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Monday, October 11, 2021

"Ich hoffe sehr, dass es eine Gegenleistung gab: nämlich Berichterstattung und ein Inserat" - Anmerkungen zu gekaufter Berichterstattung

Die Durchsuchungs- und Sicherstellungsanordnung der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft, in der u.a. der (mittlerweile Ex-)Bundeskanzler, sein Pressesprecher, sein "Kanzlerbeauftragter für Medien" sowie Helmuth und Wolfgang Fellner verschiedener strafbarer Handlungen verdächtigt werden (es gilt die Unschuldsvermutung), enthält auch Hinweise darauf, dass es zu den "Inserate- und Medienkooperationsvereinbarungen" des Finanzministeriums mit der Mediengruppe "Österreich"  GmbH eine Nebenabrede gegeben habe, wonach "aus sachfremden und nicht im Interesse des BMF gelegenen Gründen ... im Gegenzug für die aufgrund ... von Inseratenaufträgen durch das BMF geleisteten Zahlungen - zusätzlich zu den für die Verschleierung der Tathandlungen erforderlichen gekennzeichneten Schaltungen - ... vorgegebene redaktionelle Inhalte ... veröffentlicht werden".  
 
Mit anderen Worten: redaktionelle Berichterstattung nach Wunsch im Gegenzug gegen Werbebuchungen, oder "wer schaltet, schafft an." In diese Richtung konnte man ja schon eine frühere Äußerung des Nationalratspräsidenten verstehen, der in einem Interview zu Wolfgang Fellner sagte: "Sie kennen des G'schäft jo: für's Inserat gibt's a Gegeng'schäft, oder?" (Video). Und auch der (Ex-)Bundeskanzler sagte im ZIB2-Interview mit Martin Thür am 7.10.2021 auf die Frage, ob es eine Gegenleistung für die Schaltung von Inseraten durch das BMF gab: "ich hoffe sehr, dass es eine Gegenleistung gab, nämlich Berichterstattung und ein Inserat, das ist nämlich der Preis, den man bezahlt" (Video, bei ca. 14:10). Sollte das kein Versprecher gewesen sein, würde es auch ein Verständnis nahelegen, dass die gewünschte Berichterstattung Teil des "Deals" bei einer Inseratenschaltung ist. 

Auch abseits des Strafrechts (und - für die involvierten öffentlich Bediensteten - des Dienst- bzw. Disziplinarrechts), das mich hier nicht weiter interessiert, ist dieses Verständnis von "Medienkooperationen" rechtlich problematisch, um es vorsichtig auszudrücken. Dazu ein paar Anmerkungen.

1. Für "Regierungswerbung" gibt es gesetzliche Vorgaben. 

Entgeltliche Veröffentlichungen von Rechtsträgern, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, müssen den inhaltlichen Anforderungen des Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetzes (MedKF-TG) entsprechen. § 3a MedKF-TG verlangt unter anderem, dass solche entgeltlichen Veröffentlichungen "ausschließlich der Deckung eines konkreten Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit zu dienen [haben], das in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Wirkungsbereich des jeweiligen Rechtsträgers steht. Darunter fallen insbesondere Informationen zur Rechtslage sowie Handlungs- oder Verhaltensempfehlungen und Sachinformationen. Audiovisuelle Kommunikation oder entgeltliche Veröffentlichungen, die keinen konkreten Bezug zur Deckung eines Informationsbedürfnisses aufweisen und ausschließlich oder teilweise lediglich der Vermarktung der Tätigkeit des Rechtsträgers dienen, sind unzulässig."

Für den Bund enthalten die "Richtlinien über Ausgestaltung und Inhalt entgeltlicher Veröffentlichungen von Rechtsträgern des Bundes" nähere Vorgaben, insbesondere muss der Auftragnehmer vertraglich zur eindeutigen Kennzeichnung als entgeltliche Einschaltung verpflichtet werden. Außerdem ist "die ausschließliche oder auch nur teilweise Vermarktung der Tätigkeit eines Rechtsträgers untersagt". Eine solche Vermarktung liegt nach den Richtlinien insbesondere dann vor, "wenn die Veröffentlichung überwiegend der Imagepflege des Rechtsträgers dient." 

