"27 Somit kann ein Mitgliedstaat dem nationalen Gesetzgeber die Aufgaben, die nach der Rahmenrichtlinie und der Richtlinie 2002/22 den nationalen Regulierungsbehörden obliegen, nur dann zuweisen, wenn das Gesetzgebungsorgan bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben die organisatorischen und funktionellen Voraussetzungen erfüllt, die diese Richtlinien für die Regulierungsbehörden aufstellen.Es wird interessant sein, wie der belgische Verfassungsgerichtshof das Vorliegen dieser Voraussetzungen beurteilt, insbesondere ob er der Auffassung ist, dass die bei ihm erhobene Nichtigkeitsklage gegen einen Gesetzesbeschluss - die "von jeglicher natürlichen oder juristischen Person, die ein Interesse nachweist", erhoben werden kann - ein ausreichender Rechtsbehelf im Sinne des Art 4 RahmenRL ist. Besonders spannend scheint mir auch die Prüfung, ob der Gesetzgeber die notwendige Unparteilichkeit und Transparenz sowie das erforderliche Fachwissen aufweist. Bemerkenswert scheint mir, dass die Frage der Notifikation der Regulierungsbehörde an die Kommission (siehe dazu näher in meinem Post zu den Schlussanträgen) nicht angesprochen wird, ganz anders als in den Schlussanträgen.
28 Insoweit geht aus dem elften Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie hervor, dass die Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde(n) garantieren sollten, um die Unparteilichkeit ihrer Beschlüsse sicherzustellen, und dass diese Behörden in Bezug auf Personal, Fachwissen und finanzielle Ausstattung über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel verfügen sollten.
29 So haben die Mitgliedstaaten nach Art. 3 der Rahmenrichtlinie insbesondere dafür zu sorgen, dass alle den nationalen Regulierungsbehörden übertragenen Aufgaben von einer zuständigen Stelle wahrgenommen werden; außerdem haben sie die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden zu gewährleisten, indem sie dafür sorgen, dass sie rechtlich und funktional von allen Unternehmen unabhängig sind, die elektronische Kommunikationsnetze, ‑geräte oder ‑dienste anbieten, und dafür zu sorgen, dass die Regulierungsbehörden ihre Befugnisse unparteiisch und transparent ausüben. Ferner müssen nach Art. 4 dieser Richtlinie gegen die Entscheidungen der Regulierungsbehörden wirksame Rechtsbehelfe bei einer von den Parteien unabhängigen Beschwerdestelle gegeben sein.
30 Es ist daher festzustellen, dass es die Richtlinie 2002/22 für sich genommen nicht grundsätzlich untersagt, dass der nationale Gesetzgeber als nationale Regulierungsbehörde im Sinne der Rahmenrichtlinie tätig wird, sofern er bei der Erfüllung dieser Aufgabe die in den genannten Richtlinien vorgesehenen Voraussetzungen in Bezug auf Fachwissen, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Transparenz erfüllt und gegen die Entscheidungen, die er im Rahmen dieser Aufgabe erlässt, wirksame Rechtsbehelfe bei einer von den Beteiligten unabhängigen Beschwerdestelle gegeben sind.
31 Es ist daher Sache des Grondwettelijk Hof, zu prüfen, ob der belgische Gesetzgeber, wenn er im Bereich der elektronischen Kommunikationsdienste als nationale Regulierungsbehörde tätig wird, als eine nationale Regulierungsbehörde betrachtet werden kann, die alle in der Rahmenrichtlinie und der Richtlinie 2002/22 aufgestellten Voraussetzungen erfüllt."
Für Österreich käme der Gesetzgeber jedenfalls auch in Fragen des Universaldienstes nicht als Regulierungsbehörde in Betracht, hat doch der EuGH schon in der Rechtssache C-462/99 Connect Austria ausgesprochen, dass "ein Beschwerderecht wie das zum Verfassungsgerichtshof, das auf den Fall beschränkt ist, in dem der Beschwerdeführer behauptet, in einem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrags in seinen Rechten verletzt zu sein," nicht den Anforderungen der Vorgängerbestimmung des Art 4 RahmenRL entspricht.Abgesehen davon wäre im Hinblick auf die Zuständigkeiten des Gesetzgebers bei der Veräußerung von Republikseigentum auch keine Trennung der Aufgaben der "Regulierungsbehörde" von den Aufgaben im Zusammenhang mit der Verwaltung des Eigentums an den Unternehmen gegeben.
Zur Entschädigung für unzumutbare Belastungen aufgrund der Erbringung des Universaldienstes kommt der EuGH zum Ergebnis, dass die Regulierungsbehörde aufgrund von Schätzungen der Nettokosten des Universaldienstes nur eines Betreibers (im vorhinein) zwar davon ausgehen kann, "dass die Bereitstellung dieses Dienstes möglicherweise eine unzumutbare Belastung für die nunmehr zur Erbringung des Universaldienstes benannten Unternehmen" darstellt, dass sie aber nicht schon auf "auf der Grundlage derselben Berechnung" (Schätzung) feststellen kann, "dass diese Unternehmen aufgrund dieser Bereitstellung tatsächlich unzumutbar belastet sind, ohne zuvor eine besondere Untersuchung der Situation jedes dieser Unternehmen vorgenommen zu haben."
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