Thursday, September 22, 2011
Kleine Räte-Rundschau (Publikums-, Stiftungs- und andere Räte)
ORF-Publikumsrat (2): Aber vielleicht wird es ja auch bald einen neu gestalteten Publikumsrat geben, falls nämlich der Verfassungsgerichtshof die bei ihm letztes Jahr entstandenen "Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 28 Abs. 6 bis 10 [ORF-G] ... sowie ob der Gesetzmäßigkeit der "Wahlordnung für die Wahl von sechs Mitgliedern des Publikumsrats gemäß § 28 Abs. 6 bis 10 ORF-G [...] für die Funktionsperiode 2010-2013" aufrechterhalten sollte (siehe den Prüfungsbeschluss vom 16.12.2010, B 786/10-9, in der Beschwerdesache des Dr. Gerhard H. [die verlinkte Presseaussendung des Umweltdachverbands ist übrigens unrichtig, weil ein Prüfungsbeschluss natürlich kein Erkenntnis ist, was Gerhard H., Präsident dieses Verbands und studierter Jurist, wohl auch weiß]). Der VfGH wird die Sache in der aktuellen Session des Verfassungsgerichtshofs weiter beraten (und wohl abschließen); ich möchte mich derzeit dazu nicht weiter äußern.
ORF-Stiftungsrat: wie immer ein medienpolitisches Lehrstück waren die Vorgänge im Zusammenhang mit der Bestellung der ORF-DirektorInnen und LandesdirektorInnen durch den Stiftungsrat (auf Vorschlag des Generaldirektors, nach vorheriger Anhörung des Landes; siehe dazu schon hier). Vorarlbergs Landeshauptmann - der laut dem Vorarlberger Stiftungsratsmitglied (nicht aber nach dem Gesetz) die Entscheidung über den Landesdirektor trifft - hat übrigens ganz richtig und bemerkenswert deutlich mitgeteilt, dass es sich "um eine Unternehmensentscheidung und -verantwortung" handle, worauf er den Generaldirektor auch hingewiesen habe. Ich würde nicht ausschließen, dass der Generaldirektor auf diese Verantwortung bei Gelegenheit noch einmal hingewiesen werden wird.
Aber Verantwortung tragen natürlich auch und gerade die Stiftungsratsmitglieder, die die Bestellungen "einhellig mit sehr großer Mehrheit" (DirektorInnen) bzw. "einhellig mit großer Mehrheit" (LandesdirektorInnen) beschlossen haben. Die Vorsitzende des Stiftungsrates kritisierte in diesem Zusammenhang den Redakteursrat, der sich Kritik an Mitgliedern des Stiftungsrates erlaubt hatte, als "selbstgerecht und selbstherrlich" und bezeichnete die andauernde Kritik als öffentlichen Autoimmunkonflikt - aber nur wenige Tage später schickte sie selbst, vielleicht als paradoxe Intervention gedacht, ein kritisches Mail an die anderen Mitglieder des Stiftungsrates (wie genau es manche von diesen mit ihrer Verschwiegenheitspflicht nehmen, ist bekannt). Wenn man Medienberichten glauben darf, erhebt die Stiftungsratsvorsitzende in diesem Mail schwere Vorwürfe gegenüber dem soeben wieder bestellten burgenländischen Landesdirektor und will damit auch nachträglich(!) erklären, weshalb sie sich bei der DirektorInnenbestellung der Stimme enthalten (nicht: dagegen gestimmt) hat. Was hätte sie eigentlich daran gehindert, ihre KollegInnen im Stiftungsrat vor der Abstimmung über die Bedenken zu informieren? [Andererseits: wer weiß, ob die das überhaupt interessiert hätte - zumindest ein Mitglied des Stiftungsrates befasst sich ja vorrangig mit viel wichtigeren Themen]
Und was tut sich bei sonstigen Räten?
Der PR-Ethik-Rat hat sich in einer Aussendung für volle Transparenz bei Medienkooperationen sowie die lückenlose Aufklärung der Vorwürfe bezüglich der angeblich vom damaligen Infrastrukturminister beauftragten ÖBB-Inserate ausgesprochen. "Es sei üblich geworden, Meinung auf breiter Basis zu kaufen", meint der PR-Ethik-Rat.
Beim Presserat gibt es entscheidungsmäßig nichts Neues, bislang sind noch immer erst zwei veröffentlichte Entscheidungen ergangen.
Der sogenannte Medienrat wiederum wäre ja grundsätzlich überhaupt nicht erwähnenswert, aber wer würde denn sonst dessen Leistung würdigen, sich auch mehr als zwei Jahre nach seiner großspurig verkündeten Gründung weiterhin mit so viel Erfolg tot zu stellen? (Die Gründungspressekonferenz kann man immer noch auf der Website anschauen, sonst gibt es dort unverändert weiterhin nur dieses .jpg zu sehen.)
