Monday, September 15, 2008

Vorabentscheidungsverfahren zur obligatorischen Streitschlichtung in Telekomsachen

Zwei Neuigkeiten vom EuGH: die Schlussanträge des Generalanwalts in Sachen Vorratsdatenspeicherung (Rechtssache C-301/06 Irland/Rat und Parlament) wurden für den 14. Oktober 2008 angekündigt, und vier neue Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung unter anderem der UniversaldienstRL wurden anhängig gemacht.

Die neuen Vorabentscheidungsverfahren (C-317 /08, C-318/08, C-319/08 und C-320/08) sind in der (jeweils gleichen) Fragestellung nicht wirklich präzise, insbesondere wird sehr pauschal auf "Vorschriften des Gemeinschaftsrechts" verwiesen, die - sollte ihnen "zwingende Wirkung" zukommen - einem Beschluss (in unserer Terminologie wohl eher einer Verordnung) der italienischen Regulierungsbehörde vorgehen könnten. Unter diesen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts finden sich (ohne nähere Spezifizierung zB bestimmter Artikel dieser Normen)
Inhaltlich geht es um die Frage, ob ein obligatorisches Streitschlichtungsverfahren, das vor Anrufung des ordentlichen Gerichts absolviert werden muss, zulässig ist. Geregelt ist dies in Italien in der Verfahrensordnung für das Streitbeilegungsverfahren, die mit "Delibera n. 173/07/CONS" der AGCOM festgelegt wurde (konkret im Anhang A zu diesem Beschluss). Dort heißt es in Art. 3 Abs 1 im Wesentlichen, dass die Anrufung des Gerichts unzulässig ist, bevor das Streitbeilegungsverfahren vor den regionalen Kommunikationskomitees (oder ein Schlichtungsverfahren vor einer Einrichtung für die Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten iSd Empfehlung 2001/310/EG) nicht erschöpft ist.* Welchen konkreten gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen das obligatorische Streitschlichtungsverfahren widersprechen sollte, ist nach der Vorlagefrage nicht ganz klar:
  • die beiden Empfehlungen scheiden von vornherein aus, da sie keinen verpflichtenden Inhalt haben (auch nicht, wie etwa die Empfehlungen nach Art 15 der RahmenRL, aufgrund besonderer Richtlinienbestimmungen in verfahrensmäßiger Hinsicht);
  • auch wenn man Art 6 EMRK als "Gemeinschaftsgrundrecht" heranzieht, wird man die Vorschaltung eines Streitschlichtunsgverfahrens in diesen Fällen wohl kaum als unverhältnismäßige Einschränkung des Zugangs zu einem unabhängigen Gericht ansehen können (jedenfalls nicht per se: anders könnte es vielleicht sein, wenn das Verfahren besonders lange dauert und man als Betroffener nicht wirksam darauf hinwirken kann, dass es zu einem Abschluss kommt);
  • wie ein Verstoß gegen die VerbrauchsgüterkaufRL vorliegen könnte, bleibt schon nach deren Anwendungsbereich (im Kern: "bewegliche körperliche Gegenstände") dunkel,
  • und Art 34 der UniversaldienstRL - der die außergerichtliche Streitbeilegung ja gerade fördern möchte - schiene mir nur insofern für die Vorlagefrage interessant, als er von den Mitgliedstaaten auch verlangt, Maßnahmen zu ergreifen, "um sicherzustellen, dass diese [Streitbeilegungs-]Verfahren eine gerechte und zügige Beilegung von Streitfällen ermöglichen".
* Im Original: "Per le controversie di cui all’articolo 2 comma 1, il ricorso in sede giurisdizionale è improcedibile fino a che non sia stato esperito il tentativo obbligatorio di conciliazione dinanzi al Co.re.com competente per territorio munito di delega a svolgere la funzione conciliativa, ovvero dinanzi agli organi di risoluzione extragiudiziale delle controversie di cui all’articolo 13."

Leseempfehlungen

  • "Using more, paying less" - das ist kein weiterer Wahlkampfslogan gegen die Teuerung, sondern eine Kernbotschaft aus dem exakt 365 (!) Seiten starken Jahresbericht der britischen Regulierungsbehörde Ofcom: The Communications Market 2008 (press release, part 1, part 2, key points). Erstmals gibt es auch "interactive key points", bei denen eine Kommentierung möglich ist (nach einem Monat sind aber gerade einmal zehn Kommentare online).
  • Die österreichische Regulierungsbehörde hat ebenfalls ihren Jahresbericht (Kommunikationsbericht 2007) vorgelegt, der wie immer die wesentlichsten Informationen übersichtlich zusammenstellt und Pflichtlektüre für alle ist, die sich mit Telekom- und Rundfunkregulierung befassen. In der Schriftenreihe der RTR ist auch der Band Chancen und Risken des digitalen Hörfunks für Österreich erschienen.
  • Die deutsche Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich hat in ihrem 11. Jahresbericht für den Zeitraum vom 1.7.2007 bis 30.6.2008 wieder eine Menge Daten zu den Eigentumsverhältnissen in der deutschen Medienlandschaft zusammengetragen. Seither wurde übrigens die Zusammensetzung der Kommission geändert und es gehören ihr nun auch sechs Vertreter der Landesmedienanstalten an, die wahrscheinlich bisher noch nicht in genügend Gremien, Räten oder Kommissionen gesessen sind. Immerhin hat man aber auch die GSPWM und die GSDZ mit Wirkung vom 1. September 2008 abgeschafft und als Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten unter einer diesmal tatsächlich medientauglichen Abkürzung (ZAK!) neu aufgestellt.
  • Der Jahresbericht 2007 der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten ist übrigens hier zu finden.
  • Noch eine Leseempfehlung abseits der Jahresberichte: rebooting america: ein (online kostenlos verfügbares) Buch mit 44 sehr knappen Essays mit Ideen für ein Redesign der Demokratie im Internet-Zeitalter - natürlich spezifisch auf die USA abgestellt, aber als Denkanstöße auch für Europa eignen sich die teilweise auch recht exotischen Ideen allemal; unter den AutorInnen ist etwa Newt Gingrich genauso wie Scott Heiferman, Beth Noveck oder Susan Crawford.