Redaktionelle Berichterstattung, die als Gegenleistung für die Schaltung von Inseraten erfolgt, ist eine  entgeltliche Veröffentlichung; sie wäre daher (medienrechtlich nach § 26 Mediengesetz) zu kennzeichnen, und sie verstößt schon deshalb, weil eine Verpflichtung zur Kennzeichnung offensichtlich nicht Teil des Auftrags war, auch gegen das MedKF-TG. Im übrigen wird eine derartige gekaufte Berichterstattung in der Regel auch die inhaltlichen Kriterien nach dem MedKF-TG (Deckung eines konkreten Informationsbedürfnisses, Rechts- oder Sachinformation oder Handlungs- oder Verhaltensempfehlung) nicht erfüllen. 

Für den Fall der Verletzung der inhaltlichen Anforderungen des MedKF-TG sieht dieses Gesetz keine Sanktion vor, insbesondere auch keine Verwaltungsstrafe oder Geldbuße. Das ändert freilich nichts daran, dass eine "gekaufte Berichterstattung" eines öffentlichen Rechtsträgers, etwa des Bundes (zB vertreten durch das BMF), nach diesem Gesetz rechtswidrig ist. 

2. Die öffentliche Hand ist auch bei der Schaltung von Inseraten zur Gleichbehandlung verpflichtet. 

Die Frage, inwieweit der Bund und andere öffentliche Rechtsträger bei der Vergabe von Inseraten auch "im geschäftlichen Verkehr" im Sinne des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handeln und daher der lauterkeitsrechtlichen Kontrolle nach dem UWG unterliegen, war früher durchaus umstritten, die genauen Grenzen der lauterkeitsrechtlichen Kontrolle sind es immer noch. Ich spare mir hier die dogmatische Ableitung und Abgrenzung, denn für die hier interessierenden Fragen reicht ein Verweis auf die jüngere Rechtsprechung des OGH, die er insbesondere in seinem Beschluss vom 13.6.2019, 4 Ob 59/19h übersichtlich zusammenfasst. 

Demnach ist die öffentliche Hand aufgrund der Grundrechtebindung zur Gleichbehandlung von Wirtschaftsteilnehmern verpflichtet und darf diese nicht unsachlich bevorzugen oder benachteiligen.  
Eine privatwirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand unterliegt auch dann, wenn die öffentliche Hand damit überwiegende öffentliche Zielsetzungen verfolgt bzw. als reine Nachfragerin tätig ist, insoweit der lauterkeitsrechtlichen Kontrolle, als sie die Grenze des Gleichbehandlungsgebots überschreitet und einzelne Wirtschaftsteilnehmer unsachlich bevorzugt. 

Mit anderen Worten: die öffentliche Hand darf bei der Schaltung von Inseraten die Anbieter (Medien) nicht aus unsachlichen Gründen ungleich behandeln. Natürlich ist es schwierig abzugrenzen, wann eine unzulässige Ungleichbehandlung vorliegt und wann eine Differenzierung aus sachlichen Gründen. Wenn man Landwirt*innen mit Informationen zu Agrarförderungen erreichen will, wird man zulässigerweise eine Stadtzeitung anders behandeln können (und müssen) als eine Fachzeitschrift für die Landwirtschaft. Eine unzulässige Ungleichbehandlung liegt aber jedenfalls vor, wenn Anzahl oder Umfang der in einem bestimmten Medium geschalteten Werbung der öffentlichen Hand nicht von der gewünschten Reichweite oder Zielgruppe abhängig ist, sondern von Kriterien, die nichts mit dem nach § 3a Abs. 1 MedKF-TG gesetzlich einzig zulässigen Ziel - Deckung eines konkreten Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit - zu tun haben. Das wäre zB dann der Fall, wenn Inseratenschaltungen in Abhängigkeit von (positiver oder negativer) Berichterstattung der Medien erfolgten, und natürlich insbesondere dann, wenn ein bestimmter Inhalt oder eine bestimmte Art der Berichterstattung sogar als Nebenabrede zum Vertrag über die Inseratenschaltung vereinbart würde.