Mehr Aktivitäten gibt es beim Werberat, der in den letzten Jahren erkennbar moderner geworden ist und laufend alle Beschwerdefälle und Entscheidungen im Web dokumentiert. Eine Selbstregulierungseinrichtung, die sich auch mit Schleichwerbung befassen soll, bei der aber zugleich Prof. Bankhofer im Entscheidungsgremium sitzt, hat freilich mit einem gravierenden und strukturellen Glaubwürdigkeitsproblem zu kämpfen. Ich bin jedenfalls gespannt, ob wir dem Herrn Professor - der es immerhin geschafft hat, sogar "Bibel TV" eine Beanstandung durch die deutsche Rundfunkaufsicht wegen Schleichwerbung einzubringen - auch im neu bestellten Entscheidungsgremium des Werberates wieder begegnen werden (am 29. September ist Mitgliederversammlung, ich nehme an, dass danach auch das neue Entscheidungsgremium präsentiert wird).
Und zuletzt noch ein Hinweis auf eine Art Geheimrat: der Telekommunikationsbeirat war seit 1997 in jedem Telekommunikationsgesetz vorgesehen (derzeit § 131 TKG 2003), es ist aber noch nie zur tatsächlichen Einrichtung dieses Beratungsgremiums gekommen (wirklich gefehlt hat er wohl noch niemand). Daher war ich auch nicht überrascht, als der Ministerialentwurf für die TKG-Novelle § 131 TKG schlicht entfallen lassen wollte. Die nun im Parlament zu behandelnde Regierungsvorlage ist aber nicht mehr so mutig: die Bestimmung über den Telekommunikationsbeirat soll unverändert bestehen bleiben. Ob dieser Beirat 14 Jahre nach seiner Erfindung vielleicht tatsächlich eingerichtet werden soll?
Tuesday, November 30, 2010
Der neue Trend: Selbstregulierung ohne Selbst (am Beispiel PR-Ethik-Rat)
In der österreichischen Medien-, Presse- und PR-Ethik-Räterepublik ist nun aber ein neuer Trend zu beobachten: "Verurteilungen", Beschwerden oder Rügen betreffen zunehmend (oder gar ausschließlich) nicht etwa die Mitglieder der Trägervereine, sondern richten sich gegen Außenstehende. Drei Beispiele:
- Der sogenannte "Medienrat" verurteilte vor kurzem (in seiner bislang einzigen Entscheidung) die Berichterstattung von "Österreich", ohne dass erkennbar geworden wäre, dass diese Zeitung sich am Verfahren beteiligt oder sonst irgendwie die Autorität oder Legitimität des "Medienrats" anerkannt hätte.
- Zumindest eine der immer noch bloß drei Beschwerden an den Presserat richtet sich gegen "Österreich", obgleich dessen Medieninhaberin weder Mitglied eines Trägerverbandes ist noch (jedenfalls nicht bis vor ca. zwei Wochen) einer Schiedsvereinbarung zugestimmt hat (mehr zum Presserat hier).
Besonders bemerkenswert finde ich in diesem Zusammenhang, dass noch nicht einmal alle Medienunternehmen, die Mitglied eines Trägerverbands sind, den Presserat anerkennen ("Auch wenn viele Medienunternehmen im Vorfeld ihren Willen bekundet haben, sich dem Presserat zu unterwerfen, ist Warzilek [Geschäftsführer des Presserats] derzeit noch dabei, die Unterschriften bei den Medienunternehmen einzuholen", heißt es in einem Artikel in der Presse). - Und am vergangenen Freitag hat nun der PR-Ethik-Rat - zweieinhalb Jahre und sechs Presseaussendungen nach seiner Gründung (mehr dazu hier) - seine allererste konkrete Rüge veröffentlicht; gerügt wurde kein PR-Unternehmen, sondern eine Zeitung und deren Chefredakteur, die sich dieser "Selbst"-Regulierung jedenfalls nicht unterworfen haben.
Nun könnte man meinen, dass sich eine Selbstkontrolleinrichtung wie der PR-Ethik-Rat auf das einzige PR-Unternehmen in dieser Aufzählung stürzen würde; immerhin ist Wolfgang Rosam von der Wolfgang Rosam Change Communications prominentes Mitglied des PRVA, eines Gründerverbands des PR-Ethik-Rats.
Was aber macht der PR-Ethik-Rat? Er erklärt zunächst einmal, dass sich "seine Ratssprüche nicht nur auf Mitglieder der drei Berufsverbände der PR-Branche beschränken, sondern das gesamte Feld der Kommunikation von Unternehmen, Institutionen oder anderen Organisationen wie z. B. Medien einbeziehen", und kommt dann zu folgendem Ergebnis:
"Der Österreichische Ethik-Rat für Public Relations stellt fest, dass die Medieninhaberin der 'Krone bunt' und Dr. Christoph Dichand als für die Umsetzung Verantwortlicher die Bestimmungen des Mediengesetzes über die Kennzeichnungspflicht entgeltlicher Veröffentlichungen missachtet haben. Der Österreichische Ethik-Rat für Public Relations spricht deshalb gegen die Medieninhaberin der 'Krone bunt' und Dr. Christoph Dichand eine öffentliche Rüge aus."Festgestellt wird also keine Verletzung von irgendwelchen Berufsstandards ("Ethikkodizes") der PR-Branche durch "PR-Fachleute", sondern die Verletzung des Mediengesetzes durch eine Zeitung.
