Wednesday, October 28, 2009

Beihilfenverfahren zur ORF-Finanzierung eingestellt - 12 Monate Zeit zur Umsetzung

Erst gestern wurde die überarbeitete Rundfunkmitteilung der Kommission vom 2.7.2009 (mehr dazu zuletzt hier) auch im Amtsblatt veröffentlicht, und heute hat die Kommission schon betont, die Kriterien der neuen Mitteilung erstmals in der nun getroffenen Entscheidung, das Beihilfenverfahren gegen Österreich wegen der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzustellen, angewandt zu haben (Presseaussendung der Kommission). Was das im Detail heißt, wird man erst beurteilen können, wenn die Entscheidung in einiger Zeit auch öffentlich zugänglich gemacht wird (hier, unter der Zahl E 2/2008), vorerst kann man sich nur auf die Pressemitteilung der Kommission stützen, die sich im Rahmen des Erwarteten hält. Zusammenfassend:
  • "präziserer öffentlich-rechtlicher Auftrag" heißt, dass "zusätzliche Kriterien für die Erbringung neuer Mediendienste eingeführt werden";
  • "neue Medienaufsicht", die überwachen wird, inwieweit der ORF den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt, und auch (im Nachhinein) prüft, ob es zu einer "Überkompensierung"gekommen ist;
  • Amsterdam-Test für neue Mediendienste (inklusive öffentliche Konsultation, Prüfung des gesellschaftlichen Mehrwerts und market impact assessment); gilt auch bei "den vom ORF geplanten neuen Spartenprogrammen für Information und Kultur"; mit der ORF TV-THEK darf aber schon vor dem Abschluss des Amsterdam-Tests gestartet werden, sofern dieses Angebot erst danach kommerziell verwertet wird;
  • Der ORF muss nicht genutzte Sportrechte Dritten in Sublizenzierung anbieten; "ORF Sport Plus" muss sich auf Sportarten konzentrieren, "denen in der österreichischen Medienberichterstattung kein breiter Raum zukommt" (2007 standen auf Sport Plus Fußball und Tennis mit je ca. 15% der Sendestunden an der Spitze).
  • "Die Programmgestaltung der bestehenden Fernsehkanäle ORF1 und ORF2 wird Gegenstand einer laufenden internen Qualitätskontrolle sein." [Zwischenfrage: sollte das nicht jetzt schon so sein? Man denke etwa an § 4 Abs 3 letzter Satz, an § 21 Abs 1 Z 12 und an § 30 Abs 1 Z 7 ORF-Gesetz. Und btw: was macht eigentlich der vom ORF bestellte "Sachverständige für das Qualitätssicherungssystem für Programme 2008 und 2009", wenn er gelegentlich von Hollywood herüberschaut, wo er (laut Meedia-Interview vom 19.10.2009 mit ARD-Chef Boudgoust) seinen Wohnsitz hat und "Trends und Entwicklungen für die ARD auf dem amerikanischen Fernsehmarkt" beobachtet?]
  • Österreich hat 12 Monate Zeit, die gegebenen Zusicherungen umzusetzen (also vor allem auch die dafür notwendigen Novellen zum ORF-G und KommAustria-Gesetz zu beschließen).
In der Kommissions-Presseaussendung ist nur ein Satzteil wirklich überraschend: dass nämlich ausdrücklich auch eine "Rekapitalisierung [des ORF] nach der Krise" erwähnt wird. Ich will hier nicht spekulieren, was damit gesagt werden soll, denn seriöser Weise muss man, wie schon erwähnt, den vollen Text der Entscheidung abwarten.

PS (update 29.10.2009): Standard-Redakteur Harald Fidler hat offenbar den Entscheidungstext - weitere Details von ihm hier, hier, hier und hier.

2 comments :

Bruckner said...

hallo, hab eine frage - vielmehr bitte - wie du ja vielleicht gelesen/hört hast, wird heuer erstmalig der wolfgang-lorenz-gedenkpreis für internetfreie minuten (vg. http://www.monochrom.at/wolfgang-lorenz-gedenkpreis/) verliehen (in anlehnung an den scheißinternetsager des namensspenders) wofür wir auch die online-direktoren des orf nominieren wollen würden - und mir ist die huldvolle aufgabe zugefallen hierfür eine "laudation" vorzubereiten - tja, und da bist du mir in den sinn gekommen als sehr kompetenter und umsichtiger und wissender mensch in dem zusammenhang - könntest du dir vorstellen da was beizutragen? wär super... vielleicht hast ja mal zeit auf einen kaffee? (manfred.b@gmail.com)

hplehofer said...

Sorry, da kann ich mich nicht beteiligen.