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Tuesday, February 05, 2013

Regulierungsbehörden und neue Verwaltungsgerichtsbarkeit: die Begutachtungsentwürfe

Im vergangenen November habe ich eine erste Übersicht über absehbare Auswirkungen der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf die Regulierungsbehörden (vor allem im Telekom- und Rundfunkbereich) geschrieben (hier). Mittlerweile haben sowohl das Bundeskanzleramt als auch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Ministerialentwürfe für "Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetze" zur Begutachtung versandt und der Nationalrat hat das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 beschlossen, sodass eine kurze Zwischen-Bestandsaufnahme angebracht ist.

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz
Am Grundkonzept, wie im vorigen Blogpost zu diesem Thema beschrieben, hat sich natürlich nichts geändert. Das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz (Nationalratsbeschluss mit den gekennzeichneten Änderungen gegenüber der Fassung nach dem Ausschussbericht) wird am kommenden Donnerstag die Zustimmung des Bundesrates finden  - damit ist dann das allgemeine Verfahrensrecht für die Verwaltungsgerichte samt den damit zusammenhängenden Änderungen insbesondere des Verwaltungsgerichtshofgesetzes sowie der Verwaltungsverfahrensgesetze (bis auf weiteres) fixiert - Inkrafttreten mit 01.01.2014 (Update: kundgemacht am 13.02.2013 mit BGBl I 2013/33) .

Das Verfahrensrecht für die Verwaltungsgerichte wird im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (zur etwas deutlicheren Bezeichnung "Verwaltungsprozessordnung" konnte man sich nicht durchringen), nur in geringem Umfang können Materiengesetze dann noch Sonderregelungen enthalten. Hier hervorzuheben ist, dass im Plenum des Nationalrates die Beschwerdefrist von den ursprünglich vorgesehenen zwei Wochen (entsprechend der bisherigen Berufungsfrist nach dem AVG) auf vier Wochen verlängert wurde, was den Betroffenen gerade bei Beschwerden in den oft komplexen Regulierungsangelegenheiten die Arbeit sicher erleichtert. Abweichungen von den grundsätzlichen Regelungen, wonach die neuen erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte durch Einzelrichter entscheiden und Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden aufschiebende Wirkung haben, sind in den Materiengesetzen zu Regulierungsangelegenheiten zu erwarten.

Rundfunkregulierung
Nach Art 151 Abs 51 Z 8 in Verbindung mit Z 27 der Anlage zum B-VG (BGBl I 2012/51) wird der Bundeskommunikationssenat mit 01.01.2014 aufgelöst. Dann bei ihm anhängige Verfahren gehen auf das Bundesverwaltungsgericht über. Der vom Bundeskanzleramt nun zur Begutachtung versandte Entwurf für ein Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz, das ORF- Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz und das Parteiengesetz geändert werden (Gesetzestext, Erläuterungen), sieht daher den Wegfall der Regeln über den Bundeskommunikationssenat im KommAustria-Gesetz vor; stattdessen wird festgelegt, dass das Bundesverwaltungsgericht in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist, durch Senat zu entscheiden hat (§ 36 KOG in der Entwurfsfassung) und dass dem Bundesverwaltungsgericht die der KommAustria in erster Instanz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse als Regulierungsbehörde ebenfalls zustehen (§ 37 KOG in der Entwurfsfassung). Diese Ergänzung zielt nach den Erläuterungen "darauf ab, dem Bundesverwaltungsgericht im selben Ausmaß jene verfahrensrechtlichen Sonderbefugnisse zukommen zu lassen, die – ratione materiae – auch der KommAustria als Regulierungsbehörde schon bislang über den Rahmen des AVG hinaus in sondergesetzlichen Bestimmungen eingeräumt sind. Es betrifft dies insbesondere die Absicherung umfassender Auskunfts- und Ermittlungsbefugnisse (vgl. z.B. § 36 Abs. 4, § 38a Abs. 3, § 38b Abs. 2, § 40 Abs. 5 ORF-G)". Beibehalten wird auch, dass nach § 39 KOG Rechtsmittel (in Zukunft: Beschwerden) gegen bestimmte Entscheidungen der KommAustria abweichend von bisher § 64 AVG, in Zukunft § 13 VwGVG keine aufschiebende Wirkung haben, was im Wesentlichen unionsrechtlich (Art 4 RahmenRL) begründet ist  [Update 01.03.2013: siehe nun auch die Regierungsvorlage 2169 BlgNR 24.GP].

Telekomregulierung
Auch das BMVIT hat einen Begutachtungsentwurf für Anpassungen an die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Begutachtung versandt: das "Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie" (Gesetzestext, Erläuterungen). Die Telekom-Control-Kommission hat - da ihr nur erstinstanzliche Zuständigkeiten zukamen - den Kahlschlag der Auflösung von rund 120 Sonderbehörden durch BGBl I 2012/51 überstanden und bleibt zentrale Regulierungsbehörde nach dem TKG. Anstelle des bisherigen Rechtszugs direkt zum Verwaltungsgerichtshof wird ab 01.01.2013 die Beschwerde aber an das Bundesverwaltungsgericht zu richten sein, das - wie schon bei Angelegenheiten der Rundfunkreglierung - in Senaten zu entscheiden hat (§ 121a Abs 2 TKG 203 in der Entwurfsfassung; allerdings nur, wenn sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung der Telekom-Control-Kommission richtet, nicht bei Beschwerden gegen Bescheide der RTR-GmbH). Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörden nach dem TKG 2003 (also auch der RTR-GmbH) haben nach § 121a Abs 1 TKG 203 in der Entwurfsfassung "abweichend von § 14 [richtig § 13] VwGVG" keine aufschiebende Wirkung.

