Nun gibt es also - laut Kurier - von Kurt Bergmann "Pläne für ein neues ORF-Volksbegehren": "Kernpunkt: 'Die Befreiung des ORF aus dem Herrschaftsbereich von Regierungen und Parteien durch ein Gesetz, das seine politische, programmliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit garantiert.'" (Hinweis: seit 1974 gibt es ein Bundesverfassungsgesetz über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks). Mich interessiert hier nicht der politische/persönliche Hintergrund dieses neuerlichen Rettungsversuchs, der von manchen vielleicht eher als Bedrohung empfunden wird, sondern der konkrete Inhalt des Vorschlags. Wobei: wenn der im Online-Standard im Wortlaut veröffentlichte "Vorschlag für ein ORF-Volksbegehren" authentisch ist, woran ich nicht zweifle, dann sollte ich "konkret" wohl unter Anführungszeichen setzen. Zwei Anmerkungen zum Text:
Die wirtschaftliche Unabhängigkeit soll demnach dadurch gesichert werden, dass dem ORF das (seit 01.10.2010 der Kontrolle der Regulierungsbehörde unterworfene) Recht zur Festsetzung des Programmentgelts entzogen und stattdessen eine "zweckgebundene Medienabgabe für die Nutzung elektronischer Geräte" (Mobiltelefone? Messgeräte? Kaffeemaschinen? ...) eingeführt wird. Diese Abgabe soll "der Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen Programme des ORF und von Privaten Sendern" dienen, "in Abständen an die Veränderungen des Verbraucherpreisindexes angepasst" werden und der Kunstförderungsbeitrag und die derzeit mit dem Programmentgelt eingehobenen Landesabgaben "sind einzurechnen und zur Finanzierung des Kulturauftrags des ORF einzusetzen" (das soll offenbar bedeuten, dass diese Abgaben abgeschafft werden, dafür soll aber die Medienabgabe offenbar deutlich höher sein als das bisherige Programmentgelt; wie der dadurch entstehende Einnahmenausfall bei Bund und Ländern bedeckt werden soll, lässt der Vorschlag für das Volksbegehren offen). Zusammenfassend: es soll mehr Geld eingehoben und für "öffentlich-rechtliche Programme", auch von privaten Veranstaltern, ausgegeben werden, allerdings wird die Höhe der Abgabe nicht wie bisher beim Programmentgelt vom ORF, sondern vom Nationalrat festgelegt (wie das die wirtschaftliche Unabhängigkeit des ORF von den Parteien sichern soll, erschließt sich mir nicht, es sei denn man nimmt an, dass die Parteien im Parlament weniger Einfluss haben als im ORF-Stiftungsrat).
Besonders nett finde ich den Vorschlag, dass die Bestellung der Gremien (Stiftungsrat und Publikumsrat) "durch den Bundespräsidenten (nicht wie bisher die Bundesregierung)" erfolgen soll. Denn geht man einmal davon aus, dass dem Initiator des Volksbegehrens (immerhin war er langjähriger Nationalratsabgeordneter) die Grundzüge der Bundesverfassung bekannt sind, dann gibt es zwei Lesarten für diese Forderung:
- erstens kann man das im System der geltenden Bundesverfassung sehen, wonach alle Akte des Bundespräsidenten, soweit nicht verfassungsmäßig anderes bestimmt ist, auf Vorschlag der Bundesregierung oder des von ihr ermächtigten Bundesministers erfolgen (was somit im Ergebnis nichts ändern würde, denn der Bundespräsident könnte nur ernennen, wen ihm die Bundesregierung vorschlägt), oder
- zweitens, man geht davon aus, dass auch das System der Bundesverfassung geändert werden soll, sodass der Bundespräsident die Stiftungs- und Publikumsratsmitglieder ohne Vorschlag der Bundesregierung ernennen könnte. Eine solche Ernennung durch den Bundespräsidenten ohne Vorschlag der Bundesregierung sieht die Verfassung schon vor: jene des Bundeskanzlers (und bei allem Respekt für die Mitglieder des Stiftungs- und Publikumsrats: der Bundeskanzler hat eine doch etwas andere, hervorgehobenere Position im Staatsgefüge). Dafür darf der Bundespräsident den Bundeskanzler oder die gesamten Bundesregierung auch ohne Vorschlag der Bundesregierung entlassen; bei den Stiftungs- und Publikumsräten will der Vorschlag für das Volksbegehren dem Bundespräsidenten dieses Recht nicht einräumen, die Räte sollen vielmehr fünf Jahre lang überhaupt nicht abberufen werden können.
1 comment :
Laut Volksbegehren-Text soll der ORF keinen wirtschaftlichen Nachteil haben. Das ist natürlich im Interesse von Bergmann, denn wer würde ihm sonst seine 12.000 Euro monatliche ORF-Pension überweisen (zusätzlich zur Politiker-Pension)?
Siehe: http://www.oe24.at/oesterreich/politik/daniel/Licht-ins-Dunkel-Chef-12-000-Euro-Pension/10693721
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