Der EuGH hat heute in der C-16/10 The Number and Conduit Enterprises entschieden; zugleich hat Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache C-543/09 Deutsche Telekom ihre Schlussanträge vorgelegt. Beide Verfahren betreffen die Auslegung der Universaldienst-RL (das Verfahren Deutsche Telekom zusätzlich auch die DatenschutzRL für elektronische Kommunikation), jeweils im Zusammenhang mit der Weitergabe von Teilnehmerdaten an andere Unternehmen zum Zweck der Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen bzw. der Erbringung eines Auskunftsdienstes.
In der Rechtssache C-16/10 The Number and Conduit Enterprises (vorgelegt vom Court of Appeal nach einem unterinstanzlichen Urteil des Competition Appeals Tribunal) ging es um die Vereinbarkeit einer "universal service condition" der BT - nach österreichischem Recht entspräche dies einer Art Konzessions-Auflage -, nach der die BT Daten aus ihrer Teilnehmerdatenbank, die Teilnehmer aller Betreiber enthält, zu bestimmten Bedingungen an andere Betreiber verkaufen muss. Der EuGH kommt - in Beantwortung der gestellten Frage - zu einem eher banal wirkenden Ergebnis: die Mitgliedstaaten dürfen den Universaldienstbetreibern "nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie ausschließlich solche besonderen Verpflichtungen auferlegen, die in dieser Richtlinie vorgesehen sind und mit der Erbringung des Universaldienstes oder Bestandteilen davon an die Endnutzer durch die benannten Unternehmen selbst im Zusammenhang stehen." Keine besondere Überraschung hier. Zu Art 25 der Universaldienst-RL, so der EuGH, "genügt die Feststellung, dass sich diese Bestimmung darauf beschränkt, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, sicherzustellen, dass 'alle Unternehmen, die Teilnehmern Telefonnummern zuweisen', allen zumutbaren Anträgen entsprechen, die Daten ihrer eigenen Teilnehmer zum Zweck der Bereitstellung von Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen zur Verfügung zu stellen. Diese Bestimmung, die eine für alle Anbieter geltende allgemeine Verpflichtung betrifft, hat folglich keine Auswirkung auf den Umfang der besonderen Verpflichtungen, die ein Mitgliedstaat einem oder mehreren bestimmten Unternehmen, die er für die Zwecke der Erbringung des Universaldienstes nach Art. 8 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie benannt hat, auferlegen darf."
Im Verfahren C-543/09 Deutsche Telekom (Vorabentscheidungsersuchen des Deutschen Bundesverwaltungsgerichts) geht es vorrangig zunächst einmal genau um Art 25 der Universaldienst-RL und um die Frage, ob nach dieser Bestimmung die Netzbetreibernur die Daten ihrer eigenen Teilnehmer an andere Unternehmen weitergeben müssen oder ob sie auch verpflichtet sind, Daten von Teilnehmern anderer Netze, die sie (um ihren eigenen Auskunftsdienst zu betreiben) in ihren Datenbanken haben, weiterzugeben. Diesbezüglich ist das Ergebnis für die Generalwältin klar: "Eine Auslegung von Art. 25 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie nach Wortlaut, Systematik und Zielsetzung führt mich zu dem Ergebnis, dass sich die darin umschriebene Datenweitergabepflicht der Telefonunternehmen nur auf die relevanten Informationen über die Teilnehmer erstreckt, denen diese Telefonunternehmen eine Telefonnummer zugewiesen haben." (So hat das auch der österreichische Verwaltungsgerichtshof - Erkenntnisse vom 17.12.2004, 2004/03/0059 und 2004/03/0060 [disclosure: ich war als Richter daran beteiligt] - gesehen, mehr dazu hier).
Die Fragen des BVerwG sind damit aber nicht erschöpft, und die Generalanwältin hält zunächst einmal fest, dass ihrer Ansicht nach Art 25 Abs. 2 der Universaldienst-RL keine Vollharmonisierung der Datenweitergabepflicht enthält. Die Mitgliedstaaten dürften demnach "im Prinzip auch über die in Art. 25 Abs. 2 enthaltenen Vorgaben hinausgehen" können. Dazu ist dann aber zu prüfen, ob die Mitgliedstaaten mit einer derartigen Regelung in die den nationalen Regulierungsbehörden einzuräumenden Befugnisse eingegriffen haben, was dann der Fall wäre, wenn die Maßnahme speziell auf Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gerichtet wären. "Wenn die Bundesrepublik mit der Feststellung der Fremddatenweitergabepflicht nach § 47 TKG hingegen lediglich in objektiver und allgemeiner Weise die Rahmenbedingungen zur weiteren Vereinfachung der Bereitstellung von Kundendaten an die Anbieter von Teilnehmerverzeichnissen und Telefonauskunftsdiensten erlassen hat, liegt ein mittelbarer und demnach zulässiger Eingriff in den Kompetenzbereich der nationalen Regulierungsbehörde vor."
Praktisch wäre eine derartige Weitergabeverpflichtung für Daten aber noch eingeschränkt durch Art 12 DatenschutzRL für elektronische Kommunikation, da sichergestellt werden müsste, "dass die Teilnehmer sowohl über diese Pflicht zur Weitergabe der Daten an die Anbieter von der Öffentlichkeit zugänglichen Teilnehmerverzeichnissen als auch über den Kreis der Anbieter solcher Verzeichnisse sowie über Inhalt, Zweck und Suchfunktionen der Verzeichnisse aufgeklärt worden sind und einer Veröffentlichung ihrer Daten in den betreffenden Verzeichnissen zugestimmt haben. Wenn es mehrere gleichwertige Anbieter solcher der Öffentlichkeit zugänglichen Teilnehmerverzeichnisse auf einem Markt gibt und diese Verzeichnisse zweckidentisch sind und vergleichbare Suchfunktionen aufweisen, steht es den Teilnehmern nicht frei, ihre Zustimmung für die Veröffentlichung willkürlich auf einen dieser Anbieter einzuschränken."
PS: der EuGH hat heute auch im Vorabentscheidungsverfahren C-52/09 Konkurrensverket / TeliaSonera Sverige AB zu Fragen des margin squeeze entschieden (zu den Schlussanträgen vom 02.09.2010 siehe hier); im Blog werde ich das - allenfalls - erst zu einem späteren Zeitpunkt besprechen. Inzwischen verweise ich auf den Beitrag im Kartellblog.
Thursday, February 17, 2011
EuGH: Weitergabe von Teilnehmerdaten nach der Universaldienst-RL
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