Sunday, September 14, 2008

Zurufe von gestern: Online-Direktion ausbauen!

"Zurufpolitik an Geschäftsführung und Aufsichtsgremium - von wem auch immer - [ist] überflüssig und wenig beeindruckend." So formulierte - zwingend und beeindruckend wie immer - ORF-Kommunikator Pius Strobl letzte Woche in einer Presseaussendung in Sachen Online-Direktor/Direktion des ORF.
Nun hat - einer ORF-Aussendung zufolge - der Rechnungshof "die Sinnhaftigkeit der Einrichtung der Onlinedirektion" bezweifelt. Dazu die Reaktion des ORF im Wortlaut:
"Die vom RH geäußerte Kritik an der Einrichtung der Onlinedirektion durch Frau Generaldirektorin Dr. Lindner wird nicht geteilt, da die Einrichtung zum damaligen Zeitpunkt sinnvoll erschien und eine Abschaffung am Beginn der Periode Wrabetz als falsches Signal an den Onlinemarkt gewertet worden wäre."
Was heißt "zum damaligen Zeitpunkt sinnvoll erschien"? Es erschien damals zwar sinnvoll, war es aber im Ergebnis nicht? Heute würde es nicht nur nicht mehr sinnvoll sein, sondern nicht einmal mehr so erscheinen? Und die "Abschaffung am Beginn der Ära Periode Wrabetz" wäre zwar inhaltlich richtig gewesen, aber als falsches Signal gewertet worden und ist deshalb unterblieben? Und jetzt wäre es richtig? Oder auch nur ein richtiges Signal?

Welche Organisationsmaßnahmen wann wirklich sinnvoll wären, kann man als Außenstehender wohl kaum beurteilen. Daher aus gegebenem Anlaß ein - wahrscheinlich auch überflüssiger und wenig beeindruckender - Zuruf von innen, immerhin vom Generaldirektor selbst (aus seiner Bewerbung um eben diesen Job):
"Die Online-Direktion ist ein wesentlicher Träger der multimedialen Innovation des gesamten Unternehmens ... weswegen die Online-Direktion ausgebaut und alle textbasierenden Medien des ORF dort konzentriert werden sollen."

Saturday, September 13, 2008

"Tatsachennah": Medienfreiheit, Medienmacht und Persönlichkeitsschutz

Im Juni letzten Jahres fand am Österreichischen Institut für Menschenrechte ein internationales Symposion zu Medienfreiheit, Medienmacht und Persönlichkeitsschutz statt (das Foto links, damals aufgenommen, zeigt einen Blick aus dem Fenster des Instituts - in der Ferne, über den Spitzen des Doms, der Sender Gaisberg). Der Tagungsband zum Symposion, herausgegeben von Wolfram Karl und Walter Berka, ist im N.P. Engel Verlag erschienen.

Jochen Abr. Frowein (in Österreich auch Nichtjuristen bekannt als einer der drei Weisen aus dem Jahr 2000), befasste sich mit Grundsatzfragen von "Meinungsfreiheit und Demokratie", unter anderem mit der besonderen Problematik von Beleidigungsverfahren im Rahmen der politischen Auseinandersetzung, die er auch als Mitverfasser des Weisenberichts aus erster Hand kennt. Die Fachdiskussionen und Konfliktlinien zwischen Praxis und Rechtsprechung, und auch zwischen nationaler und EGMR-Rechtsprechung spiegeln sich in den Referaten von Elisabeth Steiner (österreichische Richterin am EGMR), Medienanwalt Michael Rami, OGH-Präsidentin Irmgard Griss und Senatspräsident des OGH Eckart Ratz, aber auch in der im Buch ebenfalls dokumentierten Diskussion.

Nichts an Aktualität verloren hat auch Walter Berkas Beitrag zu Medienrecht und Medienverantwortung in der Informationsgesellschaft, in dem er unter anderem auch nachdrücklich darauf hinweist, "dass die Funktion der Medien als public watchdog ... ausreichende Distanz zu den Kräften und Mächten voraussetzt, welche dieser Kontrolle unterworfen sein sollen." (Wie es tatsächlich ausschaut, sieht man zB hier.) Recht behalten hat Berka auch mit seiner Skepsis zur damals gerade etablierten sogenannten "Leseranwaltschaft", die ja mittlerweile sogar von ihrem "Ehrenvorsitzenden" als "zahnlos" und "sinnlos" angesehen wird.

