Tuesday, August 30, 2011

Regierungsvorlage zur TKG-Novelle (und was das für die Universaldienstverordnung bedeutet)

Die TKG-Novelle, die seit 26. Mai dieses Jahres eigentlich schon hätte angewendet werden müssen, ist nun endlich auf dem Weg ins Parlament: im heutigen Ministerrat wurde die entsprechende Regierungsvorlage für ein "Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003, das KommAustria-Gesetz sowie das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden" beschlossen. (Update: Texte auf der Parlamentswebsite; bzw direkt auf die pdfs: Gesetzestext, Erläuterungen, Textgegenüberstellung) Der Text ist noch nicht online verfügbar, sollte aber ab morgen oder übermorgen auf der Parlamentswebsite abrufbar sein (Link folgt; ich beziehe mich auf einen mir informell zugekommenen Text). Bis die Zuweisung an den Ausschuss und dann die Beschlussfassung im Ausschuss und Plenum sowie die Abstimmung im Bundesrat erfolgt, werden noch gut zwei Monate vergehen, sodass wir wohl erst im November mit dem Gesetz rechnen können.

Im aktuellen Umfeld wird auch interessant sein, ob, wie und von wem im Gesetzgebungsprozess noch Änderungswünsche eingebracht werden; da aber das entscheidende Lobbying bereits im Vorfeld - vor der Beschlussfassung der Regierungsvorlage - erfolgt, ist natürlich auch interessant, welche Wünsche erkennbar berücksichtigt sind. Wie ich vor kurzem schon angemerkt habe, braucht man für die "Kommunikation mit dem legistischen Unternehmensumfeld" (copyright Hochegger) ja nicht unbedingt eine Agentur, oft können politisch gut vernetzte Unternehmensmitarbeiter genauso hilfreich (oder hilfreicher) sein.

Der im Ministerialentwurf noch enthaltene Branchenwunsch, dass für außerhalb Österreichs und der EU originierende Gespräche keine Entgeltkontrolle aufzuerlegen und für innerhalb Österreichs und der EU originierende Gespräche das Prinzip der Reziprozität zwischen Mobilbetreibern anzuwenden sei, hat es nun doch nicht in die Regierungsvorlage geschafft, das war wohl zu offensichtlich richtlinienwidrig. In der Regierungsvorlage enthalten ist aber die merkwürdige - laut Erläuterungen "dem Wunsch der Branche entsprechend[e]" - Bezugnahme auf Kooperationsvereinbarungen, allerdings nicht mehr in § 38 Abs 5, sondern in § 38 Abs 2, und auch etwas abgeschwächt gegenüber dem Ministerialentwurf (demnach soll bei der Gleichbehandlungsverpflichtung "der Abschluss von Risikobeteiligungsverträgen ebenso wie Kooperationsvereinbarungen zur Teilung des Investitionsrisikos für neue und verbesserte Infrastruktur [...]  unberührt [bleiben], sofern der Wettbewerb dadurch nicht beeinträchtigt wird.").

Außerdem bleibt eine Bestimmung über die Kooperationsvereinbarungen auch in § 42 Abs 1, also bei den Bestimmungen über die Entgeltkontrolle für den Zugang; dort soll es heißen:
"Hierbei [bei Auferlegung der Verpflichtung zur Entgeltkontrolle] hat die Regulierungsbehörde den Investitionen des Betreibers Rechnung zu tragen und es ihm zu ermöglichen, eine angemessene Rendite für das eingesetzte Kapital unter Berücksichtigung der damit verbundenen Risiken und der zukünftigen Marktentwicklung zu erwirtschaften sowie Risikobeteiligungsverträge ebenso wie Kooperationsvereinbarungen abzuschließen." 
Ganz erschließt sich mir nicht, wie die Regulierungsbehörde bei der Auferlegung einer Verpflichtung zur Entgeltkontrolle dem Betreiber ermöglichen soll, Kooperationsvereinbarungen abzuschließen (zumal ich prima facie davon ausgehen würde, dass durch Kooperationen die Kosten des Betreibers eher sinken würden, sodass sich das bei der Entgeltkontrolle nicht unbedingt zu seinen Gunsten auswirken müsste). Aber manchmal geht es bei solchen Bestimmungen auch schlicht darum, einen dringend vorgebrachten Wunsch - hier der Branche - irgendwie zu berücksichtigen, sodass die Lobbyisten bzw Unternehmensvertreter dem Vorstand einen Erfolg heimbringen können (siehe etwa auch bei der TKG-Novelle 2009, wo ich zu einzelnen Änderungen angemerkt habe, dass sie "eher atmosphärisch denn materiell relevant" waren). Ähnliches gilt natürlich auch für Wünsche anderer Interessengruppen, etwa der Verbraucher (die Begrenzung der Mindestlaufzeit von Verträgen mit 24 Monaten scheint mir etwa vor dem Hintergrund des § 6 Abs 1 Z 1 KSchG für Verbraucher keine besonders großartige Verbesserung zu sein).

