem wird stärkeres Gewicht auf die wesentlichen Grundsätze gelegt, wobei den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Umsetzung eingeräumt und mehr Klarheit hinsichtlich der Bildung von Rücklagen für die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten geschaffen wird."
Grundsätzliche Umwälzungen sind das aber eher nicht:
  • Der Grundsatz der Technologieneutralität war schon im letzten Entwurf in Absatz 51 erwähnt worden (nun ganz ähnlich gefasst in Absatz 81); nun kommt hinzu, dsass die Kommission in Absatz 85 ausdrücklich klarstellt, dass es nicht als neuer Dienst zu betrachten - und einem "Drei-Stufen-Test" zu unterziehen - ist, wenn Inhalte, die bereits über eine "herkömmliche Verbreitungsplattform (wie Fernsehen oder Radio) ausgestrahlt werden, lediglich gleichzeitig über eine neue Plattform (wie Internet oder Mobilgeräte) verbreitet werden".
  • Der Grundsatz der redaktionellen Unabhängigkeit wurde in den Absätzen Nr. 47 und 86 eher als eine Art "Erinnerungspost" eingefügt (hieß es in diesen Zusammenhängen im letzten Entwurf "Angesichts der Besonderheiten des Rundfunksystems ...", so heißt es nun "Angesichts der Besonderheiten des Rundfunksystems und der Notwendigkeit zum Schutz der redaktionellen Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten").
  • Neu und für Österreich besonders interessant ist die "Kleinstaaten-Klausel" in Absatz 42: "Die Kommission wird bei ihrer Bewertung auch den Schwierigkeiten mancher kleiner Mitgliedstaaten Rechnung tragen, die notwendigen Mittel über Rundfunkgebühren hereinzuholen, wenn die Kosten des öffentlichen Rundfunks pro Einwohner unter ansonsten gleichen Bedingungen höher sind."
  • Ebenfalls unter den Punkt "mehr Flexibilität bei der Umsetzung" lässt sich die Entschärfung bei den Anforderunegn an die Aufsicht subsumieren. Wurde im früheren Entwurf in den Absätzen 69 und 99 eine externe Stelle verlangt, so sieht die Neufassung nur mehr eine Stelle vor, "die effektiv von der Geschäftsführung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt unabhängig und mit den erforderlichen Befugnissen und Ressourcen ausgestattet ist, um eine regelmäßige Kontrolle vorzunehmen und zur Gewährleistung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nötigenfalls geeignete Abhilemaßnahmen zu beschließen" (Absatz 54); dass diese Stelle extern sein sollte, wird nicht mehr verlangt, was die deutschen Länder beruhigen könnte. In Absatz 89 findet sich eine ähnliche Formulierung, zusätzlich wird dort den Mitgliedstaaten konzediert, dass sie die Möglichkeit haben müssen, "ein Verfahren zu entwickeln, das in Hinblick auf die Marktgröße und die Marktstellung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt angemessen ist." Auch hier also ein möglicher Kleinstaaten-Discount.
  • Dieser Entlastung bei den Anforderungen an die Aufsicht steht eine "Klarstellung" - eher eine Verschärfung - bei den Rücklagen gegenüber. Nach den Absätzen 73 bis 76 wird zwar generell eine Rücklagenbildung in der Höhe von bis zu 10% der Ausgaben (im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrags) akzeptiert, allerdings wird auch deutlicher als bisher darauf hingewiesen, dass darüber hinausgehende Rücklagen als Überkompensierungen grundsätzlich zurückzufordern sind. Die Bedingunegn, zu denen allgemeine und - nur in hinreichend begründeten Ausnahmefällen zulässige - besondere Rücklagen für öffentlich-rechtliche Tätigkeiten verwendet werden dürfen, sind von den Mitgliedstaaten "genau festzulegen".
  • Neu ist auch eine kleine Verbeugung vor den Zeitungsverlagen; in Absatz 16 heißt es nun: "Zeitungsverlage und andere Printmedien sind außerdem ein wichtiger Garant für eine objektiv informierte Öffentlichkeit und für die Demokratie. Da diese Anbieter jetzt mit Rundfunkveranstaltern im Internet im Wettbewerb stehen, sind alle diese kommerziellen Mediendienstleister von den potenziellen negativen Auswirkungen betroffen, die staatliche Beihilfen zugunsten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle haben können. ... Es liegt in der Tat im gemeinsamen Interesse, auch im derzeitigen dynamischen Medienumfeld ein vielfältiges und ausgewogenes Medienangebot öffentlicher und privater Rundfunkveranstalter zu wahren."
*) zum kürzlich abgeschlossenen Drei-Stufen-Test betreffend die NDR-Mediathek siehe hier auf der NDR-Website die relevanten Dokumente (Beschreibung der Mediathek, medienökonomisches Gutachten, Beschluss des Rundfunkrates); Robin Meyer-Lucht vermerkt dazu: "Der ernsthafte Versuch von Aufsicht wurde nicht unternommen".