Bemerkenswert ist, dass das nach § 121 Abs 4 TKG 2003 vorgesehene Neuerungsverbot nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor der Regulierungsbehörde auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gelten soll (§ 121a Abs 3 TKG 2003 in der Entwurfsfassung). [Update 01.03.2013: siehe nun auch die Regierungsvorlage 2194 BlgNR 24. GP]

Postregulierung
Für den Bereich der Postreglierung gilt im Wesentlichen dasselbe wie für die Telekomregulierung: Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch Senat (wenn die Post-Control-Kommission belangte Behörde ist), keine aufschiebende Wirkung von Beschwerden, Neuerungsverbot auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (§ 44a Postmarktgesetz in der Entwurfsfassung) [Update 01.03.2013: siehe nun auch die Regierungsvorlage 2194 BlgNR 24. GP]

Eisenbahnregulierung - oder:
Die Schienen-Control Kommission ist tot, es lebe die Schienen-Control Kommission

Anders als Post-Control-Kommission und Telekom-Control-Kommission hat die Schienen-Control Kommission den Kahlschlag durch BGBl I 2012/51 nicht überlebt: Nach Art 151 Abs 51 Z 8 in Verbindung mit Z 8 der Anlage zum B-VG (BGBl I 2012/51) wird sie nämlich mit 01.01.2014 aufgelöst. Die dahinterliegende Überlegung war, dass die Schienen-Control Kommission nicht nur (wenn auch überwiegend) erstinstanzliche Zuständigkeiten hatte, sondern auch Berufungsbehörde über Entscheidungen der Schienen-Control GmbH war.

Da man aber auch in Zukunft eine Regulierungsbehörde im Eisenbahnbereich braucht, die jene Aufgaben fortführt, die der Schienen-Control Kommission bisher erstinstanzlich übertragen waren, muss eine neue Behörde geschaffen werden. Im Begutachtungsentwurf für das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMVIT (Gesetzestext, Erläuterungen) ist nun vorgesehen, dass dafür wieder eine Schienen-Control Kommission zu errichten ist. In den Erläuterungen heißt es dazu :
Um zu vermeiden, dass es keine den Vorgaben entsprechende Regulierungsstelle in Österreich mehr gibt [...], wird hier vorgeschlagen, die mit 1. Jänner 2014 aufgelöste Schienen-Control Kommission durch eine gleichartige und mit denselben Aufgaben versehene Behörde mit derselben Bezeichnung zu ersetzen. Um einen reibungslosen Übergang von der aufzulösenden Schienen-Control Kommission auf die neu einzurichtende Schienen-Control Kommission zu ermöglichen, ist vorgesehen, dass die derzeitigen Mitglieder der aufzulösenden Schienen-Control Kommission bis zum Ablauf der Dauer ihrer Bestellung Mitglieder der neu einzurichtenden Schienen-Control Kommission sein werden. 
Auch Beschwerden gegen Entscheidungen der neuen (=alten) Schienen-Control Kommission sollen keine aufschiebende Wirkung haben und in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht soll eine Art Neuerungsverbot zum Tragen kommen: "Neue Tatsachen oder Beweise können in einer Beschwerde gegen einen Bescheid der Schienen-Control Kommission nur insofern vorgebracht werden, als sie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorbringen konnte" (§ 84 Eisenbahngesetz in der Entwurfsfassung). Dasselbe gilt auch für Beschwerden gegen Bescheide der Schienen-Control GmbH (§ 78 Eisenbahngesetz in der Entwurfsfassung). Anders als bei Beschwerden gegen Entscheidungen der KommAustria, der Telekom-Control-Kommission oder der Post-Control-Kommission sieht der Entwurf bei Beschwerden gegen Bescheide der Schienen-Control Kommission (wie auch der Schienen-Control GmbH) nicht vor, dass das Bundesverwaltungsgericht durch Senate zu entscheiden hätte. [Update 01/03.03.2013: nach der Regierungsvorlage 2194 BlgNR 24. GP soll nicht ausdrücklich das Bundesverwaltungsgericht, sondern bloß das "Verwaltungsgericht" zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide der Schienen-Control Kommission und der Schienen-Control GmbH zuständig sein - ob damit das Bundes- oder Landesverwaltungsgericht bezeichnet wird, soll in Anwendung des Art 131 B-VG in der ab 1.1.2014 geltenden Fassung dann wohl von der Rechtsprechung geklärt werden.]

Energieregulierung
Das Wirtschaftsministerium hat noch keinen Entwurf für die Anpassung an die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit versandt.
Update 08.03.2013: nun hat auch das BMWFJ einen Entwurf zur Anpassung an die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Begutachtung versandt (Gesetzestext, Erläuterungen, WFA); interessant ist dabei, dass die sukzessive Gerichtszuständigkeit in Schlichtungsangelegenheiten nach § 12 Abs 1 Z 2 und 3 E-Control-Gesetz neuerlich unverändert - und unverändert mit Verfassungsbestimmung - vorgesehen wird, obwohl Art 94 Abs 2 B-VG ab 01.01.2014 einen echten Instanzenzug von der Regulierungsbehörde zu den ordentlichen Gerichten ermöglichen würde. Außerdem wird der "interne Instanzenzug" vom Vorstand zur Regulierungskommission bei Entscheidungen über die Feststellung der Kostenbasis nach § 9 Abs 2 E-Control-Gesetz aufgegeben; auch gegen diese Bescheide des Vorstands ist dann unmittelbar die Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig.

