Thursday, May 24, 2007

"Das Teleshopping wuchert in zahlreichen Kanälen": Generalanwalt zu Call In-Sendungen und Teleshopping

Call In-Sendungen, in denen Zuschauer durch Wählen einer Mehrwertnummer die Chance bekommen, an einem "Quiz" teilzunehmen und Preise zu gewinnen, sind Glücksspiele - und wenn der Hauptzweck der Sendung darin besteht, die Teilnahme an einem Gewinnspiel zu verkaufen, dann liegt Teleshopping vor. So kann man die heute veröffentlichten Schlussanträge des Generalanwalts Dámaso Ruiz-Jarabo Colomer in der Rs C-195/06, KommAustria/ORF, zusammenfassen.

Die Angelegenheit betrifft die - inzwischen eingestellte - Sendung "Quiz-Express" des ORF (siehe zuletzt hier); wörtlich heißt es in den Schlussanträgen dazu:
"Im Ergebnis gibt es in der Gemeinschaftsrechtsprechung nichts, was der Einordnung des fraglichen Programmteils des ORF als Glücksspiel und damit als Dienstleistung entgegenstünde." (Rnr 62)
"Nichts hindert daran, die hier untersuchte Sendung als eine Spielart des Teleshoppings einzustufen." (Rnr 75)
Offen ist allerdings nicht nur, ob der EuGH den Vorschlägen des Generalwalts zur Auslegung der Fernsehrichtlinie folgen wird - sondern ob er überhaupt inhaltlich Stellung nehmen wird. Denn im ersten Teil der Schlussanträge befasst sich der Generalanwalt eingehend mit der Frage, ob er Bundeskommunikationssenat überhaupt vorlageberechtigt ist.
Nach Auffassung des Generalanwalts ist das nicht der Fall, da es sich um eine Verwaltungseinrichtung handelt, die zwar "grundsätzlich" über alle Eigenschaften verfügt, die ein vorlageberechtigtes Gericht haben muss, die aber nicht Teil der österreichischen Gerichtsverfassung ist.
So aber sieht der Generalwalt die "Gefahr, die die Einmischung einer Verwaltungsbehörde in einen Dialog zwischen Richtern darstellt". Angesichts der vom Generalanwalt auch festgestellten "Mannigfaltigkeit der Kollegialbehörden in Österreich und [der] Heterogenität der sie regelnden Vorschriften" kann man der Entscheidung des EuGH umso gespannter entgegensehen.

Tuesday, May 22, 2007

Bell v. Twombly: "disappointment does not make conspiracy plausible"


Mit dem "Telecommunications Act of 1996" wollte der US-Gesetzgeber für mehr Wettbewerb sorgen: die bis dahin bestehenden Monopole der "Baby Bells" (aus der 1984 erfolgten Aufteilung der AT&T - früher "American Bell Telephone Company"- hervorgegangene regionale Telefongesellschaften) wurden beseitigt, aus diesen ILECs (Incumbent Local Exchange Carriers) sollten auch in anderen Regionen tätige CLECs (Competitive Local Exchange Carriers) werden.

Die Erwartungen des Gesetzgebers haben sich aber nicht erfüllt. Die ILECs wagten sich kaum aus den angestammten Regionen hinaus, und so entstand der Eindruck, dass abgestimmtes Parallelverhalten vorliegen könnte, nach dem Motto: ich greife Deinen Markt nicht an, und Du nicht meinen.

Die bloße Behauptung des Parallelverhaltens reicht aber nicht aus, um eine "class action" im US-Stil führen zu können, wie der US Supreme Court nun in seiner Entscheidung vom 21. Mai 2007, Bell v. Twombly, ausgesprochen hat: "An allegation of parallel conduct and a bare assertion of conspiracy will not suffice."

Aus österreichischer Sicht (bzw überhaupt aus Nicht-US-Sicht) ist die Entscheidung nicht von besonderem rechtlichen Interesse, da es darin vor allem um spezifische Fragen der Behauptungslast nach dem Sherman Act geht. Instruktiv ist die Sache aber allemal - hier zwei wörtliche Zitate:

"In the decade preceding the 1996 Act and well before that, monopoly was the norm in telecommunications, not the exception. ... The ILECs were born in that world, doubtless liked the world the way it was, and surely knew the adage about him who lives by the sword. Hence, a natural explanation for the noncompetition alleged is that the former Government-sanctioned monopolists were sitting tight, expecting their neighbors to do the same thing."