Der Betrieb von Rundfunkempfangsanlagen als Linzer Lustbarkeit vor dem VfGH

Der Betrieb "einer Vorrichtung zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen (Klavierspielapparat, Sprechapparat, Phonograph, Orchestrion, u.a.)" in - unter anderem - Gast- und Schankwirtschaften unterliegt nach § 17 Oö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 einer Pauschalabgabe ("Apparateabgabe").

Die Linzer Lustbarkeitsabgabeordnung (das Formular zur Abgabenerklärung ist hier) hat in Ausführung des Oö. Lustbarkeitsabgabegesetzes den Gegenstand der Apparateabgabe etwas umfassender beschrieben, nämlich als Betrieb "einer Vorrichtung zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen (Tonband, Kompaktanlagen, Plattenspieler, Fernseher mit Video, CD-Player, Musikbox, Rundfunkempfangsanlagen mit zusätzlich betriebenem Verstärker oder Lautsprecher(n) u.ä.)".

Die oben fett hervorgehobene Wortfolge wurde vom Verfassungsgerichtshof nun mit Erkenntnis vom 4. März 2009, V 447/09, als gesetzwidrig aufgehoben. Wesentliches Argument des VfGH war dabei, dass das Oö. LustbarkeitsabgabeG Rundfunkempfangsanlagen schon in einer anderen Bestimmung (§ 19 lit b) erfasst hat (dort ist eine "Abgabe für das Halten[!] von Rundfunkempfangsanlagen an öffentlichen Orten in Gast- und Schankwirtschaften sowie in sonstigen jedermann zugänglichen Räumen" festgelegt, wobei es sich nicht um eine Apparateabgabe handelt, sondern um eine "Pauschalabgabe nach der Größe des benutzten Raumes"). Interessant ist, wie der VfGH darauf hinweist, was er ausdrücklich nicht zu beurteilen hatte (Hervorhebungen durch mich):
"Der Verfassungsgerichtshof braucht sich in diesem Verfahren allerdings nicht mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Steuertatbestand, der mit den Worten 'Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen (Klavierspielapparat, Sprechapparat, Phonograph, Orchestrion, u.a.)' umschrieben ist, auch Apparate der modernen Unterhaltungselektronik umfasst, ob also eine Umschreibung wie die hier in Rede stehende, die offensichtlich auf den technischen Stand der Unterhaltungsmusik in den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts Bezug nimmt und diesen beispielhaft beschreibt, für eine dynamische Auslegung, wie sie der OÖ Landesregierung vorschwebt und wie sie der Gemeinderat der Stadt Linz in §17 Abs1 Z2 LustbarkeitsabgabeO vorgenommen hat, geeignet ist."

"Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu beurteilen, warum der Landesgesetzgeber im Jahr 1950 bei der Apparateabgabe ausschließlich auf Einrichtungen der Unterhaltungsmusik abgestellt hat, die schon damals als veraltet anzusehen waren. Soweit die OÖ Landesregierung vorbringt, bei der vom Gerichtshof vertretenen Interpretation dieser Vorschrift ('strikte Wortinterpretation') käme es 'zu geradezu absurden Ergebnissen' und würde die Bestimmung 'bar aller praktischen Relevanz sein', ist ihr zu erwidern, dass es Sache des Landesgesetzgebers ist, die Tatbestände im OÖ LustbarkeitsabgabeG so zu umschreiben, dass den Gemeinden als verordnungsgebende Organe eine gesetzeskonforme Vorgangsweise bei der Besteuerung von Lustbarkeiten unter Berücksichtigung auch der aktuellen Entwicklung der Unterhaltungselektronik und der Gesichtspunkte der Praktikabilität und Akzeptanz möglich ist. Der Landesgesetzgeber wäre auch gewiss nicht gehindert, einen Tatbestand zu formulieren, der der dynamischen Entwicklung auf diesem Gebiet Rechnung trägt und etwa auch versucht, die in der Äußerung der OÖ Landesregierung angedeuteten Schwierigkeiten im Hinblick auf das Internet zu bewältigen."