Finanzmarktaufsicht
Auch der Entwurf für das "Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz - Bundesministerium für Finanzen" (Gesetzestext, Erläuterungen) sieht vor, dass Beschwerden gegen Bescheide der FMA keine aufschiebende Wirkung zukommt und dass das Bundesverwaltungsgericht durch Senat zu entscheiden hat (§ 22 Abs 2 und Abs 2a FMABG in der Entwurfsfassung); zur aufschiebenden Wirkung sagen die Erläuterungen
Eine grundsätzlich aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln nach nationalem Verfahrensrecht birgt in diesem Zusammenhang die Gefahr, die genannten Regulierungsziele zu vereiteln, indem eine verspätet vollziehbare Aufsichtsmaßnahme das europarechtlich vorgegebene Regulierungsziel aufgrund der Volatilität des Finanzmarktes nicht mehr erreichen kann oder zumindest das Ziel eines gleichmäßiges aufsichtsrechtlichen Vorgehens in ganz Europa untergräbt. Eine solche Folge wäre als Verstoß gegen das europäische Effektivitätsprinzip in Gestalt des Vereitelungsverbots zu werten.
Außerdem sieht der Entwurf vor, dass über eine Beschwerde gegen Bescheide der FMA, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen, innerhalb der Frist zu erkennen ist, innerhalb der in erster Instanz zu entscheiden ist, spätestens jedoch nach sechs Monaten (§ 22 Abs 2a FMABG in der Entwurfsfassung). Damit soll, so die Erläuterugen, "eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes des Bundes durch Senat binnen angemessen kurzer Fristen sichergestellt werden, um eine gegenüber der bisherigen Rechtslage deutlich längere gerichtliche Klärung von Rechtsstreitigkeiten wegen Bescheiden der FMA zu vermeiden." [Update 01.03.2013: siehe nun auch die Regierungsvorlage 2196 BlgNR 24. GP] 

Datenschutz
Eigentlich kein Regulierungsthema im engeren Sinne, aber weil auch die Datenschutzkommission mit 01.01.2014 aufgelöst wird (Art 151 Abs 51 Z 8 in Verbindung mit Z 25 der Anlage zum B-VG idF BGBl I 2012/51), und diese zugleich bisher Aufgaben hatte, die als erstinstanzliche Tätigkeiten nicht auf das Bundesverwaltungsgericht übergehen können, sei hier noch darauf verwiesen, dass auch eine Entwurf für eine Novelle zum Datenschutzgesetz 2000 derzeit in Begutachtung ist (Gesetzestext, Erläuterungen).

Anders als bei der Schienen-Control Kommission soll die Datenschutzkommission am 01.01.2014 nicht zugleich Begräbnis und Wiederauferstehung feiern, vielmehr wird eine neue Datenschutzbehörde eingerichtet, die den überraschend nüchternen, geradezu generischen Namen "Datenschutzbehörde" haben soll (wäre die Datenschutzbehörde im Wirkungsbereich des BMVIT einzurichten, wäre sie wohl als Data-Control-Kommission bezeichnet worden, obwohl der Begriff "[data] controller" nach Art 2 lit b der DatenschutzRL  den "für die Verarbeitung Verantortlichen" bezeichnet, also nicht die Kontrollstelle iSd Art 28 der DatenschutzRL [englisch: supervisory authority]; zur Geschichte der "Control-Kommissionen" siehe im Blog hier).

Besonderheit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach dem Entwurf zur DSG-Novelle soll sein, dass das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegene Bescheide der Datenschutzbehörde im Senat zu entscheiden hat, dem allerdings "fachkundige Laienrichter" aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer anzugehören haben, vorgeschlagen von Wirtschafts- bzw Arbeiterkammer. Das Datenschutzrecht bleibt also gewissermaßen als Refugium der Sozialpartner, auch wenn sich natürlich nicht alle zu entscheidenden Fragen im Datenschutzrecht im Zusammenhang mit der Arbeitswelt auftun werden.[Update: siehe nun - im Wesentlichen unverändert - die Regierungsvorlage 2168 BlgNR 24. GP]

Monday, December 10, 2012

Diesmal keine stille Lösung: Wird die Bundeswettbewerbsbehörde bei der Yesss!-Übernahme durch die TA "von Anwälten bedroht"?

Wie immer man die vom Kartellgericht (nicht rechtskräftig) genehmigte Übernahme des Mobilfunkers Yesss! durch die A1 Telekom Austria AG (Zusammenschlussanmeldung) sehen mag, eines scheint klar: nach einer "stillen Lösung" zwischen Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und Telekom Austria (TA) sieht es derzeit nicht gerade aus (was sicher nicht daran liegt, dass der Generaldirektor der BWB bei der TA einen ihm persönlich vertrauten Ansprechpartner nach Bekanntwerden eines eher informellen Mails verloren hat).

Darauf deutet jedenfalls die interessante Pressearbeit der BWB hin*), die nun zu einem etwas aufgeregten Bericht im Wirtschaftsblatt geführt hat - wohl nicht zufällig ausgerechnet am Beginn jener Woche, in der die EU-Kommission ihre (erwartet: positive) Entscheidung zur Übernahme von Orange Austria durch Hutchison 3G Austria - dem Kernstück des Gesamtdeals - bekanntgeben wird.

