Jetzt war rasches und entschlossenes Handeln gefragt: Im Nationalrats-Plenum am 7.12.2011 stand zwar eine Änderung des ORF-Gesetzes, die mit Antrag der Abgeordneten Cap und Kopf vom 18.11.2011 initiiert worden war, auf der Tagesordnung. Mit einem Abänderungsantrag in zweiter Lesung, gerade in Rundfunkangelegenheiten nichts Ungewöhnliches, wäre das Redaktionsversehen schnell zu bereinigen gewesen. Aber vielleicht sollten die anderen Fraktionen nicht so überrumpelt werden, immerhin müssen ja gleich drei Paragraphen geändert werden. Also haben sich die Abgeordneten Cap und Kopf hingesetzt und noch am selben Tag einen neuen Abänderungsantrag verfasst, damit das unselige Redaktionsversehen berichtigt werden kann. Das ORF-G soll also wie folgt geändert werden (es folgt der vollständige Text der beantragten Änderungen):
1. In § 20 Abs. 3 Z 6, § 26 Abs. 2 Z 4 und § 28 Abs. 2 Z 5 wird das Wort "Parlamentsmitarbeitergesetzes" durch die Worte "Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetzes" ersetzt.Das vorgesehene Inkrafttreten ist ein wenig rätselhaft: denn ginge es wirklich nur um ein zu berichtigendes Redaktionsversehen, so wäre es doch naheliegend, dass die Änderung einfach wie üblich am Tag nach der Kundmachung in Kraft treten könnte (abgesehen davon, dass wohl noch niemand Zweifel gehabt hat, dass Verweise auf das Parlamentsmitarbeitergesetz als Verweise auf das selbe Gesetz mit bloß geändertem Titel zu verstehen wären). Aber der Eifer, mit dem hier Qualitätssicherung betrieben wird, ist vorbildlich, und ich erwarte daher demnächst Initiativanträge zur Änderung
2. In § 49 wird folgender Abs. 11 angefügt:
"(11) § 20 Abs. 3 Z 6, § 26 Abs. 2 Z 4 und § 28 Abs. 2 Z 5 in der Fassung des Bundesgeetzes BGBl. I. Nr. xxx/2012 treten am 1. Februar 2012 in Kraft."
- des § 46 Abs 4 BMSVG
- des § 18 Abs 5 Bezügegesetz
- des § 10 Abs 1 Bundesbezügegesetz und
- des § 4 Abs 1 Z 1 KommAustria-Gesetz
Aber im Ernst: Natürlich geht es nicht um die Berichtigung eines "Redaktionsversehens", das zu keinerlei inhaltlichen Zweifelsfragen Anlass gegeben hat oder auch nur geben könnte. Der Antrag ist ganz offensichtlich nur das, was im parlamentarischen Jargon "Trägerrakete" genannt wird: man ist sich zwar grundsätzlich einig, dass man ein Gesetz ändern möchte, hat sich aber inhaltlich noch nicht so weit verständigt, dass man einen ausformulierten gemeinsamen Antrag einbringen könnte. Also nimmt man nur ein, zwei einfache und unstrittige Punkte, schreibt sie in einen Antrag und dieser kann dann schon einmal den parlamentarischen Prozess durchlaufen, während man noch über die endgültige Regelung verhandelt. Wichtig ist vor allem, dass man ein Zuweisungsplenum erwischt (im vorliegenden Fall gehe ich davon aus, dass noch in der 138. Sitzung am 7.12.2011 die Zuweisung erfolgt ist; update 10.12.: die Parlamentswebsite bestätigt die Annahme), damit kann die Vorlage in den Ausschuss. Dann kann man immer noch in der Ausschusssitzung oder auch in zweiter Lesung im Plenum die wirklich gewollten Änderungen aufpacken (dasselbe geht übrigens auch bei Regierungsvorlagen, auch hier gibt es gelegentlich solche Trägerraketen). It's not rocket science, wie die Amerikaner sagen, sondern einfach Anwendung der parlamentarischen Geschäftsordnung.
Worum es bei der geplanten Änderung des ORF-Gesetzes wirklich gehen dürfte, schreibt Harald Fidler im Standard.
Update (02.04.2012): das ist aus dem Antrag letztlich geworden (BGBl I 2012/15)
1 comment :
G.L.O.A.T. (Gary Larson On Aforementioned Topic)
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