Zu meiner Überraschung auch noch in die Regierungsvorlage geschafft hat es die richtlinienwidrige Bestimmung zum Umfang des Universaldienstes, die nicht mehr explizit den Anspruch auf einen Festnetzanschluss einräumt, was aber in der Praxis wohl kein Problem schaffen wird.

Und weil aus aktuellem Anlass die Universaldienstverordnung (mehr dazu hier) zuletzt ein wenig in den Medien war (und dort oft auch gleich zum "Gesetz" geadelt wurde, wenngleich ohne Erklärung, wie es dann vom Minister allein geändert werden konnte), noch ein kurzer Blick auf die Zukunft des Universaldienstes:

Wie schon nach dem Ministerialentwurf ist auch in der Regierungsvorlage vorgesehen, dass die Verkehrsministerin mit Unterstützung der Regulierungsbehörde prüfen muss, ob die Universaldienstleistungen vom Markt im Wettbewerb erbracht werden. "Ist dies der Fall, sind allfällig bisher zur Erbringung der Universaldienstleistung Verpflichtete mit Bescheid von dieser Verpflichtung zu entbinden". Wie die Situation aktuell eingeschätzt wird, geht aus den Erläuterungen hervor: "Man kann daher berechtigterweise davon ausgehen, dass auch in Zukunft die Erbringung des Universaldienstes im Wettbewerb nicht in Frage gestellt wird". Die Aufhebung der Universaldienstverpflichtung der A1 Telekom Austria dürfte daher bald nach der Gesetzwerdung zu erwarten sein.

Damit wären die in der UDV enthaltenen Verpflichtungen zur Mindestausstattung öffentlicher Sprechstellen zwar nicht mehr direkt auf die A1 Telekom Austria anwendbar, blieben aber dennoch relevant: denn wenn in der Folge festzustellen wäre, dass der Universaldienst nicht mehr in jener Qualität erbracht würde, wie sie in der UDV näher konkretisiert ist, müsste neuerlich eine Ausschreibung und Bestimmung eines Universaldienstverpflichteten erfolgen. Vor diesem Hintergrund - und weil payphone access charges für Calling Card-Anbieter international nicht unbekannt sind - erwarte ich nicht, dass die UDV-Novelle 2006, trotz angekündigter Überprüfung, wieder rückgängig gemacht wird; außerdem könnten gleichwertige Bestimmungen - über die Erreichbarkeit von gebührenfreien Rufnummern aus öffentlichen Sprechstellen - in der Kommunikationsparameter-, Entgelte- und Mehrwertdiensteverordnung geschaffen werden. Europarechtlich (Art. 2 und 6 Universaldienstrichtlinie) ist geboten, dass man öffentliche "Universaldienst"-Sprechstellen auch mit Calling Cards ("mit Einwahlcode") benützen kann, es ist allerdings nicht festgelegt, dass dies kostenlos sein müsste (nur Notrufdienste müssen nach Art 6 Abs 3 UD-RL kostenlos zu erreichen sein).

Monday, August 29, 2011

Vermischte Lesehinweise 33

Meist verweise ich hier nur auf online verfügbare Veröffentlichungen - aber für die dritte Auflage der Österreichischen Rundfunkgesetze, kommentiert von Kogler / Traimer / Truppe, muss ich schon eine Ausnahme machen. Das mittlerweile auf knapp 1000 Seiten angewachsene Werk wurde vor rund zwei Monaten präsentiert, und die gestiegene Bedeutung erkennt man schon daran, dass nicht wie bei der Präsentation der letzten Auflage bloß ein Verwaltungsrichter gesprochen hat (das hier), sondern gleich zwei Verfassungsrichter - Holoubek und Grabenwarter - aufgeboten wurden (siehe Bild)!

