Der in § 4 ORF-G festgelegte Programmauftrag enthält schon in seinem ersten Absatz gleich 18 verschiedene Ziele, und lediglich aus Ziffer 6, wonach der ORF auch für "die angemessene Berücksichtigung und Förderung der österreichischen künstlerischen und kreativen Produktion" zu sorgen hat, kann nach Ansicht des BKS "überhaupt abgeleitet werden, dass dem ORF ... gewisse Verpflichtungen in Bezug auf die Förderung der Produktion österreichischer Kunst und Kultur zukommen könnten." Aber auch diese Verpflichtungen erstrecken sich nicht auf die Einhaltung einer gewissen Quote.
Der BKS stellte fest, dass im Jahr 2007 knapp 15% der in den ORF-Hörfunkprogrammen gesendeten Unterhaltungsmusikproduktionen von der AKM verwaltet wurden, was - auch von den Beschwerdeführern - als Näherungswert für den "Österreich-Anteil" genommen wurde; in den einzelnen Programmen reichten die Anteile von 5,49% bei Ö3 bis zu 20,15% bei Radio Burgenland. Insgesamt bestand für den BKS damit "überhaupt kein Zweifel", dass sich der ORF bei seiner Programmgestaltung von den in § 4 Abs 1 ORF-G genannten Kriterien hat leiten lassen.
Zwischen rechtlicher und moralischer Verpflichtung kann freilich ein Unterschied sein, und die österreichische Musikbranche tritt weiter hartnäckig für einen höheren Anteil österreichischer Musik ein. Am Freitag, 13. März 2009, hat nun der ORF eine "Initiative zur Unterstützung der österreichischen Musikschaffenden" angekündigt und mitgeteilt, dass er "noch in diesem Jahr den Anteil österreichischer Musik in den ORF-Radioprogrammen um 5 Prozent zu steigern" gedenkt. Bei einem Ausgangswert von etwa 15% ergibt eine Steigerung um 5% allerdings nicht einmal 16% - damit wird SOS-Musikland wohl kaum zufrieden sein.
Interessant ist, dass der ORF laut Presseaussendung offenbar neben dem gesetzlichen Programmauftrag (§ 4 ORF-Gesetz) noch einen eigenen, selbst definierten Programmauftrag kennt:
"Der ORF bekennt sich in seinem Programmauftrag nicht nur zur besonderen Förderung österreichischer Musik, Musiker und Musikschaffender, sondern verfolgt darüber hinaus das Ziel, die Bedeutung österreichischer Musik in der Wahrnehmung durch seine Hörerschaft substanziell zu steigern."
"Als österreichisch gelten Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen/besaßen, die längere Zeit hindurch ihren Lebensmittelpunkt oder ihren Produktionsstandort in Österreich haben/hatten oder die aufgrund der bisherigen Karriere oder ihres Images als Österreicher betrachtet werden/wurden - all dies unabhängig von Stil und Sprache."Überhaupt liest sich die ORF-Presseaussendung teilweise wie ein Gesetzbuch, teilweise wie ein Kommuniqué zu einem angebotenen Waffenstillstand, komplett mit einem Vorschlag für die Überwachung seiner Einhaltung:
"Der ORF schlägt die Einrichtung eines paritätisch besetzten Dialoggremiums (runder Tisch) in Zusammenarbeit mit den österreichischen Musikschaffenden vor, das in regelmäßigen Zeitabständen die Entwicklung des heimischen Musikmarktes monitort, Ideen entwickelt und Vorschläge diskutiert. Während des laufenden Prozesses ist eine gemeinsame professionelle Kommunikationsbasis anzustreben, die gewisse Mindestqualitätsstandards nicht unterschreitet."Schön formuliert; schließlich hätte man statt dem letzten Satz ja auch schreiben können: "und überhaupt wollen wir uns nicht dauernd blöd anreden lassen". So aber könnte man das vielleicht auch dahin verstehen, dass in Zukunft spannendere Presseaussendungen gemacht werden sollen.
Ein letzter Hinweis zur Quote: dass eine gesetzliche "Österreich-Quote", die schematisch einfach an der Nationalität der Beteiligten ansetzt, mit Gemeinschaftsrecht kaum vereinbar wäre, weiß der ORF natürlich; denkbar wäre, wie der ORF mit der Bezugnahme auf die von ihm ausdrücklich nicht angestrebte "deutsche Sprachraumquote" auch einräumt, eine auf die Sprache abstellende Quote (Sprachenschutz rechtfertigt vieles, wie der EuGH zuletzt in der Rechtssache UTECA - siehe dazu hier - entschieden hat). Ob dabei wirklich gleich auf den gesamten deutschen Sprachraum abgestellt werden müsste, halte ich nicht für ausgemacht, zumal auch die kulturelle Besonderheit "österreichisches Deutsch" schutzwürdig ist (hier noch ein Link zu einem Audiobeitrag "Österreichisches Deutsch und Musik", gesendet auf dem freien Grazer "Radio Helsinki").
PS (update 28.3.2009): Zur Schweizer Situation siehe eine aktuelle Medienmitteilung der SRG
2 comments :
"dass eine gesetzliche "Österreich-Quote", die schematisch einfach an der Nationalität der Beteiligten ansetzt, mit Gemeinschaftsrecht kaum vereinbar wäre, weiß der ORF natürlich"
ich bin kein experte, aber hat frankreich bei seiner verpflichtung 40% musik französischer künstler im radio zu spielen nicht genau dieses schema angewandt?
Frankreich setzt nicht an der Nationalitaet an, sondern an der verwendeten Sprache: wenn also Reinhard Mey franzoesisch singt, traegt er zum Erreichen der Quote bei, auch wenn er Deutscher ist. Umgekehrt traegt ein englischsprachiges Lied, auch wenn es von franzoesischen MusikerInnen komponiert, getextet, gesundgen wurde, nicht zum Erfuellen der Quote bei.
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