Tuesday, July 29, 2008

"Wir wollen ja keine Metternich-Behörde"

... sagte NRAbg Josef Cap jüngst bei der parlamentarischen Behandlung des Tätigkeitsberichts der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, auch wenn NRAbg Franz Morak - in Umkehrung der Situation im Jahr 2001 - ihm genau das vorwarf (hier zum vorläufigen Protokoll).

Abseits der politischen Auseinandersetzung zur Medienbehörde kann man freilich feststellen, dass ein Metternich'sches Regulierungskonzept längst Eingang auch in die europäische Rundfunkregulierung gefunden hat: das Prinzip der Kontrolle durch den Niederlassungsstaat ("Home Country Control"), der die Einhaltung der in der Audiovisuelle Mediendienste Richtlinie niedergelegten inhaltlichen Anforderungen für die gesamte Gemeinschaft sicherstellen soll (so festgelegt in Art 2 AVMD-RL). Andere Mitgliedstaaten, die eine Verletzung der RL durch einen Fernsehveranstalter wahrnehmen, müssen sich zuerst an den Niederlassungsstaat wenden, und erst wenn dieser die Verstöße nicht abstellt, kann in Ausnahmefällen auch ein "Empfangsmitgliedstaat" Maßnahmen gegen einen Fernsehveranstalter setzen (siehe im Detail dazu Art 2a AVMD-RL).

Und auch wenn die inhaltliche Kontrolle der Presse unter Metternich natürlich strenger war, das grundsätzliche Konzept zur Regulierung (oder besser: Pressezensur) im Deutschen Bund war nach den wesentlich von Metternich geprägten Karlsbader Beschlüssen sehr ähnlich. Im "Preßgesetz" (bezeichnender Weise überschrieben mit "Provisorische Bestimmungen hinsichtlich der Freiheit der Presse") hieß es zB wörtlich:
"Jeder Bundesstaat ist für die unter seiner Oberaufsicht erscheinenden, mithin für sämmtliche unter der Hauptbestimmung des § 1 begriffenen Druckschriften, in so fern dadurch die Würde oder Sicherheit anderer Bundesstaaten verletzt, die Verfassung oder Verwaltung derselben angegriffen wird, nicht nur den unmittelbaren Beleidigten, sondern auch der Gesammtheit des Bundes verantwortlich."
"Damit aber diese ... wechselseitige Verantwortlichkeit nicht zu unnützen Störungen des zwischen den Bundesstaaten obwaltenden freundschaftlichen Verhältnisses Anlaß geben möge, übernehmen sämmtliche Mitglieder des deutschen Bundes die feierliche Verpflichtung gegen einander, bei der Aufsicht über die in ihren Ländern erscheinenden Zeitungen, Zeit- und Flugschriften mit wachsamen Ernste zu verfahren, und diese Aufsicht dergestalt handhaben zu lassen, daß dadurch gegenseitigen Klagen und unangenehmen Erörterungen auf jede Weise möglichst vorgebeugt werde."
"... so soll in dem Fall, wo die Regierung eines Bundesstaates sich durch die in einem andern Bundesstaate erscheinenden Druckschriften verletzt glaubte, und durch freundschaftliche Rücksprache oder diplomatische Correspondenz zu einer vollständigen Befriedigung und Abhülfe nicht gelangen könnte, derselben ausdrücklich vorbehalten bleiben, über dergleichen Schriften Beschwerde bei der Bundesversammlung zu führen, letztere aber sodann gehalten sein, die angebrachte Beschwerde commissarisch untersuchen zu lassen und, wenn dieselbe gegründet befunden wird, die unmittelbare Unterdrückung der in Rede stehenden Schrift, auch wenn sie zur Classe der periodischen gehört, aller fernern Fortsetzung derselben durch einen entscheidenden Ausspruch zu verfügen."
(Vgl dazu Art 2a Z 2 AVMD-RL: "Bei Fernsehprogrammen können die Mitgliedstaaten vorübergehend von Absatz 1 abweichen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
a) Mit einem Fernsehprogramm aus einem anderen Mitgliedstaat wird in offensichtlicher, ernster und schwerwiegender Weise gegen Artikel 22 Absatz 1 oder 2 und/oder Artikel 3b verstoßen; ...
c) der betreffende Mitgliedstaat hat dem Fernsehveranstalter und der Kommission schriftlich die behaupteten Verstöße sowie die für den Fall erneuter Verstöße beabsichtigten Maßnahmen mitgeteilt;
d) die Konsultationen mit dem Mitgliedstaat, der die Sendung verbreitet, und der Kommission haben innerhalb von 15 Tagen ab der unter Buchstabe c) genannten Mitteilung zu keiner gütlichen Regelung geführt, und es kommt zu einem erneuten Verstoß.
Die Kommission trifft innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab dem Zeitpunkt der Mitteilung der Maßnahmen durch den Mitgliedstaat eine Entscheidung über die Vereinbarkeit der Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht.")

PS: Bildquelle Wikimedia Commons

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