Der EuGH hat heute in der Rechtssache C-81/10 P France Télécom das Rechtsmittel der France Télécom gegen das Urteil des EuG vom 30.11.2009, T-427/04 Frankreich / Kommission und T-17/05 France Télécom / Kommission, zurückgewiesen und damit endgültig die Kommissionsentscheidung vom 2.8.2004, C(2004) 3061, bestätigt.
Die Kommission hatte in ihrer Entscheidung eine Gewerbesteuer-Sonderregelung für France Télécom in der Zeit vom 1.1.1994 bis 31.12.2002 als rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe beurteilt und Frankreich verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Beihilfe von France Télécom zurückzufordern. Die von France Télécom und Frankreich dagegen erhobene Nichtigkeitsklage war vom EuG abgewiesen worden (siehe dazu näher hier).
In realistischer Einschätzung der Chancen hat Frankreich kein Rechtsmittel gegen das EuG-Urteil erhoben und es allein France Télécom überlassen, sich die Bestätigung abzuholen, dass Kommission und EuG richtig entschieden haben. Denn es stand fest, dass France Télécom von einer bei der Kommission nicht als Beihilfe gemeldeten Sonderregelung bei der Gewerbesteuer in diesem Zeitraum profitiert hatte, die für das Unternehmen immerhin einen Vorteil in der Größenordnung von "zwischen 798 Mio. und 1,14 Mrd. Euro ohne Zinsen" gebracht hatte. France Télécom war aber der Auffassung, dass auch eine das Unternehmen eher belastende Steuerregelung in den drei Jahren vor 1994 hätte berücksichtigt werden müssen und dass die Höhe des Vorteils von variablen Größen und externen Faktoren abhängig war, sodass die Höhe der Steuer nicht im Voraus hätte ermittelt werden können.
Der EuGH verwies darauf, dass die vielleicht belastende Regelung von 1991 bis 1993 nicht untrennbar mit der Sonderregelung in den Jahren danach verbunden war; und auch dass die Sonderreglung ab 1994 jedenfalls zu einem Vorteil für France Télécom führen konnte, stand bereits zum Zeitpunkt des Erlasses fest. Auch die behauptete Komplexität der in Rede stehenden Steuerregelung oder die periodische Natur der Beihilfemaßnahme konnte Frankreich nicht der Anmeldepflicht entheben oder bei France Télécom berechtigtes Vertrauen entstehen lassen.
Zu der von France Télécom behaupteten Verjährung hielt der EuGH fest, dass die zehnjährige Verjährungsfrist nach Art 15 Abs 2 der Verordnung Nr 659/1999 mit dem Tag der Gewährung der Beihilfe an den Empfänger (und nicht mit dem Tag des Erlasses der Beihilfenregelung) beginnt; außerdem beginnt die Verjährungsfrist bei jährlich gewährten Beihilfen jedes Jahr von neuem (hier: an dem Tag, an dem die Gewerbesteuerzahlung von France Télécom jeweils fällig wurde). Und schließlich half es Fracne Télécom auch nichts, dass die Kommission den rückzufordernden Betrag nicht exakt festgelegt hatte, sondern eine "Unschärfe" von immerhin mehr als 300 Mio Euro verblieb: auch nach Ansicht des EuGH enthielt die Kommissionsentscheidung nämlich die geeigneten Angaben, "anhand deren der endgültige Betrag ohne übermäßige Schwierigkeiten bestimmt werden könne".
Damit steht nun zwar endgültig fest, dass Frankreich von France Télécom die Vorteile aus der rechtswidrig gewährten Beihilfe zurückfordern muss. Interessant könnte es aber noch werden, ob das Unternehmen auch tatsächlich alles wird zahlen müssen, denn immerhin hatte Generalanwalt Jääskinen in seinen Schlussanträgen (siehe dazu hier) dargelegt, dass "die für den Mitgliedstaat bestehende unbedingte Pflicht zur Rückforderung nicht automatisch zu einer entsprechenden Rückzahlungsverpflichtung der Einzelnen führen" müsse; in einem allfälligen Gerichtsverfahren komme der Begünstigte "in den Genuss aller Verfahrensgarantien und aller materiell-rechtlichen Garantien, die sich aus der Grundrechtecharta und der EMRK ergeben".
Thursday, December 08, 2011
EuGH zu France Télécom: steuerliche Sonderregelung als Beihilfe
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