Der Artikel im Wirtschaftsblatt beginnt recht dramatisch: "Im Übernahmepoker um Orange/Hutchison und Telekom Austria/Yesss verschärfen sich die Fronten. Wie das WirtschaftsBlatt erfahren hat, wurde die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) im Verfahren Telekom/Yesss von Anwälten der beteiligten Unternehmen bedroht."

Wer jetzt aber an eine gefährliche Drohung (§ 74 Abs 1 Z 5 StGB) denkt, liegt ziemlich falsch: das Drohpotenzial erschöpft sich offenbar in der Ankündigung möglicher Amtshaftungsklagen, falls die BWB Rekurs gegen den - den Zusammenschluss genehmigenden - Beschluss des Kartellgerichts erheben sollte. Außerdem, so wird der Sprecher der BWB weiter zitiert, habe "man" (wer immer das sein mag, Namen werden nicht genannt) "schon verhohlen mit dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs gedroht, falls wir daran denken ein Rechtsmittel zu ergreifen".

Amtsmissbrauch durch Rekurserhebung?
Nun bin ich nicht sicher, ob der BWB-Sprecher die ihm zugeschriebenen Zitate autorisiert hat (angesichts der professionellen Beratung würde ich das zwar grundsätzlich annehmen, angesichts des Inhalts der Zitate aber eher nicht), aber eine "Drohung" mit dem "Vorwurf des Amtsmissbrauchs" (§ 302 StGB) - sollte es sie tatsächlich gegeben haben - könnte wohl niemandem in der BWB begründete Besorgnisse einflößen. Das Delikt des Amtsmissbrauchs setzt nämlich Schädigungsvorsatz und wissentlichen Befugnismissbrauch voraus - und da wäre ich doch sehr neugierig, wo man im Fall der Erhebung eines Rechtsmittels dafür irgendwelche Anhaltspunkte finden könnte.

Ich neige daher zur Annahme, dass das mit dem Amtsmissbrauch missverstanden wurde und eigentlich - wie in zwei anderen Zitaten des BWB-Sprechers - Amtshaftung gemeint war. Nach dem Amtshaftungsgesetz haftet (ua) der Bund, "nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als [seine] Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben".

Amtshaftung wegen Rekurserhebung?
Ein etwaiger Amtshaftungsanspruch wegen eines von der BWB erhobenen Rekurses könnte sich nur auf jenen Schaden richten, der sich aus der Verzögerung der Durchführung des Zusammenschlusses aufgrund des Rechtsmittelverfahrens ergeben könnte. Zudem müsste das Handeln der Organe der BWB rechtswidrig sein, was bei der Erhebung eines der BWB offen stehenden Rechtsmittels zunächst einmal nicht anzunehmen ist und nur bei von vornherein aussichtsloser und schlechthin mutwilliger Verfahrensführung in Betracht käme. In der ständigen Rechtsprechung des OGH werden die Voraussetzungen für den Ersatz eines Schadens wegen Verfahrensführung recht eng gefasst (hier zitiert aus dem Beschluss vom 13.03.2008, 6 Ob 18/08b):
"Ersatz eines aufgrund einer Verfahrensführung erlittenen Schadens kann nur dann in Frage kommen, wenn der, der später das Verfahren verliert, wusste oder wissen musste, dass sein Rechtsstandpunkt entweder den tatsächlichen Voraussetzungen entbehrte oder von vornherein unhaltbar war, dessen ungeachtet jedoch das Verfahren führte, um für sich irgendeinen Vorteil zu erreichen (vgl RIS-Justiz RS0020727); der von ihm eingenommene Rechtsstandpunkt musste bei zumutbarer Aufmerksamkeit als schlechthin aussichtslos erscheinen beziehungsweise musste das Verfahren überhaupt wider besseres Wissen oder mutwillig geführt worden sein (1 Ob 223/03f; ebenso RIS-Justiz RS0022854, RS0022840); dabei ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen und vor allem zu berücksichtigen, dass das Recht eines jeden, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe des Gerichts oder der sonst zuständigen Behörde in Anspruch zu nehmen, nicht mit einer abschreckenden Verantwortlichkeit für die Rechtsverteidigung belastet werden darf (RIS-Justiz RS0022796, RS0022781; 5 Ob 261/02x = MietSlg 54.176)."
Auch die behauptete "Drohung" mit Amtshaftungsklagen für den Fall, dass die BWB ein Rechtsmittel erhebt, scheint daher nur sehr begrenzt als "Einschüchterungsversuch" (so das Wirtschaftsblatt) tauglich. Dass der Sprecher der BWB es noch nie erlebt hat, dass der Behörde "schon prophylaktisch mit Amtshaftungsklage" gedroht werde, verwundert mich übrigens auch ein wenig - das Ankündigen möglicher Amtshaftungsfolgen für den Fall einer missliebigen behördlichen Entscheidung würde ich durchaus zum Standardrepertoire anwaltlicher Argumentationsmuster zählen (genauso wie man einen Vertragspartner, von dem man vertragswidriges Verhalten befürchtet, auf die möglichen Schadenersatzansprüche hinweist)

Das heißt natürlich nicht, dass die beteiligten Unternehmen die Lage ganz entspannt sehen dürften - immerhin hängt laut Medienberichten der gesamte Deal der Orange-Übernahme durch Hutchison auch an der Bedingung, dass die Yesss!-Übernahme durch die TA genehmigt wird. Trotz der für diese Woche zu erwartenden Genehmigung der EU-Kommission für die Orange-Übernahme durch Hutchison könnte der Gesamtdeal daher noch durch einen Rekurs der BWB und/oder des Bundeskartellanwaltes gegen die kartelllgerichtliche Genehmigung des Yesss!-Übernahme verzögert werden (oder gar - wenn der OGH als Kartellobergericht einem Rekurs Folge gibt - scheitern).

