(siehe hier zu den Schlussanträgen des Generalanwalts) musste sich der EuGH mit der Kreativität auseinandersetzen, mit der Spanien die Begrenzung der Werbezeiten nach der FernsehRL zu umgehen versuchte.
Die RL nannte in ihrem Art 18 Abs 1 "Teleshopping-Spots, Werbespots und andere Formen der Werbung mit Ausnahme von Teleshopping-Fenstern" und begrenzte in der Folge die Sendezeit für Werbespots mit 15 v. H. der täglichen Sendezeit; innerhalb einer Stunde war der Anteil an Sendezeit für Werbespots und Teleshopping-Spots nach Art 18 Abs 2 der RL mit 20 v. H. begrenzt (in der nun geltenden Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, 2010/13/EG, wurde die tägliche Begrenzung fallen gelassen, es blieb allerdings die Begrenzung für den Anteil von Fernsehwerbespots und Teleshopping-Spots von maximal 20% innerhalb einer vollen Stunde).
Wie der EuGH darlegt, hatte Spanien neben Werbespots noch folgende Werbeformen (die daher bei der Berechnung der Werbezeitenbegrenzung nicht berechnet wurden):
"Werbereportagen: Werbebotschaft von längerer Dauer als ein Spot, die im Allgemeinen argumentativ, informativ und beschreibend ist. Es handelt sich ebenfalls um eine Standardproduktion, die mehrfach ausgestrahlt werden kann, obwohl sie in der Regel wegen ihrer einmaligen Merkmale der Dauer und Argumentation nicht mehrfach gesendet wird.Spanien bemühte sich redlich, die Besonderheiten zu betonen, die diese Werbeformen von typsichen Werbespots abheben würden. Besonders nett finde ich das Argument, "dass die vier streitigen Werbeformen nicht nur wegen ihrer Standardlänge, sondern auch wegen ihrer geringeren kommerziellen Aggressivität, ihrer verringerten suggestiven Wirkung auf den Verbraucher und des Umstands, dass sie eine geringere Störung des Programmgenusses für die Zuschauer bewirkten, nicht unter den Begriff der Werbespots fielen." (Rn 34)
Telepromotions: Werbebotschaften in Verbindung mit einem Programm, für die dieselbe Bühne, dasselbe Bühnenbild, dieselbe Szenografie und/oder dieselben Kostüme verwendet werden wie für das Programm, mit dem sie in Verbindung stehen. Es handelt sich um eine 'Serienproduktion', die nicht in eigenständiger Form, sondern nur im Rahmen der Wiederholung des Programms, in dem sie produziert wurde, mehrfach gesendet werden soll. Da die Telepromotions desselben Produkts in den aufeinanderfolgenden Sendungen eines Programms verschiedenen Aufnahmen entsprechen (denen der verschiedenen Folgen des Programms), sind sie niemals identisch. Eine Telepromotion kann in einer ausschließlich mündlichen Botschaft des Moderators bestehen, soweit diese der Werbung dient.
Sponsoring-Werbespots: Auf Antrag bestimmter Fernsehgesellschaften hat der ehemalige Secretario General de Comunicaciones (Generaldirektor Verkehr im Ministerium für Infrastruktur und Verkehr) entschieden, dass eine besondere Form von Spots – nach der Bezeichnung eines Fernsehveranstalters die 'Euroclaqueta' –, in denen der Hinweis auf das Sponsoring eines Programms und die Werbung des Sponsors gleichzeitig erfolgen, den anderen Formen der Werbung zugerechnet werden, wenn sie die drei folgenden Bedingungen erfüllen:
– Höchstdauer von 10 Sekunden;
– Ausstrahlung unmittelbar vor oder nach dem Programm, auf das sie sich beziehen;
– Produktionseigenschaften, die sich deutlich von der Produktion herkömmlicher Spots unterscheiden.
Mikrowerbespots: Mikrospots, die Werbebotschaften enthalten, werden als 'eine andere Form der Werbung' angesehen, wenn sie länger als 60 Sekunden dauern und wenn es sich nicht um eine bloße Zusammenfassung entfernt zusammenhängender Spots handelt."
Der EuGH ließ sich davon nicht beeindrucken. Vor allem unter Bezugnahme auf das Urteil C-195/06 Österreichischer Rundfunk hob der Gerichtshof hervor, dass "dem Schutz der Verbraucher als Zuschauer gegen übermäßige Werbung im Rahmen des Ziels der Richtlinie 89/552 eine wesentliche Bedeutung zukommt" (Rn 45). Der Begriff Werbespot ist daher "unter Berücksichtigung des Ziels der Richtlinie auszulegen ist, die Ausübung der Werbefreiheit im Fernsehen mit dem zwingenden Gebot in Einklang zu bringen, Fernsehzuschauer gegen ein Übermaß an Werbesendungen zu schützen." Im Ergebnis hielt der EuGH fest,
"dass alle Formen der Fernsehwerbung, die zwischen den Programmen oder während der Pausen gesendet werden, grundsätzlich einen 'Werbespot' im Sinne der Richtlinie 89/552 darstellen, es sei denn, die betreffende Werbeart fällt unter eine ausdrücklich von der Richtlinie vorgesehene andere Form der Werbung, wie dies etwa beim 'Teleshopping' der Fall ist, oder sie nimmt wegen der Art und Weise ihrer Darbietung mehr Zeit in Anspruch als Werbespots, vorausgesetzt, eine Anwendung der für Werbespots vorgesehenen Begrenzungen liefe darauf hinaus, diese Werbeform ohne stichhaltige Rechtfertigung gegenüber Werbespots zu benachteiligen."Am Ende lief es schlicht auf die Dauer der Sonder-Werbeformen hinaus: da jede der vier Werbeformen im Allgemeinen eine Dauer von höchstens zwei Minuten hat, fallen sie, wie der EuGH in Rn 55 des Urteils ausspricht, unter den Begriff der Werbespots iSd FernsehRL (und wohl auch iSd Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, 2010/13/EG).
Das Königreich Spanien hat daher gegen seine Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 2 der Fernsehrichtlinie (in der Fassung der RL 97/36/EG) verstoßen, indem es duldete, dass bestimmte Formen der Werbung, wie Werbereportagen, Telepromotion-Spots, Sponsoring-Werbespots und Mikrowerbespots, von spanischen Fernsehanstalten mit längerer Dauer ausgestrahlt werden als nach der RL erlaubt.
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