Eigentlich sollte die Dauer der pro Stunde zulässigen Fernsehwerbung EU-weit harmonisiert sein - wer aber gelegentlich spanische kommerzielle Programme verfolgt, sieht dort oft deutlich mehr Werbung als etwa in österreichischen oder deutschen Programmen. Die Europäische Kommission hat daher eine Vertragsverletzungsklage gegen Spanien eingebracht, weil dieser Mitgliedstaat "offenkundige, wiederholte und schwere Verstöße gegen Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie geduldet" und dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 2 der Fernsehrichtlinie (in der Fassung der RL 97/36/EG) in Verbindung mit Art. 10 EG verstoßen hat. Heute hat Generalanwalt Bot in diesem Verfahren C-281/09 Kommission / Spanien seine Schlussanträge erstattet.
Nach Art 18 Abs 1 der RL durfte der Anteil an Sendezeit für Teleshopping-Spots, Werbespots und andere Formen der Werbung mit Ausnahme von Teleshopping-Fenstern im Sinne des Artikels 18a 20 v. H. der täglichen Sendezeit nicht überschreiten. Die Sendezeit für Werbespots durfte 15 v. H. der täglichen Sendezeit nicht überschreiten. Nach Art 18 Abs 2 der RL durfte der Anteil an Sendezeit für Werbespots und Teleshopping-Spots innerhalb einer Stunde, gerechnet ab einer vollen Stunde, 20 v. H. nicht überschreiten.
(In der nun geltenden Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, 2010/13/EG, wurde die tägliche Begrenzung fallen gelassen, es gilt nun nur mehr eine einheitliche Begrenzung für den Anteil von Fernsehwerbespots und Teleshopping- Spots an der Sendezeit von maximal 20% innerhalb einer vollen Stunde).
In Spanien wurden "neue Formen der Fernsehwerbung mit der Bezeichnung Infomercials, Telepromotions, Sponsoring-Werbespots und Mikro-Werbespots" zusätzlich zu klassischen Werbespots erlaubt (was darunter im Detail zu verstehen sein könnte, kann man in den RNr 36 bis 40 der Schlussanträge nachlesen). Im Rechtsstreit vor dem EuGH geht es daher, wie der Generalanwalt ausführt, "um das Recht der Fernsehveranstalter, diese neuen Werbeformen zu den Hauptsendezeiten zusätzlich zu den zwölf Minuten zu senden, die in Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie für die Ausstrahlung von Werbespots und Teleshopping-Spots vorgesehen sind."
Nun ist die Definition der Begriffe "Werbespot" und "andere Formen der Werbung" nicht einfach, was Generalanwalt Bot auch ausdrücklich so festhält (RNr 59). Nicht zuletzt im Hinblick auf das Art. 18 Abs. 2 der RL "zugrunde liegende Ziel, die Verbraucher gegen übermäßige Werbung zu den Hauptsendezeiten zu schützen," kommt er schließlich zum Ergebnis, dass letztlich nur Sponsorenhinweise außerhalb der stündlichen Begrenzung gesendet werden können (und diese dürften nach der RL nicht zum Kauf der Erzeugnisse oder zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Sponsors anregen). Jede andere Auslegung würde es den Fernsehveranstaltern und den Werbetreibenden erlauben, die Begrenzung von 12 Minuten zu umgehen.
Sollte der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwälten folgen, dürfte die spanische Kreativität bei der Erfindung (und Bezeichnung) neuer Werbeformen jedenfalls nicht dazu führen, mehr als 12 Minuten von Werbung, wie immer sie auch hieße, in eine Fernsehstunde zu packen.
Thursday, April 07, 2011
EuGH-Generalwalt Bot: Infomercials, Telepromotions, Sponsoring-Werbespots und Mikro-Werbespots sind - Überraschung! - Werbespots
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