Sunday, April 05, 2009

Medienvielfalt - keine Eile für die Kommission

Im Jänner 2007 hat die Kommission ein Arbeitsdokument zur Medienvielfalt herausgegeben (siehe dazu hier) und ein paar ganz vorsichtige Schritte angekündigt: zunächst einmal, im Jahr 2007, eine Studie über Indikatoren, dann im Jahr 2008 eine Mitteilung über das Ergebnis dieser Studie und allenfalls dann später einmal eine Evaluierung und vielleicht sogar eine Untersuchung, in der anhand der gefundenen Indikatoren die Situation in den Mitgliedstaaten überprüft werden könnte. Schwer vorstellbar, dass man einen so wenig ambitionierten Plan noch untererfüllen kann: aber bis heute gibt es kein Ergebnis der Studie (kein Wunder: sie wurde erst Ende 2007 vergeben, mit einem Leistungszeitraum von 17 Monaten), und natürlich auch keine Mitteilung der Kommission.

Inzwischen beschäftigt sich die Media Task Force in der Kommission unter anderem mit einer Zusammenstellung ("inventory") von Maßnahmen, die die Medien betreffen. 40 Seiten hat die letzt verfügbare Fassung dieser Zusammenstellung. Das Dokument enthält links zu all den vorgestellten Maßnahmen und ist insofern recht nützlich, auch wenn man nicht allzu viel Neues daraus erfährt. Zur Medienvielfalt liest man etwa, dass in der High Level Group "Fundamental Rights, Anti-discrimination and Equal Opportunities" die Möglichkeit besteht, dass das Thema Medienvielfalt besprochen werden könnte, was allenfalls zu einem "Review" der Position der Kommission zur Medienvielfalt führen könnte. Sehr enthusiastisch klingt auch das nicht - aber es deutet zumindest an, dass es so etwas wie eine Position der Kommission zur Medienvielfalt geben könnte.

Saturday, April 04, 2009

Telekom- und Rundfunksachen vor EuGH und EuG - neue Übersicht

Nach den Osterferien wird sich der EuGH mit den Regulierungsferien beschäftigen: die Schlussanträge in der Rechtssache C-424/07 Kommission/Deutschland sind für den 23. April 2009 angekündigt.

Und damit die Übersicht über offene und schon entschiedende Telekom- und Rundfunksachen vor dem EuGH und dem EuG leichter fällt, habe ich eine Zusammenstellung gemacht, die hier zu finden ist (und in der kurzen Linkliste in der rechten Spalte oben habe ich einen Direktlink "EuGH/EuG-Übersicht" eingefügt, über den diese Zusammenstellung direkt aufgerufen werden kann). Die Übersichtsseite ist natürlich work in progress / subject to change.

Das Publikum als Kapital

"Darauf kann man sehr stolz sein", sagte Klaus Pekarekt, Vorsitzender des ORF-Stiftungsrates, zur Beschlussfassung über das acht Sätze umfassende "Positionspapier" mit dem Titel "Für die Zukunft des ORF" in der Sitzung des Stiftungsrates am 2. April. In der Öffentlichkeit und sogar in der ORF-eigenen Pressemitteilung wurde auch Wert darauf gelegt, dass dieses Dokument von den "Kapitalvertretern" einstimmig beschlossen wurde (gemeint war, dass nur die nach § 20 Abs 1 Z 5 ORF-G vom Zentralbetriebsrat bestellten Stiftungsratsmitglieder dagegen waren). Aber: im Stiftungsrat gibt es keine Kapitalvertreter. Denn der ORF ist keine Aktiengesellschaft (auch wenn Haftung und teilweise Aufgaben des Stiftungsrats an die Regeln des Aktiengesetzes anknüpfen). Die Stiftungsratsmitglieder sind nicht zur Vertretung von Kapitalinteressen bestellt, sondern zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit, der die öffentlich-rechtliche Stiftung ORF zu dienen hat. Aber vielleicht sollte das auch nur zum Ausdruck bringen, dass diese Allgemeinheit - das Publikum - das eigentliche Kapital des ORF ist.