Saturday, August 27, 2011

Sprich mit ihm! Das Stiftungsratsmitglied erzählt vom Fernsehprogramm

"Um Verwerfungen der letzten Wochen, welche durch Kommunikationsdefizite entstanden sind, zu überwinden und den Informationsfluss zwischen der FPÖ-Fraktion im Parlament und dem nominierten Stiftungsrat zu verbessern, wird Dr. Norbert Steger interessante und wichtige ORF-Belange in Hinkunft immer direkt mit dem Partei- und Klubobmann HC Strache besprechen und diesen direkt informieren und gegebenenfalls auch dem Parlamentsklub berichten."

Das steht in einer Aussendung des Freiheitlichen Parlamentsklubs über ein Gespräch zwischen dem FPÖ-Partei- und Klubobmann und jenem Mitglied des ORF-Stiftungsrates, das von der Bundesregierung auf Vorschlag des  FPÖ-Klubs bestellt wurde (die fett-Hervorhebung oben wurde von mir hinzugefügt).

Stellt sich die Frage, über welche "interessanten und wichtigen ORF-Belange" Dr. Steger den Parteiobmann informieren wird: über das Fernsehprogramm? Über das Wetter am Küniglberg? Darüber, was so in den Zeitungen über den ORF geschrieben wird? Viel mehr kann es nämlich kaum sein, denn nach § 19 Abs 4 ORF-Gesetz sind sämtliche Mitglieder der Stiftungsorgane, "soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt werdenden Umstände der Stiftung und der mit ihr verbundenen Unternehmen verpflichtet."

Wednesday, August 24, 2011

Aus aktuellem Anlass: zur Universaldienstverordnung

Mit den heutigen Berichten von News (ots-Aussendung) über den Korruptionsverdacht gegen Ex-Vizekanzler Gorbach im Zusammenhang mit der Novelle zur Universaldienstverordnung im Jahr 2006 ist die Existenz diese Verordnung wohl erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden.

Liest man die Presseberichte - auch und insbesondere die Originalgeschichte im Print-News - könnte man vom Inhalt dieser Verordnung allerdings einen falschen Eindruck bekommen. So schreibt News wörtlich: "In dieser Universaldienstverordnung wird geregelt, was sich die verschiedenen Telekomunternehmen untereinander für diverse Dienste und Services wie beispielsweise Vermittlungs- oder Leitungsgebühren bezahlen."

Bei allem Verständnis für journalistisch notwendige Verknappung: das ist nicht ungenau oder verkürzt, sondern schlicht und einfach einfach vollkommen falsch. Daher hier ein kurzer Überblick, worum es bei der Universaldienstverordnung geht.

1. Universaldienst (in der Telekommunikation)
ist nach § 26 TKG 2003 "ein Mindestangebot an öffentlichen Diensten, zu denen alle Endnutzer unabhängig von ihrem Wohn- oder Geschäftsort zu einem erschwinglichen Preis Zugang haben müssen". Er umfasst (unter anderem) den "Zugang zum öffentlichen Telefondienst über einen an einem festen Standort realisierten Anschluss" und "die flächendeckende Versorgung mit öffentlichen Sprechstellen an allgemein und jederzeit zugänglichen Standorten." Zur Erbringung des Universaldienstes ist - derzeit noch (mit der TKG-Novelle 2011 wird das fallen) - die A1 Telekom Austria AG verpflichtet. Für die "nachweislich aufgelaufenen Kosten des Universaldienstes, die trotz wirtschaftlicher Betriebsführung nicht hereingebracht werden können", kann die A1 TA einen finanziellen Ausgleich von anderen Telekomunternehmen ansprechen (§ 31 TKG 2003; in der Praxis erfolgten privatrechtliche Einigungen über diesen Ausgleich). Vereinfacht zusammengefasst: das TKG soll garantieren, dass jeder in Österreich einen Festnetzanschluss bekommen kann und dass genügend Telefonzellen zur Verfügung stehen. Und damit bei der Erbringung dieser Leistungen nicht an der Qualität gespart wird, kann die Verkehrsministerin gemäß § 27 TKG 2003 mit Verordnung Qualitätskriterien und Zielwerte für den Universaldienst festlegen.