Ich habe bei diesem Symposion auch ein neues Wort gelernt, das bei einer Google-Suche derzeit noch auf weniger als 50 Einträge kommt: "tatsachennah" (das Wort "zeitnah" findet Google schon 2,8 Mio mal). "Tatsachennah", so ORF-TV-Chefredakteur Karl Amon im Podiumsgespräch über "Medienmacht und Kontrolle", sollte ein Journalist auch über Dinge berichten, "die ihm persönlich unangenehm sind." Auch das kann man im Buch nachlesen, ich frage mich seither allerdings: ab welcher Entfernung von den Tatsachen ist eine Berichterstattung nicht mehr "tatsachennah"?

Thursday, September 11, 2008

"wir wollen das Geld unter die Leute bringen": gebührenfinanziertes Call In-TV?

"Es geht um eine saublöde Frage, es geht echt um a Fråg’, wo ma sich denkt, spinnen die jetzt, aber es is ja Wurscht, es geht um 500,- Euro und die Frage is einfach, des is des Wichtigste!" - Der Bundeskommunikationssenat (BKS) gibt in seinem Bescheid vom 1. 9. 2008 betreffend die - mittlerweile eingestellte - Sendung "Quiz-Express" des ORF ausführlich wieder, wie die konkret geprüfte Sendung so abgelaufen ist, einschließlich wörtlicher Zitate der bemerkenswerten Ausführungen des Moderators (auch das Zitat in der Überschrift zu diesem Blogeintrag - "wir wollen das Geld unter die Leute bringen" - stammt aus diesem Transkript).

Mit dem nun veröffentlichten Bescheid hat der BKS die Sache Quiz-Express abgeschlossen, nachdem seine Vorlagefragen an den EuGH mit dessen Urteil vom 18.10.2007, C-195/06, KommAustria / Österreichischer Rundfunk, beantwortet worden waren (siehe dazu auch hier und hier). Der BKS kam dabei - wenig überraschend - zum Ergebnis, dass es sich bei dieser Sendung um Teleshopping handelte, was dem ORF aber nach § 13 Abs 2 ORF-G untersagt ist.

"Eindeutig ergibt sich bereits aus dem Sachverhalt, dass der Hauptzweck der Sendung 'Quiz Express' sowohl qualitativ als auch quantitativ im Wesentlichen darin besteht, das fragliche Gewinnspiel zu veranstalten, an dem sich Zuseher der Sendung durch Anwählen einer Mehrwertnummer beteiligen können: ...

Soweit der ORF behauptet, dass er durch die Sendung Quiz Express auch andere Ziele verfolgt habe (etwa Ausbildung von Moderatoren in Live-Sendungen, probeweises interaktives Angebot für die Zuseher), ist festzuhalten, dass diese Ziele nach Auffassung des Bundeskommunikationssenates gegenüber dem wirtschaftlich motivierten Gewinnspiel und der dadurch ermöglichten Lukrierung von Einnahmen deutlich in den Hintergrund treten. Es handelt sich daher jedenfalls um ein entgeltliches Angebot einer Dienstleistung iSd § 13 Abs. 2 ORF-G (vgl. EuGH 18.10.2007, C-195/06, KommAustria gegen ORF, Rz 32 mwN)."

Das mit der Moderatorenausbildung ist ein interessantes Argument: der BKS führte dazu nicht nur aus, dass die Moderation "beinahe ausschließlich auf Aufforderungen beschränkt [sei], die Erbringung der Dienstleistung – nämlich die Benützung der Mehrwertnummer um an einem Gewinnspiel teilzunehmen – zu fördern", sondern setzte dabei demonstrativ auch den Begriff "Moderation" unter Anführungszeichen (ebenso wie - auf Seite 3 und 4 des Bescheids - auch das Wort "Fragen", die im Quiz gestellt wurden).

Soweit, so unspektakulär. Der BKS hatte den ORF - auf Grund des Urteils des EuGH - aber auch aufgefordert, Zahlen zur Sendung vorzulegen. Wörtlich heißt es dazu im Bescheid:

"Der ORF war jedoch nicht bereit, der Aufforderung des Bundeskommunikationssenates nachzukommen, aussagekräftige Unterlagen über die Zahl der während der Sendung eingegangenen Anrufe sowie die dadurch erzielten Einnahmen vorzulegen. ...

Weiters brachte der ORF vor, dass ... die Erträge letztlich nicht ins Gewicht fielen. Vielmehr seien aufgrund der verursachten Mehraufwendungen keine Erträge durch die Sendung 'Quiz Express' abgeworfen wurden."
Dass aus der Sendung "– wie auch der ORF in seiner Stellungnahme grundsätzlich einräumt –" insgesamt kein Gewinn erzielt wurde, ist zwar für die Qualifikation als Teleshopping irrelevant - aber das kann man doch wohl nicht anders verstehen, als dass auch Einnahmen aus dem Programmentgelt zur Finanzierung dieser (mittlerweile eingestellten) Call In-Sendung herangezogen werden mussten. Abzockfernsehen zu machen, ohne wirklich abzuzocken, ist tatsächlich eine innovative Programmleistung. Und wahrscheinlich kann man das Ganze auch als besonderes Beispiel für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags darstellen: vielleicht nach § 4 Abs 1 Z 17 ORF-G ("Förderung des Verständnisses für wirtschaftliche Zusammenhänge").

