Wednesday, May 25, 2011

Follow-up zur "Schleichwerbungs-Studie"

Am vergangenen Sonntag habe ich mich hier mit der ersten öffentlichen Mahnung des sogenannten "PR-Ethik-Rats" befasst und dabei auch die Presseaussendung dieses Rats über die von ihm präsentierte - nach seinen Angaben - "umfassende Studie über 'Schleichwerbung in Österreich'" erwähnt. Nun ist dieses Werk - unter dem Titel "Zukunftstauglichkeit des Trennungsgrundsatzes im Sinne des § 26 MG" (mit "MG" ist das Mediengesetz gemeint) - auch online verfügbar (pdf, Achtung: 20 MB!).

Laut Vorwort war es (unter anderem) Ziel der Studie, "vor allem Formen gängiger redaktionell gestalteter Werbung in österreichischen Printmedien zu erheben und aufzuzeigen." Dieses Ziel wurde mit Teil II der Studie durchaus erreicht; dabei handelt es sich um ein durchaus brauchbares Kompendium von Beispielen (vermuteter) unsauberer Trennung zwischen Werbung und redaktionellen Beiträgen, die ordentlich systematisiert und beschrieben werden; diese Zusammenstellung ist damit auch gut als Diskussionsgrundlage oder zur Demonstration der aus der Praxis bekannten Unschärfen - etwa beim "Umfeldjournalismus" oder bei "Kooperationen" - geeignet.

Was man mit diesen Beispielen aber nicht belegen kann, sind Verstöße gegen die Pflicht zur "Kennzeichnung entgeltlicher Veröffentlichungen" im Sinne des im Titel der Studie explizit genannten  § 26 MedienG. In immerhin zwei Drittel "der untersuchten und kritisch zu bewertenden Fälle" war nämlich ohnehin eine "zulässige Kennzeichnung" (gemeint einer der in § 26 MedienG genannten Begriffe "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung") vorhanden, und auch in den anderen Fällen wurde nicht festgestellt (wie wäre dies auch möglich gewesen?), dass für die Veröffentlichung des jeweiligen Beitrags tatsächlich ein Entgelt gezahlt wurde. Die Studie räumt durchaus ein, dass sie mit Vermutungen arbeitet - auf Seite 6 etwa heißt es: "Nicht deklarierte Werbung ist natürlich vorderhand nicht einfach auszumachen. Die Beispiele wurden an Hand des Kriteriums 'unkritisch-werbende Sprache, d.h. die unbegründet positive Darstellung von Produkten oder Dienstleistungen' ausgewählt sowie das Vorhandensein zusätzlicher Detailinformationen, die über ein durchschnittliches 'Leserservice' hinausgehen. Die Übernahme von unbearbeiteten PR-Materialien ist naheliegend."

Für quantitative Aussagen - wie sie die Presseaussendung nahelegt ("550 Beiträge gesichtet, 325 davon waren kritisch") - war das Studiendesign aber evident nicht ausgerichtet. Zur Auswahl der analysierten Berichte heißt es auf Seite 56 der Studie nur: "empiriegeleitet konnten sowohl einzelne Artikel, als auch ganze Seiten oder ganze beigelegte Veröffentlichungen (wie Beilagen) zur Analyseeinheit werden"; wie aber aus allen Beiträgen/Anzeigen in den untersuchten Medien die 550 ausgewählt wurden, und nach welchen Kriterien dann beurteilt wurde, welche davon als "kritisch" anzusehen waren, bleibt im Dunkeln.

Nicht nachvollziehen kann ich den in Teil I der Studie unternommenen Versuch, "den derzeitigen Stand der rechtlichen Rahmenbedingungen in Österreich im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz aufzuzeigen". Geworden ist daraus eine merkwürdige Aneinanderreihung von eher unsystematisch ausgewählten Rechtstexten, Entscheidungs-Exzerpten und nacherzählter (Kommentar-)Literatur, die vor allem mangelnde Vertrautheit mit juristischer Methodik und Systematik erkennen lässt. So wird etwa die "Sanktionierung" von Verstößen gegen das Trennungsgebot nur mit dem Hinweis auf Verwaltungsstrafen nach § 27 MedienG abgehandelt, ohne auf die in der Praxis ungleich bedeutenderen lauterkeitsrechtlichen Folgen  einzugehen - obwohl die in der Folge zitierte OGH-Rechtsprechung ganz überwiegend in UWG-Verfahren ergangen ist. Beim Versuch, die Rechtslage im Rundfunkbereich darzulegen, werden ebenso bloß die Verwaltungsstrafdrohungen als mögliche Sanktionen erwähnt, nicht aber die in der Praxis wesentlichen Verfahren zur Feststellung von Rechtsverletzungen nach PrR-G, AMD-G oder ORF-G oder - wiederum - die UWG-Verfahren. Und ungeachtet der auf die Rechtsprechung ausdrücklich Bezug nehmenden Kapitelüberschrift ("Kriterien der Rechtssprechung für Radio und Fernsehen") fehlt zum Rundfunk selbst der Versuch einer Darstellung der Judikatur. Gänzlich ausgespart bleibt schließlich auch der im Fernsehbereich wesentliche unionsrechtliche Hintergrund. Aber zur rechtlichen Information wird diese Studie wohl ohnehin niemand lesen.

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