"§ 19. (1) Die Organe des Österreichischen Rundfunks sind:
1. der Stiftungsrat,
2. ...
(2) Die Mitglieder der Kollegialorgane gemäß Abs. 1 sind bei der Ausübung ihrer Funktion im Österreichischen Rundfunk an keine Weisungen und Aufträge gebunden; sie haben ausschließlich die sich aus den Gesetzen und der Geschäftsordnung ergebenden Pflichten zu erfüllen.
(3) Die Funktion als Mitglied des Stiftungsrates und des Publikumsrates ist ein Ehrenamt. Die Mitglieder haben Anspruch auf angemessenen Ersatz der angefallenen Kosten.
(4) Sämtliche Mitglieder der Stiftungsorgane sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt werdenden Umstände der Stiftung und der mit ihr verbundenen Unternehmen verpflichtet. Diese Geheimhaltungsverpflichtung besteht auch nach ihrem Ausscheiden als Mitglied eines Stiftungsorgans fort. Bei Ausscheiden sind alle schriftlichen Unterlagen, welche Angelegenheiten der Stiftung und der mit ihr verbundenen Unternehmen betreffen, an die Stiftung zurückzustellen." (Hervorhebung hinzugefügt)
Erstens sind also, falls das jemand vergessen haben sollte, alle Stiftungsratsmitglieder unabhängig, und zweitens bedeutet die Geheimhaltungspflicht natürlich auch, dass kein Stiftungsratsmitglied Stiftungsrats-Interna mit Außenstehenden erörtern darf (und außenstehend sind, nur zum Beispiel, natürlich auch alle Persoenen, die nach § 20 Abs 3 Z 5 ORF-Gesetz wegen Unvereinbarkeit nicht selbst zum Stiftungsratsmitglied bestellt werden könnten, also "Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates oder sonst eines allgemeinen Vertretungskörpers, ferner Personen die Angestellte einer politischen Partei sind oder eine leitende Funktion einer Bundes- oder Landesorganisation einer politischen Partei bekleiden sowie Volksanwälte, der Präsident des Rechnungshofes und Personen, die eine der genannten Funktionen innerhalb der letzten vier Jahre ausgeübt haben".
Und falls es ihn - nach den langen Jahren der angeblichen Vorbereitung - gäbe, müsste man den Stiftungsratsmitgliedern natürlich empfehlen, den Corporate Governance Kodex des ORF zu lesen. Da es diesen aber nicht gibt noch ein kleiner Hinweis auf eine Empfehlung, die den ORF tatsächlich überhaupt nicht trifft (weil er keine börsennotierte AG ist), aber aus der man vielleicht die eine oder andere Anregung entnehmen könnte: die Empfehlung der Kommission vom 15. Februar 2005 zu den Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungs-/Aufsichtsrats (insbesondere deren Abschnitte II und III); ein kleiner Auszug daraus:
"Alle neuen Mitglieder sollten bei ihrer Aufnahme in den Verwaltungs-/Aufsichtsrat an einer unternehmensspezifischen Einführung über Aufbau und Aktivitäten des Unternehmens sowie die Aufgaben und Verantwortlichkeiten eines Mitglieds der Unternehmensleitung teilnehmen. Der Verwaltungs-/Aufsichtsrat sollte jährlich überprüfen, in welchen Bereichen seine Mitglieder ihre Fähigkeiten und Kenntnisse auffrischen müssen."Und weil sich auch die guten Ratschläge an den ORF, den Stiftungsrat, den Gesetzgeber (und wen auch immer) im Zusammenhang mit dem ORF-Gesetz häufen, mache ich hier ausnahmsweise auch noch eine kleine Anmerkung dazu: mich begeistert immer wieder, wie sich manche Menschen, die jahre- oder gar jahrzehntelang mit der Materie zu tun hatten, ihre Naivität bewahrt haben. Heute etwa ex-ORF-Chefredakteur, Werner Mück, der in den Salzburger Nachrichten wieder einmal den grenzgenialen Vorschlag einer Indexanpassung der "Gebühren" (Programmentgelte) bringt, und meint, damit den Parteien "Drohpotenzial" zu entziehen. Derartige Vorschläge kamen ja auch schon von der sogenannten "PRO ORF"-Initiative (dazu hier und hier) - was besonders pikant ist, da dieser Inititative auch - nun ehemalige - Stiftungsratsmitglieder angehörten, die es also selbst in der Hand gehabt hätten, durch einen Beschluss im Stiftungsrat eine entsprechende Anpassung der Programmentgelte jederzeit herbeizuführen.
Nett wäre auch: "Der Verwaltungs-/Aufsichtsrat sollte jedes Jahr eine Selbstbeurteilung vornehmen. Diese Beurteilung sollte sich auf seine Zusammensetzung sowie seine Organisation und Arbeitsweise als Gruppe erstrecken. Bewertet werden sollten auch Kompetenz und Leistung seiner einzelnen Mitglieder sowie seiner Ausschüsse. Ferner sollte die Gesamtleistung im Vergleich zu den Leistungsvorgaben beurteilt werden."
Abgesehen davon, dass indexgesicherte "Gebühren" (ohne weitere Überprüfung, ob die Anpassung zur Finanzierung des Auftrags erforderlich ist), in jedem Fall beihilfenrechtlich unmöglich sind, zeigt Mück mit dieser Ansicht, dass er den Parteien im Parlament (denn wer müsste solch ein Gesetz wohl beschließen und könnte es jederzeit wieder ändern?) weniger Einfluss zubilligt als im unabhängigen ORF-Stiftungsrat, der nach dem noch gültigen ORF-Gesetz jederzeit die Programmentgelte anpassen hätte können (und derzeit auch noch könnte - was nach der Beihilfenentscheidung der Kommission nun freilich ebenso im Widerspruch zur Beihilfenentscheidung der Kommission stünde wie der von Mück gewünschte Gesetzesbeschluss im Nationalrat).
PS: wollte die sogenannte "PRO ORF"-Initiative nicht (wenn auch nur "möglicherweise") einen Gesetzesvorschlag vorlegen, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden (siehe hier)?
1 comment :
Man stelle sich das wirklich einmal vor, was passieren würde.
Unabhängige und noch dazu verschwiegene Stiftungsräte! Das politische System würde zusammenbrechen und eine große Aschewolke würde über dem Küniglberg aufsteigen.
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