Tuesday, September 27, 2011

Mut zur Medien(eigentümer)transparenz?

Derzeit wird in Österreich wieder einmal heftig über die Werbetätigkeit von Regierungsmitgliedern (auf Bundes- und Landesebene) und öffentlichen Unternehmen diskutiert. Schon vor gut einem halben Jahr gab es erste Entwürfe, um diesbezüglich zumindest etwas Transparenz zu schaffen (der im März zur Begutachtung ausgeschickte Ministerialentwurf wurde von mir allerdings als potemkinsches Recht bezeichnet). Seit Anfang Juli liegt nun eine  Regierungsvorlage für ein "Medientransparenzpaket"* im Nationalrat, die gegenüber dem Begutachtungsentwurf ein paar anerkennenswerte Verbesserungen enthält; dennoch erwarte ich nicht wirklich, dass es noch vor der nächsten Nationalratswahl aussagekräftige Zahlen über die Werbeausgaben aller der Rechnungshofkontrolle unterliegenden Stellen geben könnte. Aber ich will hier nicht die Regierungsvorlage analysieren, zumal angesichts der aktuellen Diskussion wohl noch Änderungen zu erwarten sind. Ich nutze vielmehr die Gelegenheit für eine Anmerkung zur Transparenz der Eigentumsverhältnisse an Medien und zur Medienkonzentration.

Denn im Zuge der Diskussion ist auch der Vorschlag gekommen, dass Medien ihre Eigentümer offenlegen sollen (zu einer interessanten Entscheidung des Schweizer Presserats in diesem Zusammenhang siehe hier). Laut Standard-Bericht sei die vom Mediensprecher der ÖVP geforderte Offenlegungspflicht vom Bundeskanzler als "gut und sinnvoll" bezeichnet worden, "wenn man sie auch einigermaßen sinnvoll handhaben kann". Als erster Schritt, so hieß es später, sei eine Webseite der RTR geplant, auf der die Eigentumsverhältnisse dargestellt werden sollen, allerdings nur mit Daten aus dem Firmenbuch. Dass die - ohnehin öffentlich, wenngleich nur entgeltlich, zugänglichen - Firmenbuchdaten keine wirkliche Transparenz schaffen können, braucht man wohl nicht ausdrücklich anzumerken, schon eine einfache Stiftungs- und/oder Treuhandkonstruktion verhindert recht zuverlässig, dass die wirtschaftlichen Letzteigentümer oder (im Stiftungsfall) Begünstigten bekannt werden, und da muss die Stiftung noch nicht einmal in Liechtenstein, Zypern oder Panama domiziliert sein.

Aber wenn man schon einerseits die Inseratenvergabe durch öffentliche Stellen meldepflichtig macht, und andererseits eine Datenbank mit den Eigentumsverhältnissen erstellen will, warum sollte man dann nicht beides verknüpfen? "Einigermaßen sinnvoll handhaben" könnte man wohl auch ein System, in dem öffentliche Stellen (die ihre Inserate einer Meldestelle bekannt geben müssen) nur in Medien inserieren dürfen, die ihre Eigentumsverhältnisse - bis zum wirtschaftlichen Letzteigentümer bzw Begünstigten - gegenüber derselben "Meldestelle" offen gelegt und einer Veröffentlichung dieser Informationen zugestimmt haben.

Natürlich kann man auch auf diese Weise die einzelnen Aktionäre einer Publikums-AG nicht aufspüren, aber alle Personen mit maßgebendem Einfluss oder besonderem Interesse am wirtschaftlichen Erfolg eines Mediums - Aktionäre mit Sperrminoritäten oder Mehrheiten (auch vermittelt über Syndikatsverträge), Treugeber, Stiftungsbegünstigte usw - könnte man vielleicht doch herausfinden, zumindest wenn für den Fall einer objektiv unzutreffenden Angabe gegenüber der Meldestelle eine unbedingte Rückzahlungspflicht für die erhaltenen Zahlungen vereinbart (und der - diesbezüglich natürlich zur Verschwiegenheit verpflichteten - Meldestelle ein Recht auf Einsicht in die relevanten Vertragswerke eingeräumt) würde.

So wären (nur) Medien, die "Regierungsinserate" und/oder Förderungen wollen, durch die abzuschließenden Werbe- bzw Förderungsverträge rechtlich verpflichtet, ihre Eigentumsverhältnisse vollständig offenzulegen. Andere Medien, die auf solche Inserate und Förderungen verzichten, könnten sich weiterhin auf die firmenbuch- bzw kapitalmarktrechtliche "Mindesttransparenz" beschränken. Und die öffentliche Hand könnte damit sicherstellen, nur in Medien zu inserieren bzw nur Medien zu fördern, deren Eigentumsverhältnisse transparent sind - eine Transparenz, die schon wegen der Rolle der Medien als "public watchdog" im öffentlichen Interesse liegt. Außerdem könnte die Veröffentlichung der Eigentumsverhältnisse, wenn auch nur der mit Inseraten bedachten bzw geförderten Medien, nützlich sein, um bessere Informationen zur Medienkonzentration in Österreich zu erhalten.

Dass der - derzeit viel beschworene - Mut (bei der Politik wie bei den Medien) für eine derartige Transparenz ausreichen würde, halte ich zwar für sehr unwahrscheinlich, aber man soll nicht sagen können, niemand hätte auf die naheliegende Möglichkeit einer Verknüpfung der Inseratenvergabe/Förderung einserseits mit der Offenlegung der Eigentumsverhältnisse andererseits hingewiesen.

PS: Bei der Media-Planung für "Regierungsinserate" sollte natürlich ein "Höchstmaß an Objektivität, Marktkonformität und Transparenz" sichergestellt sein, wie die IAA-Österreich durchaus zutreffend in einer vom ORF(!) versandten Pressemitteilung angemerkt hat. Die IAA leitet daraus ab, dass Agenturen beschäftigt werden müssten. Man könnte freilich auch daran denken, den Media-Einkauf - wie andere Beschaffungsvorgänge öffentlicher Stellen - zB über die Bundesbeschaffung GmbH zu organisieren.

*) die eigentlichen Gesetzestitel sind recht sperrig: "Bundesverfassungsgesetz  über die Transparenz von Medienkooperationen sowie von Werbeaufträgen und Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Mediums (BVG Medienkooperation und Medienförderung – BVG MedKF-T)" und "Bundesgesetz über die Transparenz von Medienkooperationen sowie von Werbeaufträgen und Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Mediums (Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz, MedKF-TG").

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