Wednesday, September 10, 2008

Nachlese zur parlamentarischen Medienenquete

Unter dem Titel "Medienrecht und Opferschutz" fand am 3. Juli 2008 eine parlamentarische Enquete des Nationalrats statt (siehe dazu schon hier, eine knappe Zusammenfassung in der Parlamentskorrespondenz hier). An diesem Tag standen vor dem Parlamentsgebäude immer noch die Gitter, die für die Käfighaltung von Fußballfans während der Fußball-EM aufgebaut worden waren (siehe Bild links), und zumindest Teile der Regierung waren damals noch guten Mutes, dass die Koalition auch nach der EM weiterbestehen könnte - die Ministerinnen Berger und Fekter sprachen durchaus ambitioniert von gesetzlichen Verbesserungen, auf die sie sich im Gefolge der Enquete noch einigen wollten. Daraus wurde zwar vorläufig nichts, aber es bleibt zu hoffen, dass sich auch der im Herbst neu gewählte Nationalrat damit befassen wird.

Das Protokoll der Enquete ist nun auf der Parlamentswebsite verfügbar (pdf, html). Auf fast 100 Seiten kann man Wort für Wort nachlesen; ich empfehle neben dem Plädoyer von Walter Berka für eine verbesserte media accountability (ab S. 11) vor allem die Ausführungen von Rechtsanwältin Eva Plaz (ab S. 67), die als Anwältin von Elisabeth F., Opfer des bekannten Verbrechens in Amstetten, präzis und eindrücklich die Situation ihrer Mandantin darlegt. Bezeichnend schon zu Beginn ihrer Ausführungen:
"Im Protokoll der Einvernah­me meiner Mandantin bei der Polizei steht fast nichts, was nicht auch in den Medien zu hören und zu lesen war, so oder so ähnlich, wie sie es ausgesagt hatte. Es fehlt nur ein bemerkenswerter Satz, der letzte in diesem Protokoll, und den lese ich Ihnen vor: Ich verlange, dass keinerlei Daten oder Gesprächsinhalte, die mich und meine Familie be­treffen, an irgendwelche Medien weitergegeben werden. – Ende der Vernehmung."
Angesichts des Berichts von Eva Plaz, aber auch des Impulsreferats von Holger Eich vom Kinderschutzzentrum Wien ("Die Opfer wollen das Interesse der Umwelt – aber diese will, bei allem Sensationshun­ger, nicht hören, wie es wirklich ist, ein Opfer zu sein.") relativiert sich die Bedeutung der üblichen juristischen Auseinandersetzungen. Dennoch lassen sich auch aus den weiteren Beiträgen interessante Einblicke vor allem auch in die Welt der PraktikerInnen sowohl in den Rechtsberufen als auch in den Medien gewinnen. Der frühere Sprecher von Bundespräsident Dr. Thomas Klestil, Prof. Heinz Nußbaumer, erzählte zB folgende Geschichte:
"Als Bundespräsident Thomas Klestil ... lange zwischen Tod und Leben kämpfend im Krankenhaus war, ein Polizist vor seiner Tür stand, Medienvertreter auch mit Hilfe einer Verkleidung als Krankenschwes­ter zu ihm ins Zimmer zu kommen, versucht haben und als alle entsprechenden Er­pressungsversuche einschlägiger Medien nicht gelungen sind, hat sich – das möchte ich der Wahrheit zuliebe dazu erzählen – ein österreichischer Spitzenpolitiker bei mir gemeldet, der gesagt hat, er muss den Bundespräsidenten unbedingt besuchen. Und als ich mit ihm ins Zimmer gegangen bin, hat er einen Fotoapparat aus der Tasche ge­zogen und gesagt, er braucht für ein bestimmtes Wochenmagazin – das habe er ver­sprochen – ein Foto."
Den Namen des Politikers hat Prof. Nußbaumer leider nicht genannt.

Ein breites Spektrum strengerer Maßnahmen: Generalanwältin zur Fernsehrichtlinie

In der Rechtssache C-222/07 UTECA hat Generalanwältin Kokott am 4. September 2008 ihre Schlussanträge erstattet. Streitgegenständlich ist ein spanisches System zur Filmförderung, nach dem private wie öffentlich-rechtliche Fernsehveranstalter 5% ihrer jährlichen Einkünfte in die Vorfinanzierung europäischer Spiel- oder Fernsehfilme stecken müssen (und davon wieder 60% in Produktionen in einer in Spanien als Amtssprache anerkannten Sprache). Die Generalanwältin erachtet das System als grundsätzlich mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar (einige Detailfragen sind vom vorlegenden nationalen Gericht noch abzuwägen). Die Ausführungen der Generalanwältin berühren durchaus grundsätzliche Fragen, sowohl zur Fernsehrichtlinie als auch zur zulässigen Beschränkung der Grundfreiheiten aus Gründen des Allgemeininteresses zur Förderung der Kultur - was vor allem für immer wieder diskutierte "Quotenregelungen" interessant ist.

Erstens betont die Generalanwältin den Charakter der Fernsehrichtlinie als "Mindestrichtlinie", die strengere nationale Bestimmungen zulässt (daran hat sich auch durch die Novelle der FernsehRL, nunmehr Audiovisuelle Mediendienste-RL, nichts geändert). Das Konzept der "strengeren oder ausführlicheren Bestimmungen", die die Mitgliedstaaten nach Art 3 Abs 1 der FernsehRL erlassen dürfen, umfasst demnach "ein denkbar weites Spektrum möglicher innerstaatlicher Maßnahmen." (RNr 38). Die Verpflichtung, zur Vorfinanzierung bestimmter europäischer Spiel- und Fernsehfilme beizutragen, fördert die Herstellung europäischer Fernsehprogramme und audiovisueller Werke und steht demzufolge im Einklang mit der Zielsetzung der RL; sie ist nach Ansicht der Generalanwältin auch durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt (RNr 46). Das gilt nicht nur nach der im Verfahren gegenständlichen (alten) FernsehRL, sondern auch für die Neufassung als Audiovisuelle Mediendienste-RL (s zB FN 27).

