Thursday, September 11, 2008

"wir wollen das Geld unter die Leute bringen": gebührenfinanziertes Call In-TV?

"Es geht um eine saublöde Frage, es geht echt um a Fråg’, wo ma sich denkt, spinnen die jetzt, aber es is ja Wurscht, es geht um 500,- Euro und die Frage is einfach, des is des Wichtigste!" - Der Bundeskommunikationssenat (BKS) gibt in seinem Bescheid vom 1. 9. 2008 betreffend die - mittlerweile eingestellte - Sendung "Quiz-Express" des ORF ausführlich wieder, wie die konkret geprüfte Sendung so abgelaufen ist, einschließlich wörtlicher Zitate der bemerkenswerten Ausführungen des Moderators (auch das Zitat in der Überschrift zu diesem Blogeintrag - "wir wollen das Geld unter die Leute bringen" - stammt aus diesem Transkript).

Mit dem nun veröffentlichten Bescheid hat der BKS die Sache Quiz-Express abgeschlossen, nachdem seine Vorlagefragen an den EuGH mit dessen Urteil vom 18.10.2007, C-195/06, KommAustria / Österreichischer Rundfunk, beantwortet worden waren (siehe dazu auch hier und hier). Der BKS kam dabei - wenig überraschend - zum Ergebnis, dass es sich bei dieser Sendung um Teleshopping handelte, was dem ORF aber nach § 13 Abs 2 ORF-G untersagt ist.

"Eindeutig ergibt sich bereits aus dem Sachverhalt, dass der Hauptzweck der Sendung 'Quiz Express' sowohl qualitativ als auch quantitativ im Wesentlichen darin besteht, das fragliche Gewinnspiel zu veranstalten, an dem sich Zuseher der Sendung durch Anwählen einer Mehrwertnummer beteiligen können: ...

Soweit der ORF behauptet, dass er durch die Sendung Quiz Express auch andere Ziele verfolgt habe (etwa Ausbildung von Moderatoren in Live-Sendungen, probeweises interaktives Angebot für die Zuseher), ist festzuhalten, dass diese Ziele nach Auffassung des Bundeskommunikationssenates gegenüber dem wirtschaftlich motivierten Gewinnspiel und der dadurch ermöglichten Lukrierung von Einnahmen deutlich in den Hintergrund treten. Es handelt sich daher jedenfalls um ein entgeltliches Angebot einer Dienstleistung iSd § 13 Abs. 2 ORF-G (vgl. EuGH 18.10.2007, C-195/06, KommAustria gegen ORF, Rz 32 mwN)."

Das mit der Moderatorenausbildung ist ein interessantes Argument: der BKS führte dazu nicht nur aus, dass die Moderation "beinahe ausschließlich auf Aufforderungen beschränkt [sei], die Erbringung der Dienstleistung – nämlich die Benützung der Mehrwertnummer um an einem Gewinnspiel teilzunehmen – zu fördern", sondern setzte dabei demonstrativ auch den Begriff "Moderation" unter Anführungszeichen (ebenso wie - auf Seite 3 und 4 des Bescheids - auch das Wort "Fragen", die im Quiz gestellt wurden).

Soweit, so unspektakulär. Der BKS hatte den ORF - auf Grund des Urteils des EuGH - aber auch aufgefordert, Zahlen zur Sendung vorzulegen. Wörtlich heißt es dazu im Bescheid:

"Der ORF war jedoch nicht bereit, der Aufforderung des Bundeskommunikationssenates nachzukommen, aussagekräftige Unterlagen über die Zahl der während der Sendung eingegangenen Anrufe sowie die dadurch erzielten Einnahmen vorzulegen. ...

Weiters brachte der ORF vor, dass ... die Erträge letztlich nicht ins Gewicht fielen. Vielmehr seien aufgrund der verursachten Mehraufwendungen keine Erträge durch die Sendung 'Quiz Express' abgeworfen wurden."
Dass aus der Sendung "– wie auch der ORF in seiner Stellungnahme grundsätzlich einräumt –" insgesamt kein Gewinn erzielt wurde, ist zwar für die Qualifikation als Teleshopping irrelevant - aber das kann man doch wohl nicht anders verstehen, als dass auch Einnahmen aus dem Programmentgelt zur Finanzierung dieser (mittlerweile eingestellten) Call In-Sendung herangezogen werden mussten. Abzockfernsehen zu machen, ohne wirklich abzuzocken, ist tatsächlich eine innovative Programmleistung. Und wahrscheinlich kann man das Ganze auch als besonderes Beispiel für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags darstellen: vielleicht nach § 4 Abs 1 Z 17 ORF-G ("Förderung des Verständnisses für wirtschaftliche Zusammenhänge").

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