Die deutsche "Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten" (KJM) prüfte die Sendung und kam, so sollte man meinen, zu einem klaren Ergebnis - wörtlich heißt es in der Pressemitteilung:
"In ihrer rechtlichen Bewertung kam die KJM zu dem Ergebnis, dass eine Menschenwürdeverletzung nicht gegeben ist und angesichts der Sendezeit nach 20.00 Uhr eine Beeinträchtigung von Zuschauern über zwölf Jahren nicht vorliegt."Der Ausstrahlung (jedenfalls der ersten Doppelfolge) stand damit rundfunkrechtlich nichts im Wege. Aber die KJM beschränkte sich nicht auf die Erledigung ihrer gesetzlichen Aufgabe, sondern gab - wer den Vorsitzenden der KJM, Prof. Ring, kennt, konnte es nicht anders erwarten - auch eine moralische Bewertung ab: "Nach Einschätzung der KJM ist 'Erwachsen auf Probe' weder pädagogisch wertvoll noch pädagogisch begründet", heißt es in der Pressemitteilung, und in der Überschrift wird die Ausstrahlung gleich als "ethisch und pädagogisch unverantwortlich" bezeichnet.
[Update 17.07.2009: Die KJM bekräftigte am 16.07.2009 ihre Kritik und stufte auch die weiteren Folgen des Formats als "ethisch und pädagogisch unverantwortlich" - aber rechtlich zulässig - ein; siehe die Presseaussendung der KJM]
Das mag durchaus sein. Faktum ist aber auch, dass die Ausstrahlung ausdrücklich zulässig war. Darin liegt eben das Wesen ethischer bzw. moralischer Vorstellungen: dass sie in aller Regel über die rechtlich zwingenden Vorschriften hinausgehen. Ich kann etwas auf Grund meiner ethischen Überzeugung ablehnen, auch wenn es rechtlich zulässig ist.
Nun aber kommt die Politik ins Spiel: wie DWDL heute berichtete, hat sich die Kinderkommission des deutschen Bundestags für die "Einrichtung eines 'Ethikbeirats' für TV-Produktionen" ausgesprochen. Dieser "Ethikbeirat" solle dafür sorgen, dass "nicht nur die rechtlichen Regelungen eingehalten werden, sondern die Sender auch moralische Fragen berücksichtigen." Die Vorsitzende der Kinderkommission wird in diesem Bericht so zitiert: "Wir wollen die Grundsatzdebatte, was Fernsehformate dürfen und was nicht, weiterführen. Es muss uns gelingen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Kinder Rechte haben und dass auch das Privatfernsehen eine moralische Verantwortung trägt".
Was jetzt? Sollen die Sender moralische Fragen berücksichtigen müssen (und werden daher bestimmte Moralvorstellungen zu rechtlichen Verpflichtungen)? Wenn darüber diskutiert werden soll, was Fernsehformate dürfen, dann kann es wohl kaum nur um das Tragen moralischer Verantwortung gehen (an der sich die Rundfunkveranstalter, ob privat oder öffentlich-rechtlich, tatsächlich kaum überheben werden), sondern dann klingt das schon eher nach neuen rechtlichen Grenzen.
Aber vielleicht soll tatsächlich rechtlich alles beim Alten bleiben und der neue "Ethikbeirat für TV-Produktionen" bliebe dann schlicht eine weitere "Anlaufstelle für besorgte Hobby-Ethiker" (von denen es jedenfalls in Österreich ja mittlerweile so viele wie nie zuvor gibt, wie Ritchie Pettauer vor kurzem diagnostizierte).
PS: Seriöse Ethikkommissionen haben natürlich ihren legitimen Platz, insbesondere im Gesundheitswesen (siehe zB § 30 UG, § 41 ArzneimittelG, § 8c KAKuG, § 58 MedizinprodukteG)
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