Thursday, September 08, 2011

Wie beeinflusst man die Besetzung des Regulators? "Da sollten Sie Hochegger fragen"

Die Presseaussendung von News über ein Interview mit dem früheren Telekom Austria Vorstand Rudolf Fischer hat mich neugierig gemacht, denn dort stand unter anderem: "Hochegger hatte laut Fischer im Sinne der Telekom die Besetzung von regulatorisch wichtigen Posten ebenso beeinflusst wie die Umsetzung von Telekom-Verordnungen und öffentliche Ausschreibungen."

Also habe ich mir das Print-News gekauft und nachgelesen. Hier drei Zitate, zuerst zur Frage, wie man die Wert der Leistungen Hocheggers definieren könne. Dazu sagt Fischer:
Fischer: [...] Als Beispiel: EU-Verordnungen können früher oder später, sehr streng oder sehr großzügig angewendet werden. Für ein Unternehmen wie die Telekom kann so ein Unterschied zig Millionen ausmachen.
NEWS: Wie schafft man eine freundliche Umsetzung?
Fischer : Das ist Sache des Lobbyisten. 
Zweitens zu den Aufträgen allgemein:
Fischer: ... Es gab drei Aufträge im Zusammenhang mit der Akquisition von eTel, ... Es gab Aufträge bei der Besetzung von Posten, die für die Telekom relevant waren, wobei in zwei Fällen Kandidaten der Telekom nicht zum Zug kamen.
News: Sie haben die Besetzung außerhalb der Telekom beeinflusst? Das wäre ja absurd, wenn die Telekom beispielsweise ihren Mann als Regulator durchsetzt.
Fischer: Nein, einen Mann der Telekom dorthin zu setzen ist illusorisch. Aber aus Sicht der Telekom sollte jemand diese Position innehaben, der die Telekommunikation versteht. Er sollte Entscheidungen aufgrund von Wirtschaftlichkeiten treffen und nicht komplett gegen den Exmonopolisten eingestellt sein.
NEWS: Wie beeinflusst man so eine Besetzung?
Fischer: Da sollten Sie Hochegger fragen.
Drittens zur Beeinflussung von Vergabeverfahren:
NEWS: Welche großen Aufträge gab es noch?
Fischer: Einer betraf die Ausschreibung der Telefonie im Bund. Wenn die Ausschreibung so erfolgt wäre wie ursprünglich geplant, hätte die Telekom den Großkunden Bund verloren. Dies, weil die Preise für uns reguliert waren. Jeder alternative Netzbetreiber hätte uns unterbieten können. Im Endeffekt wurden andere Punkte wie die moderne IP-Telefonie und einheitliche Nummern berücksichtigt, und so konnten wir den Bund als Großkunden behalten.
All das heißt noch nicht, dass - zumindest seitens der Vertreter der Telekom Austria oder ihrer Lobbyisten - irgendetwas Illegales geschehen wäre. Aber für einen allfälligen parlamentarischen Untersuchungsausschuss könnten sich doch einige Fragen stellen, denn immerhin erzählt hier ein früheres Vorstandsmitglied eines börsenotierten Unternehmens, wie  - seiner Erinnerung nach - dieses Unternehmen ganz wesentliche Entscheidungen der Politik und Verwaltung beeinflusst hat. Es müsste wohl im Interesse der Politik liegen, hier aufzuklären, wie (unter anderem) die hier angesprochenen Entscheidungen tatsächlich gelaufen sind, welche Erwägungen also zum Beispiel wirklich für die konkrete Ausschreibung der Telefonie des Bundes wesentlich waren (und wie es sein kann, dass ein Unternehmen, das am Vergabeverfahren teilnehmen möchte, die geplanten Ausschreibungsbedingungen kennt - und deren grundlegende Änderung erreichen kann).

Auf der Agenda des Untersuchungsausschusses müssten sich schon nach diesem Interview daher wohl zumindest auch folgende Themen finden:
  1. Zur "Anwendung von EU-Verordnungen"*: welche Umsetzungs- oder Anwendungsmaßnahmen hinsichtlich von EU-Rechtsvorschriften im Bereich der Telekommunikation wurden im Auftrag der Telekom Austria beeinflusst, wer waren die für die Umsetzung/Anwendung verantwortlichen Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung? 
  2. Welche Entscheidungen in Politik und Verwaltung waren im Zusammenhang mit dem Erwerb der eTel (Zusammenschluss) zu treffen und wie wurde allenfalls versucht, diese zu beeinflussen? (wir erinnern uns, dass angeblich der damalige Telekomsprecher der FPÖ für die "Integration der eTel in die Telekom Austria AG" 432.000 € erhalten haben soll, ohne dass jetzt auf den ersten Blick klar wäre, welche Leistungen hier von ihm wirklich erbracht wurden) 
  3. Welche Stellenbesetzungen im öffentlichen Bereich wurden von der Telekom Austria - und in ihrem Auftrag von Hochegger - zu beeinflussen versucht?** 
  4. Welche Ausschreibungen, an denen die Telekom Austria AG teilgenommen hatte oder Teilnahmeinteresse hatte, wurden im Vorfeld allenfalls mit Vertretern/Lobbyisten des Unternehmens erörtert und möglicherweise danach modifiziert?
*) ich gehe nicht davon aus, dass Fischer zwischen Verordnungen und Richtlinien unterscheiden kann, wo er doch zuletzt betont hat, Techniker zu sein und - für ein Vorstandsmitglied eines börsennotierten Unternehmens doch irgendwie bemerkenswert - nicht einmal gewusst zu haben, was Untreue rechtlich ist. An "EU-Verordnungen" käme die Roaming-Verordnung und die mittlerweile außer Kraft getretene Entbündelungsverordnung in Betracht; ich würde aber annehmen, dass Fischer zumindest auch an die Umsetzung des neuen Rechtsrahmens 2002/2003 gedacht hat.
**) Interessant finde ich, dass gerade Fischer - wie wir wissen: Techniker - die wirtschaftliche Qualifikation des früheren Chefs der Telekom-Regulierungsbehörde - eines habilitierten Ökonomen - massiv in Zweifel gezogen hat und auch jetzt davon spricht, dass es um "Wirtschaftlichkeiten" gehen solle.

1 comment :

Anonymous said...

Ohne Kommentar: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20101104_OTS0072/a1-telekom-austria-t-mobile-und-orange-fuer-dr-georg-serentschy-als-rtr-chef