2. Die Universaldienstverordnung
findet ihre Grundlage (nun) in § 27 TKG 2003 (bei ihrer Erlassung § 25 TKG); sie regelt entsprechend ihrer gesetzlichen Grundlage Qualitätskriterien und Zielwerte, also zB wie lange die Frist für die Bereitstellung eines Anschlusses oder für die Behebung einer Störung sein darf  (zB § 8 Abs 1: "90% der Störungen müssen an Arbeitstagen innerhalb von 24 Stunden behoben werden."), oder wie man die Sprachübertragungsqualität ermittelt ("durch jährliche, nach anerkannten sozialwissenschaftlichen Methoden durchzuführende, repräsentative Benutzerbefragungen"; dabei ist ein MOS - Mean Opinion Score - "nach der folgenden Formel zu berechnen: I = (4xpe) + (3xpg) + (2xpf) + pp" - meine Lieblingsstelle in der Verordnung).

§ 23 der Verordnung regelt die "Mindestausstattung öffentlicher Sprechstellen" (aka Telefonzellen). Demnach sind bestimmte Mindestfunktionalitäten bereitzustellen, wie zB kostenloser und ungehinderter Zugang zu sämtlichen Notrufdiensten und - jetzt wird es spannend - :
"ungehinderter Zugang zu sämtlichen Rufnummernbereichen mit Ausnahme des Rufnummernbereiches für öffentliche Verbindungsnetze, soweit dies technisch möglich ist, und der Rufnummernbereiche 0800, 0810 und 0820"
Mit anderen Worten: aus jeder Telefonzelle muss man grundsätzlich alle Rufnummern erreichen können, allerdings gibt es ein paar Ausnahmen: die Ausnahme für "öffentliche Verbindungsnetze" (alternative Netze, die man von einem TA-Festnetzanschluss mit einer fix eingestellten oder im Einzelfall gewählten Vorwahl - 10xx - auswählen kann) war bereits in der Stammfassung der Verordnung enthalten; die Ausnahme für die Rufnummernbereiche 0800, 0810 und 0820 wurde mit der heute in den Blickpunkt gerückten Novelle BGBl II 2006/400 eingefügt.

3. Hintergrund der Novelle zur Universaldienstverordnung im Jahr 2006
Die Telefonzellen sollten sich grundsätzlich vor allem über etwas erhöhte Gesprächsgebühren finanzieren: bei einem Festnetzanschluss zu Hause zahlte man monatliche Grundgebühr und Gesprächsgebühren, in der Telefonzelle eben höhere Gesprächsgebühren, zur Finanzierung von Zelle samt Anbindung. Dieses Modell geriet allerdings in eine Schieflage, als die calling cards populärer wurden. Mit solchen cards wählte man eine kostenfreie Nummer (0800), um sich von dort weitervermitteln zu lassen. Die TA erhielt in diesem Fall vom Endkunden, der in der Telefonzelle stand, gar nichts, und vom Betreiber des Calling Card-Dienstes die "Originierungsentgelte" in gleicher Höhe wie sie zB auch bei einem Anruf von einem normalen Festnetzanschluss zu einer 0800-Nummer anfielen. Da solche calling cards immer stärker genutzt wurden - gerade für Anrufe ins Ausland - fiel ein Teil der früher für die Finanzierung der Telefonzellen erzielten (erhöhten) Gesprächsgebühren weg.

Um das auszugleichen, wollte die TA eine sogenannte "PAC" - payphone access charge - verrechnen - und zwar den Telekomunternehmen, die eben diese 0800-Nummern betrieben. Die Verrechnung sollte mit den Zusammenschaltungsentgelten erfolgen. Da aber die betroffenen Unternehmen nicht freiwillig zahlten, kam es zu Verfahren vor der Regulierungsbehörde - die eine PAC als (zusätzliches) Zusammenschaltungsentgelt akzeptierte - und schließlich vor dem Verwaltungsgerichtshof, der zum Ergebnis kam, dass es sich nicht um ein Zusammenschaltungsentgelt handelte, sodass die Anordnung durch die Regulierungsbehörde nicht rechtmäßig war  (PAC IPAC II).*

Das bedeutet nicht, dass die Vereinbarung einer PAC unzulässig (oder ungewöhnlich) wäre. Tatsächlich sind solche charges in anderen Ländern üblich (siehe im Blog zur US Supreme Court-Entscheidung dazu hier) - als eine Gegenleistung dafür, dass 0800-Nummern  (etwa für Calling Cards) auch von der Telefonzelle aus kostenfrei erreicht werden können. In Österreich hatte die TA keinen "Hebel" für Verhandlungen mit den 0800-Anbietern, da sie ja nach der Universaldienstverordnung verpflichtet war, den Zugang zu diesen Nummern anzubieten, und dies - nach einer Bestimmung in einer Verordnung der Regulierungsbehörde (nunmehr § 85 Abs 1 KEM-V 2009) - kostenfrei.