Das PR-Unternehmen wird in der Rüge kein weiteres Mal genannt und es gibt auch keine näheren Feststellungen zu seiner konkreten Rolle; insbesondere erfährt man weder, ob es von der mangelnden Kennzeichnung im Vorhinein gewusst hat (immerhin geht der PR-Ethik-Rat davon aus, "dass bezahlte Produkte wie die gegenständliche Beilage allen Beteiligten vor Drucklegung zur Freigabe vorgelegt werden"), oder ob es gegenüber dem PR-Ethik-Rat Stellung genommen hat. Allzu ehrfürchtig gegenüber diesem Rat dürften die betroffenen Unternehmen jedenfalls nicht gewesen sein: von den zwölf genannten weiteren Unternehmen haben sich gleich acht nicht einmal geäußert, auch Dr. Christof Dichand hat - "trotz wiederholten Ersuchens" - keine Stellungnahme abgegeben (ob die Medieninhaberin von "Krone bunt" sich geäußert hat, wird nicht erwähnt).
Den "beteiligten Unternehmen und PR-Verantwortlichen" gegenüber erfolgte keine Rüge (auch wenn manche von ihnen Mitglieder eines weiteren Gründungsverbands des PR-Ethik-Rats sind; zumindest scheinen Erste Bank, "Telekom Austria AG", Wiener Städtische Allgemeine Versicherung AG und Österreichische Verkehrsbüro AG als Mitglieder auf der Website des VIKOM auf). Stattdessen werden diese Unternehmen allgemein ermahnt, "ihre Verantwortung wahrzunehmen", was auch immer damit gemeint sein soll (für die Kennzeichnung entgeltlicher Kooperationen zu sorgen? Aber wenn das eine Berufspflicht sein sollte, warum gab es dann keine Rüge, wo doch das Druckwerk laut PR-Ethik-Rat zur Freigabe vorgelegt worden war?).
Was ergibt sich nun aus der "Rüge" des PR-Ethik-Rats? Erstens keine Information darüber, ob das einzig beteiligte PR-Unternehmen nach Auffassung des PR-Ethik-Rats gegen seine Berufspflichten verstoßen hat oder nicht. Zweitens, dass der PR-Ethik-Rat nicht einmal so viel Respekt gebieten kann, dass ihm von einer Mehrheit der beteiligten Unternehmen geantwortet würde. Und drittens schließlich, dass es allemal leichter ist, außenstehende Dritte zu rügen als wesentliche Mitglieder eines Trägerverbands.
Mit funktionierender Selbstregulierung oder Selbstkontrolle hat das allerdings nichts mehr zu tun.
Wednesday, November 24, 2010
Presserat neu: Selbstregulierung, falls sich die Gegenseite unterwirft
Nehmen wir an, Sie seien als Fußgänger von einem LKW angefahren und verletzt worden.
Wie attraktiv wäre es, sich unter Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen einem Schiedsgericht zu unterwerfen, das gemeinsam von den Interessenvertretungen der Frächter und der LKW-Fahrer eingerichtet wurde, kein Schmerzengeld zusprechen kann und in dem 6 der 7 Mitglieder hauptberufliche LKW-Fahrer sein müssen?
Ungefähr so attraktiv ist - für Geschädigte - der neue österreichische Presserat.Dessen Trägerverein ("Verein zur Selbstkontrolle der österreichischen Presse - Österreichischer Presserat") wird im Wesentlichen von Verlegern und Journalistengewerkschaft getragen (genauer hier); die zwei Senate bestehen aus jeweils sieben Mitgliedern, von denen sechs Journalisten im Sinne des Journalistengesetzes (siehe § 1 und § 16 JournalistenG) sein müssen (meines Erachtens bedeutet dies übrigens auch, dass hauptberuflich im PR-Bereich oder einer Pressestelle Tätige nicht Mitglied eines Senats sein können). Die Durchführung des ordentlichen Beschwerdeverfahrens ist nach § 11 Abs 1 der Verfahrensordnung nur zulässig, "wenn Beschwerdeführer und Beschwerdegegner sich durch Abschluss einer Vereinbarung hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Veröffentlichung oder des beschwerdegegenständlichen Verhaltens unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges ausschließlich der Entscheidung des Österreichischen Presserates unterwerfen und der Beschwerdeführer auf die Anrufung der Gerichte/Behörden verzichtet."
