TW1 ist das einzige Fernsehprogramm eines österreichischen Rundfunkveranstalters, das weder dem Privatfernsehgesetz unterliegt, noch allen wesentlichen Bestimmungen des ORF-Gesetzes, vor allem auch nicht jenen, in denen der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF festgelegt ist (siehe dazu schon hier).
Auch der Auftrag, sich um Qualität zu bemühen(!), wie er in § 10 Abs 3 ORF-G für den ORF festgelegt ist, gilt für TW1 nicht. Dafür bemüht sich TW1-Geschäftsführer Professor Werner Mück um etwas anderes: den Umbau zum öffentlich-rechtlichen Sparten-Sender - und das seit einem Jahr, jedenfalls wird das in einer Presseaussendung von TW1 heute behauptet: "Vor einem Jahr", so heißt es dort, "hat mit der Übernahme der Geschäftsführung von TW1 durch Prof. Werner Mück ein grundlegender Umbau ... in Richtung öffentlich-rechtlicher Sparten-TV-Sender" begonnen.
Wie das im Detail aussieht, kann man - wenn man wie ich gerade Urlaub hat und das Wetter schlecht ist - an den laufenden TW1-Produktionen gut erkennen (eine Auswahl davon gibt es nicht nur auf der TW1-Seite, sondern auch - von einem Produzenten dort eingestellt - auf YouTube); empfehlenswert sind zB die "Haus&Bau"-Sendungen, in denen kritisch und unabhängig über tolle Innovationen berichtet wird, zufälligerweise von jenen Unternehmen, die die Sendung auch unterstützen (zB hier).
Aber nachdem nun ja klar ist, dass auch Dokumentationen im öffentlich-rechtlichen ORF 1 inhaltlich dadurch bestimmt werden, wer zur Entstehung einen finanziellen Beitrag leistet, ist TW1 vielleicht wirklich nicht mehr allzu weit von diesem Verständnis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entfernt ("rund um die Uhr Promotionmöglichkeiten" heißt es auf der TW1-Website, ein wenig in Verkennung des Umstandes, dass TW1 gar nicht rund um die Uhr sendet).
Die Presseaussendung von TW1 (mit einer Einladung zu einer Pressekonferenz am 14.1.) demonstriert eindrucksvoll einen Stille Post-Effekt - bei Professor Mück ist nämlich Folgendes angekommen:
"... verfolgt TW1 NEU die in der ORF-Gesetznovelle 2007 vorgesehene Umwandlung in einen öffentlich-rechtlichen Spartensender für Information und Kultur."Gemeint ist wahrscheinlich die Novelle BGBl I 2007/52, die aber - wie auch die zweite ORF-G-Novelle des Jahres 2007 - keine Bestimmungen enthält, aus denen das in der TW1-Aussendung Behauptete entnommen werden könnte.
Was Mück wahrscheinlich meint, ist eine Feststellung im Bericht des Verfassungsausschusses zu dieser Novellierung. Dort heißt es:
„Ferner beschloss der Verfassungsausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellungen:
Der Ausschuss stellt fest, dass gemäß Regierungsprogramm nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben TW1 ehest möglich zu einem öffentlich rechtlich finanzierten Spartenkanal umgewandelt werden soll, dessen Programm insbesondere Information, Kultur und Wissenschaft umfassen soll.“
Was der Ausschuss feststellt, hat freilich keine Gesetzeskraft. Abgesehen davon ist die Feststellung nicht einmal richtig. Im Regierungsprogramm steht nämlich Folgendes:
„Falls der Spartenkanal TW 1 öffentlich-rechtlich finanziert werden soll, so besteht die Möglichkeit, ihn zu einem Spartenkanal, für Kultur und Information umzubauen.“
Gut, dass für TW1 auch das Gebot zur umfassenden und objektiven Information (§ 10 Abs 4 ORF-G) nicht gilt!
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