4. Die Wirkung der Novelle
Die Novelle zur Universaldienstverordnung BGBl II 2006/400 bewirkte nun, dass die TA den Zugang zu 0800er-Nummern in ihren Telefonzellen sperren konnte - sofern die Betreiber nicht bereit waren, eine entsprechende payphone access charge (PAC) zu entrichten. Es ist nachvollziehbar, dass sich durch diese Änderung der Verordnung die Verhandlungsmacht der beteiligten Unternehmen gewissermaßen umgedreht hat und dass es der TA daher möglich war, entsprechende Leistungen der anderen Betreiber auszuhandeln. Im Ergebnis trifft es also schon zu, was heute in den Medien berichtet wurde: dass die Telekom Austria durch die Novelle zur Universaldienstverordnung zusätzliche Erträge erzielen konnte (wie hoch diese wirklich waren, ist eine andere Frage).

Umgekehrt könnte man natürlich auch sagen, dass durch die frühere Verpflichtung, die 0800-Nummern aus allen Telefonzellen kostenlos erreichbar zu machen, die Betreiber dieser Nummern einen Ertragsvorteil zu Lasten der Telekom Austria hatten (jedenfalls im Vergleich zu jenen Märkten, in denen PACs üblich waren). Ich will das weder in die eine noch in die andere Richtung bewerten, sondern bloß festhalten, dass die Erlassung der umstrittenen UDV-Novelle BGBl II 2006/400 nicht schon für sich "anrüchig" ist - es könnte auch sein, dass der Minister schlicht von der Argumentation (im engeren Sinn, also nicht von finanziellen Angeboten) der Telekom Austria überzeugt wurde und seinen Gestaltungsspielraum als Verordnungsgeber eben in diesem Sinne genutzt hat.

*) Zur Präzisierung (9.9.2011): auch die Regulierungsbehörde hatte zunächst die PAC nicht als Zusammenschaltungsleistung anerkannt, was in der ersten Entscheidung des VwGH bestätigt wurde. Erst im Jahr 2005 änderte die Regulierungsbehörde ihre Auffassung und entschied, dass die PAC im Rahmen der Zusammenschaltung zu zahlen war, was vom VwGH dann in der zweiten Entscheidung unter Hinweis auf das Vorerkenntnis als rechtswidrig beurteilt wurde.

Tuesday, August 23, 2011

"Der Telekom war der Zugang zur Regierung wichtig." What else is new?

Eigentlich wollte ich heute über die Regierungsvorlage zur TKG-Novelle 2011 berichten - doch auch wenn es seit einiger Zeit schon fertige Texte gibt, so richtig eilig dürfte es der Regierung damit noch nicht sein, auch wenn die Kommission schon das Verfahren zur Feststellung einer Vertragsverletzung eingeleitet hat. Im Ministerrat gab es jedenfalls wieder keinen Beschluss zum TKG.

Was man von den zwischenzeitig gebastelten Texten so hört und liest, dürften offenbar die evident richtlinienwidrigen Bestimmungen aus dem Ministerialentwurf (dazu hier) übrigens nicht in die Regierungsvorlage kommen. Aber man kann ja gespannt sein, ob es noch den einen oder anderen Lobbyingerfolg von dieser oder jener Seite gibt.

Und damit zur Hochegger/Telekom-Geschichte, die in den letzten Tagen/Wochen Schlagzeilen gemacht hat. Diese Affäre hat nur am Rande mit Telekomrecht zu tun, und so will ich dazu auch nicht viel schreiben, zumal die Aufarbeitung ja noch (oder: erst jetzt) im Gange ist und wirklich verlässliche Fakten noch rar sind. Hier nur ein paar Anmerkungen zu Detailaspekten:

1. "Kontakte in den gesetzgebenden Bereich"
Da ist zunächst die "Enthüllung", dass die Telekom Hochegger und (über Hochegger) Meischberger engagiert habe, weil ihr der Zugang zur Regierung wichtig gewesen sei, oder, wie Meischberger gegenüber der Zeitung "Österreich" meinte, weil ihr seine "Kontakte in den gesetzgebenden Bereich" wichtig gewesen seien. Neu daran ist allenfalls, dass nun Belege darüber aufgetaucht sein sollen.