Der "sehr wichtige und wesentliche" (Stiftungsratsvorsitzender Pekarek) bzw. "historische" (Generaldirektor Wrabetz) Beschluss ist hier nachzulesen. Mich beeindruckt vor allem ein Satz:
"Vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Situation des ORF spricht sich der ORF-Stiftungsrat für wirksame Maßnahmen zur Sicherung des Unternehmens aus."
Wirklich historisch wäre es gewesen, hätte sich der Stiftungsrat ausdrücklich für unwirksame Maßnahmen ausgesprochen (oder gleich dafür, das Ziel der Sicherung des Unternehmens aufzugeben); jedenfalls aber wäre es auch interessant gewesen, hätte der Stiftungsrat ein wenig konkreter gesagt, was er sich unter diesen wirksamen Maßnahmen vorstellt.

Aber wesentlich war wohl vor allem die Symbolik des Handelns. Stiftungsratschef Pekarek: "Der Stiftungsrat möchte damit ein Signal setzen, die Geschäftsführung unterstützen und ein Bekenntnis zum ORF ablegen." Das zentrale Aufsichtsgremium des ORF muss sich in einem wichtigen, wesentlichen, historischen Beschluss erst ausdrücklich zum ORF bekennen? Hätte man also an diesem Bekenntnis Zweifel haben sollen? Ebenfalls großartig: Der Publikumsrats-Vorsitzende ruft dazu auf, die Publikumsinteressen zu wahren.

PS: was der ORF in Erfüllung seines Auftrags leistet, hat er Jahr für Jahr jeweils bis zum 31. März in seinem Bericht nach § 8 ORF-Gesetz zu dokumentieren. Dieser Bericht geht zwar an National- und Bundesrat (wird dort allerdings nicht behandelt), dem ORF selbst war das aber auch heuer weder eine Presseaussendung noch einen Bericht in den eigenen Medien wert (zumindest habe ich nichts dazu gehört, gesehen oder online gefunden). Und schon gar nicht wird der Bericht auf der ORF-Website zur Verfügung gestellt. Auch das - offenbar breit gestreute - Strategiekonzept des Generaldirektors, das schon vor der Sitzung des Stiftungsrats nicht nur dessen Mitgliedern, sondern auch Politikern oder Ex-Generalintendanten zur Verfügung gestellt wurde, also nicht geheim sein kann, sucht man auf der ORF-Website vergeblich. Die ORF-Website dürfte generell kein vorrangiges Instrument der Unternehmenskommunikation sein: so wirkt es eher eigenartig, wenn die dort auch unter der Subdomain "derneue.orf.at" angebotene Unternehmenschronik am 28. August 2003 plötzlich endet. Dass seither nichts passiert wäre, kann man ja wohl eher nicht behaupten.

