So schön wie ADONIS sollte das neue österreichische digitale Behörden-Funknetz werden (oder zumindest sollte es so heißen). Dass das irgendwie nicht so recht geklappt hat, ist in den letzten paar Tagen wieder Thema mehrerer Medienberichte gewesen, insbesondere einer aktuellen profil-Geschichte, in der Ex-Innenminister und nun EU-Parlamentarier Ernst Strasser, "Lobbyist für eh alles" (c profil) Alfons Mensdorff-Pouilly, ein paar honorige Firmen, Briefkästen und nicht zuletzt das schöne Land Panama vorkommen (ich will das hier gar nicht näher nacherzählen, aber zur Ausgangs-Geschichte betreffend das Behörden-Funknetz verweise ich zB auch auf einen früheren profil-Artikel: Mensdorff-Pouillys Jagdgesellschaft: Das Behördenfunknetz des Innenministeriums; in einem weiteren profil-Artikel hieß es: "Im Februar 2003 kippte Innenminister Strasser einen Millionenvertrag, der für den Aufbau des behördeninternen Funknetzes Adonis vergeben worden war. [...] Zum Zug kam schließlich ein Konsortium, hinter dem der Lobbyist Alfred Mensdorff-Pouilly stand – und eine Reihe ehemaliger Kabinettsmitarbeiter von Strasser, die an Mensdorffs Jagdgesellschaften teilgenommen haben. Inklusive Minister.")
Heute berichtete die APA, und auf sie zurückgreifend etwa Presse und Standard, auch über die gerichtliche Streitigkeit zwischen "dem Innenministerium" und jenem Unternehmen, das ursprünglich die Ausschreibung gewonnen hatte. Bemerkenswert ist, dass sich die Medien offenbar nicht die Arbeit gemacht haben, näher zu recherchieren, wie viel die vorzeitige Vertragsauflösung mit mastertalk die Republik tatsächlich gekostet hat. In der Presse heißt es etwa: "Der Behördenfunk hat eine holprige Vergangenheit: Ursprünglich sollte Master Talk (Raiffeisen, Siemens, Wr.Stadtwerke, Verbund) zum Zug kommen, Strasser kündigte jedoch den Vertrag. Das soll die Republik in einer außergerichtlichen Einigung 18 Mio. Euro gekostet haben." Der Standard schreibt: "Der Vergleich zwischen Master Talk und dem Innenministerium soll den Steuerzahler 18 Mio. Euro gekostet haben, bestätigt wurde die Zahl aber nie."
Heute berichtete die APA, und auf sie zurückgreifend etwa Presse und Standard, auch über die gerichtliche Streitigkeit zwischen "dem Innenministerium" und jenem Unternehmen, das ursprünglich die Ausschreibung gewonnen hatte. Bemerkenswert ist, dass sich die Medien offenbar nicht die Arbeit gemacht haben, näher zu recherchieren, wie viel die vorzeitige Vertragsauflösung mit mastertalk die Republik tatsächlich gekostet hat. In der Presse heißt es etwa: "Der Behördenfunk hat eine holprige Vergangenheit: Ursprünglich sollte Master Talk (Raiffeisen, Siemens, Wr.Stadtwerke, Verbund) zum Zug kommen, Strasser kündigte jedoch den Vertrag. Das soll die Republik in einer außergerichtlichen Einigung 18 Mio. Euro gekostet haben." Der Standard schreibt: "Der Vergleich zwischen Master Talk und dem Innenministerium soll den Steuerzahler 18 Mio. Euro gekostet haben, bestätigt wurde die Zahl aber nie."
Tatsächlich wurden die 18 Mio Euro nie bestätigt - weil es nämlich wesentlich mehr war, wozu sich das Innenministerium in einem Vergleich durchringen musste: fast 30 Mio Euro (genau: 29,9 Mio Euro) wurden mastertalk am 22. September 2006 überwiesen. Das hat jedenfalls Innenministerin Fekter in dieser Anfragebeantwortung (auf diese Anfrage von Abg. Parnigoni hin) eingeräumt; Anfrage und Anfragebeantwortung sind auch aus anderen Gründen lesenswert, so etwa wegen der interessanten beruflichen Entwicklungen ehemaliger Kabinettsmitarbeiter (siehe dazu zb auch einen älteren Bericht aus der Presse). Und noch ein Detail: das Projekt Adonis musste, wenig überraschend, durch "externe und unabhängige Expertise" begleitet werden, durch Konsulenten und eine Rechtsanwaltskanzlei (zu den Kosten, auch im Folgeprojekt, siehe mehr in der Anfragebeantwortung). Diese Kanzlei vertrat die Republik auch in einem Verfahren gegen mastertalk, das - bevor der Vergleich mit mastertalk geschlossen wurde - bis zum Obersten Gerichtshof geführt wurde.
