Mit Bescheid vom 30.6.2009 hatte die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die Schließung von 193 Potämtern bis zum Ablauf von drei Monaten nach Bescheidzustellung untersagt (siehe dazu
diesen Bericht in der Presse, der auch die betroffenen Postämter nennt; zB
auch dieses). Die
Österreichische Post AG erhob dagegen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und stellte auch Individualanträge zur Aufhebung einzelner Bestimmungen des
Postgesetzes und der
Post-Universaldienstverordnung. Mit
Erkenntnis vom 8.10.2009, B 828/09 ua, hat der VfGH nun die Beschwerde ab- und die Individualanträge zurückgewiesen. Das Erkenntnis enthält auch ganz grundsätzliche Ausführungen zum (Post-)Universaldienst, in denen die Bedeutung der
Infrastrukturverantwortung des Staates betont wird. Auch wenn sich die Situation der Post - im Hinblick auf das (noch) bestehende Monopol im reservierten Bereich (
§ 6 PostG) - von Universaldiensterbringern zB im Telekombereich unterscheidet, so ist doch die Hervorhebung der staatlichen Gewährleistung für das Fuktionieren von Infrastrukturen auch für andere Netzinfrastrukturen interessant. Wörtlich heißt es im Erkenntnis des VfGH:
"Der Universaldienst weist gegenüber anderer unternehmerischer Tätigkeit eine Reihe von Besonderheiten auf:
Postdienstleistungen machen einen wesentlichen Teil der Infrastruktur eines Landes aus. Auf die besondere Bedeutung der Postdienste weist auch die Post-RL in Art. 3 hin. Mit der Gewährleistung des Funktionierens von Infrastruktureinrichtungen nimmt der Bund seine Infrastrukturverantwortung wahr. Überträgt er im Rahmen dieser Verantwortung die Erbringung solcher Dienstleistungen an ein privates Unternehmen, so hat dieses auch ein höheres Maß an Intensität der Wirtschaftsaufsicht hinzunehmen (vgl. Raschauer, Österreichisches Wirtschaftsrecht2, 2003, 185). Schließlich hängt vom Funktionieren des Universaldienstes und der Versorgung mit flächendeckenden Dienstleistungen das wirtschaftliche Wohl des Landes ab. ...
Zieht man die Besonderheiten des Universaldienstes und die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei in Betracht, so ist allein in dem Umstand, dass dem Betreiber von Universaldiensten im Interesse des Funktionierens des Universaldienstes intensivere Beschränkungen als anderen Unternehmen auferlegt werden, keine Verletzung der Erwerbsfreiheit oder des Gleichheitssatzes zu erkennen."
Auch dass vor der Schließung von Postämtern eine gewisse Mitwirkung der Gemeinden vorgesehen ist (diese sind zu informieren und im Einvernehmen mit ihnen sind innerhalb von drei Monaten alternative Lösungen zu suchen), wurde nicht als verfassungswidrig beurteilt - es hätte für die Post auch noch schlimmer können, etwa ein Verfahren mit echter Bürgerbeteiligung. Der VfGH hält der Post entgegen, sie übersehe,
"dass der Postmarkt nicht nur aus den Postdienstbetreibern besteht, sondern auch aus deren Kunden, seien es Private oder andere Unternehmen, deren unternehmerischer Erfolg ganz entscheidend vom Vorhandensein einer funktionierenden Infrastruktur, und damit auch des Postdienstes, abhängt. Die Mitwirkung der Gemeinden entspricht einer mediatisierten Mitwirkung der lokalen Postkunden, zu denen nahezu alle Gemeindebewohner zählen. Der Gesetzgeber hat eine verhältnismäßige Lösung gefunden. Er hat keine Bürgerbeteiligung am Verfahren vorgesehen, wie sie in anderen Bereichen vorgesehen ist, bei denen eine Vielzahl von Menschen von Maßnahmen betroffen sind. Selbst die Gemeinden haben im Verfahren keine Parteistellung. Der Gesetzgeber mutet dem Universaldienstbetreiber also bloß Verhandlungen mit den betroffenen Gemeinden für die Dauer von maximal drei Monaten zu, räumt den Gemeinden aber keine Möglichkeit ein, geplante Postamtsschließungen über diese Zeit hinaus zu verzögern."
PS: die
Regierungsvorlage zum neuen Postmarktgesetz (zum Entwurf
hier), dürfte am 10.11.2009 im Verkehrsausschuss und am 18.11.2009 im Plenum des Nationalrats behandelt und wohl auch beschlossen werden.
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