Würde der Bund Inserate an eine bestimmte Berichterstattung binden, würde er nicht nur rechtswidrig handeln (einerseits nach dem MedKF-TG, andererseits wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Gleichbehandlung), sondern damit auch unlauter fremden Wettbewerb fördern. Er könnte daher gegebenenfalls von anderen Medien auf Unterlassung und - bei Verschulden - auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden. 

3. (Exkurs) Inserate als Medienförderung wären rechtswidrig.

Andy Kaltenbrunner kommt in seiner Studie "Scheinbar transparent II", einer Analyse der Inserate der Bundesregierung in Österreichs Tageszeitungen und der Presse- und Rundfunkförderung im Pandemiejahr 2020, u.a. zu folgendem Befund: "Das im Corona-Jahr 2020 in historischer Rekordhöhe dotierte Werbebudget der Bundesregierung diente nicht nur der Information der BürgerInnen, sondern auch als indirekte Medienförderung." 

Wie schon erwähnt, müssen jedoch entgeltliche Veröffentlichungen von Rechtsträgern, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, ausschließlich der Deckung eines konkreten Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit dienen, das in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Wirkungsbereich des jeweiligen Rechtsträgers steht (§ 3a Abs. 1 MedKF-TG). Würde man als Vertreter*in der öffentlichen Hand also tatsächlich Inserate aus anderen Erwägungen als zur Deckung eines konkreten Informationsbedürfnisses schalten, etwa auch zum Zweck der indirekten Medienförderung, wäre dies rechtswidrig. (Strafrechtliche Fragen klammere ich auch hier aus.)

4. Einflussnahme auf redaktionelle Inhalte widerspricht der Medienethik

Als Außenstehender "auf Inhalt oder Form eines redaktionellen Beitrags" Einfluss zu nehmen, ist unzulässig, sagt der Ehrenkodex für die österreichische Presse. Dieser Ehrenkodex ist freilich kein Gesetz, und schon gar nicht kann er die darin angesprochenen "Außenstehenden" binden. Aber er enthält jedenfalls eine klare Botschaft, deren Einhaltung man sich insbesondere auch von Vertreter*innen der öffentlichen Hand erwarten dürfte. 

5. Was tun?

Der Verdacht, dass jedenfalls in der Vergangenheit Inseratenschaltungen des Finanzministeriums nicht ausschließlich von sachlich nach dem MedKF-TG zulässigen Erwägungen geleitet gewesen sein könnten, liegt mit der inzwischen öffentlich bekannten Durchsuchungsanordnung auf dem Tisch. Der aktuelle Bundesminister für Finanzen hat immerhin schon angekündigt, dass die interne Revision des BMF, mit Unterstützung der Finanzprokuratur, die Sache prüfen wird. Außerdem wurde von Oppositionsparteien ein Untersuchungsausschuss angekündigt, mit noch unklarem Auftrag. 

Aus meiner Sicht wäre es - neben der straf- und dienstrechtlichen Aufarbeitung der konkreten Verdachtsfälle - geboten, die Frage der "Inseratenpolitik" im Verhältnis zur regulären Medienförderung grundsätzlich zu überdenken (siehe dazu zB auch den "Kommentar der anderen" von Sebastian Loudon auf derstandard.at). 

