Showing posts with label FERG. Show all posts
Showing posts with label FERG. Show all posts

Tuesday, June 12, 2012

EuGH-Generalanwalt zu Sky Österreich / ORF: (kostenloses) Kurzberichterstattungsrecht ist mit Grundrechtecharta vereinbar

Art 15 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (RL 2010/13/EU, AVMD-RL) regelt das Kurzberichterstattungsrecht über Ereignisse von großem öffentlichen Interesse. Hat ein Fernsehveranstalter Exklusivrechte für solche Ereignisse erworben, muss er anderen Fernsehveranstaltern dennoch das Recht einräumen, für Nachrichtensendungen kurze Ausschnitte des Sendesignals zu übernehmen. Details regeln die Mitgliedstaaten, in Österreich im Fernseh-Exklusivrechtegesetz (FERG). Wird eine Kostenerstattung vorgesehen, darf diese allerdings "die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs verbundenen zusätzlichen Kosten nicht übersteigen." De facto ist daher das Kurzberichterstattungsrecht (so gut wie) unentgeltlich einzuräumen, da die wirklich entscheidenden Kosten - Erwerb der Exklusivrechte - nicht (anteilig) auf den Fernsehveranstalter, der eine Kurzberichterstattung vornehmen will, "umgelegt" werden können.

Ähnliche Regelungen auf nationaler Ebene, wie sie bereits vor Inkrafttreten der aktuellen Richtlinie bestanden, beschäftigten bereits den österreichischen Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom 1.12.2006, B 551/06 ua) und das deutsche Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 17.02.1998, 1 BvF 1/91). Beide hatten grundrechtliche Bedenken: eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes im Fall der Einräumung eines Rechtes zur unentgeltlichen Kurzberichterstattung sah der VfGH, einen Eingriff in die Berufsfreiheit das Bundesverfassungsgericht.

Angesichts dessen war es nicht überraschend, dass der Bundeskommunikationssenat - der als Berufungsbehörde in einem Streit zwischen Sky Österreich und ORF zu entscheiden hat - dem EuGH  die Frage vorlegte, ob Art 15 Abs. 6 der [RL 2010/13/EU] mit Art 17 (Eigentumsrecht) sowie Art 16 (unternehmerische Freiheit) der EU-Grundrechtecharta vereinbar ist.

Generanwalt Bot, dessen Schlussanträge in dieser Rechtssache (C-283/11 Sky Österreich GmbH) heute veröffentlicht wurden, teilt die Bedenken nicht. Zwar handle es sich um (1) einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit und in das Eigentumsrecht, der aber (2) gesetzlich vorgesehen ist und (3) einer von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung dient, nämlich dem Anliegen, den "Pluralismus durch die Vielfalt der Nachrichten und Programme in der Union [zu fördern] und den in der Charta ..., insbesondere in Artikel 11, anerkannten Grundrechten und Grundsätzen Rechnung" zu tragen. Zudem dient die Regelung auch der "vollständigen und angemessenen Wahrung des Grundrechts auf Information und der Zuschauerinteressen in der Union". 

Auch die (4) Abwägungsfrage - ob der Unionsgesetzgeber "auf der einen Seite das Eigentumsrecht und die unternehmerische Freiheit und auf der anderen Seite die Informationsfreiheit und die Medienvielfalt ausgewogen gewichtet hat" - wird vom Generalnwalt bejaht. Er prüft zunächst die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs, also ob das eingesetzte Mittel zur Erreichung des Ziels geeinget ist und nicht über das dazu Erforderliche hinausgeht sowie schließlich ob die eingesetzten Mittel in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen. Dem Unionsgesetzgber sei dabei ein weiter Beurteilungsspielraum zuzuerkennen; eine Maßnahme könne nur dann rechtswidrig sein, wenn sie zur Erreichung des verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist. Interssant sind in diesem Zusammenhang noch die allgemeinen Ausführungen des Generalanwalts zur Einfügung der Grundrechtsgewährleistung in die Struktur und die Ziele der Union, hier im besonderen in das Ziel der Vollendung des Binnenmarkts; Näheres dazu in RNr 52 der Schlussanträge, wo es wörtlich unter anderem heißt:
"Bei der Prüfung der Abwägung der verschiedenen betroffenen Grundrechte ist die Berücksichtigung dieser Dimension [Binnenmarkt] wichtig, da sich die Problematik, die die Begrenzung der Kostenerstattung für die Gewährung eines Kurzberichterstattungsrechts im Hinblick auf den Grundrechtsschutz aufwirft, nicht in gleicher Weise stellt und nicht zwangsläufig in gleicher Weise zu beantworten ist, je nachdem, ob sie ausschließlich im Rahmen eines Mitgliedstaats oder aber unter Berücksichtigung der mit der Vollendung des Binnenmarkts verbundenen Erfordernisse behandelt wird."
In der Folge wendet der Generalanwalt das Prüfschema auf den konkreten Fall an. Die Bestimmung, die die Kostenerstattung begrenzt, sei geeignet, "die Verbreitung der Informationen über Ereignisse von großem öffentlichen Interesse zu fördern, insbesondere durch Fernsehveranstalter, die nicht über umfangreiche Finanzmittel verfügen" (RNr. 54). Alle Veranstalter werden dadurch gleich behandelt (RNr 56), und es besteht nicht die Gefahr, dass die verlangten Preise für die Kurzberichterstattung eine Größenordnung erreichen, die die Veranstalter von der Ausübung ihres Rechts abhält, was sich wiederum negativ auf die Informationsvielfalt auswirken würde (RNr 57). Die Begrenzung der Kostenerstattung sei "das wirksamste Mittel, der Fragmentierung der Informationsverbreitung zwischen den Mitgliedstaaten und je nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Fernsehveranstalter vorzubeugen" (RNr 59).