Thursday, April 02, 2009

EuGH: unvermeidbarer Verzicht auf UMTS-Lizenzgebühren ist keine Beihilfe

In den UMTS-Vergabeverfahren, die europaweit im Wesentlichen in den Jahren 1999 bis 2001 durchgeführt wurden, ging es für die Betreiber auf der einen und für die Mitgliedstaaten auf der anderen Seite um viel Geld. In manchen Staaten wurden die Lizenzen versteigert (zB in Österreich, Deutschland oder dem Vereinigten Königreich), in anderen wiederum in "beauty contests" oder anderen vergleichenden Auswahlverfahren vergeben. Manche dieser Mitgliedstaaten, die etwas später mit der Vergabe dran waren, mussten schon froh sein, wenn sich überhaupt noch Interessenten für die teuren Lizenzen (bzw Frequenzen) fanden. Insbesondere Frankreich war gezwungen, von den Abgaben, die von den beiden ersten Bewerbern und Lizenzinhabern gefordert wurden, nachträglich noch etwas nachzulassen: denn ein dritter Betreiber, Bouygues, war nur bei einer niedrigeren Abgabenlast zum Einstieg bereit. Um die Gleichbehandlung zu gewährleisten, ermäßigten die französioschen Behörden dann aber auch den bereits bestehenden Betreibern ihre Abgaben. Bouygues sah in diesem Verzicht der französischen Behörden eine selektive Beihilfe zu Gunsten der ersten beiden Betreiber (SFR und Orange). Die Kommission schloss sich dieser Ansicht nicht an, und auch das EuG kam - nach einer Klage durch Bouygues - zum Ergebnis, dass der Verzicht unvermeidlich gewesen war und somit keine Beihilfe vorlag (siehe zur Vorgeschichte schon hier).
Auch mit dem heutigen Urteil des EuGH in der Rs C-431/07 P Bouygues wurde - in diesem Fall den Schlussanträgen der Generalanwältin folgend - die Auffassung der Kommission, dass der Verzicht keine (unzulässige) Beihilfe war, bestätigt. Die Richtlinie 97/13 und die Entscheidung Nr. 128/1999 hatten den Mitgliedstaaten ein Ermessen in Bezug auf die Wahl des Verfahrens zur Erteilung der Lizenzen eingeräumt, solange die Grundsätze des freien Wettbewerbs und der Gleichbehandlung beachtet würden. Wörtlich führte der EuGH aus:
"92 Im vorliegenden Fall haben sich die französischen Behörden bei der Ausübung dieses Ermessens dafür entschieden, die in Rede stehenden UMTS‑Lizenzen eben durch ein Verfahren der vergleichenden Auswahl zu erteilen. Wie das Gericht in Randnr. 12 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, mussten die Behörden weitere Lizenznehmer nur wegen des teilweisen Fehlschlags der ersten Aufforderung zur Einreichung von Bewerbungen suchen, aufgrund dessen nicht genügend Lizenzen erteilt werden konnten, um einen echten Wettbewerb auf dem Markt der Telekommunikationsdienstleistungen zu gewährleisten.
93 In einer solchen Situation boten sich diesen Behörden ... drei Optionen, nämlich das Verfahren von Beginn an wieder aufzunehmen, eine Aufforderung zur Einreichung zusätzlicher Bewerbungen abzugeben, ohne rückwirkend die von Orange und SFR geschuldeten UMTS‑Abgaben zu erhöhen, oder eine solche Aufforderung ergehen zu lassen und gleichzeitig die erwähnten Abgaben rückwirkend zu ändern.
94 Unter den Umständen des vorliegenden Falles hätte ... die Option, das Verfahren von Beginn an wieder aufzunehmen, die Einhaltung des in Art. 3 Abs. 1 der Entscheidung Nr. 128/1999 als Zeitpunkt für die Umsetzung der Richtlinie 97/13 durch die Mitgliedstaaten in Bezug auf die koordinierte und schrittweise Einführung der UMTS‑Dienste in ihrem Gebiet festgesetzten 1. Januar 2002 gefährdet. Ebenso hätte ... die Option, von Orange und SFR die Zahlung weit höherer Abgaben zu fordern, als sie von Bouygues Télécom verlangt wurden, obwohl aus Gründen, die nicht allein von deren Willen abhingen, noch keiner dieser drei Betreiber auf dem Markt tätig war und diese Lizenzen die gleichen Merkmale hatten, Orange und SFR diskriminiert.
95 Die Anwendung einer dieser beiden Optionen hätte es, mit anderen Worten, den französischen Behörden nicht erlaubt, den Anforderungen des emeinschaftsrechts zu genügen.
96 Unter diesen Bedingungen war im Rahmen der letztlich von diesen Behörden gewählten Option der Verzicht auf die in Rede stehenden Forderungen aufgrund der Maßnahme der rückwirkenden Angleichung der von Orange und SFR geschuldeten Abgaben an diejenigen, die Bouygues Télécom auferlegt wurden, unvermeidlich."
Der Vorwurf, aus dem unterschiedlichen Zeitpunkt der Lizenzvergabe ergäbe sich ein unterschiedlicher Wert, konnte im vorliegenden Fall entkräftet werden: Das EuG hatte nämlich festgestellt, dass Orange und SFR - aus Gründen, die von ihrem Willen unabhängig waren - die ihnen erteilten Lizenzen nicht (früher) hätten nutzen können, sodass es auf den Zeitpunkt der Lizenzerteilung nicht ankam.