Entscheidungsgrundlage des Presserats ist nach der von den Beschwerdeführern zu unterzeichnenden Schiedsvereinbarung ausschließlich der "Ehrenkodex für die Österreichische Presse", der laut Website des Presserats vom "Österreichischen Presserat" aufgestellt wurde. Unklar ist, ob damit tatsächlich der nunmehrige "Verein zur Selbstkontrolle der österreichischen Presse - Österreichischer Presserat" gemeint sein soll, oder nicht doch dessen Vorgängereinrichtung, zumal sich der nun publizierte Ehrenkodex nur in der aktualisierten Rechtschreibung vom alten "Ehrenkodex" (Stand 21.1.1999) unterscheidet. Dieser Kodex wurde von Walter Berka vor rund einem Jahr übrigens sehr zutreffend als "Ansammlung von mehr oder weniger pathetisch formulierten Gemeinplätzen ohne regulierende Kraft" bezeichnet (siehe dazu hier).
Und wie kann das so eingerichtete Schiedsgericht entscheiden? Wenn die Beschwerde nicht zurück- oder abgewiesen wird (näher dazu § 14 der Verfahrensordnung), kann der Presserat in freier Würdigung des Sachverhalts feststellen, dass "durch die inkriminierte Veröffentlichung oder das inkriminierte Verhalten Berufspflichten der Presse und/oder die Grundsätze für die publizistische Arbeit verletzt und dadurch der Beschwerdeführer in schutzwürdigen Rechten verletzt worden ist" und in diesem Fall auch - auf Antrag des Beschwerdeführers - auf Veröffentlichung der Entscheidung im Medium des Beschwerdegegners erkennen; dabei kann er einen Veröffentlichungstext vorgeben, der auch zusammengefasst den Sachverhalt und die wesentliche Begründung enthalten kann. In der Schiedsvereinbarung wird das dankenswerter Weise verdeutlicht, dort heißt es "Bei einer erfolgreichen Beschwerde vor dem Österreichischen Presserat ist als Sanktion für den Beschwerdegegner ausschließlich die Veröffentlichung der Entscheidung vorgesehen".
Das heißt: wer den Presserat anruft, verzichtet nicht nur auf den ordentlichen Rechtsweg und unterwirft sich einem Schiedsgericht, in dem sechs von sieben Mitgliedern Journalisten sind, er verzichtet damit auch auf etwaige Entschädigungsansprüche (zB nach den §§ 6, 7, 7a, 7b oder 7c MedienG). Ob das durch die mögliche Veröffentlichung aufgewogen wird? Zudem muss man berücksichtigen, dass - wie in Schiedsverfahren üblich - auch eine Kostenentscheidung zu treffen ist, der Beschwerdeführer also nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere im Fall des Unterliegens, zum Kostenersatz verpflichtet werden kann (die Verfahrensordnung sieht eine "analoge Anwendung" des § 609 ZPO vor, der freilich kraft Schiedsvereinbarung und mangels abweichender Vereinbarung nicht bloß analog, sondern direkt anzuwenden ist).
Was sind also die Vorteile einer Anrufung des Presserats?
In einem Gespräch am Rande der Fachtagung vor zwei Wochen - in der übrigens von mehreren Teilnehmern massive und grundsätzliche Kritik an dem verlangten Rechtsverzicht der Beschwerdeführer geübt wurde - haben der Obmann des Trägervereins und der Geschäftsführer des Presserats im Wesentlichen auf drei Umstände hingewiesen:
- die adäquate "Wiedergutmachung" (im Sinne einer restitutio in integrum), mit anderen Worten: was durch eine Veröffentlichung angerichtet wurde, soll durch eine gegenteilige Veröffentlichung wieder gut gemacht werden (dazu gäbe es natürlich auch das Gegendarstellungsrecht, aber das ist wohl tatsächlich deutlich weniger flexibel und deckt nicht alle denkbaren Fälle ab)
- die Verbindlichkeit: Beschwerdeführer haben einen Rechtsanspruch auf Veröffentlichung (das heißt: wenn der Presserat darauf erkennt) - das könnte man auch einfacher haben: nämlich durch eine einseitige Selbstverpflichtungserklärung, wie sie an sich dem typischen Modell einer Selbstregulierung entpricht
- die höhere Anerkennung in der Branche, oder: Journalisten lassen sich nur von anderen Journalisten etwas sagen - da kann schon etwas dran sein, aber ob sich alle von einer Entscheidung des Presserates möglicherweise betroffenen Journalisten von den auserwählten Senatsmitgliedern des Presserates wirklich beeindrucken lassen?
Überhaupt fällt auf der Website des Presserats auf, dass es keine Liste jener Medien gibt, die eine schriftliche Erklärung im Sinne des § 11 Abs 4 der Verfahrensordnung abgegeben haben, nach der sie generell und im Vorhinein den Abschluss von Schiedsvereinbarungen anbieten.
Wenn sich ein Medium nicht unterwerfen mag, kann der Presserat auch ein amtswegiges Verfahren durchführen, das allerdings ebenfalls einen gravierenden Mangel hat: der Presserat kann das Medium nicht zur Veröffentlichung verpflichten und darf außer dem betroffenen Medium auch niemanden sonst (auch nicht einen allfälligen "Anreger") vom Ergebnis informieren (§ 20 der Verfahrensordnung); auch die Senatsmitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 8 Abs 2 der Verfahrensordnung).