"The upshot is that Congress may have expected some ILECs to become CLECs in the legacy territories of other ILECs, but the disappointment does not make conspiracy plausible."

Abweichend wurde die Sache von Stevens und Ginsburg beurteilt; in der dissenting opinion zitiert Stevens sogar Adam Smith:

"Many years ago a truly great economist perceptively observed that '[p]eople of the same trade seldom meet together, even for merriment and diversion, but the conversation ends in a conspiracy against the public, or in some contrivance to raise prices.' A. Smith [...] I am not so cynical as to accept that sentiment at face value, but I need not do so here."

(Zur Verhandlung vor dem Supreme Court in dieser Sache siehe meinen Beitrag in diesem Blog hier; der Syllabus [Zusammenfassung] ist hier zu finden).

Thursday, May 17, 2007

Transparente Geheimnisse? Kommissionsentscheidung zu Informationen über die Frequenznutzung

Gestützt auf Art 4 Abs 3 der Frequenzentscheidung hat die Kommission nun eine Entscheidung über die einheitliche Bereitstellung von Informationen über die Frequenznutzung in der Gemeinschaft
(2007/344/EG, ABl L 129 vom 17.5.2007, S 67) getroffen. Darin wird einerseits grundsätzlich festgelegt, dass die Mitgliedstaaten das EFIS (Frequenzinformationssystem des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten) zu nutzen haben, andererseits werden auch die von dem Mitgliedstaaten dem EFIS zu übermittelnden Daten festgelegt. Wirklich neu ist, dass erstmals nicht nur die "klassischen" Daten über Frequenzbereichszuweisungen und Frequenznutzungen (samt Schnittstellen-Informationen) zu übermitteln sind, sondern auch Informationen über individuelle Frequenznutzungsrechte. Welche Frequenznutzungen sozusagen abstrakt für bestimmte Bänder vorgesehen waren, das konnte man schon bisher im EFIS oder den nationalen Frequenznutzungsplänen vergleichsweise einfach herausfinden - welchen Nutzern allerdings konkret welche Frequenznutzungsrechte eingeräumt worden waren, das war schon weniger leicht in Erfahrung zu bringen.

Allerdings können nach der neuen Entscheidung die Informationen über konkrete Frequenznutzungsrechte beschränkt werden auf Frequenzbänder, die für elektronische Kommunikationsdienste genutzt werden, die gemäß Art 9 Abs 3 der RahmenRL handelbar sind, oder die "in einem wettbewerbsorientierten oder vergleichenden Auswahlverfahren" gemäß der GenehmigungsRL vergeben werden. Zu übermitteln sind die Identität des Funkfrequenz-Nutzungsberechtigten, das Ablaufdatum bzw die voraussichtliche Geltungsdauer und die geografische Geltung des Rechts sowie eine Angabe, ob das Recht handelbar ist oder nicht.