EuGH bestätigt EuG: Verdrängungspreise der France Télécom

Mit Entscheidung vom 16.7.2003, COMP/38.233 — Wanadoo Interactive, hatte die Kommission einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Wanadoo Interactive (mittlerweile France Télécom) durch Anwendung von Verdrängungspreisen ("predatory pricing") festgestellt. Das EuG wies die dagegen erhobene Klage der France Télécom mit Urteil vom 30.1.2007, T-340/03 (siehe dazu hier) ab. Auch dagegen erhob France Télécom ein Rechtsmittel - und durfte nach den Schlussanträgen des Generalanwalts (siehe dazu hier) auch hoffen, damit erfolgreich zu sein.

Mit seinem heutigen Urteil in der Rechtssache C-202/07 P France Télécom SA / Kommission hat der EuGH jedoch - entgegen den Schlussanträgen des Generalanwalts - das Rechtsmittel der France Télécom zurückgewiesen. Die Entscheidung stützt sich sehr weitgehend auf formale Erwägungen und weist zB einige Ausführungen der Klägerin schon deshalb zurück, weil es sich um die bloße Wiederholung von Argumenten aus dem Verfahren vor dem EuG handelte, oder auch weil die nun aufgegriffenen Rechtsmittelgründe vor dem EuG noch nicht geltend gemacht wurden.
Zentrale inhaltliche Aussagen finden sich in den Rz 103 bis 117, in denen sich der EuGH mit der Frage auseinandersetzt, ob der Vorwurf missbräuchlicher Verdrängungspreise nur dann gerechtfertigt ist, wenn auch nachgewiesen werden kann, dass das Unternehmen letztlich seine Verluste aus dieser Preispolitik - nach dem Marktaustritt der verdrängten Mitbewerber - wieder ausgleichen werde können. Dies ist nach Ansicht des EuGH nicht der Fall:

"110 Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin ergibt sich damit aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht, dass der Nachweis eines möglichen Ausgleichs der Verluste, die ein Unternehmen in beherrschender Stellung durch die Anwendung von Preisen unter einem bestimmten Kostenniveau erleidet, eine notwendige Voraussetzung für die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer solchen Preispolitik ist. ...
111 Diese Auslegung schließt es wohlgemerkt nicht aus, dass die Kommission die entsprechende Möglichkeit des Verlustausgleichs als für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der fraglichen Praxis relevanten Umstand ansehen kann, da sie z. B. dazu beitragen kann, im Fall der Anwendung von Preisen unter den durchschnittlichen variablen Kosten andere wirtschaftliche Begründungen als die Verdrängung eines Mitbewerbers auszuschließen oder im Fall der Anwendung von Preisen, die unter den durchschnittlichen Gesamtkosten, aber über den durchschnittlichen variablen Kosten liegen, die Existenz eines Plans zur Verdrängung eines Mitbewerbers zu belegen.
112
Im Übrigen reicht das Fehlen jeder Verlustausgleichsmöglichkeit nicht aus, um auszuschließen, dass es dem fraglichen Unternehmen gelingt, seine beherrschende Stellung infolge insbesondere des Austritts eines oder mehrerer Mitbewerber aus dem Markt zu verstärken, so dass das Maß des auf dem Markt herrschenden Wettbewerbs, der gerade durch die Anwesenheit des fraglichen Unternehmens bereits geschwächt ist, weiter verringert wird, und dass die Verbraucher aufgrund der Begrenzung ihrer Wahlmöglichkeiten geschädigt werden.
113 Das Gericht [EuG] hat daher in Randnr. 228 des angefochtenen Urteils zu Recht den Schluss gezogen, dass der Nachweis eines möglichen Verlustausgleichs keine notwendige Vorbedingung für die Feststellung ist, dass Verdrängungspreise praktiziert werden."