Dass Hochegger für die "Kommunikation mit dem legistischen Unternehmensumfeld" im Auftrag der Telekom Austria tätig war, wurde lange Zeit durchaus stolz auch in manchen Dokumenten auf der mittlerweile nicht mehr erreichbaren Website der Agentur Hochegger|Com präsentiert, zB auch in einer (inhaltlich harmlosen) "Case Study Telekom Austria", aus der die oben gezeigten Ausschnitte stammen (Meischberger erwähnte man dort nicht, aber so ganz "im Verborgenen", wie seiner Ansicht nach diese Arbeit eben nur funktioniert, war seine Tätigkeit schon damals nicht).

Es wäre tatsächlich viel überraschender gewesen, hätte sich ein Unternehmen mit großer staatlicher Beteiligung, das zugleich in einem durch staatliche Regulierung wesentlich geprägten Umfeld tätig ist, gerade in einer Zeit wichtiger Gesetzgebungsvorhaben - auf europäischer und nationaler Ebene (neuer Rechtsrahmen 2002, TKG 2003) - nicht darum gekümmert, seine Position möglichst wirkungsvoll in den politischen Prozess einzubringen. Das kann man auf direktem Weg machen (siehe zB dieses Beispiel, bei dem Abgeordneten ein fertiger Textvorschlag für einen - letztlich nicht eingebrachten -  Abänderungsantrag gefaxt wurde), man kann den Zugang auch dadurch verbessern, dass man Mitarbeiter aus politischen Umgebungen (zB Büros von Ministern oder Staatssekretären) engagiert, man kann eine Agentur einschalten oder man kann schließlich einen Mix verschiedenster Instrumente versuchen. Solange keine Vorteile versprochen werden und man sich auch sonst nicht im Bereich des 22. Hauptstücks des Strafgesetzbuchs bewegt, ist all das weder verwerflich noch verboten, sondern gehört zum Standardrepertoire unternehmerischen Handelns.

2. Volle Aufklärung
Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Telekom Austria AG teilte in einer Presseaussendung mit, dass Aufsichtsrat und Vorstand der Telekom Austria AG in enger Abstimmung alle Schritte setzen, die notwendig sind, um den in Zusammenhang mit den Kursmanipulationen 2004 dem Unternehmen und den Aktionären entstandenen Schaden bestmöglich auszugleichen.

Ich nehme an, der Vorsitzende des Aufsichtsrates ist an der Aufklärung der weiteren Hochegger-Geschäfte mit der Telekom Austria genauso interessiert. Vielleicht könnte er dabei auch persönlich mithelfen, denn immerhin war er laut profil noch 2008 (damals als Generalsekretär der Industriellenvereinigung) Teilnehmer einer von Mensdorff-Pouilly organisierten Jagdreise nach Schottland, zu der die Telekom Austria eingeladen hatte und die über die Agentur Hochegger abgerechnet wurde. Bis 2008 - damals war Hannes Ametsreiter längst Marketingvorstand der Telekom Austria - nutzte die Telekom Austria, wie sie selbst angab, unter anderem solche Jagdveranstaltungen für die Pflege nicht nur von Kunden-, sondern auch von "Opinion-Leader-Kontakten". Breyer war damals kein "Amtsträger" im Sinne des Strafgesetzbuches, und ich nehme an, dass solche "Amtsträger" überhaupt nicht zu den Opinion-Leadern zählten - denn das mit 1.1.2008 verschärfte Korruptionsstrafrecht ("anfüttern": § 304 Abs 2 StGB) wurde ja erst mit 1.9.2009 wieder entschärft ("Korruptionsstrafrechtsaufweichungsgesetz").

(Die in der Presseaussendung zitierte Beschluss des Aufsichtsrates, in dem die "vorbildliche Vorgehensweise [des CEO], bereits vor rechtlicher Klärung den 2004 aus dem Optionsprogramm erhaltenen Betrag freiwillig zurückzuzahlen", begrüßt wird, steht übrigens nicht ganz im Einklang mit den in den Medien zitierten Aussagen des CEO selbst: dieser hat auch noch nach der Aufsichtsratssitzung nur erklärt, den Betrag (bis zur Klärung) auf ein Treuhandkonto zu legen.)