Kryptisch ist der Hinweis, dass die Übermittlung durch die Mitgliedstaaten "unter Beachtung der Richtlinie 95/46/EG, der Richtlinie 2002/58/EG und der nationalen und Gemeinschaftsvorschriften über das Geschäftsgeheimnis" zu erfolgen hat. Was die RL 2002/58/EG (DatenschutzRL für elektronische Kommunikation) in diesem Zusammenhang hergeben soll, ist mir nicht klar, regelt sie doch vor allem den Umgang mit Daten, die bei der Nutzung von Kommunikationsdiensten anfallen - wie die Übermittlung von Informationen über erteilte Frequenznutzungsrechte durch die Mitgliedstaaten in Konflikt mit dieser RL kommen könnte, kann ich jedenfalls auf den ersten Blick nicht erkennen.
Die DatenschutzRL 95/46/EG freilich ist sicher einschlägig, wenngleich nur insoweit, als natürliche Personen betroffen sind, was für die meisten hier gegenständlichen Frequenznutzungsrechte wohl kaum der Fall sein dürfte.
Was aber bedeutet der Hinweis auf die nationalen und Gemeinschaftsvorschriften über das Geschäftsgeheimnis? Wenn die Entscheidung verlangt, dass bestimmte Daten zu übermitteln sind, wo bleibt der Raum für Geschäftsgeheimnisse - zumal ausschließlich Daten betroffen sind, die sich aus einer behördlichen Entscheidung (Einräumung eines Frequenznutzungsrechts) ergeben, die also nicht von der Behörde erst bei einem Unternehmen ermittelt werden müssten!
Auf den konkreten praktischen Umgang mit diesen Fragen kann man also gespannt sein (was Österreich betrifft, unterliegen Frequenzfragen ja offenbar - siehe diesen Beitrag - ohnehin einer besonderen Geheimhaltung) . Allerdings heißt es sich noch ein wenig gedulden: "Die Bestimmung zu den Informationen über individuelle Nutzungsrechte gilt ab dem 1. Januar 2010." Die anderen Informationen sind ab 1.1.2008 bereitzustellen.

Spannend könnten auch die Informationen werden, die nach Art 3 Abs 1 lit b der Entscheidung zu geben sind - diese umfassen auch
"die nationale Frequenzpolitik und strategie, falls vorhanden, in Form eines Berichts."

Ob sich das "falls vorhanden" wirklich nur auf den Bericht bezieht? Dass in Österreich eine nationale Frequenzpolitik und -strategie wirklich vorhanden wäre, ist mir jedenfalls noch nicht aufgefallen - aber vielleicht liegt es auch nur daran, dass es jedenfalls keinen Bericht darüber gibt ;-).

PS: Gegenwärtig ist die Aktualität der Daten auf der ERO-Website (bzw im EFIS), was Österreich betrifft, nicht ganz optimal: ein gebrochener Link zur Frequenznutzungsverordnung (FNV) auf der Seite mit den Hinweisen zu den nationalen Frequenznutzungsplänen, und im EFIS selbst wird noch auf die FNV in der Fassung BGBl II 2005/307 [Anlage] verwiesen statt auf die aktuelle Fassung BGBl II 2006/525 [Anlage].

Thursday, May 10, 2007

Die Vorteile der Erweiterung: Österreich bleibt überdurchschnittlich

"Österreich über dem EU-Durchschnitt" verheißt die Schlagzeile der jüngsten Presseaussendung der RTR, in der über die Entwicklung bei den Breitbandanschlüssen berichtet wird:

"Erfreulich ist, dass wir mit diesen Werten über dem EU-Durchschnitt liegen", führt Serentschy aus. „Gemessen an der Bevölkerung (pro Kopf) lag die Durchdringung mit Breitbandanschlüssen in Österreich im gesamten Jahr 2006 knapp über 16 % und damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 15,7 %."

Glück gehabt: das "deutliche" Überschreiten des EU-Durchschnitts um wenige Zehntelprozentpunkte ist ein Geschenk der (vorletzten) EU-Erweiterung. Denn der Vergleich berücksichtigt die "EU25", also alle aktuellen EU-Mitgliedstaaten außer Bulgarien und Rumänien. Nimmt man als Vergleichsmaßstab die "EU15" - also die EU vor der Erweiterungsrunde 2004 - so ist das Ergebnis etwas weniger erfreulich: dabei ist Österreich vom 5. Platz im Jahr 2003 auf den 10. Platz im Jahr 2006 abgesackt. So hat etwa Finnland - das im Jahr 2003 noch bei 6,6% und damit hinter Österreich mit 6,8% lag - nun einen Abstand von fast 10 Prozentpunkten auf Österreich erreicht!


(für eine größere Version auf Bild klicken!)

Die Daten für diesen Vergleich wurden für 2006 aus dem 12. Umsetzungsbericht genommen (Annex zum Staff Working Document, Seite 28), für 2003 aus dem 9. Umsetzungsbericht (Technical Annex zum Staff Working Paper, Seite 57). In diesem Zeitraum ist die Durchdringung mit Breitbandanschlüssen in den "EU15" nur in Belgien langsamer gestiegen als in Österreich. So wird wohl der angestrebte "Spitzenplatz in der Informationsgesellschaft" nur schwer erreichbar sein.
Immerhin: durch den Beitritt Bulgariens und Rumäniens dürfte zumindest gesichert sein, dass beim nächstjährigen Vergleich wieder ein über dem EU-Durchschnitt liegender Wert erreicht werden kann.