Aber daneben wäre es auch angebracht, sich der Frage nach möglichen "dunklen Flecken" in der "Inseratenpolitik" der Bundesministerien grundsätzlicher zu stellen. Wünschenswert wäre - wie auch bei der Aufarbeitung dunkler Flecken in anderem Zusammenhang - eine umfassende interdisziplinäre Aufarbeitung, bei der den Forschenden voller Zugang zu allen relevanten Akten/Informationen der Ministerien gewährt wird, und bei der quantitativ und qualitativ ein möglicher Zusammenhang zwischen Inseratenschaltung und Inhalten der Berichterstattung geprüft wird. Ich bin sicher, dass ein Team von Medienökonom*innen, Publizist*innen, Politikwissenschaftler*innen und Jurist*innen hier eine spannende Aufgabe von hohem öffentlichen Interesse finden würde. Eine solche Aufarbeitung wäre meines Erachtens auch eine mögliche fachliche Grundlage für eine allfällige politische Aufarbeitung in einem Untersuchungsausschuss. Nur einen U-Ausschuss einzusetzen allein wird nämlich nicht reichen, um zu belastbaren, wissenschaftlich gesicherten Fakten über die Inseratenpolitik zu kommen. 

6. (Als PS) Auch sanktionslose Gesetze sollten eingehalten werden

Das MedKF-TG enthält für Verstöße gegen die inhaltlichen Anforderungen an "Regierungswerbung" keine Sanktionen. Wie meist bei Gesetzen, die sich an Vertreter*innen öffentlicher Rechtsträger richten, geht man davon aus, dass Gesetze schon deshalb eingehalten werden, weil es sie eben gibt. 

Das erinnert ein wenig an die Antwort von George Mallory auf die Frage, warum er den Mount Everest besteigen wolle: "Because it's there". 

Nun ist die schlichte Einhaltung eines Gesetzes keine Aufgabe, die mit der Besteigung eines Achttausenders vergleichbar wäre, aber bei der Beobachtung jüngerer Entwicklungen würde ich mir gelegentlich mehr von diesem Spirit wünschen - ein Gesetz nicht erst einhalten, wenn man Sanktionen befürchten muss, sondern schlicht: "because it's there". 

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tl;dr: selektive Inseratenvergabe, gekoppelt an inhaltliche Berichterstattung, ist rechtswidrig und unlauter. Eine umfassende interdisziplinäre Aufarbeitung der Inseratenpolitik des Bundes (und wenn wir schon dabei sind: auch der Länder) wäre notwendig.

Monday, November 14, 2016

"Einfach JA sagen" - zur Schleichwerbung? Zum OGH-Urteil über Gefälligkeitsartikel in einem Gratisblatt

(Bild aus dem OGH-Urteil)
Mit Urteil vom 26.09.2016, 4 Ob 60/16a, hat der OGH entschieden, dass "Gefälligkeitsartikel" in einem Printmedium nicht als Werbung oder Anzeige gekennzeichnet werden müssen. Das Urteil - über das der Standard hier (aufgrund einer APA-Meldung) berichtet - hat auf Twitter einige Kritik ausgelöst (zB hier, hier, hier, hier, hier oder hier). Hier ein Versuch, die Angelegenheit etwas nüchterner zu sehen:

1. Ausgangspunkt: ein UWG-Verfahren, gerichtet auf Unterlassung nicht gekennzeichneter Werbung
Zunächst einmal: es geht um ein Verfahren nach dem UWG, in dem ein Medieninhaber einer Gratiszeitung die Medieninhaberin einer anderen Gratiszeitung geklagt hat. Der Anspruch richtet sich darauf, dass es die Medieninhaberin der Gratiszeitung unterlassen soll, einerseits entgeltliche Beiträge, und andererseits "unentgeltlich gestaltete Anzeigen oder unbezahlte Werbung" zu veröffentlichen, sofern diese Veröffentlichungen nicht als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder als "Werbung" gekennzeichnet sind.

