Thursday, July 24, 2008

"...streng von den Juristen des ORF überwacht ..." *)

"Nachdem vorgestern erste Hinweise auf Auffälligkeiten eingegangen waren", hat der Westdeutsche Rundfunk heute die Zusammenarbeit mit Prof. Hademar Bankhofer (siehe dazu hier) beendet. In der Presseaussendung dazu heißt es, dass "aus Sicht des WDR der Anschein von Schleichwerbung nicht ausgeschlossen werden" kann (da drängt sich die Frage auf: kann der WDR also Schleichwerbung ausschließen, bloß den Anschein von Schleichwerbung nicht?). Interessant ist, dass offenbar das eigene Programm nicht besonders aufmerksam verfolgt wird, wenn es erste (!) Hinweise auf Auffälligkeiten von dritter Seite braucht, um das zu bemerken. Aber immerhin: der WDR handelt.

In Österreich ist die Sache natürlich anders: die gesunde halbe Stunde auf TW1 hat mit Schleichwerbung nichts zu tun - in einer E-Mail an Thomas Knüwer (Handelsblatt Weblog) schreibt Bankhofer wörtlich:
"Bei dieser Sendung vom österreichischen ORF-Sender TW 1, der mit Deutschland absolut nichts zu tun hat, handelt es sich um ein Pilot-Projekt, das sich an die neuen Richtlinien der EU für gesponserte Sendungen hält und die streng von den Juristen des ORF überwacht wird. [update 20.8.2008 - Anmerkung: siehe aber dazu die "Fußnote" am Ende dieses Postings!] Da sind am Ende der Sendung die Sponsoren offengelegt. Das hat nichts mit mir zu tun. Ich moderiere die Sendung."

"Es ist mehr als perfide, in diesen Block Szenen einer österreichischen Sendung einzubauen, die vom ORF-Sender TW 1 mit einer Produktionsfirma prodziert wird, wo wiederum ich nur moderiere und die Themen vorgegeben bekomme. Und wie gesagt: Es handelt sich um ein Projekt genau nach den neuen Sponsoring-Richtlinien der EU, die in Österreich anerkannt wurden und die von Juristen der Senders begleitet wird. Also kein Recht, von Schleichwerbung zu reden."
Mit den "neuen Sponsoring-Richtlinien der EU" meint Prof. Bankhofer wahrscheinlich die Audiovisuelle Mediendienste Richtlinie, die allerdings für Österreich (noch) keine Änderungen der Rechtslage gebracht hat. Aber die Details muss Prof. Bankhofer nicht wissen, zumal die Sendung ohnehin "streng von den Juristen des ORF überwacht wird" (update 20.8.2008: Prof. Bankhofer dürfte das nicht ganz richtig dargestellt haben, die Rechtsabteilung des ORF prüft nämlich, wie sie mir nun mitgeteilt hat, die Beiträge von TW1 nicht). Diese wissen natürlich auch, dass nicht alles, was man sozusagen umgangssprachlich als Schleichwerbung bezeichnet, auch wirklich Schleichwerbung im Sinne des ORF-G ist: manches ist auch einfach nur Werbung. So hat der Bundeskommunikationssenat etwa die Audi-Präsentation in Wetten dass (dazu hier und hier) als unzulässige - weil nicht vom sonstigen Programm getrennte - Werbung beurteilt. In einer Entscheidung zu einer "Aufgegabelt in Österreich"-Sendung ist der BKS auch ausführlich auf die Abgrenzung der Schleichwerbung von der nach § 17 Abs 2 Z 3 ORF-G ebenfalls unzulässigen Verkaufsförderung bei gesponserten Sendungen ("Patronanzsendungen") eingegangen; er sagt dazu unter anderem:
"Die Erwähnung oder Darstellung von Erzeugnissen und Dienstleistungen oder Unternehmen ... sind daher jedenfalls in zwei Konstellationen unzulässig: Wenn sie eine offenkundige spezifische produktbezogene Absatzförderung von Erzeugnissen und Dienstleistungen des Sponsors ... enthalten und damit gegen das Verbot des § 17 Abs. 2 Z 3 ORF-G verstoßen. Des Weiteren dann, wenn sie zum Zweck der Absatzförderung erfolgen und die Zuseherinnen und Zuseher angesichts deren Erwartungshaltung gegenüber der Sendung über diesen Werbezweck in die Irre führen können und damit gegen das Verbot der Schleichwerbung gemäß § 14 Abs. 2 ORF-G verstoßen."
"Je deutlicher, fokussierter oder intensiver die werbliche Darstellung eines ganz bestimmten Produkts ... ist, desto eher scheidet eine Irreführungseignung aus und greift daher insbesondere das Verbot des § 17 Abs. 2 Z 3 ORF-G."
Vielleicht hat also Prof. Bankhofer recht, wenn er meint: "Hier von Schleichwerbung zu reden, ist lächerlich." (Betonung hinzugefügt)

Lesenswert ist auch ein Bericht auf stern.de, in dem Walter Holiczki (er bzw seine Agentur wird auf der "die gesunde halbe Stunde"-Website unter der Überschrift Redaktion, Betreuung und Auftragsabwicklung genannt) zitiert wird: "Die Sendung trägt sich allein aus den Beiträgen der Sponsoren." [dass TW1 dafür nichts zahlt, ist in Kenntnis des Geschäftsmodells nicht wirklich überraschend; interessant wäre, ob/wieviel an TW1 gezahlt wird, damit diese Sendung dort gebracht wird]. Weiter heißt es im Stern: "Holiczki räumt auch ein, dass die Sponsoren nicht nur dafür zahlen, dass ihre Produkte in der Sendung vorgestellt werden. Er sagt vielmehr auch, dass die Sponsoren die von Bankhofer vor der Sendung formulierten Fragen vorab zugeschickt bekommen. Und weiter: 'Es kommt schon vor, dass die dann zu der ein oder anderen Frage sagen: bitte streichen.' "

(Auf weitere Blog-Reaktionen verweist lanu von BooCompany; aktuell zu dieser Sache auch Helge Fahrnberger)

*) update 20. August 2008: Die Rechtsabteilung des ORF teilt mir dazu mit, dass die Beiträge auf TW1 nicht von der Rechtsabteilung des ORF geprüft werden.

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