Generalanwalt Bot zeigt weiter auf, dass der Unionsgesetzgeber das Kurzberichterstattungsrecht mit mehreren Bedingungen und Beschränkungen verbunden habe, die den Eingriff in die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht der Inhaber von Exklusivübertragungsrechten abmildern (RNr 63-66). Dies betrifft die Einschränkung auf Ereignisse, die von großem öffentlichen Interesse sind, dass die Auszüge nur für "allgemeine Nachrichtensendungen" und nur zum Zweck der "Kurzberichterstattung" verwendet werden dürfen und dass die Quelle anzugeben ist (und damit Werbung für den Exklusivrechteinhaber gemacht wird) 

Die Mitgliedstaaten müssen sich, so der Generalanwalt in RNr 69, beim Erlass der Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie bemühen, den Grundrechten Rechnung zu tragen. Österreich kommt in seiner Beurteilung dabei gut weg: "Insoweit zeigt das österreichische Recht zur Umsetzung von Art. 15 der Richtlinie, dass der nationale Gesetzgeber sich um ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den betroffenen Grundrechten bemüht hat."

In RNr 77 bis 80 seiner Schlussanträge setzt sich der Generalanwalt schließlich noch mit den Entscheidungen des VfGH und des BVerfG auseinander, deren Auffassungen seiner Ansicht nach "nicht ohne Weiteres auf die Überprüfung der Gültigkeit von Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie im Hinblick auf die Art. 16 und 17 der Charta übertragbar" seien. Auch dabei betont er, dass die Grundrechte in der Union "im Rahmen der Struktur und Ziele der Union zu gewährleisten [sind]. Daraus folgt, dass die zwischen den verschiedenen in Rede stehenden Grundrechten vorzunehmende Abwägung im nationalen Rahmen und auf Unionsebene nicht zwangsläufig gleich ausfallen muss."

Nach Ansicht des Generalanwalts steht die Grundrechtecharta daher der Gültigkeit von Art 15 Abs 6 (Begrenzung der Kostenerstattung) der RL 2010/13/EU nicht entgegen. Wie der EuGH das sehen wird, bleibt abzuwarten.

Thursday, June 09, 2011

Kurzberichterstattungsrecht als entschädigungslose Enteignung? ORF gegen Sky Österreich erreicht den EuGH

Art 15 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (RL 2010/13/EU, AVMD-RL) regelt das Recht auf Kurzberichterstattung. Die Mitgliedstaaten haben dafür zu sorgen, dass jeder Fernsehveranstalter "zum Zwecke der Kurzberichterstattung einen fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Zugang zu Ereignissen hat, die von großem öffentlichen Interesse sind und die von einem der Rechtshoheit der Mitgliedstaaten unterworfenen Fernsehveranstalter exklusiv übertragen werden." Fernsehveranstalter dürfen daher vom Exklusivrechteinhaber kurze Ausschnitte aus dem Sendesignal übernehmen, diese jedoch ausschließlich für allgemeine Nachrichtensendungen verwenden.