In diesem Verfahren begehrte die Republik Österreich die Feststellung, "dass hinsichtlich allfälliger Streitigkeiten, die zwischen den Streitteilen im oder aus dem Zusammenhang mit dem durch das Zuschlagsschreiben vom 5. 7. 2002 zustandegekommenen Vertrag über die Bereitstellung eines digitalen Bündelfunkdienstes unter der Bezeichnung 'ADONIS' entstehen, ein dem § 577 ZPO entsprechender Schiedsvertrag nicht vorhanden ist". Das war insofern bemerkenswert, als die Schiedsklausel in den von den Beratern des Innenministeriums erstellten Ausschreibungsunterlagen enthalten war, und der OGH gab dementsprechend auch eine klare Antwort (Urteil vom 20.10.2005, 2 Ob 235/05f):
"Der Versuch der Klägerin [Republik Österreich, Bundesministerium für Inneres], sich der von ihr (ihrem Berater) selbst in das Vertragswerk eingebrachten und den Bietern vorgegebenen Schiedsklausel wieder zu entziehen, muss somit erfolglos bleiben."
Dabei hatten sich beide Streitteile - Republik genauso wie mastertalk - dieses "Vorverfahren", in dem es nur darum ging, ob die Streitigkeit über die Vertragsauflösung vor einem Schiedsgericht oder vor den ordentlichen Gerichten auszutragen war, einiges kosten lassen und sich mit privaten Rechtsgutachten aufmunitioniert. Den Obersten Gerichtshof hat dieses gutachterliche Wettrüsten wenig beeindruckt, und er hat mit den folgenden legendären Worten gewissermaßen "sechs Professoren auf einen Streich" erledigt:
"Die Parteien haben in dieser Rechtssache gleich sechs verschiedene, einander teilweise widersprechende private Rechtsgutachten (der Professoren Fasching, Krejci, Öhlinger, Vonkilch, Welser und Wilhelm; vgl zum konkreten Fall auch Wilhelm, Der schmale Grat zum Schiedsgericht, ecolex 2005, 89) vorgelegt. Eine solche Vorlage mag zulässig sein (vgl RIS-Justiz RS0041743, RS0043585), der Oberste Gerichtshof ist aber nicht verpflichtet, auf derartige Auftragswerke im Einzelnen einzugehen. Es gilt der Grundsatz: iura novit curia."
PS: weitere Entscheidungen in Sachen Adonis: VfGH aufschiebende Wirkung, 26.6.2002, B 973/02, VfGH 11.12.2002, B 985/02, Bundesvergabeamt 5.7.2002, N-16/02-28
Update 24.08.2011: News berichtet, dass "die Vergabe des Blaulichtfunks in der Ära des damaligen Innenministers und späteren EU-Abgeordneten Ernst Strasser neu durchleuchtet wird."
Update 06.10.2011 (nur der Vollständigkeit halber): der Rechnungshofbericht zum Behördenfunknetz ADONIS (Reihe Bund 2004/5)
Update 24.03.2015: "In der Causa Blaulichtfunk/Tetron hat die Staatsanwaltschaft Wien Anklage gegen den früheren Telekom Austria-Vorstand Rudolf Fischer und gegen den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly erhoben", heißt es heute in Medienberichten. Die Anklage ist nicht rechtskräftig.
Update 24.08.2011: News berichtet, dass "die Vergabe des Blaulichtfunks in der Ära des damaligen Innenministers und späteren EU-Abgeordneten Ernst Strasser neu durchleuchtet wird."
Update 06.10.2011 (nur der Vollständigkeit halber): der Rechnungshofbericht zum Behördenfunknetz ADONIS (Reihe Bund 2004/5)
Update 24.03.2015: "In der Causa Blaulichtfunk/Tetron hat die Staatsanwaltschaft Wien Anklage gegen den früheren Telekom Austria-Vorstand Rudolf Fischer und gegen den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly erhoben", heißt es heute in Medienberichten. Die Anklage ist nicht rechtskräftig.
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