3. "Beeinflussung Geschäftsführerauswahl"
Laut profil, das sich auf den von der Telekom Austria erstellten Revisionsbericht beruft, hat die Telekom Austria für die "Beeinflussung Geschäftsführerauswahl" in der ISPA 250.000 Euro an Hochegger bezahlt. Ebenfalls laut profil hätten dieser Zahlung keine Leistungen Hocheggers zugeordnet werden können (ein Geschäftsführerwechsel in der ISPA erfolgte übrigens mit 1.11.2008). Aber gerade wenn diesbezüglich wirklich keine Leistungen erbracht worden sein sollten, stellt sich doch die Frage, wie man auf die Idee kommen kann, "Beeinflussung Geschäftsführerauswahl" als unverdächtigen Rechnungszweck anzugeben. War "Beeinflussung Geschäftsführerauswahl" etwas, wofür man TA-intern legitimer Weise Lobbyingaufträge erteilen konnte?

PS: Ein letztes Wort zur Bandenwerbung
Laut profil/Presse wurde über eine Hochegger-Firma auch Bandenwerbung der Telekom Austria um 20.000 Euro bei einem politisch nicht uninteressanten Unterliga-Fußballverein abgewickelt. Doch auch wenn das Wort "Bandenwerbung" mehrdeutig ist: hier ist es wohl wirklich nur um Werbung auf der Einfassung eines Spielfelds gegangen.

Friday, August 19, 2011

"Ihr müsst euch selber entscheiden"

"Nachdem wir gesehen haben, dass ein anderer Kandidat – etwa Gerhard Zeiler [...] – keine Mehrheit bekäme, haben wir den Stiftungsräten gesagt: Ihr müsst euch selber entscheiden, ob ihr Wrabetz wählen könnt."* (Hervorhebung hinzugefügt)

Der Mann, der den Stiftungsräten dieses großzügige Angebot gemacht hat (oder aus seiner Sicht vielleicht: diese unerwartete und schwere Last, selbst entscheiden zu müssen, aufgebürdet hat), ist Generalsekretär einer Parlamentspartei und sagte im selben Presse-Interview auch: "Wir haben immer gesagt, wir wollen den ORF entpolitisieren." 

Und daher stimmt es ganz sicher auch, was heute in der Wiener Zeitung (siehe Bild) gemäß § 5 Stellenbesetzungsgesetz veröffentlicht wurde: an der Bestellung des neuen (=alten) ORF-Generaldirektors haben genau die dort genannten 35 Mitglieder des Stiftungsrates - gemäß § 19 Abs 2 ORF-Gesetz "an keine Weisungen und Aufträge gebunden"- mitgewirkt. Nur diese, lauter unabhängige Stiftungsräte. Niemand sonst. Wirklich. Wer könnte daran bloß zweifeln.

*) Update 21.08.2011: Wie Vizekanzler und ÖVP-Parteiobmann Spindelegger zur Weisungsfreiheit der Stiftungsratsmitglieder steht, kann man in einem heute veröffentlichten Kurier-Interview (online nicht frei zugänglich) nachlesen. In diesem Interview - bei dem man wohl annehmen kann, dass es Wort für Wort autorisiert ist - sagt Spindelegger zur Bestellung des ORF-Generaldirektors: "Weil es keinen ÖVP-Kandidaten gab, haben wir die Entscheidung den Stiftungsräten überlassen."
Mit anderen Worten: hätte es einen ÖVP-Kandidaten gegeben, hätte die ÖVP (ich gehe davon aus, dass Spindelegger mit "wir" die ÖVP meint und nicht von sich selbst im pluralis majestatis spricht) die Entscheidung nicht den Stiftungsräten überlassen. In diesem Fall hätte Spindelegger/die ÖVP also offenbar erwartet, dass  sich - ich versuche das jetzt ganz vorsichtig zu formulieren: - die Stiftungsratsmitglieder nicht an die gesetzliche Bestimmung erinnern, wonach sie "an keine Weisungen und Aufträge gebunden" sind.