Noch eine kleine Anmerkung zur Schiedsvereinbarung:
Ob - für Verfahren zwischen Unternehmern und Verbrauchern (Geschädigte werden häufig Verbraucher im Sinne des KSchG sein) - die Schiedsvereinbarung den Anforderungen des § 617 ZPO genügt, scheint meines Erachtens schon deshalb fraglich, weil der Sitz des Schiedsgerichts nicht festgelegt ist (übrigens auch nicht in der Verfahrensordnung!); zudem enthält die Vereinbarung zwar eine Belehrung darüber, was "Verzicht auf eine Anrufung der staatlichen Gerichte/Behörden" bedeutet, aber § 617 Abs 3 ZPO verlangt "eine schriftliche Rechtsbelehrung über die wesentlichen Unterschiede zwischen einem Schiedsverfahren und einem Gerichtsverfahren". Das sind Kleinigkeiten, die rasch behoben werden können - das grundsätzliche Problem kann aber auch mit einem neuen Formular nicht gelöst werden.
PS - zum "Medienrat":
Selbstregulierung bedarf selbstverständlich eines Mindestmaßes an Ernsthaftigkeit und vor allem an Legitimierung und Anerkennung in der "sich selbst regulierenden" Branche, damit sie auch nur ansatzweise wirksam werden kann. Abseits dessen bleibt freilich auch Platz genug für ein wenig irrlichternd wirkende Einrichtungen wie den sogenannten "österreichischen Medienrat", der nach eineinhalb Jahren großartig eine erste Entscheidung verkündet hat (die Auslöser dieser Entscheidung schreiben darüber hier und hier).
Thursday, May 27, 2010
Guat is gangen, nix is gscheh'n? Zum einjährigen "Bestehen" des sogenannten Medienrats
Ein Jahr danach ist die Website wohl immer noch im Aufbau, wenngleich Veränderungen bisher nicht zu bemerken waren (noch immer gibt es dort bloß ein Bild der Mitglieder mit deren Namen und der Adresse des Rats sowie das Video der Start-Pressekonferenz). Publizierte "Meinungen" gibt es noch immer nicht. Offenbar hat sich einfach niemand mit einem ernsthaften Anliegen an den Medienrat gewandt: in einem Interview von Anfang März dieses Jahres sagte der Vorsitzende des Österreichischen Journalisten-Clubs (ÖJC), bei dem der Medienrat angesiedelt ist, dass es "sieben Anfragen an den Medienrat" gegeben habe, "von denen allerdings keine zur Verhandlung gebracht" worden sei. Verständlich, wenn alle Anfragen von ähnlicher Qualität waren wie jener Fall, den der ÖJC selbst in einer Presseaussendung öffentlich bekannt gemacht hat: dass nämlich eine verkehrspolizeiliche Strafverfügung (!) Gegenstand der journalistischen Selbstkontrolle sein könnte, muss auch erst einmal jemand einfallen (ebenso wie übrigens die in der selben Presseaussendung vom ÖJC angekündigte Anrufung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wegen eben dieser Strafverfügung - bevor also überhaupt das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde). Informationen über den Inhalt der weiteren "Anfragen" wurden bisher nicht veröffentlicht.
Ebenfalls in einem Interview Anfang März 2010 sagte das Medienrats-Mitglied Albert Malli, dass sich der Medienrat "gerade erst gegründet" habe, und dass er sich "natürlich nicht" wünsche, "dass der Medienrat 2010 öfter in Erscheinung tritt. Das hieße nämlich, ich wünschte mir heftige Verstöße in den Medien und die wünsche ich mir keinesfalls. Somit könnte man auch sagen, es ist gut, wenn er nicht zusammentreten muss." Wie der gelernte Österreicher sagt: "guat is gangen, nix is g'schehn".
Damit aber wenigstens irgendetwas geschieht, gibt es eine Podiumsdiskussion, zu der der ÖJC für 7. Juni 2010 einlädt: "Ein Jahr Medienrat - Pressefreiheit braucht keine Fesseln" lautet der Titel. Es geht dabei nicht um die vom Medienrat angekündigte journalistische Selbstkontrolle, sondern um "eine große Gefahr für die Pressefreiheit" (gemeint ist natürlich nicht eine allfällige Tätigkeit des Medienrats, sondern eine etwas kryptisch umschriebene "derzeitige Entwicklung"; unter anderem werden die "Herausgabe von Recherchematerial" und die "Beschlagnahmung von Druckwerken" angesprochen, also wohl die Fälle "Schauplatz" und "News/Hypo Alpe-Adria").