Die von den beteiligten Unternehmen angestrebte "Konsolidierung" des österreichischen Mobilfunkmarktes hätte auch eine gewisse Signalwirkung; zumindest wird das bei der New York Times so gesehen (die NYT meint allerdings auch, dass der Deal nun die Anforderungen der BWB erfülle). Was man sich von einem konsolidierten Markt erwartet, hat auch der einzige nicht direkt in den Deal eingebundene österreichische Mobilnetzbetreiber zuletzt recht deutlich gemacht: der neue CEO erzählt gerne von einer "die gesamte österreichische Mobilfunkbranche" betreffenden Ertragsschwäche, für die die Verantwortung "zu einem guten Teil bei der Branche selbst liege"; die Firmen stünden heute "alle gemeinsam vor einem Scherbenhaufen und fragen sich, was sollen wir tun". Wie eine Antwort darauf aussehen könnte, teilt er der Presse auch gerne mit: "Zwei Euro mehr pro Kunde, und T-Mobile hat keine Probleme" heißt es da zum Beispiel, oder "Abkehr vom All-inclusive-Tarif". Man kann gespannt sein, ob die Wettbewerber - egal ob der Orange/Hutchison-Deal durchgeht - die Signale aufnehmen.

Verfahren vor der EU-Kommission:
Im Zusammenschlussfall M 6.497 Hutchison 3G Austria / Orange Austria läuft die verlängerte Entscheidungsfrist der Kommission am 21.12.2012 aus. Die Entscheidung der Kommission dürfte diese Woche fallen; nach weiteren Zugeständnissen von Hutchison im Frequenzbereich wird allgemein eine Genehmigung durch die Kommission erwartet (siehe etwa den Bericht bei Reuters oder in der NYT). Die von Hutchison am 11.11.2012 abgegebene Verpflichtungserklärung gegenüber der EU-Kommission ist übrigens als Anlage zu einem Maßnahmenentwurf der Telekom-Control-Kommission im Web veröffentlicht.
Update 12.12.2012: erwartungsgemäß hat die Kommission heute die Übernahme unter Auflagen genehmigt (Pressemitteilung der Kommission); bedauerlich ist, dass wieder einmal die falsche Behörde genannt wird, die in Östtereich die Frequenzversteigerung vornehmen wird: das wird natürlich nicht die RTR, sondern die Telekom-Control-Kommission sein..

Verfahren vor der Telekom-Control-Kommission:
Weiters ist auch ein Verfahren zur Genehmigung einer wesentlichen Änderung der Eigentümerstruktur der Orange Austria aufgrund der Übernahme durch Hutchison 3G Austria gemäß § 56 Abs 2 TKG 2003 vor der Telekom-Control-Kommission (TKK) anhängig. Die TKK hat dazu am 28.11.2012 den Entwurf einer Vollziehungshandlung veröffentlicht, zu dem "bis spätestens 10.12.2012 (12:00 Uhr, einlangend bei der Behörde)" Stellung genommen werden kann - auch die Entscheidung der TKK dürfte daher in dieser Woche (wohl zeitlich abgestimmt mit der EU-Kommission) fallen; nach dem veröffentlichten Entwurf ist die Genehmigung zu erwarten (aber natürlich nicht sicher, solange die endgültige Entscheidung nicht getroffen und zugestellt ist). Der Entwurf der Vollziehungshandlung enthält übrigens auf Seite 10 wieder einmal eine recht nützliche Übersicht über die aktuelle Frequenzausstattung der österreichischen Mobilnetzbetreiber und wie sich diese nach der geplanten Fusion ändern würde.

Update 14.12.2012: Mit Bescheid der TKK vom 13.12.2012, F 1/12-59, wurde die wesentliche Änderung der Eigentümerstruktur genehmigt. Außderdem erfolgte mit Bescheid der TKK vom 13.12.2012, F 6/12-9 (zu den Anlagen siehe hier), die Genehmigung von Frequenzüberlassungen zwischen Orange Austria, Hutchison 3G Austria, 3G Mobile und A1 Telekom Austria, die im Zusammenhang mit der Übernahme der Yesss! durch dei TA stehen; außerdem sollen die Überlassungen eine Defragmentierung des Spektrums der beteiligten Mobilnetzbetreiber bewirken.

Update 21.12.2012: Haben die "Drohungen" gewirkt? Die Bundeswettbewerbsbehörde hat jedenfalls heute erklärt, keinen Rekurs gegen den Beschluss des Kartellgerichts zur Genehmigung der Übernahme von Yesss! durch die Telekom Austria einzubringen. Von den noch vor zehn Tagen so dunkel beschworenen "Drohungen" liest man heute allerdings nichts mehr. Die Begründung der BWB, weshalb sie auf den Rekurs verzichtet, klingt aber doch ein wenig trotzig: Die Entscheidung des Kartellgerichts, so wird die BWB in den Medien zitiert, sei "zwar mangelhaft, jedoch vor dem Kartellobergericht (OGH) nicht mit Aussicht auf Erfolg bekämpfbar". Diese Einstellung - "egal was das Gericht sagt, ich habe Recht" - kennt man sonst eher von "Personen mit verdichtetem Rechtsbewusstsein" als von staatlichen Behörden (aber die BWB tat sich ja auch schon mit anderen Entscheidungen des Kartellgerichts recht schwer).
Eine nachvollziehbare und schlüssig begründete Erklärung, weshalb er keinen Rekurs erhebt, gibt übrigens der Bundeskartellanwalt (der ebenso wie die BWB als Amtspartei berechtigt wäre, das Rechtsmittel zu ergreifen).