Der "RTR Telekom Monitor" - eine sehr übersichtliche Darstellung der wesentlichen aktuellen statistischen Werte zum österreichischen Telekom-Markt, die Anlass für die oben zitierte Presseaussendung war - ist auf der Website der RTR verfügbar (aktuelle Ausgabe; bisher erschienene Ausgaben).

Und noch ein Hinweis: aktuelle Initiativen zum Thema "Brigding the Broadband Gap" werden bei der gleichnamigen Veranstaltung am 14. und 15. Mai in Brüssel behandelt. Mit dabei sind auch drei österreichische Beispiele:

Eine "kreditkartengroße Vollplastikkarte", die alle Türen öffnet

... das ist der Dienstausweis für Organe der Fernmeldebehörde, wie er nun in einer Verordnung des Verkehrsministers (Muster in der Anlage) festgelegt wurde. Praktischerweise hat dieser Ausweis auf der Rückseite
"a) rechtliche Grundlagen für die Aufsichtstätigkeit,
b) wesentliche Befugnisse bei der Aufsichtstätigkeit"
zu enthalten. Wer sich das Bundesgesetzblatt mit dem Muster des Dienstausweises anschaut, wird sich also bei der typischen Prüfungsfrage "Welche Befugnisse haben Organe der Fernmeldebehörden?" gleich leichter tun.
Allerdings sind nicht alle Befugnisse angeführt: denn die Organe der Fernmeldebehörden dürfen nicht nur Grundstücke und Räume betreten, sondern in bestimmten Fällen gemäß § 87 Abs 1 TKG 2003 auch "Grundstücks-, Haus-, Personen- und Fahrzeugdurchsuchungen" anordnen und bei Gefahr im Verzug "aus eigener Macht" vornehmen. Ein gewisses "Sondereinsatzkommando"-Image haftet den Spezialisten von der Funküberwachung ohnehin an, spätestens seit den frühen 1990er Jahren, als die legendäre Jagd nach "Bongo 500", einem Salzburger Piratensender, ihren dramaturgischen Höhepunkt mit einem Hubschraubereinsatz fand.
PS: Aus Anlass der Verordnung wieder einmal aktualisiert: die Übersicht über die wesentlichen Rechtsgrundlagen des Telekommunikationsrechts.

Monday, May 07, 2007

"Die Lösung des Spiels darf nicht unangemessen erschwert sein"

Die deutschen Landsmedienanstalten beschäftigen sich wieder einmal mit den Regeln für Call-In-Sendungen: in einer Pressemitteilung der "Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung, Medienkompetenz" (GSPWM) vom 3.5.2007 über ein Gespräch mit Fernsehveranstaltern und dem Verband Privater Rundfunk und Telemedien heißt es dazu:

"Beide Seiten haben sich in dem Gespräch grundsätzlich auf die Anwendungs- und Auslegungsregeln der Landesmedienanstalten in der Entwurfsfassung vom 2. April 2007 als Grundlage des weiteren Handelns geeinigt."

Nun kann es schon sein, dass es schwierig genug ist, eine Einigung unter den Landesmedienanstalten herbeizuführen, und dass auch bei den privaten Fernsehveranstaltern Meinungsverschiedenheiten bestehen. So dürfte die Pressemeldung aber nicht gemeint sein, denn aus dem Zusammenhang ist zu erschließen, dass es nicht um die Einigung in den jeweiligen Verbänden ging, sondern um eine Einigung zwischen der GSPWM einerseits und den Fernsehveranstaltern und dem VPRT andererseits - auch wenn die Medienprofis von der GSPWM das sprachlich nicht so klar hinbekommen haben (andererseits: wo waren eigentlich die Medienprofis, als die Abkürzung GSPWM erfunden wurde?). Die Gewinnspielregeln wurden in einzelnen Punkten adaptiert, sodass jetzt etwa klar ist, dass Irreführung und Falschinformation nicht nur in der Moderation, sondern auch in Einblendungen usw unzulässig ist - zumindest, wenn man der Pressemeldung folgt: "grundsätzlich". Außerdem soll die Lösung des Spiels nicht unangemessen erschwert sein.