Monday, January 11, 2010
Was 2009 zum Beispiel nicht geschah
- Der österreichische Presserat*), auf den sich Verleger und Journalistengewerkschaft schon mehrfach grundsätzlich oder überhaupt geeinigt hatten oder dann auch wieder nicht (siehe dazu zB hier), ist noch immer nicht errichtet, auch wenn dafür schon im letzten Juni € 150.000 an Subventionen des Bundes bereitgestellt wurden (§ 12a in Verbindung mit § 17 Abs 5 Presseförderungsgesetz). Die jüngste Einigung gab es am 10.12.2009; bis heute ist der angekündigte Verein aber jedenfalls nicht im Vereinsregister eingetragen. (Die Domain www.presserat.at - derzeit nicht erreichbar - hat sich übrigens schon vor langer Zeit jemand gesichert, der zum Thema Medienselbstregulierung publiziert hat. Update 2.2.2010: Die Domain des österreichischen Presserats wird wohl www.presserat.eu sein, zumindest ist diese Domain seit März 2009 für den Verband Österreichischer Zeitungen registriert).
- Der mit ordentlichem Selbstbewusstsein gestartete sogenannte "Medienrat" hat außer einer Gründungspressekonferenz auch noch keine wahrnehmbare Tätigkeit entfaltet (eine Website mit Bild der Mitglieder und Video der Gründungspressekonferenz ist kein Beweis ernsthafter Tätigkeit).
- Die sogenannte "Leseranwaltschaft" hat auch 2009 jedenfalls keine Entscheidung getroffen (auch von einer sonstigen Tätigkeit ist nichts zu bemerken; Anfragen dazu bleiben routinemäßig unbeantwortet).
- Die sogenannte "Internetoffensive Österreich" hat auch 2009 die lange angekündigte "Internetdeklaration" (siehe dazu zuletzt hier) nicht veröffentlicht.
- Und schließlich wurde die in diversen Regierungsprogrammen angekündigte konvergente Regulierungsbehörde für Telekom und Medien (nach dem aktuellen Regierungsprogramm eine "KommAustria neu", die "jedenfalls einen Mediensenat, einen Senat für den öffentlichrechtlichen Rundfunk und zwei Telekommunikationssenate" haben sollte) erwartungsgemäß auch 2009 nicht realisiert (und wird auch 2010 nicht realisiert werden).
Korn: "Der österreichische Presserat war ein Salzamt."
Thurnher: "Aber immerhin ein existierendes Salzamt, ein Symbol. Die Nichtexistenz eines Presserats ist eine Katastrophe."
[Mögen alle Katastrophen von solcher Dimension sein!]
Tuesday, September 29, 2009
Der Medienrat: "ein zeitgemäßes, effizientes Selbstkontrollorgan" (?!)
Besonders bemerkenswert an der Stellungnahme des ÖJC ist der folgende zweite Absatz:
"Ebenso sollte ein Ministerialentwurf von der aktuellen Faktenlage ausgehen und nicht alten, nicht mehr funktionstüchtigen Strukturen 'hinter her laufen'. Wenn auf Seite 4 des Vorblattes und der Erläuterungen dem nicht mehr vorhanden Presserat 'nachgeweint' wird, so stellen wir fest, dass sich in den vergangenen Jahren eine neue, zeitgemäße Form der Selbstkontrolle der österreichischen Medien durch den Österreichischen Medienrat, den Österreichischen Ethik-Rat [gemeint wahrscheinlich: der PR-Ethik-Rat] und den Österreichischen Werberat entwickelt hat. Diese neuen, effizienten Selbstkontrollorgane decken bereits jetzt die gesamte Medienlandschaft in Österreich ab und arbeiten sehr kostengünstig und ohne Staatszuschüsse." (Links hinzugefügt)Könnte man die mutige Behauptung, der sogenannte Medienrat sei ein "effizientes Selbstkontrollorgan", nicht vielleicht als "Missstand in der Öffentlichkeitsarbeit" ansehen und sich beim PR-Ethik-Rat darüber beschweren? Immerhin hat der ÖJC diese Behauptung ja auch in seiner Presseaussendung wiederholt.
Aber was würde bei einer solchen Beschwerde bei diesem anderen "effizienten Selbstkontrollorgan" wohl herauskommen? Vielleicht wäre es ein "dringender Anlass, die weitere Entwicklung aktiv zu beobachten"? Wer glaubt, dass diese Wortfolge frei erfunden ist, den muss ich leider enttäuschen: denn gerade gestern, 28.9.2009, hat sich der PR-Ethik-Rat neu, effizient und zeitgemäß mit dem "Fall BUWOG/Hochegger" befasst und dabei tatsächlich Folgendes mitgeteilt:
"Die bisher bekannt gewordenen Fakten und die Reaktionen der Beteiligten sind für den Rat dringender Anlass, die weitere Entwicklung aktiv zu beobachten und Hintergründe sowie Zusammenhänge zu recherchieren."Zurück zum sogenannten Medienrat (dazu in diesem Blog bereits hier und hier):
seit Mitte Juli - genau genommen seit dieser Presseaussendung des ÖJC - warte ich gespannt auf die erste Entscheidung dieses Rats. Ganz habe ich allerdings nicht verstanden, weshalb in diesem Fall eine polizeiliche Strafverfügung (Höchststrafe € 365), gegen die man Einspruch erheben kann (dessen Abweisung 10% des Strafbetrags kosten würde), mit einer 700 Euro teuren Beschwerde beim Medienrat "bekämpft" wird; aber vielleicht ist gerade das die neue, zeitgemäße Form der Selbstkontrolle - ein Rätsel bleibt allerdings, weshalb die Polizei nun auch schon zu den Medien gerechnet wird, oder wie der Medienrat sonst das Wort "Selbstkontrolle" bei einer Beschwerde gegen polizeiliches Vorgehen rechtfertigen will.