Nach Art 15 Abs 6 der AVMD-RL sorgen die Mitgliedstaaten "nach Maßgabe ihres Rechtssystems und im Einklang mit ihren Gepflogenheiten dafür, dass die Modalitäten und Bedingungen für die Bereitstellung solcher kurzen Ausschnitte näher festgelegt werden, insbesondere hinsichtlich etwaiger Kostenerstattungsregelungen, der Höchstlänge der kurzen Ausschnitte und der Fristen für ihre Übertragung. Wird eine Kostenerstattung vorgesehen, so darf sie die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs verbundenen zusätzlichen Kosten nicht übersteigen." (Hervorhebung hinzugefügt)

Mit Bescheid der KommAustria vom 22.12.2010 wurde in einem Verfahren zwischen dem Österreichischen Rundfunk und der Sky Österreich GmbH* über das Kurzberichterstattungsrecht bei den "im Rahmen der UEFA Europa League ausgetragenen Spiele der österreichischen Fußballvereine Red Bull Salzburg und SK Rapid Wien" entschieden. Dabei wurde ausgesprochen, dass Sky "ein Ersatz für die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zum Satellitensignal verbundenen zusätzlichen Kosten" zusteht, diese Kosten belaufen sich aber "aufgrund eines dem ORF von der Sky Österreich GmbH kostenlos zur Verfügung gestellten Abonnements auf EUR 0,-."

Sowohl der ORF als auch Sky erhoben dagegen Berufung, und im Berufungsverfahren hat der nun zur Entscheidung zuständige Bundeskomunikationssenat (BKS) nun beschlossen, dem EuGH folgende Frage vorzulegen (update 12.7.2011: beim EuGH unter der Zahl C-283/11 anhängig):
"Ist Art. 15 Abs. 6 der [RL 2010/13/EU] mit Art. 17 sowie Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bzw. mit Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (1. ZProtEMRK) vereinbar?"
Der Vorlagebeschluss ist nicht online vefügbar (update 12.09.2011: nun hier im RIS), wohl aber der Bescheid, mit dem die Aussetzung des anhängigen Berufungsverfahrens beschlossen wurde. Die Bedenken des Bundeskommunikationssenates beziehen sich im Wesentlichen auf Art 17 der Grundrechte-Charta (Eigentumsrecht); wörtlich heißt es im Bescheid:
"Der Bundeskommunikationssenat hat erwogen, dass eine Richtlinienbestimmung, die die Möglichkeit der behördlichen Anordnung einer Entschädigung für den Fall der Eigentumsbeschränkung eines Exklusivrechteinhabers durch Einräumung eines Kurzberichterstattungsrechtes in jedem Fall ausschließt, in Widerspruch zu Art. 17 der Charta der Grundrechte der EU stehen könnte."
Der BKS legt damit dem EuGH nicht einmal zwei Monate nach der Vorlagefrage im Fall Publikumsrat des ORF gegen ORF (C-162/11) - siehe dazu hier - zum insgesamt dritten Mal eine Frage zur Auslegung der AVMD-RL (bzw der RL "Fernsehen ohne Grenzen") vor (zur Rechtssache C-195/06 KommAustria gegen Österreichischer Rundfunk siehe zB hier).

In der Rechtssache C-195/06 KommAustria hat der EuGH auch akzeptiert, dass der BKS  als vorlageberechtigtes Gericht anzusehen ist (was man - mit Generalanwalt  Ruiz-Jarabo Colomer - bezweifeln hätte können, siehe hier). Nun, da der BKS nur mehr zweitinstanzliche Behörde - mit allen Tribunalgarantien - ist, stellt sich auch die im Fall C-195/06 meines Erachtens kritische Frage, ob überhaupt eine Streitigkeit vorliegt, nicht mehr. Anders sieht es wohl im Fall der Schienen-Control-Kommission aus - dazu mehr im nächsten Blogpost.

*) Im veröffentlichten Bescheid des BKS sind die Parteienbezeichnungen anonymisiert, in jenem der KommAustria nicht. Um wen es sich handelt, weiß man aber auch im Fall der "Anonymisierung", sodass ich hier keine Bedenken habe, die allseits bekannten Parteiennamen auch auszuschreiben (was auch der EuGH so halten wird, wenn der BKS nicht schon den Vorlagebeschluss anonymisert hat, siehe Nr. 25 der neuen Hinweise zur Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen durch die nationalen Gerichte)

Tuesday, April 24, 2007

Kurzberichte und Höchstgerichte

Das Fernseh-Exklusivrechtegesetz (FERG) hat im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die österreichische Fußball-Bundesliga in den letzten Jahren alle Höchstgerichte (mehrfach) beschäftigt, zB:
VwGH 20.12.2005, 2004/04/0199; 27.1.2006, 2004/04/0234.
OGH 14.6.2005, 4 Ob 49/05t, 14.6.2005, 4 Ob 66/05t; 11.8.2005, 4 Ob 155/05f; 29.11.2005, 4 Ob 216/05a.