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*) die BWB wird "strategisch in allen Kommunikationsfragen" von einer professionellen - auch in Sachen Litigation PR aktiven - Agentur beraten.

Saturday, December 31, 2011

Kleiner Nachtrag zu den "Kontroll"-Behörden

Vor etwa einem Monat habe ich - aus damals aktuellem Anlass - hier zu erklären versucht, weshalb manche österreichische Regulierungsbehörden einen etwas merkwürdigen Namen mit "Control" in der Mitte tragen; außerdem habe ich mich verwundert gezeigt, dass die Behördenbezeichnungen in den Medien sehr häufig falsch geschrieben werden ("Kontroll-").

Ein Leser meines Blogs hat mir nun ein Urteil zukommen lassen, das zeigt, dass sich auch Richter gelegentlich mit den Behördenbezeichnungen schwer tun. In diesem Urteil eines Einzelrichters des Landesgerichts Klagenfurt, das schon vor rund zehn Jahren (09.08.2001) erlassen wurde, wird die (damalige) Elektrizitäts-Control-Kommission konsequent als "Elektrizitätskontrollkommission" bezeichnet, was an einer Stelle dann auch begründet wird:
"[...] die Elektrizitätskontrollkommission (im Gesetzestext: Elektrizitäts-"Control"-Kommission; die Verwendung des englischen Begriffes "Control" ist mit Rücksicht auf Art 8 B-VG und im Hinblick darauf, dass es sich nicht um eine ausländische, sondern [...] österreichische Einrichtung handelt, nicht verständlich)." 
Nun würde ich Art 8 B-VG, der die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, als Staatssprache der Republik festlegt, nicht zwingend dahin interpretieren, dass Behördenbezeichnungen immer und ausschließlich Begriffe der deutschen Sprache verwenden müssten - aber (rechtlich) interessant an den wohl eher persönlich motivierten Ausführungen des damals erkennenden Richters (die genaue Schreibweise der Behörde war nicht entscheidungserheblich) ist eher, dass die Elektrizitäts-Control-Kommission damals ausdrücklich mit mehreren Verfassungsbestimmungen (zB hier) in der Verfassung verankert war, also juristisch auf gleicher Ebene wie Art 8 B-VG.

Aber in Kärnten hat es mit der deutschen Sprache wohl eine besondere Bewandtnis, denn wie schrieb etwa der vor kurzem verstorbene Kärntner Schriftsteller Werner Kofler in einer Miniatur mit dem Titel "auf der behörde":
"nix
tua ma nix
umanonda-tischkarirn
nix, do
wer ma nit long
umanonda-tischkarirn
mir red ma
deitsch"
PS: und jetzt schick ich das/ Blog  wirklich in eine kleine Winterpause, wie ich sie schon anlässlich meines vorletzten Blogposts angekündigt habe.

Tuesday, September 04, 2007

Generische Gesetze und Gleitpfade: mobile Terminierung (revisited)

Die Telekom-Control-Kommission hat heute die Entwürfe für die geplanten Entscheidungen über die Terminierung in Mobilnetzen vorgestellt (siehe hier, bzw direkt zu den Maßnahmenentwürfen betreffend Hutchison 3G, T-Mobile Austria, Mobilkom bzw One).
Die Entwürfe stehen nun bis 28. September 2007 zur Konsultation; nach der Pressemitteilung der Regulierungsbehörde ist die endgültige Entscheidung Mitte Oktober 2007 zu erwarten.

Die Kernelemente der Maßnahmenentwürfe (insbesondere die vorgesehenen Mobile Termination Rates) sind in der Pressemitteilung sowie in einer Präsentation des Geschäftsführers der Geschäftsstelle der Telekom-Control-Kommission zusammengefasst. Demnach sollen ab 1. Juli 2007 die Mobilterminierungsentgelte im Bereich zwischen 5,91 Cent (Mobilkom) und 11,86 Cent (Hutchison 3G) liegen, ab 1.1.2009 ist ein einheitliches Mobilterminierungsentgelt für alle Netze mit 5,72 Cent vorgesehen.

Inhaltlich muss ich mich aus naheliegenden Gründen (da nicht auszuschließen ist, dass die endgültigen Entscheidungen der Regulierungsbehörde mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden könnten) jeglicher Anmerkung zu den Entwürfen enthalten. Dafür kann ich wieder zwei neue Fachbegriffe in mein Vokabular aufnehmen: den "generischen Gleitpfad" (siehe Seite 9 der Präsentation) und die "generischen gesetzlichen Verpflichtungen" (siehe zB Seite 106 des Mobilkom-Entwurfs).

Tuesday, June 26, 2007

EuGH: ist die Telekom-Control-Kommission eine GmbH?

Die unübersichtliche Landschaft der österreichischen Regulierungsbehörden verwirrt regelmäßig die StudentInnen, denen ich in der Vorlesung die Grundzüge des Telekommunikationsrechts - und dazu gehören eben auch Kenntnisse über die Regulierungsbehörden - zu vermitteln versuche.
Aber wahrscheinlich sollte ich diesbezüglich nicht allzu streng sein: denn nicht einmal der EuGH blickt wirklich durch.

