Im konkreten Fall ging es um eine von Obersten Gerichtshof Schwedens vorgelegte Frage, die sich mit dem Verhältnis der DatenschutzRL für elektronische Kommunikation - in der Fassung der RL über die Vorrratsspeicherung von Daten - einerseits und der RL über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums 2004/48 andererseits befasste. Das ist dem Grundsatz nach nicht neu, der EuGH hat in den Fällen C-275/06 Promusicae (im Blog dazu hier) und C-557/07 LSG (im Blog dazu hier) schon Stellung genommen. "Kein Gebot [zu Speicherung und Auskunft], aber auch kein definitives Verbot - und über allem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz", so habe ich das damals zu Promusicae auf den Punkt zu bringen versucht - und aus Anlass der heutigen Schlussanträge muss ich das auch nicht modifizieren.
Neu gegenüber den bisherigen Fällen ist vor allem das zwischenzeitliche Inkrafttreten der RL über die Vorratsspeicherung von Daten, die aber, so der Generalanwalt, für den konkret zu beurteilenden Fall nicht von Bedeutung ist. Denn dem Ausgangsrechtsstreit liegt ein zivilrechtliches Verfahren zugrunde, und die Daten wurden nicht von einer zuständigen nationalen Behörde, sondern von Privatpersonen begehrt; das Ausgangsverfahren fällt somit nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der VorratsdatenRL.
Weder die DatenschutzRL 95/46 noch die DatenschutzRL für elektronische Kommunikation 2002/58 (auch nicht in ihrer durch die VorratsdatenRL ergänzten Fassung) enthält spezielle Vorschriften für die Vorratsspeicherung oder Verwendung von Telekommunikationsdaten im Rahmen der Verfolgung von Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums durch Privatpersonen. Nach Prüfung dieser Richtlinien wie auch der DurchsetzungsRL 2004/48 kommt der Generalanwalt zum Ergebnis, dass auf Unionsebene zwar einiges für eine RL spreche, die die RL 2002/58 um eine Pflicht zur Vorratsspeicherung im Hinblick auf Verletzungen eines Rechts des geistigen Eigentums ergänzen und den Zweck dieser Speicherung, die zu speichernden Daten, die Speicherfrist und die zugangsberechtigten Personen festlegen würde, dass eine solche Richtlinie zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber nicht existiert.
"In Anbetracht dieser Umstände ist festzustellen, dass die derzeit geltenden Rechtsvorschriften der Union die erforderlichen Einzelheiten für die Vorratsspeicherung und die Weitergabe der personenbezogenen Daten, die bei der elektronischen Kommunikation im Hinblick auf ihre Weitergabe im Fall einer von einer Privatperson geltend gemachten Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums erzeugt werden, nicht vorsehen."Es kommt daher wesentlich auf das nationale Recht des Mitgliedstaates an. Ein Gericht dürfe aber nicht ohne weiteres die Herausgabe von Daten, die nach der VorratsdatenRL gesammelt wurden, anordnen; vielmehr müsste der nationale Gesetzgeber, wollte er die Nutzung dieser Daten auch für die privatrechtliche Verfolgung von Rechtsansprüchen aus dem geistigen Eigentum zulassen, die Rechte und Pflichten in der nationalen Rechtsordnung im Voraus und detailliert festlegen:
"Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass für die Grundrechte im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten und des Privatlebens einerseits sowie im Bereich des Schutzes des geistigen Eigentums andererseits der gleiche Schutz zu gelten hat. Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums dürfen somit nicht dadurch privilegiert werden, dass sie auf personenbezogene Daten zurückgreifen können, die rechtmäßig für Zwecke, die mit dem Schutz ihrer Rechte nichts zu tun haben, erhoben oder auf Vorrat gespeichert worden sind. Diese Daten können nach den für den Schutz personenbezogener Daten geltenden unionsrechtlichen Bestimmungen zu derartigen Zwecken nur erhoben und verwendet werden, wenn der nationale Gesetzgeber im Einklang mit Art. 15 der Richtlinie 2002/58 im Voraus detaillierte Vorschriften für diesen Fall erlassen hat"Der Vorschlag des Generalanwalts für die Beantwortung der ersten Frage des vorlegenden schwedischen Gerichts (die zweite Frage wäre demnach gegenstandslos) lautet:
"Die [RL 2006/24/EG] gilt nicht für die Verarbeitung personenbezogener Daten für andere als die in Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Zwecke. Demzufolge steht diese Richtlinie der Anwendung einer nationalen Vorschrift nicht entgegen, nach der in einem zivilrechtlichen Verfahren einem Internetdienstleister zu dem Zweck, einen bestimmten Teilnehmer identifizieren zu können, aufgegeben wird, einem Urheberrechtsinhaber oder dessen Vertreter Auskunft über den Teilnehmer zu geben, dem der Internetdienstleister eine bestimmte IP‑Adresse zugeteilt hat, von der aus die Verletzung begangen worden sein soll. Diese Angaben müssen jedoch gemäß detaillierten nationalen Rechtsvorschriften, die unter Beachtung der für den Schutz personenbezogener Daten geltenden unionsrechtlichen Bestimmungen erlassen worden sind, im Hinblick auf ihre Weitergabe und Verwendung zu diesem Zweck auf Vorrat gespeichert worden sein."
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