Zuletzt hat der VfGH mit Erkenntnis vom 1.12.2005, B 551/06 u B 567/06, einen Bescheid des Bundeskommunikationssenates aufgehoben, da darin nach Ansicht des VfGH nicht ausreichend zwischen den mit dem Kurzberichterstattungsrecht verbundenen Eingriffen ins Eigentumsrecht einerseits und der Kommunikationsfreiheit andererseits abgewogen wurde.
Wie über jedes Erkenntnis, kann man auch über dieses diskutieren - und genau das wird am 25. April 2007 ab 17 Uhr im Rahmen des Judikaturseminars der Professoren Grabenwarter, Griller, Holoubek, Lienbacher und Rill an der Wirtschaftsuniversität geschehen (siehe Einladung). Armin-Christian Schwabl wird zunächst über das Erkenntnis referieren.

Zweites Thema des Seminars wird übrigens der Fall Kobenter des EGMR sein (siehe dazu in diesem Blog hier); diesen Fall wird Gregor Ribarov (fellow blogger bei contentandcarrier.eu) präsentieren.

Sunday, January 28, 2007

Opernball und Rundfunkrecht, Teil 1

Der Opernball ist nicht bloß ein gesellschaftliches Ereignis (wie es vielleicht auch der Juristenball sein mag), er ist vielmehr: ein Ereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung. Und damit ungefähr gleich wichtig wie Olympische Sommer- oder Winterspiele oder jene besonders raren "Fußballspiele der FIFA-Weltmeisterschaft (Herren), sofern an diesen Spielen die österreichische Nationalmannschaft teilnimmt".
So sieht dies jedenfalls die österreichische Bundesregierung, die in einer Verordnung (BGBl II 2001/305) neben sechs Sportereignissen auch das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker und eben den Wiener Opernball als Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung benannt hat.

Grundlage dafür ist das Fernseh-Exklusivrechtegesetz (FERG), BGBl I 2001/85. Dieses Gesetz verlangt von einem Fernsehveranstalter, der ausschließliche Übertragungsrechte an Ereignissen erworben hat, die in der Verordnung der Bundesregierung genannt werden, diese (auch) im Free-TV verfügbar zu machen (je nach Ereignis auch nur teilweise oder zeitversetzt - siehe dazu näher § 3 FERG und § 2 der Verordnung). Nach § 4 FERG ist Voraussetzung für die Aufnahme in die Liste, dass auf ein Ereigniss mindestens zwei der folgenden Voraussetzungen zutreffen:

  1. das Ereignis findet bereits bisher, insbesondere auf Grund der Medienberichterstattung, in der österreichischen Bevölkerung breite Beachtung;
  2. das Ereignis ist Ausdruck der kulturellen, künstlerischen oder sozialen Identität Österreichs;
  3. das Ereignis ist, insbesondere durch die Teilnahme österreichischer Spitzensportler, eine Sportveranstaltung von besonderer nationaler Bedeutung oder findet auf Grund seiner internationalen Bedeutung bei den Fernsehzusehern in Österreich breite Beachtung;
  4. das Ereignis wurde bereits in der Vergangenheit im frei zugänglichen Fernsehen ausgestrahlt.
Ohne dass dies in der Verordnung näher genannt wird, wird man beim Opernball wohl davon ausgehen können, dass Z 1 und Z 4 erfüllt sind (Z 2 und Z 3 scheinen gleichermaßen zweifelhaft)

Die Regelung hat ihre europarechtliche Grundlage in Art 3a der Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen"; die Mitgliedstaaten können demnach solche Listen schaffen, müssen dies jedoch nicht tun. Die Listen sind der Europäischen Kommission mitzuteilen und von dieser - nach Einholung einer Stellungnahme des Kontaktausschusses nach Art 23a der RL - im Amtsblatt zu veröffentlichen. Wie das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache T-33/01, Infront, ausgesprochen hat, trifft die Kommission dabei eine Entscheidung im Sinne des Art 249 EG-Vertrag, durch die der Rechteinhaber unmittelbar und individuell betroffen sein kann.
Eine Übersicht über die bestehenden Regelungen (und Listen) in den Mitgliedstaaten findet sich hier auf der Website der Europäischen Kommission), eine gute Übersichtsdarstellung zum Recht auf Berichterstattung bei Großereignissen hat Max Schoenthal für die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle verfasst; dabei geht er auch auf das Kurzberichterstattungsrecht ein, das in Österreich vor allem in Sachen Bundesliga für Aufregung gesorgt hat (siehe dazu zuletzt hier).