In seinem heute verkündeten Urteil in der Rechtssache C-284/04 (T-Mobile Austria GmbH ua gegen Österreich) legt der EuGH nämlich auch kurz die nationale österreichische Rechtslage für das Ausgangsverfahren dar; er schließt diesen Abschnitt (der sich auf die Rechtslage im Jahr 2000 bezieht) mit dem bemerkenswerten Satz:
"Nach den §§ 108 und 109 TKG wird die TCK [Telekom-Control-Kommission] durch eine Gesellschaft gebildet, die Telekom-Control GmbH, deren einziger Gesellschafter der österreichische Staat ist."
Verfahrenssprache war Deutsch, daher sollte es sich eigentlich nicht um einen Übersetzungsfehler handeln. Sicherheitshalber habe ich aber auch die französische und englische Sprachfassung angeschaut, diese lauten wie folgt:
"Conformément aux articles 108 et 109 du TKG, la TCK est constituée sous la forme d’une société, la Telekom-Control GmbH, dont l’État autrichien est l’associé unique."
"In accordance with Paragraphs 108 and 109 of the TKG, the TCK takes the form of a company, Telekom-Control GmbH, the sole shareholder in which is the Austrian State."

Für die Entscheidung in der aktuellen Rechtssache hatte dieses Verständnis der Telekom-Control-Kommission als einer GmbH keine Bedeutung - aber der nationalen Politik, die auf Regierungsebene ohnehin die Schaffung einer einheitlichen Telekommunikations- und Medienbehörde plant (angeblich; es steht zumindest so im Regierungsprogramm) sollte das schon zu denken geben.
Und für mich: Wenn nicht einmal den akribischen Damen und Herren des EuGH zu vermitteln ist, wie die Regulierungsbehörden bei uns organisiert sind, was kann ich dann von meinen armen StudentInnen verlangen?

Nur ein kurzes PS zum Urteil: wenig überraschend hat der EuGH darin ausgesprochen, dass die Zuteilung von Frequenznutzungsrechten durch die Regulierungsbehörden (auch im Weg der Versteigerung) keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art 4 Abs 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie darstellt - für die gezahlten Frequenznutzungsentgelte können die Betreiber daher auch keine Vorsteuer abziehen (ein Parallelfall, Rs-C 369/04, Hutchison 3G UK Ltd, wurde in gleicher Weise entschieden).

Monday, March 26, 2007

sic transit ...

Wenn es um Transit geht, hört sich in Österreich der Spaß auf - und Meinungsverschiedenheiten mit der Europäischen Kommission landen da nicht selten beim EuGH (zB C-393/03 R, C-445/00, C-205/98 ua). Das Überraschende daran: nicht nur der alpenquerende Transitverkehr mit Lastkraftwagen wurde zum Streitfall, auch die "Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz" (Markt 10 der Märkteempfehlung) sorgten für einige Verstimmung zwischen Österreich und der Kommission - und für ein Verfahren beim EuGH.

Schon im Jahr 2004 war die Telekom-Control-Kommission zum Ergebnis gekommen, dass auf dem Transit-Markt effektiver Wettbewerb bestehe - und sie wollte die bestehenden Verpflichtungen der Telekom Austria AG auf diesem Markt aufheben (Konsultationsdokument vom 20.7.2004). Die Europäische Kommission hatte Bedenken - vor allem wegen der Marktabgrenzung - und leitete im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 7 der Rahmenrichtlinie zunächst das Phase 2-Verfahren ein ("serious doubts letter" vom 20.8.2004). In der Folge kam es zu einem sogenannten "Veto" nach Artikel 7 Abs 4 der RahmenRL, dh die Telekom-Control-Kommission wurde zur Rücknahme des Maßnahmenentwurfs aufgefordert (Entscheidung vom 20.10.2004, AT/2004/0090).

Was nun? Die Telekom-Control-Kommission konnte gegen das "Veto" der Europäischen Kommission den Entwurf nicht beschließen - und ändern wollte sie ihn auch nicht. Also legte sie dem EuGH die Frage vor, ob die Entscheidung der Kommission überhaupt gültig sei. Der EuGH gab darauf allerdings keine Antwort, da er schon er die Zulässigkeit der Frage verneinte (C‑256/05): vor der Telekom-Control-Kommission sei nämlich noch gar kein Rechtsstreit anhängig; die Telekom-Control-Kommission habe der Europäischen Kommission "aus eigener Initiative" (!) einen Maßnahmenentwurf vorgelegt und diese habe "der nationalen Behörde nur geantwortet." Das war im Oktober 2005.

Etwa ein Jahr später begann der Marktanalyseprozess von neuem. Wenig überraschend kam die Telekom-Control-Kommission darin zum selben Ergebnis wie schon 2004 (Konsultationsdokument vom 7.2.2007). Und siehe da - die Europäische Kommission hat keine Einwendungen mehr. In der Stellungnahme vom 6.3.2007 versucht sie zu begründen, dass sich ihr Standpunkt eigentlich nicht geändert habe: die zuletzt strittige genauere Marktdefinition sei nämlich nicht notwendig, da der Markt gar nicht relevant sei, weil er den "drei Kriterien-Test" nicht bestehe (keine hohen, nicht nur vorübergehenden Markteintrittsbarrieren, Tendenz zu wirksamem Wettbewerb, ausreichende Wirkung des allgemeinen Wettbewerbsrechts). Wörtlich liest sich das so:

"Die Kommission ist daher auf der Grundlage der bereitgestellten aktuellen Information der Auffassung, dass der Markt für Transitdienste in Österreich nicht den Drei-Kriterien-Test erfüllt, aufgrund dessen der Markt der ex ante Regulierung unterworfen werden kann. Daher kann eine genauere Marktabgrenzung des relevanten Marktes unterbleiben und die Frage, ob TA SMP auf einem solchen Markt haben würde, kann offen bleiben."

