Der OGH stellt klar, dass eine (allfällige) öffentliche Wahrnehmbarkeit eines Geschehens darin enthaltene Informationen nicht vom Schutz der Vertraulichkeit journalistischer Quellen ausschließt und § 31 MedienG ausnahmslos (was nach Art 10 EMRK gar nicht notwendig wäre) alles umfasst, was Medieninhabern, Herausgebern, Medienmitarbeitern und Arbeitnehmern eines Medienunternehmens oder Mediendienstes im Hinblick auf ihre Tätigkeit (bewusst) mitgeteilt wurde; dass die beiden Skins "stets im Bewusstsein handelten, Informationen für eine Fernsehreportage zu liefern", davon war auch das OLG Wien schon ausgegangen.
Die heikle Frage, wie weit der Schutz des Redaktionsgeheimnisses dadurch umgegangen werden könnte, dass ein Journalist zum Beschuldigten gemacht wird, konnte der OGH im vorliegenden Fall einfach lösen: der Schutz des Redaktionsgeheimnisses besteht nämlich nach § 144 Abs 3 erster Satz StPO (nur) insoweit nicht, als in § 31 MedienG genannte Personen selbst als Beschuldigte 'der Tat dringend verdächtig' sind - einen dringenden Tatverdacht gegen den Journalisten hatte das OLG aber gar nicht angenommen.
Aus juristischer Sicht interessant - wenngleich das zu erwarten war (mehr dazu zuletzt im Blog hier) - ist, dass der OGH erstmals auch ausdrücklich ausgesprochen hat, dass der Erneuerungsantrag nach § 363a StPO auch dem Grundrechtsschutz Dritter (hier des ORF) dient.
Der OGH hat eine Presseerklärung veröffentlicht, der Volltext der Entscheidung
"Sicherstellung von einem Medium recherchierten Materials stellt einen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 Abs 1 MRK dar, ist doch der Schutz der Vertraulichkeit journalistischer Quellen eine der Grundbedingungen der Pressefreiheit und bildet somit einen wesentlichen Bestandteil der konventionsrechtlichen Garantie. Ohne solchen Schutz könnten Quellen abgeschreckt werden, Medien dabei zu unterstützen, die Öffentlichkeit über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse zu informieren ('chilling effect'). Dies könnte zur Folge haben, dass die lebenswichtige öffentliche Funktion der Medien als 'Wachhund' ('public watchdog') beeinträchtigt und ihre Fähigkeit, präzise und verlässliche Informationen zu bieten, nachteilig berührt werden."PS: Der EGMR hat gestern ein Fact Sheet zu diesem Thema veröffentlicht: Protection of journalistic sources, mit Hinweisen auf einschlägige Urteile und Entscheidungen (Goodwin, Nordisk Film & TV A/S, Voskuil, Financial Times, Sanoma Uitgevers, Roemen und Schmit, Ernst, Tillack) und auf den noch anhängigen Fall Uitgeversmaatschappij De Telegraaf B.V.
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