Für die Lösung eines in diesem Zusammenhang höchst interessanten Spiels wird es in naher Zukunft zumindest einen ersten Anhaltspunkt geben: für den 24.5.2007 werden die Schlussanträge des Generalanwaltes am EuGH in der Rechtssache C-195/06 Österreichischer Rundfunk erwartet. In dieser Vorabentscheidungssache geht es um die Frage, ob nach der Fernsehrichtlinie unter Teleshopping "auch Sendungen oder Sendungsteile zu verstehen sind, in denen den Zusehern vom Fernsehveranstalter die Möglichkeit angeboten wird, sich durch die unmittelbare Anwahl von Mehrwert-Telefonnummern und damit entgeltlich an einem Gewinnspiel eben dieses Fernsehveranstalters zu beteiligen".

Das Verfahren betrifft übrigens nicht etwa einen privaten Fernsehveranstalter, sondern den öffentlich-rechtlichen ORF, der jedenfalls unter Generaldirektorin Lindner meinte, auf Call-In-Quiz-Sendungen nicht verzichten zu können - die Sendung "Quiz-Express" gab denn auch den Anlass für das nun beim EuGH anhängige Verfahren (das Bild oben ist ein Screenshot aus einer Quiz-Express-Sendung).

Nachtrag 9.5.2007: eine andere öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt (ARD) - die selbst keine Call-In Gewinnspiele gemacht hat - hat recherchiert, wie solche Gewinnspiele bei 9live ablaufen; hier der link zu einem Bericht darüber in der Süddeutschen.

Tuesday, May 01, 2007

Nochmals TW1: Werbung oder Programm?


Warum Werbespots schalten, wenn man auch gleich ganze Beiträge kaufen kann: der Produzent einer Magazinsendung für TW1 wirbt offen mit TKPs für Beiträge (siehe Ausschnitt oben, am 1.5.2007 gefunden unter den Mediadaten auf der Website zum Magazin "Melange"). Das in Klammern gesetzte Rufzeichen deutet immerhin an, dass die Möglichkeit zum Beitragskauf nicht selbstverständlich ist. Und damit keine Zweifel aufkommen, dass der Inhalt des Beitrags nicht vom Produzenten eigenmächtig bestimmt wird, betont dieser auf seiner Website auch, dass das Programm "gemeinsam" gestaltet wird:



Die Produzenten von "Melange" sind nicht allein mit dem Anbieten von Beiträgen auf TKP-Basis (auch wenn die Preise nicht wirklich vergleichbar scheinen): auf www.tourtv.at war heute zB Folgendes zu finden:


Einzelne Auftragsproduzenten weisen immerhin auf das ORF-G hin. Bei imageworx, Produzent von "Quer durch's Land", liest sich das so:

"Geschäftsbedingungen der Fa. Imageworx Medienproduktions GmbH für die Produktion und Ausstrahlung von redaktionellen Beiträgen in den ORF Programmen (ORF2/TW1)

Wichtig: Im Gegensatz zur klassischen Werbung, unterliegen redaktionelle Beiträge einer strengen Gesetzgebung durch das österreichische Rundfunkgesetz (http://kundendienst.orf.at/fakten/gesetze/). Der verantwortliche Redakteur entscheidet deshalb über Art und Weise der Darstellung und der Wortwahl. Er versucht dabei, die gesetzlichen Rahmenbedingungen befolgend, nach Möglichkeit die Kundenwünsche zu berücksichtigen. ...

Personen (Leihendarsteller, Kunden oder Mitarbeiter), die für die Inszenierung des redaktionellen Beitrages benötigt werden, müssen vom Auftraggeber kostenlos und drehfertig (geschminkt und entspre-chend gekleidet) beigestellt werden." [Rechtschreibung wie im Original!]