[Update 7.10.2009: Gerald Bäck, Mitglied des Medienrats, verdanke ich die Information in den Kommentaren, dass die Eingabe des ÖJC vom Medienrat nicht behandelt wurde, weil sie nicht dessen Aufgabenbereich entsprach]
Immerhin wurde ja angekündigt, die Entscheidungen auf der Website zu veröffentlichen, und viel mehr als zwei Monate sollte das effiziente Verfahren ja nicht dauern; also sollten wir bald etwas zu lesen bekommen auf der Website, auf der bislang leider nur das Bild der Mitglieder und das Video der Pressekonferenz vom 27. Mai 2009 zu sehen sind.
PS: in der Pressaussendung vom 15. Juli 2009 teilt der ÖJC auch mit, er habe seine Anwälte (in der Sache mit der Strafverfügung) beauftragt, "eine Klage gegen die Republik Österreich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen des Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und gegen die Medien- und Pressefreiheit in Österreich, zu prüfen." Die Anwälte werden sich wohl die einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Herzen nehmen, die da sagt: "Zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsanwaltes, der eine Vertretung übernimmt, gehört die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten" (zB 27.5.1999, 2 Ob 224/97y).
PPS: der dritte in der Stellungnahme des ÖJC genannte Rat, der Werberat, verdient sich - auch wenn ihm derzeit der Melissa-Mann angehört - eine eingehendere und ernsthaftere Behandlung, zu der ich allerdings in absehbarer Zeit kaum kommen werde.
Wednesday, June 17, 2009
"Alles kein fake": Kleine Rundreise durch eine zumindest teilweise virtuelle Räte-Republik (Teil 1)
Der Initiator des Medienrats, Fred Turnheim, sagte bei dieser Pressekonferenz: "Der Medienrat hat ab heute eine Adresse [...], er hat eine Telefonnummer und ist ab sofort auch erreichbar, diese Telefonnummer funktioniert auch schon, also es ist alles kein fake, sondern es ist einfach so wie es ist" (im Video bei ca. 4:50).
Gut, dass er das erwähnt hat. Vielleicht sollte man alle Selbstregulierungseinrichtungen um eine ausdrückliche Erklärung ersuchen, dass es sich dabei (jedenfalls nach Auffassung der Initiatoren) nicht um ein fake handelt. Mit der Frage nach der "Legitimation" kann man eine Unterscheidung nämlich nur schwer treffen. Der auch gerade neu gegründete, wunderbar schräge Österreichische Internetrat (ÖIR) etwa schreibt zu seiner Legitimation (ausdrücklich als Selbstlegitimation bezeichnet): "Der ÖIR hat sich selbst gegründet und verfügt über die Legitimation, sich als erste Institution als Österreichischer Internetrat bezeichnet zu haben ..."
Beim Österreichischen Medienrat sieht das - allerdings ironiefrei - nicht viel anders aus. Medienratsmitglied Silvia Ettl-Huber sagt in der Pressekonferenz (ca. bei 13:00 im Video): "Wir sitzen als Privatpersonen in diesem Medienrat drinnen, wir sind zwar vorgestellt worden mit unseren Funktionen, um zu zeigen, aus welchem beruflichen Kontext wir kommen, aber wir sitzen als Privatpersonen in diesem Medienrat, wir gehören diesem Medienrat privat an und wir haben sozusagen auch keine Legitimationen, die wir gegenüber Arbeitgebern etc. haben."
Macht alles nichts, denn wo die Not groß ist, kann es auch darauf nicht ankommen (und ganz im Ernst: die "Legitimation" ist dann kein Problem, wenn die Akzeptanz gesichert ist - aber gerade die Akzeptanz ist oft, wenn auch keineswegs zwingend, eine Folge entsprechender Legitimation). Gegen Schluss der Pressekonferenz (ca. bei 38:30 im Video) wird der Fred Turnheim deutlich:
"Wir sind einfach notwendig, der Österreichische Medienrat ist notwendig geworden, weil es sonst abgedriftet wäre in diesem Land. Hier geht es um demokratiepolitische Erwägungen, hier geht's um medienpolitische Erwägungen, hier geht's natürlich um den Schutz des Journalismus, hier geht's um die Pressefreiheit, und das sind die Fragen, um die es geht."