Eine Änderung der Regeln zu den Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung ist bei der derzeit aktuellen Revision der Fernsehrichtlinie nicht vorgesehen (siehe den Richtlinienvorschlag bzw eine inoffizielle konsolidierte Fassung der Fernseh-RL - in Hinkunft: RL über audiovisuelle Mediendienste - in der Fassung des RL-Vorschlags); neu in die Richtlinie aufgenommen werden soll eine Bestimmung zum Kurzberichterstattungsrecht (Art 3b in der Fassung des RL-Vorschlags).

Was auch immer man also persönlich über den Opernball denken mag, in juristischer Hinsicht steht seine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung fest (und zwar ganz unabhängig davon, wer dort antanzt).

PS: auch wenn man vom Rundfunkrecht absieht, ist der Opernball aus dem österreichischen Rechtsleben nicht wegzudenken - wenn auch vorwiegend im Zusammenhang mit den dagegen gerichteten Demonstrationen, die in der einen oder anderen Form alle Höchstgerichte beschäftigt haben:
  • So hat der VwGH das Streuen von Flugzetteln (deren Inhalt sich auf "Vietnam und die Verhältnisse an den österreichischen Hochschulen" bezog) 1969 als Ordnungsstörung beurteilt, weil es unter Begleitumständen erfolgte, "die nach dem Urteil unbefangener Menschen als ungehörig oder provokant empfunden" wurden.
  • Der VfGH hatte es mit Fällen zu tun, in denen Menschen "unter Anwendung von Körperkraft am Überqueren der Ringstraße (in Richtung Operngebäude) gehindert und bis zur Opernpassage (zurück-)geleitet" wurden oder Schläge "mit dem Gummiknüppel gegen den Kopf (das Gesicht)" erhielten.
  • Die Rechtsprechung des OGH wiederum führt uns zurück zum Medienrecht:
    darf ein Zentralorgan einer Partei, das "imVerhältnis zur *****Zeitung nur von einer so kleinen Leserzahl gelesen werde, daß durch Artikel der vorliegenden Art bei der*****Zeitung mit keinem meßbaren Sinken der Auflagenzahl zu rechnen sei", behaupten, die *****Zeitung sei gewalttätig? Sie darf, hat der OGH im sogenannten "Opernball-Demo II"-Urteil (
    OGH 18.12.1991, 1 Ob 41/91 = SZ 64/182) erkannt:
    "Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Artikel im Zentralorgan einer politischen Partei. Wie sich aus dem Zusammenhalt ergibt, versteht diese im Sinne ihrer Ideologie erkennbar unter dem Wort 'gewalttätig' etwas völlig vom normalen Sprachgebrauch Verschiedenes. Gewalttätig sind danach nicht die Opernballdemonstranten, sondern jene Medien, Gesellschaftskreise und Staatsorgane, die es durch ihre repressive Politik (= "strukturelle Gewalt") zu solchen Demonstrationen überhaupt erst kommen lassen. Solche durch keinerlei Tatsachenangaben substantiierte politisch motivierte Äußerungen sind erkennbar Ergebnis eines durch das Parteiprogramm der beklagten Partei bestimmten und beeinflußten Denkprozesses. Politisch verbrämte Äußerungen wollen im Zweifel weniger Tatsachen verbreiten als Wertungen abgebend meinungbildend sein".
    Vorangegangen war das "Opernball-Demo I"-Urteil (
    OGH 23.5.1991, 7 Ob 535/91) , bei dem es um eine sehr ähnliche Frage gegangen war: hier war Beklagter aber nicht ein Medienunternehmen, sondern "Gerhard R.", der in seiner Rede bei der Opernballdemonstration die Worte "gewaltttätig ist die Kronen-Zeitung" gesagt hatte (interessanterweise ist in der Veröffentlichung dieses Urteils im RIS die Kronenzeitung nicht "anonymisiert"). Auch hier war die Krone nicht erfolgreich, denn mit diesen Worten (im konkreten Zusammenhang auf der Opernball-Demo) werde sie - so der OGH - "weder verächtlich gemacht, noch sind diese Äußerungen geeignet, die Redakteure in der Wertschätzung ihrer Leser herabzusetzen."
  • Als Schlusspunkt aber etwas Versöhnlicheres: der gemeinsame Besuch des Opernballs wurde vom OGH auch schon ausdrücklich "als Zeichen der Zuneigung" (zur Klägerin, die in diesem Verfahren erfolgreich um ihr Erbteil kämpfte) beurteilt (OGH 27.9.2005, 1 Ob 155/04g).