Sunday, November 30, 2008

"Die Entscheide sind uns nicht leicht gefallen": Zur Vergabe der Schweizer Fernseh- und Radiokonzessionen

Dieses Blog hat weder Vollständigkeits- noch Aktualitätsanspruch, also kann ich es mir auch erlauben, auf die schon rund ein Monat zurückliegende Vergabe von Radio- und Fensehkonzessionen in der Schweiz hinzuweisen: Am 31. Oktober 2008 erteilte das eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Konzessionen für jene Gebiete bzw. Frequenzen, für die es zwei oder mehr Bewerbungen gab (siehe dazu die Presseaussendung und die Übersicht über alle Entscheidungen auf der Website des BAKOM).

Das Vegabeverfahren war insofern interessant, als nach der Neufassung des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) neue Auswahlkriterien zur Anwendung kamen - und außerdem ging es damit auch um deutlich höhere Förderungen, die dne privaten Veranstaltern in der Schweiz im Rahmen des sogenannten Gebührensplittings zukommen werden (insgesamt - Radio und Fernsehen - rund 32 Mio Euro). Art 45 RTVG sieht generell vor, dass bei mehreren Bewerbungen derjenige Bewerber bevorzugt wird, "der am besten in der Lage ist, den Leistungsauftrag zu erfüllen. Sind mehrere Bewerbungen unter diesem Gesichtspunkt weitgehend gleichwertig, so wird jener Bewerber bevorzugt, der die Meinungs- und Angebotsvielfalt am meisten bereichert."

In der Schweizer Medienszene hat es für einige Aufregung gesorgt, dass das UVEK unter Bundesrat Moritz Leuenberger die Bestimmung wirklich ernst genommen hat: so wurde "Tele Züri" (aus dem tamedia Konzern) bei der Fernsehkonzession für den Raum Zürich nicht berücksichtigt und ebenso ging Radio Energy - in der Schweiz zu Ringier gehörend - leer aus, begründet jeweils mit der starken Marktposition der beiden Verlagshäuser. Bundesrat (in österreichischer Teminologie entspräche das einem Bundesminister) Moritz Leuenberger begründete die Entscheidungen nicht nur in der Pressekonferenz, sondern auch in seinem Blog. Dass die Entscheidungen in der Presse nicht immer gut aufgenommen wurden, ist angesichts der betroffenen Verlagshäuser wenig überraschend, so etwa aus dem Verlagshaus Ringier (Blick), aus der tamedia-Gruppe (Bund-Blog 1, Bund-Blog 2); differenziertere Kritik auch in medienheft und medienspiegel; dass der Gewinner der Radiokonzession, Roger Schwawinski, das etwas anders sieht (hier oder hier) überrascht auch nicht.

Noch ein Zitat aus der Verfügung betreffend die Radiokonzession:
"Aus dem Vorstehenden geht hervor, dass bei Gleichwertigkeit beide Elemente von Artikel 45 Absatz 3 RTVG gleichermassen ausschlaggebend sind, d.h. die inhaltliche Ausrichtung der beiden Programme und die strukturelle Unabhängigkeit der Bewerberinnen. In inhaltlicher Hinsicht (Bereicherung der Angebotsvielfalt) kann keine Bewerberin etwas für sich ableiten. Beide sprechen in ihrer musikalischen und programmlichen Ausrichtung je ein eigenes Zielpublikum an, welches im Versorgungsgebiet in dieser Form bisher noch nicht bedient wird. ...
Entscheidend ist aus diesen Gründen das zweite Element von Artikel 45 Absatz 3 RTVG, die grössere Unabhängigkeit einer Bewerberin. Energy gehört zu 51 Prozent der Ringier AG. Die Ringier AG ist eines der drei grössten Medienunternehmen der Schweiz. Im Printbereich zählen auflagenstarke Titel wie Blick, Sonntagsblick, Blick am Abend, Cash daily, Le Temps und il caffè dazu, ebenso zahlreiche Zeitschriften. Im Bereich der elektronischen Medien zählt nebst Energy und Radio for Youngsters auch das Berner Lokalradio BE1 zum Ringier Konzern. Beim Fernsehen ist die Ringier AG zu 50 Prozent an Sat.1, zu 33 Prozent am Teleclub und zu 30 Prozent an Presse TV beteiligt. Radio 1 gehört demgegenüber zur Radio Tropic AG, deren Inhaber zu 100 Prozent Roger Schawinski ist. Dieser ist überdies Aktionär und Verwaltungsratspräsident des Buchverlags Kein&Aber AG, welcher seit zehn Jahren besteht und der vor allem Belletristik und Hörbücher veröffentlicht.
Bei dieser Konstellation hat Radio 1 im Lichte von Artikel 45 Absatz 3 Vorteile. Gegen diese Sicht spricht auch nicht die Tatsache, dass sich die erwähnten Ringier–Medien in erster Linie an die ganze Deutschschweiz oder an andere schweizerische Sprachregionen richten. In der medialen Realität der Schweiz hat der Raum Zürich auch in den sprachregionalen Medien grosse Bedeutung, so dass die Verflechtung zwischen einem Lokalradio im Grossraum Zürich und auflagenstarken sprachregionalen Medien hier ins Gewicht fallen muss. Dies gilt insbesondere darum, weil bei Radio 1 praktisch keine Abhängigkeiten vorliegen."

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