Wednesday, September 14, 2011

Entgelte für die Verlängerung von Frequenznutzungsrechten: Vorabentscheidungsersuchen des belgischen Verfassungsgerichtshofs

Die Frequenzlandschaft im Mobilfunk steht vor der Neuordnung: in Österreich soll nächstes Jahr (zuerst hieß es "Mitte 2012" bzw "Sommer", zuletzt Herbst, ich würde daher den Winter erwarten) die "digitale Dividende" vergeben werden; zugleich stellen sich aber davon nicht wirklich zu trennende Fragen zur Zukunft der bisherigen Nutzungsrechte in den 900 MHz bzw 1800 MHz-Bändern, die derzeit noch an GSM gebunden sind. Einen Überblick über die Thematik findet man in der Konsultation der Regulierungsbehörde, und in der Zusammenfassung der Stellungnahmen mit den geplanten weiteren Schritten*.

Zu den schwierigsten regulatorischen Aufgaben bei der Neuvergabe von Frequenznutzungsrechten ebenso wie beim "Refarming" (siehe dazu im Blog schon hier) zählt die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen einerseits und Eingriffen in bestehende Rechte andererseits. Dazu wird in manchen Mitgliedstaaten auch überlegt, die bisherigen Laufzeiten von Frequenznutzungsrechten zunächst einmal anzugleichen und dann ein gemeinsames Vergabeverfahren für die neuen bzw neu gewidmeten Frequenzen durchzuführen. Da man aber ohne Zustimmung der betroffenen Unternehmen die Dauer der schon vergebenen Frequenznutzungsrechte nicht verkürzen kann, bleibt dafür praktisch nur die Verlängerung bestehender Rechte übrig. Und um diese Verlängerung schließlich wieder möglichst wettbewerbsneutral zu halten, muss natürlich auch an den Frequenznutzungsentgelten "gedreht" werden. (Für Österreich hält die Regulierungsbehörde übrigens "eine Verlängerung auf Basis der derzeitigen Rechtslage nicht für möglich."; Seite 12 des Konsultations-Ergebnis-Dokuments).

In Belgien ist der Prozess der Verlängerung einzelner Nutzungsrechte mittlerweile im Gang, und wenig überraschend gibt es Streit über die dafür zu zahlenden Frequenznutzungsentgelte. Der belgische Verfassungsgerichtshof hat nun dem EuGH vier recht kompliziert klingende Fragen zur Auslegung der einschlägigen Richtlinienbestimmungen (Art 3, 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie 2002/20/EG "in ihrer derzeit geltenden Fassung") zur Vorabentscheidung vorgelegt (C-375/11 Belgacom ua). Im Wesentlichen betreffen die - hier nachzulesenden - Fragen die Zulässigkeit eines einmaligen Frequenznutzungsentgelts für den Verlängerungszeitraum, auf der Basis der früher gezahlten Konzessionsabgabe und unter Berücksichtigung des aktuellen Wertes der Frequenzen ("teilweise aufgewertet", im Englischen deutlicher: "partially reflecting the value of frequencies").  Und auch wenn das konkrete belgische Problem in Österreich in dieser Form wohl nicht auftreten wird, so könnte der EuGH in diesem Verfahren doch einige ganz allgemein interessierenden Antworten zur Zulässigkeit von Frequenznutzungsrechten geben.

*) bedauerlich ist, dass ganz wesentliche Player - insbesondere A1 Telekom Austria, T-Mobile und Orange - zwar Stellung genommen haben, sich aber gegen die Veröffentlichung der Stellungnahmen aussprachen, was von der Regulierungsbehörde auch akzeptiert wurde; von den Mobilfunkanbietern ist daher nur die Stellungnahme der Hutchison 3G Austria GmbH öffentlich zugänglich.

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