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Vermischte Lesehinweise (31): Internetfreiheit, Netzneutralität ua
Sollte es ein "Grundrecht Internetfreiheit" geben?
Netzneutralität
- Wie Netzneutralität im Mobilbereich schon derzeit durch "creative pricing" umgangen wird, kann man hier nachlesen; ein gutes Schaubild, wie sich ein Anbieter von "intelligent IP service optimization" die Entwicklung zu "personalisierten" (= nicht neutralen) Verrechnungsmodellen vorstellt, ist hier zu sehen.
- Den jüngsten praktischen KPN-Vorstoß gegen die Netzneutralität (und die Reaktion der niederländischen Regierung darauf) schildert arstechnica
- Mit Netzneutraliät hat sich auch das WIK wieder einmal beschäftigt, in einer Studie für das Europäische Parlament: Network Neutrality: Challenges and responses in the EU and in the U.S. Chris Marsden hat zu der in dieser Studie sehr kursorisch-oberflächliche Behandlung der Meinungsäußerunsgfreiheit und des Schutzres der Privatsphäre angemerkt: "pretty thin and extremely contentious stuff, eh? Economists would be better not to dabble in such things."
- Aber Fragen der Netzneutralität werden vor allem von Ökonomen behandelt, und auch Jörn Kruse kommt in seinem Aufsatz "Soll die Neutralität des Internet staatlich reguliert werden?"- wieder einmal - zum Ergebnis, dass "staatliche Regulierung der Netzneutralität des Internet überflüssig und schädlich ist." Seine Auffassung: "Die ökonomisch optimale Lösung besteht in einer pretialen Priorisierung (Priority Pricing), bei der die Anbieter für eine bevorzugte Behandlung a priori zahlen können, so dass ihre Datenpakete bei Überlast nach Maßgabe der gewählten Priorität abgewickelt werden."
- Die gegenteilige Position vertritt der Erfinder des WWW, Sir Tim Berners-Lee, hier in einem Interview mit der BBC.
Meinungsfreiheit im Internet, libel reform, (super)injunctions, Anonymität
- Angela Daly, Private Power and New Media: The Case of the Corporate Suppression of Wikileaks and its Implications for the Exercise of Fundamental Rights on the Internet
- Falter-Chefredakteur Armin Thurnher, der immerhin schon einmal eingeräumt hat, dass das Internet doch bleiben kann (zur Vorgeschichte zB hier, hier und hier), hat sich im letzten Falter (nicht online verfügbar) wieder einmal gegen Anonymität im Internet ausgesprochen und ein "Vermummungsverbot" gleichermaßen für Hooligans und anonyme Poster gefordert; die Anonymität, so Thurnher, diene in den meisten Fällen "nur der Verschleierung der Identität, um im Schutz der Vermummung Straftaten begehen zu können, Gewalttaten, Schmähungen, Verleumdungen undsoweiter."
- Vor diesem Hintergrund muss ich auch auf einen zwar im Detail US-spezifischen, aber im Grundsätzlichen wichtigen Beitrag von Nassim Nazemi hinweisen: DMCA § 512 Safe Harbor for Anonymity Networks Amid a Cyber-Democratic Storm: Lessons from the 2009 Iranian Uprising. Conclusio: "Without a doubt, anonymity comes at a price and anonymity technology may frustrate the efforts of creative artists who endeavor to enforce their copyrights. But set on a scale, our interests in protecting the right to receive information, protecting politically expressive conduct online, and nurturing nascent democratic cultures by allowing the Internet to flow freely in places like Iran outweighs the risk that Tor-like anonymity networks will facilitate infringement."
- Dass auch Twitter Daten "anonymer" Nutzer herausgibt, wenn von deren Account Verleumdungen ausgehen, zeigt übrigens diese Geschichte.
- Auch wer sich für die konkreten britischen Probleme zur "libel reform" überhaupt nicht interessiert, sollte jedenfalls die Rede von Alan Rusbridger vom Guardian über die "long, slow road to libel reform" lesen, in der er über die medienrechtlichen Prozesse gegen den Guardian berichtet ("a few highlights of my life with lawyers"), über die Rolle von Selbstregulierung und die Abwägung von öffentlichem Interesse und Schutz der Privatsphäre.