Wednesday, April 01, 2009

ORF: Rettungs-Räte und Räte-Raten

Rettungs-Räte: In meinem letzten Beitrag habe ich darauf hingewisen, dass unter den "Proponenten", die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den ORF irgendwie durch "Neugründung" zu retten (weil er "von innen" nicht mehr sanierbar sei), auch jemand "von innen" dabei ist, nämlich Stiftungsrätin Helga Rabl-Stadler. Ein Blog-Leser hat mich nun freundlicherweise darauf hingewiesen, dass Rabl-Stadler nicht das einzige Mitglied des Stiftunsgrats unter den Rettern ist. Tatsächlich habe ich den ehemaligen kaufmännischen Direktor des ORF, Peter Radel, zwar als "Proponent" wahrgenommen, aber irgendwie verdrängt, dass er ja auch - wie Rabl-Stadler - von der Bundesregierung bestelltes Mitglied des Stiftungsrates ist. Auch er glaubt, den ORF von außen retten zu müssen - was wohl impliziert, dass er dem ORF-Organ, dem er angehört, nicht zutraut, die ihm zugewiesenen Aufgaben, insbesondere die Überwachung der Geschäftsführung, zu erfüllen.

Räte-Raten: in der Sondersitzung des Nationalrates wurde von Bundeskanzler Faymann eine "Verkleinerung des ORF-Aufsichtsrates, in dem künftig keine Parteienvertreter mehr sitzen sollen" angekündigt. Wie groß oder klein die neuen Räte sein werden und wie die Bestellung ihrer Mitglieder erfolgen soll, ist noch rätselhaft, denn Faymann wird wohl kaum gemeint haben, einfach § 20 Abs 1 Z 1 ORF-G (Bestellung von sechs Stiftungsratsmitgliedern nach Vorschlägen der politischen Parteien) zu streichen. Letztlich wird die Bestellung jedenfalls der Mitglieder des Stiftungsrates (oder eines anderen an seine Stelle tretenden Aufsichtsorgans) irgendwie auf eine politische Entscheidung zurückzuführen sein müssen - denn wer außer dem Parlament oder der vom Vertrauen der Parlamentsmehrheit getragenen Bundesregierung sollte denn sozusagen die Vertretung der "Allgemeinheit", zu deren Begünstigung der ORF ja gesetzlich als Stiftung eingerichtet ist, wahrnehmen?

Und weil nicht nur in diesem Zusammenhang immer wieder auf die BBC verwiesen wird: dort erfolgt die Bestellung der Mitglieder des BBC-Trusts (der Trust bestellt wiederum das Executive Board der BBC) entsprechend der Royal Charter der BBC durch "Order in Council", also formal durch die Königin nach Beratung mit dem Privy Council. De facto erfolgt die (Vor-)Auswahl durch ein kleine Kommission (panel) unter Vorsitz eines hohen Beamten des Medienministeriums, der auch ein Vertreter der BBC und ein "independent assessor" angehört, nach den allgemeinen Regeln für Stellenbesetzungen im öffentlichen Bereich, dh Ausschreibung, Shortlist, Interviews - und dann der Vorschlag an die politisch Verantwortlichen, für den gilt: "the overriding principle remains appointment on merit and no candidate can be recommended to ministers unless they have been judged as suitable against the established selection criteria". Dass die Opposition in Österreich damit zufrieden wäre, wenn der Bundeskanzler nach Ausschreibung und einem Auswahlprozess in einer BKA-internen Kommission die Stiftungsratsmitglieder bestellt, dürfte wohl nicht anzunehmen sein (viel würde allerdings auch von den Kritierien abhängen, die bei einer Ausschreibung festgelegt werden).

In Österreich gibt es mit dem Stellenbesetzungsgesetz Regeln nur für die Besetzung des Leitungsorgans öffentlicher Unternehmen, sodass im ORF nur der Generaldirektor nach § 4 Abs 1 Stellenbesetzungsgesetz "ausschließlich auf Grund der Eignung der Bewerber" zu bestellen ist; für alle Stellen im ORF gilt freilich nach § 27 Abs 2 ORF-G, dass sie (mit Ausnahme unergeordneter Dienstleistungen) öffentlich auszuschreiben sind und dass bei der Auswahl "in erster Linie die fachliche Eingnung zu berücksichtigen ist" (siehe dazu auch das Erkenntnis des VwGH vom 14.1.2009, 2006/04/0241). Für die Mitgliedschaft im Stiftungsrat, die ja keine "Stelle" ist, sondern ein Ehrenamt, gelten diese Regeln nicht (dass Stiftungsräte allerdings schon aus haftungsrechtlichen Gründen "eine das Durchschnittsniveau übersteigende, besondere 'intelligenzmäßige Kapazität'" aufweisen müssen, habe ich schon im letzten Beitrag erwähnt).