Friday, April 23, 2010

Sind Standorte von Mobilfunk-Basisstationen als Umweltinformation offenzulegen? UK Supreme Court befasst EuGH

Wo sich die links gezeigte Mobilfunk-Antenne befindet, ist kein großes Geheimnis, da sie von der Straße aus klar und deutlich erkennbar ist (Wien, Berggasse 35). Nicht alle Standorte von Mobilfunk-Basisstationen sind aber so leicht zu finden. Die im Wesentlichen aus Betreiberdaten gespeisten Datenbanken (in Österreich "senderkataster", im UK "sitefinder") geben nur ungefähre Standortdaten an und lassen auch keinen Datenbankzugriff auf alle Standorte zu, da dies von den Betreibern, die die Daten "freiwillig" zur Verfügung stellen, abgelehnt wird. In Großbritannien hat sich daran ein Streit entzündet, da ein Mitarbeiter des schottischen Gesundheitsdienstes, gestützt auf den UK Freedom of Information Act, die Herausgabe des Datenbankbestandes zur Durchführung epidemiologischer Studien verlangte. Ofcom verweigerte die Herausgabe, der Information Commissioner gab dem Antragsteller recht, ebenso das Information Tribunal. Ofcom wandte sich dagegen an den UK Supreme Court.

Für den Supreme Court stellt sich nun eine Frage der Auslegung der UmweltinformationsRL 2003/4/EG, die er an den EuGH herangetragen hat (hier die Vorlageentscheidung des U.K. Supreme Court; beim EuGH ist das Verfahren unter C-71/10 Ofcom anhängig).

Der Supreme Court geht von der Anwendbarkeit der UmweltinformationsRL auf den vorliegenden Fall aus, möchte aber wissen, ob die Ausnahmetatbestände jeweils für sich oder "kumuliert" abzuwägen sind. Der Wortlaut der Vorlagefrage:
"Bedarf es nach der RL 2003/4/EG, wenn eine Behörde über Umweltinformationen verfügt, deren Bekanntgabe auf verschiedene, durch mehrere Ausnahmen geschützte Interessen (vorliegend die durch Art. 4 Abs. 2 Buchst. b geschützten Interessen der öffentlichen Sicherheit und die durch Art. 4 Abs. 2 Buchst. e geschützten Rechte an geistigem Eigentum) gewisse nachteilige Auswirkungen hätte, die aber, bei gesonderter Betrachtung jeder Ausnahme, nicht annähernd stark genug sind, um das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zurücktreten zu lassen, einer weiteren Prüfung, bei der die verschiedenen von beiden Ausnahmen geschützten Interessen kumuliert und gemeinsam gegen das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe abgewogen werden?"
In Österreich ist die RL 2003/4/EG auf Bundesebene im Umweltinformationsgesetz (UIG) umgesetzt. Die vom UK Supreme Court angesprochenen möglichen Ausnahmen (öffentliche Sicherheit, geistiges Eigentum) finden sich in § 6 Abs 2 Z 1 und 5 UIG). Datenschutzbedenken hat der Supreme Court zutreffend nicht angesprochen, da die "Vertraulichkeit personenbezogener Daten" nach der UmweltinformationsRL nur bei natürlichen Personen eine Ablehnung der Information rechtfertigen könnte (die Betreiber des österreichischen Senderkatasters meinen hingegen, dass "aufgrund von datenschutzrechtlicher Bestimmungen keine Offenlegung der Standortadressen erfolgen" könne - gemeint ist aber wohl auch hier, dass die Betreiber diese Daten nur unter der Bedingung zur Verfügung gestellt haben, dass eine solche Offenlegung nicht erfolgen solle - dies würde aber eher auf Art 4 Abs 2 lit g der RL hinweisen, wonach die Informationen abgelehnt werden könne, "wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf die Interessen oder den Schutz einer Person, die die beantragte Information freiwillig zur Verfügung gestellt hat, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein oder verpflichtet werden zu können").

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