Mit Urteil vom 14. November 2008 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall KRONE VERLAG GMBH & CO. KG v. AUSTRIA (Appl. Nr. 9605/03) einstimmig (in der ersten Kammer) eine Verletzung des Art 10 EMRK festgestellt.
Liest man nur das EGMR-Urteil, so stellt sich der Fall - ganz knapp zusammengefasst - so dar: mögliche Unregelmäßigkeiten an einer öffentlich finanzierten Forschungseinrichtung werden von der Kronen Zeitung zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht. Dabei wird der Leiter dieser Forschungseinrichtung (von der Kronenzeitung eher abschätzig als "Medienprofessor" oder auch "der sogenannte Medienprofessor" bezeichnet) massiv angegriffen, er wird als "Spesenritter und Abkassierer" bezeichnet und es wird ihm nicht nur finanzielle Gier vorgeworfen, sondern zB auch, dass das von ihm verfolgte Projekt eines Bürgernetzes Kindern Zugang zu Internet-Pornoseiten ermöglichen würde. In zweiter und letzter Instanz spricht das OLG Linz dem "Medienprofessor" einen Entschädigungsbetrag nach § 6 MedienG in der Höhe von € 14.500 zu, da der "Medienprofessor" von der Kronenzeitung fälschlich ungerechtfertigter Bereicherung und wirtschaftlicher Unfähigkeit bezichtigt worden war. Die Kronen Zeitung hatte auch die journalistischen Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie dem Betroffenen keine Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben hatte (die Urteilsveröffentlichung dokumentierte der "Medienprofessor" hier).
Für den EGMR ist einiges, was vom OLG Linz als (falsche) Tatsachenbehauptung beurteilt wurde, ein Werturteil, für das auch eine ausreichende Faktenbasis bestanden habe, da immerhin zwei Buchprüfungen Ungenauigkeiten ergeben hätten und tatsächlich hohe Reiseaufwendungen und Honorare angefallen seien. Und obwohl es ratsam gewesen wäre, eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen, reicht dies nicht aus, um das Recht der Medieninhaberin auf freie Meinungsäußerung einzuschränken. Das OLG Linz habe demnach den engen Beurteilungsspielraum ("narrow margin of appreciation") der EMRK-Mitgliedstaaten überschritten. Die Krone aber sei ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung als public watch-dog nachgekommen.
Angesichts der Kampagne, die von der "Krone" gegen den "Medienprofessor" geführt wurde, schiene zwar auch das Bild eines Kampfhundes angemessen - aber das Urteil des EGMR bestätigt, dass gelegentlich auch ein Kampfhund die Aufgaben eines Wachhunds erfüllt.
Der Hintergrund der Auseinandersetzung blieb vor dem EGMR vollkommen ausgespart - aber die Sache ist wohl ohne Hinweis darauf nicht wirklich vollständig: Der "Medienprofessor" (er ist natürlich nicht nur in Anführungszeichen ein solcher, sondern ein anerkannter Fachmann, der zB auch für den Europarat einschlägig tätig war, etwa beim Bericht über Medienvielfalt) hatte es nämlich gewagt, sich mit der Kronen Zeitung und ihrer Rolle in der österreichischen Öffentlichkeit auseinanderzusetzen. Er selbst setzt in seiner Chronologie den Beginn des Konflikts mit der Krone schon 1989 an, nach drei kritischen Büchern kulminiert die Sache jedenfalls im Jahr 1999 mit einem Lehrbuchbeispiel für Kampagnenjournalismus. Der "Medienprofessor" wehrt sich soweit es ihm möglich ist, und dokumentiert unter der Domain medienprofessor.at vor allem auch die einschlägigen Artikel der Krone (einschließlich eines typischen Wolf Martin "Gedichts"), die für sich sprechen. Die Klage der Krone folgt auf dem Fuß, denn durch die Faksimile-Veröffentlichung der Artikel greift der "Medienprofessor" in deren urheberrechtlich geschützte Position ein (die Klage ist hier zu finden).
Die Sache geht bis zum OGH, der mit Urteil vom 12.6.2001 schließlich die Klage der Krone abweist. Bezeichnend für die Kampagne der Krone ist allein schon die Aufzählung der Artikel in den Entscheidungsgründen: "In den Ausgaben der 'Neuen Kronen Zeitung' vom 24., 25., 26., 27. 10., 5., 7., 8., 12., 19., 23. 11., 1., 2., 3., 7., 10., und 14. 12. 1999 erschienen Artikel, die sich mit der Tätigkeit und finanziellen Gebarung des Beklagten als Geschäftsführer der T***** GmbH befassten" ... Wesentlicher Rechtssatz der seither oft (unter der Bezeichnung "Medienprofessor") zitierten Entscheidung: "Das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung kann einem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch entgegenstehen."