Sunday, August 07, 2011

ORF-Stiftungsrat: Die offene Abstimmung und ihre wechselnden Feinde

Voraussichtlich am kommenden Dienstag wird der neue ORF-Generaldirektor / die neue ORF-Generaldirektorin bestellt; wie ich schon vor einiger Zeit geschrieben habe, will und werde ich die weiteren Vorgänge rund um diese Bestellung nicht weiter kommentieren.  Daher heute nur ad hoc und unkommentiert ein paar Zitate zum Abstimmungsmodus:

"Die ÖVP ist gegen eine geheime Wahl der ORF-Führung durch den ORF-Stiftungsrat, erklärte ÖVP-Klubobmann und -Mediensprecher Wilhelm Molterer am Dienstag auf Anfrage der APA." [07.06.2006, Vorarlberg Online]

"Die ORF-Wahl rückt auch wieder das Prozedere bei der Abstimmung der Stiftungsräte über den neuen ORF-Chef in den Vordergrund. So spricht etwa ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf angesichts der offenen Abstimmung von einem 'Fehler'. [SPÖ-Medienstaatssekretär] Ostermayer sieht hingegen keinen Reformbedarf. [05.08.2011, Wiener Zeitung]

"Die offene Abstimmung sei einer von einer 'Reihe von Fehlern im ORF-Gesetz', kritisierte [ÖVP-Klubchef und Mediensprecher] Kopf." [05.08.2011, Die Presse]

"[SPÖ-Klubobmann] Cap kritisierte auch, dass nach den Plänen der Regierung Abstimmungen im Stiftungsrat nicht mehr geheim erfolgen können. Auch das interpretierte der Abgeordnete als Versuch der Regierung, sich Kontrolle über den Stiftungsrat zu sichern." [19.04.2001, APA-OTS]

"Ausgehend davon, dass der Stiftungsrat des ORF dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nachgebildet ist, lässt sich zur Frage der Beschlussfassung durch Abstimmungen im AG-Aufsichtsrat festhalten, dass nach allen Rechtsmeinungen geheime Abstimmungen jedenfalls unzulässig sind. Auch im Hinblick auf die Bestellung des Vorstandes sei zudem die Nachverfolgbarkeit des Stimmverhaltens in Bezug auf Haftungsfragen von entscheidender Bedeutung, betonte [ÖVP-Medienstaatssekretär] Morak. 'Es ist eine Selbstverständlichkeit in einer Demokratie, dass Transparenz, Offenheit und Nachvollziehbarkeit bei der Wahl des Generaldirektors des ORF gegeben sind. Natürlich sind die Stiftungsräte auch für ihr Stimmverhalten bei der Wahl des Generaldirektors verantwortlich. Genau das ist nämlich einer der Garanten der Unabhängigkeiten des ORF.' " [29.06.2006, APA-OTS]

Alles klar? Dann noch zwei Zitate aus dem profil zum wahrscheinlichen Ergebnis der Abstimmung: Zunächst aus 2006: 
" ... Das ergäbe 18 Stimmen von 35. Wahrscheinlich fällt die von der ÖVP betriebene Wiederwahl Monika Lindners noch deutlicher aus"
Bei dieser Prognosequalität könnte sich ORF-Generaldirektor Wrabetz angesichts der profil-Vorhersage 2011 fast Sorgen machen: "Mit einfacher Mehrheit – zumindest 18 von insgesamt 35 Stimmen – wird Wrabetz für weitere fünf Jahre zum ORF-Generaldirektor gewählt werden."

Monday, August 01, 2011

Veranstaltungshinweise: Rundfunkforum und Telekomforum

Am 8. und 9. September 2011 findet das 7. Österreichische Rundfunkforum in Wien (im Reitersaal der Österreichischen Kontrollbank, Strauchgasse 3) statt. Thema dieses Jahr ist "Persönlichkeitsschutz 2.0 - Der Schutz der Persönlichkeitsrechte bei Online-Medien und beim Rundfunk"

ReferentInnen sind u.a. Rechtsanwalt Thomas Höhne, Univ. Prof. (i.R.) Helmut Koziol, die Richter des OGH Frederick Lendl und Georg Kodek, Rechtsanwältin Maria Windhager, Univ. Prof.Walter Berka und Univ.-Prof. Otfried Jarren. Programmdetails gibt es hier (full disclosure: ich bin Vorstandsmitglied des veranstaltenden Vereins).

Schon am 25. und 26. August 2011 findet das 12. Salzburger Telekom-Forum zum Thema "Eine digitale Agenda für Österreich" auf der Edmundsburg in Salzburg statt. Hier referieren unter anderem Matthias Traimer vom Bundeskanzleramt, Wolf-Dietrich Grussmann und Reinald Krüger von der Europäischen Kommission, der Chef der dänischen IT- und Telekom-Agentur Jørgen Abild Andersen, Thomas Hintze (UPC), Andreas Koman (ISPA) und Florian Schuhmacher von der Universität Wien. Programmdetails hier