Das kam nicht überraschend (siehe mein Blog-Post vom Jänner dieses Jahres), wenngleich die Begründung einen etwas anderen Akzent setzt, als ich es vermutet hätte. Denn nach dem Inhalt des Vorabentscheidungsersuchens ging ich davon aus, dass vor dem CSA schlicht noch kein streitiges Verfahren anhängig war, weil es ja noch keine angefochtene Entscheidung gab (sodass durchaus Parallelen zum Beschluss in der Rechtssache C-256/05 Telekom Austria nahe lagen). Der EuGH prüfte im vorliegenden Fall jedoch primär, ob der entscheidende Senat von dem - innerhalb der Regulierungsbehörde CSA eingerichteten - "Sekretariat für Untersuchungen" (Secrétariat d’instruction), das dem entscheidenden Collège einen Untersuchungsbericht über Beanstandungen von Fernsehveranstaltern vorzulegen hat, ausreichend unabhängig ist, ging damit offenbar im Ergebnis davon aus, dass das Secrétariat d’instruction schon die "mit der Überwachung des audiovisuellen Sektors betrauten Behörde" sei (auch wenn das Sekretariat, zumindest im vorliegenden Fall, keine rechtsverbindliche Entscheidung gegenüber Dritten getroffen hatte, sondern - jedenfalls aus der Außensicht - eher als eine Art Geschäftsstelle des Entscheidungsgremiums angesehen werden könnte). Vor diesem Hintergrund war natürlich zu klären, wie das Verhältnis der eigentlichen Entscheidungsinstanz, des Collège d'autorisation et de contrôl, zum Secrétariat d’instruction ist. Wörtlich heißt es im Urteil:
"41 Es ist festzustellen, dass das Collège d’autorisation et de contrôle du Conseil supérieur de l’audiovisuel dieses Kriterium der Unabhängigkeit nicht erfüllt.42 Weder die strukturelle Organisation des Conseil supérieur de l’audiovisuel und der Organe, aus denen er sich zusammensetzt, noch die diesen übertragenen Aufgaben erlauben die Annahme, dass dieses Collège als unparteiischer Dritter zwischen dem der Zuwiderhandlung Verdächtigen auf der einen und der mit der Überwachung des audiovisuellen Sektors betrauten Behörde [gemeint: das Secrétariat d’instruction] auf der anderen Seite tätig wird.43 Zur strukturellen Organisation des Conseil supérieur de l’audiovisuel ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich dessen Präsidium aus vier Mitgliedern, nämlich dem Präsidenten sowie dem ersten, dem zweiten und dem dritten Vizepräsidenten zusammensetzt. Sodann sind die Letztgenannten auch Mitglieder des Collège d’autorisation et de contrôle du Conseil supérieur de l’audiovisuel, bei dem sie einen signifikanten Anteil, nämlich vier von zehn Mitgliedern, ausmachen.44 In Bezug auf die den verschiedenen Organen des Conseil supérieur de l’audiovisuel übertragenen Aufgaben geht aus dem Dekret hervor, dass innerhalb dieser Verwaltungsbehörde das Collège d’autorisation et de contrôle du Conseil supérieur de l’audiovisuel mit der Beaufsichtigung der Einhaltung der Bestimmungen im audiovisuellen Bereich durch die betreffenden Mediendiensteherausgeber und der Ahndung von Zuwiderhandlungen betraut ist. Es stützt sich bei dieser Aufgabe auf die Arbeit des Sekretariats für Untersuchungen, das vom Sekretär für Untersuchungen unter Aufsicht des Präsidiums geleitet wird.45 Es ist festzustellen, dass das Collège d’autorisation et de contrôle du Conseil supérieur de l’audiovisuel als Entscheidungsorgan eine durch das Präsidium vermittelte funktionale Verbindung mit dem Conseil insgesamt und mit dessen Sekretariat für Untersuchungen aufweist, auf dessen Vorschlag es entscheidet. Daraus folgt, dass sich das Collège d’autorisation et de contrôle du Conseil supérieur de l’audiovisuel beim Erlass einer Entscheidung nicht eindeutig von dem Aufsichtsorgan der Verwaltung unterscheidet, das eher einer Partei in einem Verfahren im audiovisuellen Bereich ähnelt (vgl. entsprechend Urteil Syfait u. a., Randnr. 33).46 Diese Feststellung wird im Übrigen durch den Umstand bestätigt, dass das Präsidium den Conseil supérieur de l’audiovisuel gerichtlich und gegenüber Dritten vertritt.47 Somit hatte das Collège d’autorisation et de contrôle du Conseil supérieur de l’audiovisuel beim Erlass der streitigen Entscheidung nicht die Eigenschaft eines Dritten im Verhältnis zu den beteiligten Interessen und besitzt somit nicht die erforderliche Unparteilichkeit gegenüber dem möglichen Zuwiderhandelnden, im vorliegenden Fall der Gesellschaft RTL Belgium, um ein Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV darzustellen.48 Deshalb braucht nicht geprüft zu werden, ob das Conseil supérieur de l’audiovisuel die übrigen Kriterien erfüllt, die die Beurteilung erlauben, ob eine vorlegende Einrichtung den Charakter eines „Gerichts“ im Sinne von Art. 67 AEUV besitzt."
No comments :
Post a Comment