- Ein Anschauungsbeispiel für das oft merkwürdige Verständnis britischer Tabloids von Privatsphäre ergab sich nur wenige Tage nach der Rede Rusbridgers nach einer gerichtlichen Verfügung, die einer ehemaligen Big Brother-Teilnehmerin untersagte, einen Fußballer, mit dem sie eine Affäre hatte, zu nennen. Die Anzahl der Blog- und Zeitschriftenbeiträge dazu ist unüberschaubar, als Einstieg empfiehlt sich die "superinjunctions"-Übersichtsseite des Guardian.
Sonstiges: Urheberrecht, Telekom-Streitschlichtung, "Handystrahlen", Wettbewerb, Selbstregulierung
- Die EU-Kommission hat jüngst ihr "strategisches Konzept für Rechte des geistigen Eigentums, um Kreativität und Innovation zu fördern", präsentiert (Pressemitteilung, Mitteilung der Kommission). "Ganz wie es für die EU typisch ist, kombiniert das Papier sterbenslangweilige Bürokratie mit einigen Inhalten, die wirklich spannend sind", schreibt Simon Möller dazu in einem lesenswerten Übersichtsbeitrag auf Telemedicus; siehe zum Thema auch die Notiz auf urheberrecht.org mit weiteren Links.
- Dass die Kommissions-Urheberrechtsstrategie ein neuer "crackdown" gegen Musikpiraterie sein soll, berichtet die BBC, die auch einen Vergleich mit dem britischen Expertenbericht zum Urheberrecht (Hargreaves-Report) anstellt. In diesem Bericht heißt es übrigens: "Could it be true that laws designed more than three centuries ago with the express purpose of creating economic incentives for innovation by protecting creators' rights are today obstructing innovation and economic growth? The short answer is: yes." (siehe dazu auch den Bericht im Guardian)
- Die RTR-GmbH hat den jährlichen Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle veröffentlicht (Pressemitteilung dazu): 83 % der Verfahren betrafen Mobiltelefonie; von 4.500 Verfahren insgesamt konnten 35 % mit einer Einigung beendet werden; markant angestiegen sind Verfahren zu mobilen Datendiensten mit häufig sehr hohen Streitwerten. Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung: "42 % bzw. 1.882 der im Jahr 2010 bei der RTR-Schlichtungsstelle eingebrachten Verfahren entfallen auf T-Mobile, auf die somit der größte Anteil der Verfahren entfällt. Auf dem 2. Platz liegt mit 29 % bzw. 1.275 Verfahren A1 Telekom Austria. Positiv hervorzuheben sind Tele2 und UPC mit einer geringen Verfahrensanzahl und einer sehr hohen Kulanzbereitschaft."
- Der "Wissenschaftliche Beirat Funk" des Verkehrsministeriums hat seinen jüngsten sogenannten "Expertenkonsens" zur gesundheitlichen Gefährdung durch Mobilfunk veröffentlicht; eine solche Gefährdung konnte laut Beirat "erneut nicht nachgewiesen werden". (Expertenkonsens 2011, Literaturliste 2011, Expertenliste 2011)
- Es hat recht lang gedauert, bis das endlich veröffentlicht wurde: die Entscheidung der Kommission, Schweden "zweckdienliche Maßnahmen" gemäß Art 108 Abs 1 AEUV zur Presseförderung vorzuschlagen (Fall E/2008 schwedische Presseförderung)
- Aus dem Newsletter des European Competition Networks aus telekom- bzw. rundfunkrechtlicher Sicht interessant: Frankreichs Wettbewerbsbehörde trifft Entscheidung unter Bezugnahme auf NGA-Empfehlung, Dänisches Höchstgericht stellt Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch TV2 fest, Schwedens Wettbewerbsbehörde zu TeliaSonera C-52/09
- González-Esteban/García-Avilés/Karmasin/Kaltenbrunner, Self-regulation and the new challenges in journalism: Comparative study across European countries: laut Abstract soll dieses Papier angeblich "the self-regulatory systems of the journalistic profession in Austria, Germany, Denmark, Estonia, Spain, France and Poland" vergleichen; dem Papier sollte man aber mit Vorsicht begegnen (um es vorsichtig auszudrücken); wirklich erschreckend ist, dass ein derartig schlampiger Beitrag die wissenschaftliche "peer review" passieren kann (wie hier nachgelesen werden kann).
- Jason M. Solomon, New Governance, Preemptive Self-Regulation, and the Blurring of Boundaries in Regulatory Theory and Practice, Wisconsin Law Review, p. 591, 2010
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