Im Hinblick auf eine mögliche Unverhältnismäßigkeit der Verpflichtung auch von Fernsehveranstaltern, die überhaupt nur wenige Spiel- und Fernsehfilme bringen, betont die Generalanwältin, dass die Belastung "mit 5% der Einkünfte nur einen vergleichsweise geringen Anteil des Gesamtbudgets des jeweiligen Fernsehveranstalters betrifft" - das sehen die Betroffenen wohl etwas anders, zumal die absolute Höhe natürlich beträchtlich sein kann (beim ORF etwa wären das gut 47 Mio Euro pro Jahr).

Dass der freie Dienstleistungsverkehr, die Niederlassungsfreiheit, der freie Kapitalverkehr und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer durch das Förderungssystem beeinträchtigt sein könnten, ist für die Generalanwältin klar. Entscheidend ist daher, ob die Maßnahme einem legitimen Ziel dient und verhältnismäßig ist. Die beabsichtigte Förderung der Kultur - auch durch "die kulturelle Dimension von Sprache" (RNr 97) - ist aber nach Ansicht der Generalanwältin jedenfalls ein legitimes Ziel (RNr 102). Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit - im Rahmen der Beschränkung der Grundfreiheiten - betont die Generalanwältin zunächst, dass "durch solche Maßnahmen zur Bewahrung und Förderung der Sprache und der Kultur eines Mitgliedstaats oder einer Region der Europäischen Union immer auch ein Beitrag zur Förderung der europäischen Kultur in ihrer Gesamtheit geleistet wird."

Da es nicht einfach um "spanische Filme" geht (wie in der Rs C-17/92, Distribuidores Cinematográficos), sondern an einem Sprachenkriterium angeknüpft wird, sei die Maßnahme auch nicht protektionistisch (RNr 110). Bemerkenswert ist die Position der Generalanwältin zu der im Fall Distribuidores Cinematográficos angesprochenen (fehlenden) Qualitätskontrolle:
"Ganz unabhängig von der Vergleichbarkeit des vorliegenden Falls mit der Rechtssache Distribuidores Cinematográficos sollten darüber hinaus die negativen Folgen einer – über das Kriterium der Sprache hinausgehenden – Inhalts- und Qualitätskontrolle im Bereich der Kultur und der Medien bedacht werden. Der Begriff der Kultur ist in einer offenen und pluralistischen Gesellschaft denkbar weit. Entsprechend zahlreich sind die Ausdrucksformen von Kultur, auch im audiovisuellen Bereich. Abgesehen von einigen wenigen, hier nicht streitigen Extremfällen erscheint es mir praktisch unmöglich, objektive und vor allem gerechte Kriterien dafür aufzustellen, was Kultur ist, und noch viel weniger, was förderungswürdige 'kulturelle Produkte' sein sollen. ... Selbst wenn man es wagen wollte, objektive Kriterien dafür aufzustellen, ob ein Spiel- oder Fernsehfilm als 'kulturelles Produkt' oder als 'Qualitätsfilm' angesehen werden kann, dürfte die praktische Umsetzung dieser Kriterien zu erheblichem bürokratischem Aufwand führen. Um ein Mindestmaß an Rechtssicherheit zu gewährleisten, könnte es notwendig werden, dass letztlich ein vom Staat eingesetztes Expertengremium oder eine vom Staat betraute Einrichtung begutachtet, ob Filmvorhaben für die Vorfinanzierung durch die Fernsehveranstalter in Frage kommen oder nicht. Damit könnte bei den betroffenen Produzenten und Künstlern der Eindruck entstehen, dass ihre Filmvorhaben einer staatlichen Vorzensur unterzogen werden."
Dies schließe zwar ein Qualitätskriterium nicht aus, es bestehe aber keine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, sich bei der Förderung von Kultur notwendigerweise auf inhaltliche Kriterien oder Qualitätskriterien zu stützen: "Nichts hindert die Mitgliedstaaten daran, außerhalb des Bereichs der staatlichen Beihilfen auf zusätzliche inhaltliche oder qualitative Kriterien zu verzichten und eine möglichst breit angelegte Förderung der Kultur zu betreiben." (RNr 114-115)

Sollte der EuGH den Schlussanträgen folgen, wäre damit der Spielraum der Mitgliedstaaten für Maßnahmen zur Förderung nationaler Kultur - auch durch kreative Quotenregelungen im Rundfunk - durchaus weit abgesteckt; man darf es sich nur nicht zu einfach machen und nur auf das Kriterium der Produktion im jeweiligen Mitgliedstaat abstellen.

Tuesday, September 09, 2008

Männer an Leuchttürmen: der ORF, Österreichs ZDF?

ZDF-Intendant Markus Schächter war wohl erster: im ZDF-Jahrbuch 2005 schrieb er: "Orientierung ist in dieser immer komplexeren Lebenswelt der Zuschauer die oberste Aufgabe des gemeinwohlorientierten Qualitätsfernsehens. Leuchtturm oder Kompass zu sein in einer immer schwerer überschaubaren Welt, ist seine oberste Funktion."

