ORF-Informationsdirektor
Elmar Oberhauser bestätigt
Robert Menasse, der ja in Österreich "Gegensätze zu einem 'Entweder
und Oder' aufgehoben" sah. Denn einerseits betont Oberhauser gerne, dass sich
"die Politik" aus dem ORF raushalten soll (zB
im Kurier am 9.12.2008:
"der ORF ist für die Politik kein Wunschkonzert mehr"), andererseits ruft er nach mehr Einmischung der Politik - so auch
in einem Interview in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins profil, wo er wörtlich sagt:
"In Wirklichkeit muss man auch einmal die Politik daran erinnern, dass sie eine Eigentümerfunktion hat."
Nein, hat sie nicht. Der ORF ist eine - per Definition eigentümerlose - Stiftung, und
"die Politik", wen immer Oberhauser damit auch meinen mag,
kann daher auch keine Eigentümerfunktion ausüben. Oberhausers merkwürdiger Appell an
"die Politik" steht natürlich im Zusammenhang mit den Finanzen des ORF, denn gleich im nächsten Satz sagt er:
"Von den Rundfunkgebühren, die wir alle zahlen, gehen 120 Millionen an die Länder und 120 Millionen an den Bund. Wenn wir das Geld hätten, könnten wir jetzt aufhören zu reden."
Das hätte natürlich nahegelegt, diesen Beitrag mit einer Frage zu beginnen:
"Kann man ORF-Direktor Oberhauser mit Geld zum Schweigen bringen?" (Antwort: ja, aber man braucht dafür 240 Mio. Euro). Aber die Sache ist doch ernst, so skurril manche Wortmeldungen auch sein mögen. Natürlich, wenn der ORF zusätzlich zu seinen Einnahmen aus dem Programmentgelt 240 Mio. Euro an Subventionen aus öffentlichen Geldern erhielte, wäre ein Minus von 10 Mio. Euro im Jahr 2008 (
Stand 18. Juni 2008) genauso locker zu verkraften wie eines von 100 Mio. Euro (
Stand 12.11.2008) oder doch wieder unter 100 Mio. Euro (
Stand 3.2.2009). Aber genauso gut könnten zB Tankstellenbetreiber sagen, dass ihre Erträge viel besser wären, wenn sie die Mineralölsteuer zwar einnehmen könnten, aber nicht abliefern müssten.
Dass es sich bei den von Oberhauser angesprochenen Geldern zudem nicht - bzw nur zu einem sehr geringen Teil - um Rundfunkgebühren handelt, sei hier nur der Ordnung halber angemerkt (siehe dazu auch
hier); allzu große Detailkenntnis über die Finanzierung des ORF wird man vom ORF-Informationsdirektor ohnehin nicht erwarten wollen; im schon zitierten
Kurier-Interview hat er etwa gesagt:
"Es muss aber auch der Politik endlich bewusst werden, dass sie gefordert ist: Da wird dem Unternehmen nach acht Jahren eine Gebührenerhöhung von einem Euro gewährt, wovon 25 Cent an die Länder gehen - in Summe immerhin 120 Millionen pro Jahr."
Was daran falsch ist:
1. Nicht "die Politik" hat dem Unternehmen eine "Gebührenerhöhung"
gewährt, sondern der ORF hat die Erhöhung des Programmentgelts selbst beschlossen;
2. das Programmentgelt wurde nicht um einen Euro, sondern um 1,30 Euro (Radio- und Fernsehentgelt) erhöht;
3. von der Erhöhung des Programmentgelts um 1,30 Euro geht kein Cent an die Länder (auch wenn sich aufgrund der Erhöhung des Programmentgelts die daran geknüpften Abgaben teilweise erhöht haben).
"Die Politik" hat laut Oberhauser dem ORF auch
"angekündigt, dass wir [ORF] von der Gebührenbefreiung ersetzt bekommen, was wir selber einsparen." [update 23.2.2009: auch das ist falsch, sagt zumindest jemand, der es wissen müsste: der Medienstaatssekretär,
in einem profil-Interview vom 23.2.2009] In diesem Zusammenhang tauchen auch wieder die 57 Mio. Euro auf, die dem ORF aufgrund der Gebührenbefreiungen entgehen und deren "Refundierung" dem ORF daher nach Oberhausers Ansicht zustehen soll. Natürlich ist das ein politisches und kein rechtliches Argument, das daher auch politisch zu beurteilen ist (was ich hier nicht tun will). Soweit aber in diesem Zusammenhang gelegentlich auch Rechtsansprüche angedeutet werden, habe ich dazu schon
hier etwas notiert. Ergänzend dazu nütze ich die Gelegenheit, auf das einschlägige
Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27.6.2002, G 93/01, hinzuweisen, in dem es heißt:
"Der Verfassungsgerichtshof geht in systematischer Auslegung der gesetzlichen Bestimmung sowohl des § 20 RundfunkG idF des BudgetbegleitG 2001 als auch des § 31 ORF-G - jeweils in ihrer Gesamtheit - davon aus, dass demnach (arg.: 'kostendeckend') bei der Festsetzung der Höhe des Programmentgeltes auch der Umstand zu berücksichtigen ist, dass ein Teil der Hörer und Seher der Sendungen des ORF von der Entrichtung des Programmentgeltes von Gesetzes wegen befreit ist und für diesen Entfall von Programmentgelt dem ORF [...] auch keine Abgeltung seitens des Bundes gewährt (werden) wird. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem ORF bei der Besorgung seiner 'gesetzmäßigen Aufgaben' iSd. genannten Bestimmungen, was die hiedurch verursachten Kosten anlangt, jedenfalls ein Spielraum zukommt, von dem erforderlichenfalls aufwandsminimierend Gebrauch gemacht werden kann."
Aus dem juristischen Jargon übersetzt, heißt der letzte Satz
wohl nichts anderes als: wenn es notwendig ist, könnte ja auch gespart werden.
Wenn man aber, wie Oberhauser, ständig die Verantwortung der Politik einfordert, darf man sich wohl nicht wundern, wenn sie auch wahrgenommen wird. Ebenfalls heute war zB
im Kurier zu lesen, dass es
"zwischen den Koalitionspartnern Konsens über 'die Nominierungsrechte in Personal-Angelegenheiten' gebe." Die SPÖ dürfte demnach die Nominierung des österreichischen Mitglieds der Europäischen Kommission der ÖVP überlassen, so SPÖ-Abgeordneter Hannes Swoboda, der dafür andeutete,
"dass die SPÖ an anderen Nominierungen Interesse habe, 'wie dem ORF'." Abgesehen davon, dass ein Abtausch von EU-Kommissar und ORF-Generaldirektor etwa ebenso viel Sinn macht wie ein Abtausch von Bundeskanzler und (zB) Chefredakteur der Burgenländischen Volkszeitung, so sei hier nur festgehalten, dass es jedenfalls nach dem ORF-Gesetz kein Nominierungsrecht einer politischen Partei für den Generaldirektor des ORF gibt.