Wie ich schon in meinem vorangegangenen Posting zu TW1 erwähnt habe: § 17 Abs 7 ORF-G (gilt auch für TW1) lautet: "Die Gestaltung von Sendungen oder Sendungsteilen nach thematischen Vorgaben Dritter gegen Entgelt ist unzulässig."

PS: Zur Vermeidung von Missverständnissen sei ausdrücklich betont, dass die hier wiedergegebenen Zitate von Websites von Filmproduzenten stammen, die für TW1 produzieren, nicht von TW1 selbst.

100.800 € pro Jahr: das Bundesheer im Einsatz für TW1

"TW1 ist ein digitales gebührenfreies Spezialprogramm für Reise, Wetter und Freizeit ... Seit 30. September 2005 ist der ORF alleiniger Eigentümer von TW1." - so steht es auf der Website des ORF. Zwanglos der Kategorie Reise/Freizeit zugeordnet sendet TW1 unter anderem ein monatliches Magazin mit dem Titel "Einsatz" mit Berichten "zum Thema Landesverteidigung, Katastrophenschutz und Sicherheit in Europa".
(Wer's sehen will: entweder freitags 19:45 auf TW1 oder auch als download der aktuellen Folge auf der Website der Produktionsfirma; moderiert wird die Sendung vom martialisch dreinblickenden "Obst Dr. Hans Georg Heinke" - Ex-Nachrichtensprecher und Ex Dancing Star des ORF - in voller Uniform)

Nach dem Abspann des Magazins blendet TW1 kurz ein Insert ein: "Mit freundlicher Unterstützung - Österreichisches Bundesheer"

Der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage kann man nun entnehmen, wieviel an "freundlicher Unterstützung" das Bundesheer letztes Jahr geleistet hat: exakt 100.800 Euro inkl. USt. Aber wofür eigentlich? Product Placement? Patronanzsendung? Werbung? Was wäre eigentlich rechtlich zulässig?

TW1 genießt eine Sonderstellung: als nach § 9 ORF-G zulässiges Spartenprogramm einer Tochtergesellschaft des ORF unterliegt es weder dem PrTV-G noch allen Bestimmungen des ORF-G. Insbesondere gilt für TW1 als einziges österreichisches Programm damit auch kein Gebot der Objektivität und Meinungsvielfalt, wie es in § 30 PrTV-G für Privatfernsehveranstalter und in § 10 Abs 5 und 6 ORF-G für die ORF-Programme vorgesehen ist (was allerdings in einem gewissen Spannungsverhältnis zu Art I Abs 2 BVG-Rundfunk steht - zum BVG-Rundfunk siehe auch hier).

Auch für TW1 gilt allerdings, dass Auftraggeber von Patronanzsendungen keinen redaktionellen Einfluss auf den Programminhalt ausüben dürfen (§ 14 Abs 4 ORF-G) und dass Product Placement nur in Kinofilmen, Fernsehfilmen und -serien sowie bei der Übertragung von Sport-, Kultur- oder Wohltätigkeitsveranstaltungen (unter bestimmten weiteren Voraussetzungen) zulässig ist; eine "bloß geringfügige" Gegenleistung, bei der Product Placement zulässig wäre, kann bei mehr als 100.000 Euro (und offenbar nur 12 Sendungen) wohl nicht mehr angenommen werden. Jedenfalls aber gilt auch für TW1 das in § 17 Abs 7 ORF-G festgelegte Prinzip:
"Die Gestaltung von Sendungen oder Sendungsteilen nach thematischen Vorgaben Dritter gegen Entgelt ist unzulässig."

Und da wohl nicht sein kann, was nicht sein darf, glaube ich daher fest daran, dass das Bundesheer keinerlei Einfluss auf die Sendungen hat. "Im militärischen Interesse" wird die Sendung aber wohl sein, denn sonst hätte Milizoffizier Heinke keine Erlaubnis erhalten dürfen, in Uniform zu moderieren (siehe dazu § 35 Wehrgesetz).

PS: Wer meint, dass das Bundesheer "nicht sein Bier" ist, der könnte vielleicht bei der Lektüre des "Bierguide" von Conrad Seidl bekehrt werden: denn um € 2.520 hat das Verteidigungsministerium auch in dieser Publikation ein Inserat geschaltet. Perfektes Zielgruppenmarketing!