Das Bild vom Leuchtturm dürfte ihm gut gefallen haben, denn es kehrt wieder, insbesondere in der Vorlage an den Fernsehrat 21.2.2006: "Für das ZDF wird es wichtiger denn je sein, eine 'Leuchtturm'-Funktion in dieser elektronischen Medienflut ausfüllen zu können und die Werthaltigkeit des ZDF-Programms zu verdeutlichen."

Im ZDF-Jahrbuch 2006 heißt es: "Die Überlebensmaxime der Zukunft ... wie ein Leuchtturm herauszuragen aus der Flut von Angeboten ..." ;

Inzwischen schlägt sich das im Programm nieder: gemeinsam mit dem ORF, an dessen Spitze damals eine Frau stand, produzierte das ZDF im Jahr 2006 "Die Frau am Leuchtturm", zuletzt wieder gezeigt am 24. August 2008. Der Film berichtet allerdings nicht wirklich von den Schalthebeln der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten; von dort gibt es aber auch weiterhin regelmäßige "Leuchtturm"-Sager:
Soviel Leuchtkraft strahlt offenbar auch nach Österreich aus: nachdem ORF-Generaldirektor Wrabetz schon im Juli bei der Ökumenischen Sommerakademie die Bedeutung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen betont hatte, die "Leuchttürme" in der digitalen Überflussgesellschaft seien, sagte er im heutigen Kurier-Interview: "In der unüberschaubarer werdenden digitalen TV-Welt muss der ORF eine Leuchtturmfunktion wahrnehmen." (Konsequenz daraus für Wrabetz: die zwei bestehenden Vollprogramme sollten mit "bis zu vier Spartenkanälen" ergänzt werden). Ähnliches - samt Leuchtturmfunktion - sagte Wrabetz auch dem Standard.

Wie sagte aber der Mann am anderen Leuchtturm? ZDF-Intendant Markus Schächter im März 2006: "Zum medialen Leuchtturm wird man erst dann, wenn man strahlt"

PS: Wenn man auf der ORF-Website den Begriff Leuchtturm sucht, findet man (noch) keine Strategiepapiere oder Positionen des Generaldirektors, sondern zB eine "Schöner-Leben-Reise" zu einem "der ältesten Leuchttürme Europas", präsentiert im Lifestylemagazin "Schöner leben" des ORF, mit direkter Verlinkung gleich zu einer Website von Gulliver's Reisen Reisebuero und Handels GmbH. Dort wird man empfangen mit den Worten: "Es freut uns, dass wir Ihnen mit den Reiseberichten im Lifestyle-Magazin 'Schöner leben' Gusto aufs Reisen machen!"

Und auf der Website von Gulliver's Reisen steht dazu: "Gemeinsam mit dem TV-Magazin 'Schöner leben' des ORF präsentiert Gulliver's Reisen auf www.schoener-leben-reisen.at ein attraktives Reiseprogramm, das für jeden Urlaubstyp und jedes Reisebudget die passende Urlaubsfahrt bietet." Das sicherlich in voller redaktioneller Unabhängigkeit produzierte Lifestylemagazin erfüllt damit wohl auch seinen Teil der Leuchtturmfunktion: es ermöglicht den Menschen - im Sinne der Ausführungen von GD Wrabetz -, "an sozialen Prozessen besser teilzunehmen".

VoIP und Notrufe: Skype out im Out?

Die Entziehung des Rechts, Kommunikationsdienste bereitzustellen, ist so ziemlich das schärfste Mittel, das die Regulierungsbehörde gegen einen Diensteanbieter in der Hand hat (s § 91 TKG 2003 bzw Art 10 der GenehmigungsRL). Vor nunmehr etwa zweieinhalb Monaten hat die Telekom-Control-Kommission erstmals davon Gebrauch gemacht und mit Bescheid vom 23. 6.2008
"das Recht der Skype Communications S.a.r.l., Kommunikationsdienste, die eine Verbindung in das PSTN herstellen, insbesondere den Dienst 'Skype Out', in Österreich öffentlich bereitzustellen, bis zur Befolgung der gesetzlichen Vorschriften der §§ 15, 20, 22 und 25 Abs. 1 TKG 2003 ausgesetzt."
Hintergrund der Entscheidung ist, dass der Dienst Skype Out, bei dem Verbindungen ins "traditionelle" Festnetz hergestellt werden, von der Regulierungsbehörde als elektronischer Kommunikationsdienst bzw noch spezifischer als öffentlicher Telefondienst eingestuft wird - und daher die Erreichbarkeit von Notrufen gewährleisten müsste (s dazu auch die Richtlinien der Regulierungsbehörde für Anbieter von VoIP-Diensten).

Die Entscheidung ist noch nicht allzu lange im Web verfügbar, damals habe ich dazu auf content and carrier berichtet. Nun ist sie mir wieder untergekommen, weil die britische Regulierungsbehörde mit Presseaussendung vom 8.9.2008 ankündigte, nun ebenfalls genauer zu prüfen, ob die VoIP-Anbieter die Verplichtung zur Erreichbarkeit von Notrufnummern gewährleisten.