Liest man nur das EGMR-Urteil, so stellt sich der Fall - ganz knapp zusammengefasst - so dar: mögliche Unregelmäßigkeiten an einer öffentlich finanzierten Forschungseinrichtung werden von der Kronen Zeitung zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht. Dabei wird der Leiter dieser Forschungseinrichtung (von der Kronenzeitung eher abschätzig als "Medienprofessor" oder auch "der sogenannte Medienprofessor" bezeichnet) massiv angegriffen, er wird als "Spesenritter und Abkassierer" bezeichnet und es wird ihm nicht nur finanzielle Gier vorgeworfen, sondern zB auch, dass das von ihm verfolgte Projekt eines Bürgernetzes Kindern Zugang zu Internet-Pornoseiten ermöglichen würde. In zweiter und letzter Instanz spricht das OLG Linz dem "Medienprofessor" einen Entschädigungsbetrag nach § 6 MedienG in der Höhe von € 14.500 zu, da der "Medienprofessor" von der Kronenzeitung fälschlich ungerechtfertigter Bereicherung und wirtschaftlicher Unfähigkeit bezichtigt worden war. Die Kronen Zeitung hatte auch die journalistischen Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie dem Betroffenen keine Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben hatte (die Urteilsveröffentlichung dokumentierte der "Medienprofessor" hier).
Für den EGMR ist einiges, was vom OLG Linz als (falsche) Tatsachenbehauptung beurteilt wurde, ein Werturteil, für das auch eine ausreichende Faktenbasis bestanden habe, da immerhin zwei Buchprüfungen Ungenauigkeiten ergeben hätten und tatsächlich hohe Reiseaufwendungen und Honorare angefallen seien. Und obwohl es ratsam gewesen wäre, eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen, reicht dies nicht aus, um das Recht der Medieninhaberin auf freie Meinungsäußerung einzuschränken. Das OLG Linz habe demnach den engen Beurteilungsspielraum ("narrow margin of appreciation") der EMRK-Mitgliedstaaten überschritten. Die Krone aber sei ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung als public watch-dog nachgekommen.
Angesichts der Kampagne, die von der "Krone" gegen den "Medienprofessor" geführt wurde, schiene zwar auch das Bild eines Kampfhundes angemessen - aber das Urteil des EGMR bestätigt, dass gelegentlich auch ein Kampfhund die Aufgaben eines Wachhunds erfüllt.
Der Hintergrund der Auseinandersetzung blieb vor dem EGMR vollkommen ausgespart - aber die Sache ist wohl ohne Hinweis darauf nicht wirklich vollständig: Der "Medienprofessor" (er ist natürlich nicht nur in Anführungszeichen ein solcher, sondern ein anerkannter Fachmann, der zB auch für den Europarat einschlägig tätig war, etwa beim Bericht über Medienvielfalt) hatte es nämlich gewagt, sich mit der Kronen Zeitung und ihrer Rolle in der österreichischen Öffentlichkeit auseinanderzusetzen. Er selbst setzt in seiner Chronologie den Beginn des Konflikts mit der Krone schon 1989 an, nach drei kritischen Büchern kulminiert die Sache jedenfalls im Jahr 1999 mit einem Lehrbuchbeispiel für Kampagnenjournalismus. Der "Medienprofessor" wehrt sich soweit es ihm möglich ist, und dokumentiert unter der Domain medienprofessor.at vor allem auch die einschlägigen Artikel der Krone (einschließlich eines typischen Wolf Martin "Gedichts"), die für sich sprechen. Die Klage der Krone folgt auf dem Fuß, denn durch die Faksimile-Veröffentlichung der Artikel greift der "Medienprofessor" in deren urheberrechtlich geschützte Position ein (die Klage ist hier zu finden).
Die Sache geht bis zum OGH, der mit Urteil vom 12.6.2001 schließlich die Klage der Krone abweist. Bezeichnend für die Kampagne der Krone ist allein schon die Aufzählung der Artikel in den Entscheidungsgründen: "In den Ausgaben der 'Neuen Kronen Zeitung' vom 24., 25., 26., 27. 10., 5., 7., 8., 12., 19., 23. 11., 1., 2., 3., 7., 10., und 14. 12. 1999 erschienen Artikel, die sich mit der Tätigkeit und finanziellen Gebarung des Beklagten als Geschäftsführer der T***** GmbH befassten" ... Wesentlicher Rechtssatz der seither oft (unter der Bezeichnung "Medienprofessor") zitierten Entscheidung: "Das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung kann einem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch entgegenstehen."
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