Damit wäre ja alles klar (vielleicht bis auf die angewendeten Standards, aber auch dazu sagt Fred Turnheim etwas: "Wir erkennen alle Codices an, alle, inländische, ausländische, die sind alle ehrenwert, gar keine Frage." Hoffentlich meint er damit nicht auch den Codex Hammurabi, dessen Bedeutung für Medienrechtler Simon Möller jüngst beschrieben hat?).
Lose vorgesehene weitere Räte für diese kleine Serie:
- der Österreichische Werberat (unter dem Motto: Staatsgeld für den Melissa-Mann? Die Novelle zum KommAustria-Gesetz ermöglicht die Förderung des Werberats - in dem unter anderem Hademar Bankhofer darüber wacht, dass ethische Standards eingehalten werden)
- der Österreichische Internetrat (plus Österreichischer Onlinerat, Österreichischer Facebook-Rat und was auch immer sonst noch an Räten dazukommt)
- der noch nicht bestehende Presserat (auch er kann nun gefördert werden)
- der PR-Ethik-Rat (hier)
Wednesday, May 27, 2009
Mayer statt Metternich: Selbstkontrolle, Schiedsstelle, sonstwas?
Seit heute betreibt der ÖJC auch einen "Medienrat" - eine Einrichtung, die in der ersten Presseaussendung als "unabhängiges Organ der nichtstaatlichen, freiwilligen Selbstkontrolle des österreichischen Journalismus" bezeichnet wurde, in der zweiten Presseaussendung als "zeitgemäße, moderne Schiedsstelle", und von der es in der heutigen Presseaussendung heißt, sie werde die Kontrahenten im jeweiligen Streitfall zu einer Verhandlung laden und im Anschluss daran werde "eine Meinung zum jeweiligen Fall publiziert, die Gesichtspunkte des Rechts, der Ethik und der praktischen Sachzwänge des jeweiligen Mediums berücksichtigt."
Viel mehr ist den bislang veröffentlichten Informationen nicht wirklich zu entnehmen. Von einer Schiedsstelle (also auf Grundlage einer Schiedsvereinbarung) ist wohl keine Rede mehr, zumal darauf hingewiesen wird, dass die publizierte "Rechtsmeinung" auch "als Anhaltspunkt in eventuellen Gerichtsverfahren dienen" könne. Ganz klar ist mir allerdings noch nicht, wie das Konzept einer "Rechtsmeinung" mit dem Anspruch zusammenpasst, auch "Ethik" und "praktische Sachzwänge" zu berücksichtigen, vor allem da der Vorsitzende des Medienrats laut Presseaussendung auch betonte, dass nicht alles, was Recht ist, ethisch in Ordnung ist.
Eine Website ist in Vorbereitung (derzeit kann man sich dort nur ein Bild der Mitglieder ansehen und deren Namen nachlesen), Verfahrensordnungen oder Entscheidungskriterien sind jedenfalls derzeit nicht zugänglich. Laut Presseberichten will sich der Medienrat "an den vorhandenen internationalen Pressekodizes sowie dem Ehrenkodex der österreichischen Presse" orientieren. Laut pressetext.austria muss, wer Beschwerde beim Medienrat einbringt, "eine Gebühr von 700 Euro bezahlen". Eine Garantie, dass sich die betroffenen Verleger und/oder Journalisten dann auch am Verfahren beteiligen oder sich irgendwie an den veröffentlichten Rechtsmeinungen orientieren, bekommt man dafür aber offenbar nicht.
Mitglieder des Medienrats sind DI Gerald Bäck, Geschäftsführer von public.webwatch [und Web 2.0 Evangelist - hoffentlich lässt man ihn an die Website des Medienrats!]; Mag. Dr. Silvia Ettl-Huber, Leiterin des Internationales Journalismus Zentrums an der Donau-Uni Krems; Rüdiger Landgraf, Chefredakteur KRONEHIT [und Privatradio-Pionier]; Albert Malli, stellvertretender Senderchef Ö 3; Marius Perger, Chefredakteur und Herausgeber Börsen-Kurier, sowie - als Vorsitzender - o.Univ.Prof. DDr. Heinz Mayer, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.
Ob der Medienrat (anders als zB die Leseranwaltschaft, siehe dazu zB auch hier) funktionieren wird? Dazu ein Zitat aus der Presseaussendung des ÖJC:
ÖJC-Präsident Fred Turnheim: "Wenn es die Journalisten wollen, wird es funktionieren. Alternative wären 'metternichsche Artikel'." Das waren jene Bestimmungen zur Pressezensur, die letztlich zur Revolution von 1848 geführt haben.Wenn ich das richtig verstanden habe, soll das heißen: wenn der "Medienrat" nicht funktioniert, kommt die Pressezensur (und ein paar Jahre später die Revolution?). Und so sehr ich die Mitglieder des Medienrats (soweit sie mir persönlich bekannt sind) auch schätze, so meine ich doch, dass zwischen der gegenwärtigen Situation in Österreich und der Pressezensur des Vormärz noch ein wenig mehr steht als der "Medienrat".