Das mag zwar kein Muster an Klarheit sein (wenn die Marktabgrenzung richtig und der Markt nicht relevant ist, wozu soll dann eine "genauere Marktabgrenzung" führen?), aber der Konflikt mit der österreichischen Regulierungsbehörde scheint damit beigelegt. Die Telekom-Control-Kommission hat nun am 19.3.2007 daher das Marktanalyseverfahren für diesen Markt eingestellt (M 16/06-26) und mit Bescheid die bisher bestehenden Verpflichtungen der Telekom Austria AG auf diesem Markt aufgehoben (M 16a/06-25). Nächster Schritt - wenn man der Ansicht der Europäiuschen Kommission folgt, dass der Markt für Transitdienste kein relevanter Markt sei - wäre die Anpassung der Telekommunikationsmärkteverordnung 2003 (TKMVO), wofür allerdings die RTR-GmbH zuständig ist.

Friday, November 10, 2006

VfGH: keine Verordnungserlassung durch Kollegialbehörden

Mit soeben veröffentlichtem Erkenntnis vom 6. Oktober 2006, G 151-153/05-17, V 115-117/05-17, hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass (unter anderem) § 22 Abs 5
des Übernahmegesetzes, BGBl I 1998/127, verfassungswidrig war. Nach dieser Bestimmung hatte die Übernahmekommission - eine unabhängige Kollegialbehörde im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG - durch Verordnung nähere Voraussetzungen für das Entstehen einer kontrollierenden Beteiligung zu umschreiben.
Schon die Presseaussendung des VfGH weist darauf hin, dass es sich dabei um eine "Grundsatzentscheidung des VfGH zu Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag" handelt - es liegt daher nahe, sich die möglichen Auswirkungen auch für die Regulierungsbehörden für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste anzusehen. Wörtlich führt der VfGH aus:
"Kollegialbehörden iSd Art. 20 Abs. 2 und Art. 133 Z 4 B-VG sind ungeachtet ihrer gerichtsähnlichen Einrichtung Verwaltungsbehörden. Nach Art. 18 Abs. 2 B-VG kann jede Verwaltungsbehörde innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen. Der Wirkungsbereich von Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag ist aber [...] kraft Verfassung auf 'Entscheidungen in oberster Instanz' beschränkt."
Und unter den Begriff "Entscheidungen" fallen in diesem Zusammenhang, wie der VfGH näher darlegt, "bloß individuelle Verwaltungsakte". Die Einräumung einer Verordnungsermächtigung an Kollegialbehörden würde auch in die Leitungsbefugnis der obersten Organe eingreifen und damit Art 20 Abs 1 B-VG verletzen.
"Im Übrigen ist es auch im Sinne des die Rechtsordnung beherrschenden demokratischen Gedankens bedenklich, die Schaffung genereller Normen, also von Akten der materiellen Gesetzgebung unabhängigen Organen zu übertragen, die - anders als bei der Verordnungserlassung durch oberste Organe und deren weisungsgebundenen nachgeordneten Organen - weder der unmittelbaren noch der mittelbaren parlamentarischen Kontrolle unterliegen."
Die Einräumung von Verordnungsermächtigungen an solche Kollegialbehörden ist daher verfassungsrechtlich nicht zulässig (es sei denn, sie wäre, wie bei der Energie-Control-Kommission, verfassungsrechtlich abgesichert, siehe § 16 E-RBG). Soweit im TKG 2003 Verordnungsermächtigungen für Regulierungsbehörden bestehen (siehe den Anhang zu dieser Übersicht), sind diese aber einerseits der RTR-GmbH, also einer dem Verkehrsminister weisungsgebundenen Behörde, und andererseits der KommAustria, einer dem Bundeskanzler weisungsgebundenen Behörde, eingeräumt. Die im Telekommunikationsbereich vorgenommene Trennung der Verordnungskompetenz für die Marktdefinition (nach § 36 TKG 2003 ist dafür die RTR-GmbH zuständig) von der Entscheidungsbefugnis in der Marktanalyse (Telekom-Control-Kommission) erweist sich somit insofern (wenn auch eher unbeabsichtigt) als vorausschauend.
Eine (minder bedeutsame) Verordnungsermächtigung für die Telekom-Control-Kommission, die im Licht der VfGH-Entscheidung nun zu prüfen wäre, besteht allerdings in § 10 Abs 6 KommAustria-Gesetz zur Festlegung von Umsatzgrenzen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Regulierungsbehörde durch Finanzierungsbeiträge von Unternehmen (siehe die SVO-TK 2006).

Friday, December 02, 2005

EuGH zu Vorabentscheidungsersuchen der TKK


Der Europäische Gerichtshof hat mit Beschluss vom 6.10.2005, Rs C-256-05, festgestellt, dass er zur Beantwortung eines von der Telekom-Contol-Kommission gestellten Vorabentscheidungsersuchens offenkundig unzuständig ist. Er nimmt damit eine Linie auf, die bereits von Generalanwalt Geelhoed in den Schlussanträgen vom 13. Dezember 2001, zur Rechtssache C-462/99, Connect Austria , vertreten wurde: Nationale Regulierungsbehörden "haben in erster Linie eine Verwaltungsfunktion. [...] Sie sind somit als Verwaltungsorgane anzusehen und haben [...] keine richterliche Funktion."