Monday, September 08, 2008

Schützt und heilt:

"KANNE BROTTRUNK SCHÜTZT & HEILT" steht auf gesundheitswelten.com, "der einzigen Original-Homepage des TV-Gesundheitsexperten Prof. Hademar Bankhofer". Dort findet man auch zwei Werbevideos Ausschnitte aus Bankhofers Sendung "Die gesunde halbe Stunde" auf TW1 zum Download (Nr 1, Nr 2, beide offenbar vom Februar 2007), in denen Bankhofer und dessen Interviewpartner Vorzüge des "Brottrunks" anpreisen. Bankhofer zB wörtlich: "Am nächsten Tag sollten Sie einfach eine ganze Flasche Brottrunk konsumieren!" Beim "Brottrunk" handelt es sich um ein (markenrechtlich geschütztes) Nahrungsergänzungsmittel der Kanne Brottrunk GmbH & Co KG.

Mehr zu Brottrunk, Bankhofer und ARD im Gesundheitsblog Stationäre Aufnahme. Wie dort dargelegt, dürften auch die ARD-Rundfunkanstalten offenbar nicht mehr allzu initiativ sein, wenn es um den Verdacht von Schleichwerbung geht. Bloggerin lanu ist sogar in einen ARD-Info-Hungerstreik getreten, da Günter Struve - noch ARD-Chef, demnächst ORF-Berater, und seit kurzem ausgezeichnet mit der "Sauren Gurke" - auf entsprechende Anfragen nicht reagiert (siehe hier).

Zu seiner Sendung auf TW1 hat Bankhofer ja selbst einbekannt, dass es nur bezahlte Beiträge gäbe, aber irgendwie ist das dennoch alles fast öffentlich-rechtlicher Journalismus, genauso wie die aktuellen Beiträge zB zu "foreveryoung Hotels" (dazu zB hier oder die PR-Aussendung hier), oder zu gesunden Pommes frites (wieder einmal).
Aber auf dem wirklich öffentlich-rechtlichen Sportkanal des ORF, der sich mit TW1 die Frequenz teilt (Sport plus), ist natürlich alles anders, oder? Hier zB ein Zitat aus einem Forum des Österreichischen Squash Rackets Verbandes (es schreibt ein User, der sich als "President" bezeichnet):
"Zu deiner Information: Wenn man bezahlt bekommt man von ORF Sendeplatz auf Sport+ (vormals TW1). Wir haben sogar für den Beitrag über die EM € 1.500 für ein Kamerateam bezahlen müssen, obwohl das eigentlich ein öffentlich-rechtlicher Auftrag war. Bei einer Bundesligarunde würde es vermutlich € 3.000 kosten, da der Beitrag vom ORF auch editiert werden muss. Wenn du für eure BL-Heimrunde eínen Sponsor bringst, frage ich gerne an."
Damit nun aber auf einige Zeit genug von TW1, demnächst wieder einmal mehr zu ernsthaften Themen.

Saturday, September 06, 2008

Die Welt ist ein D-ORF, oder: Erinnerungen an Meischberger

Vielleicht wollte sich Ing. Walter Meischberger einfach nur in Erinnerung rufen: immerhin hatte ihm ja der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vor etwa eineinhalb Jahren bescheinigt, dass sich kaum jemand an ihn erinnere ("Mr Meischberger ... is hardly remembered by the public at all"). Und so produzierte Meischberger mit seiner Werbeagentur, deren Website noch under construction ist, gleich ein "Web 2.0-Konzept" - und zwar ausgerechnet für den ORF.

Nun dürfte es angesichts des laufenden Beihilfenverfahren strategisch vielleicht nicht der günstigste Zeitpunkt für den öffentlich-rechtlichen ORF sein, Online-"Einkaufsstraßen", Auktionen, Kontaktbörsen und Ähnliches (so der Inhalt des Konzepts laut Standard) zu planen, und insofern ist es vielleicht nicht ganz falsch, wenn Meischberger (laut ORF-Aussendung) der Meinung war, dass das Konzept "... für die Unternehmenszukunft von Bedeutung sein könnte."

Dass der ORF nach Prüfung des Konzepts durch die Rechtsabteilung zum Ergebnis gekommen ist, das Projekt nicht umzusetzen, ist wenig verwunderlich. Bemerkenswerter ist schon, dass es überhaupt so weit gekommen ist: nach der eigenen Darstellung des ORF gab es ja mindestens drei Termine, davon zwei mit dem Generaldirektor, bei denen dieses Projekt erörtert wurde, und erst nach der endgültigen Projektpräsentation (16. Juli 2008) kam nach einer Stellungnahme der Rechtsabteilung vom 21. August 2008 das Aus. Vorher noch sicherte sich der ORF die von Meischberger vorgeschlagene Domain d-orf.at (die Seite ist nicht aktiv), der Personenname im Eintrag bei der Nic lautet auf "Online Direktion-Thomas Prantner". Vielleicht hat Meischberger gemeint, wenn es schon eine Ö3-Gemeinde ("mit exklusiven Gewinnspielen") gibt, warum dann nicht auch ein ORF-Dorf?

Es ist noch nachvollziehbar, dass der Generaldirektor einem Ex-Stiftungsrat, der ihn auch zum GD wählte, die Möglichkeit gibt, Projekte vorzuschlagen, und da liegt es natürlich auch nahe, dass es um Projekte in der Online-Direktion unter Thomas Prantner geht, dessen Bestellung (zB laut Falter) ein Zugeständnis an das BZÖ (Meischbergers jedenfalls damalige Partei) gewesen sein soll; laut profil sei die Bestellung Prantners dem BZÖ "in die Hand versprochen" worden. Dass Prantner Meischberger zudem persönlich (auch im Wortsinne) nahe steht, kann man auch auf einem Foto von Andreas Tischler sehen, das beim ORF-Grillfest am 7. August 2008 (also zwischen Projektpräsentation und -ablehnung) aufgenommen wurde.

Wie soll man sich aber die Rolle Prantners vorstellen? Als Online-Direktor hätte er auch ohne Stellungnahme der Rechtsabteilung auf den ersten Blick erkennen müssen, dass die Sache für den ORF nicht in Betracht kommt - und dennoch hat er die Angelegenheit zumindest einige Zeit lang weiterverfolgt. Vor diesem Hintergrund ist die verärgerte Reaktion des ORF-Redakteurssprechers Fritz Wendl verständlich: er warf Prantner vor, "seine Geschäfte ganz im Sinn der Anti-ORF-Online-Agitation des VÖZ" zu betreiben.

Der ORF findet laut Presseaussendung solche Zurufe - wie immer - überflüssig; lieber sind ihm offenbar Präsentationstermine beim Generaldirektor, bei denen unrealistische Power Point-Präsentationen "dargeboten" werden.

Update 28.10.2009: Mit Präsentationen kennt sich Walter Meischberger offenbar gut aus: die Salzburger Nachrichten berichten, dass Meischberger im Frühjahr 2009 für eine Präsentation, die er für ORF Online-Direktor Prantner erstellt habe, mehr als 4000 Euro erhalten habe. Diesmal war die Präsentation offenbar etwas ganz anderes: es ging um "die konzeptionelle, strategische und technische Vorbereitung einer wichtigen multimedialen Keynotepräsentation". Übrigens: die Website der Agentur ist auch mehr als ein Jahr später immer noch "under construction".

Update 14.02.2011: Dass sich an Meischberger kaum mehr jemand erinnere, dürfte mittlerweile eher nicht mehr zutreffen; zu den ORF-Präsentationen (und mehr noch zu Projekten, die mit dem ORF nicht zustande gekommen sind) berichtet das Profil in der Nr. 7/2011, online verfügbar dazu ein Bericht im Standard.

Update 29.04.2011: Über ein Mail von Meischberger (von diesem nicht bestätigt) an Wrabetz in der Sache D-ORF vom 6. September 2008 berichten Standard und (in einer Aussendung) profil; (ausführliche APA-Wiedergabe - mit Reaktionen - in der Presse). Nach diesem Mail - wie gesagt: Echtheit nicht bestätigt! - sollte die Rechtsfrage "außer Haus, in Auftrag der Agentur Zehnvierzig einer Lösung zugeführt" und "erst ganz am Schluss des Entwicklungsprozesses der ORF Rechtsabteilung zur Prüfung vorgelegt werden". Meine - ganz abstrakte - Anmerkung dazu: Im Allgemeinen ist es keine gute Idee, gerade jene Juristen, die etwas von der Sache verstehen, möglichst spät einzubinden.

Update 08.06.2011: Mittlerweile wissen wir aus der medialen Berichterstattung über ein medienrechtliches Verfahren zwischen Walter Meischberger und "Österreich" (Standard, Presse), dass es "im Sommer 2008 über Walter Meischbergers Social-Media-Projekt D-ORF" eine Sitzung im ORF gegeben hat, an der Peter Dirnberger von DDFG, ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, Onlinedirektor Thomas Prantner, Walter Meischberger und dessen Tochter teilgenommen haben. Dirnberger, so der Standard, habe angegeben, dass einige seiner Kunden "als Sponsoren infrage gekommen" wären. In erster Instanz blieb Meischberger gegen "Österreich" siegreich. Dafür kommen wir in den Genuss der bekannt zurückhaltenden und ausgewogenen Berichterstattung in "Österreich": "Skandal-Urteil zu ORF-Deal".
Auch der ORF-Generaldirektor konnte sich vor Gericht daran erinnern, dass es Überlegungen zu einem Fernsehprojekt gegeben habe. "Da wurde gesprächsweise geäußert, dass ein Magazin dieser Art ein Sendungsbudget in der Größenordnung von drei Millionen Euro hat. Es gab dazu aber keine Kalkulation", so der ORF-Generaldirektor laut Standard. Das Mail von Meischberger habe er, soweit er sich erinnern könne, nicht beantwortet, sagte der Generaldirektor laut Standard (Frage: wieweit ist soweit? Und hätte er, wenn er gewollt hätte, die Erinnerung nicht auffrischen können durch einen Blick in sein Mail-Programm?).

Saturday, August 30, 2008

Animalische Trends: Programmentwicklung by Nestlé

"Selbst an Synergieeffekte wurde gedacht: So engagiert sich Nestlé mit Pro Plan auch im Agility-Bereich – und entwickelte, im Vorfeld der Agility Heim-WM 2009, ein spritziges TV-Format auf TW 1."

Ist doch immer wieder nett, wenn die Selbstdarsteller aus Marketing, Werbung und PR ("wie geschmiert") ihre Glanzleistungen verkaufen. (Quelle: medianet)

Gemeint ist "Agility TV" (Infos zB hier und hier), das offenbar unregelmäßig von diversen Nestlé-gesponserten Agility-Veranstaltungen berichtet, zB die "Purina Proplan Hallentrophy in Korneuburg" am 24.4.2008; nächste geplante Sendung laut Vereinszeitung des Österreichischen Rassehunde-Vereins: 27.9.2008, 18:05