Konkret geht es um Veröffentlichungen in dieser und dieser Ausgabe von "Tips". Der OGH gibt relevante Ausschnitte aus diesen Zeitungen in seinem Urteil im Faksimile wieder; etwa - wie oben links gezeigt - den Beginn eines Artikels über eine Hochzeitsplanerin; am Ende des Artikels wird dann noch die Telefonnummer und die (mittlerweile nicht mehr errreichbare) Website der Hochzeitsplanerin angegeben.
(Bild aus dem OGH-Urteil)
Ein anderes Beispiel ist diese Seite (links), auf deren oberem Teil "redaktionell" über eine "Hausmesse beim Zweiradspezialisten" berichtet wird, und auf deren unterem Teil ein Inserat dieses Zweiradspezialisten zu sehen ist.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts wurde für "das Erscheinen der gesamten Seite 42 [links abgebildet], bestehend aus einem klassischen Inserat in der unteren Seitenhälfte und dem von einem Redakteur der Beklagten verfassten Bericht" von dem darin genannten Unternehmer ein Entgelt von 718,20 € bezahlt. Der Unternehmer hatte mit der beklagten Medieninhaberin "das Erscheinen eines Artikels und eines Inserats gegen Bezahlung eines Gesamtentgelts vereinbart." Vergleichbares stellte das Gericht auch zu einer weiteren Seite dieser Ausgabe der "Tips" fest.

Für die anderen vom Kläger inkriminierten Artikel - also zB auch für den Artikel über die Hochzeitsplanerin - wurde festgestellt, dass für deren Veröffentlichung jeweils kein Entgelt bezahlt wurde (bei zwei Artikeln konnte nicht festgestellt werden, ob für deren Veröffentlichung ein Entgelt bezahlt wurde, was prozessual de facto auf dasselbe hinausläuft).

2. Die Rechtslage
Für den Streit zwischen den Medieninhabern ist vor allem das UWG (Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb) relevant. Dieses Gesetz verbietet - in Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken - irreführende Geschäftspraktiken, zu denen nach Z 11 des Anhangs zum UWG u.a. auch folgende Geschäftpraktik zählt:
Redaktionelle Inhalte werden in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung eingesetzt und das Unternehmen hat diese Verkaufsförderung bezahlt, ohne dass dies aus dem Inhalt oder aus für den Verbraucher klar erkennbaren Bildern und Tönen eindeutig hervorgehen würde (als Information getarnte Werbung).
Außerdem darf man - vereinfacht gesagt - als Unternehmer im geschäftlichen Verkehr auch keine sonstige unlautere Handlung anwenden, die den Wettbewerb "nicht nur unerheblich" beeinflussen kann. So wäre beispielsweise eine Verletzung von Rechtsvorschriften, die sich auf den Wettbewerb auswirkt, ein typischer Fall einer derartigen unlauteren Handlung. Daher kann auch eine Verletzung der Pflicht zur "Kennzeichnung entgeltlicher Veröffentlichungen" (§ 26 Mediengesetz) einen UWG-Verstoß darstellen. § 26 Mediengesetz lautet wörtlich:
Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstige Beiträge und Berichte, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, müssen in periodischen Medien als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet sein, es sei denn, daß Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können.
3. "Gekaufte" Artikel müssen gekennzeichnet sein
Das OGH-Urteil ändert nichts daran, dass Artikel, die gewissermaßen mit einem Inserat mitgekauft werden, nach § 26 Mediengesetz zu kennzeichnen sind. Das betraf im konkreten Fall aber nur zwei Beiträge (den oben gezeigten "Bericht" über die "Hausmesse" und einen weiteren), denn nur bei diesen wurde festgestellt, dass die Unternehmer für das Erscheinen des Artikels bezahlt hatten (Gesamtentgelt für Inserat und Artikel zusammen). Die Beklagte wurde daher auch verpflichtet, es zu unterlassen, in ihren periodischen Druckwerken "Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstige Beiträge und Berichte, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, zu veröffentlichen, sofern diese Veröffentlichungen nicht als 'Anzeige', 'entgeltliche Einschaltung', 'Werbung' oder in sinngleicher Weise gekennzeichnet sind." Dieser Punkt war auch in der letzten Instanz nicht mehr strittig. Es bleibt dabei: Artikel, für die ein Entgelt bezahlt wird, sind jedenfalls zu kennzeichnen!

4. Keine Kennzeichnungspflicht für "Gefälligkeitsartikel"
Das Problem vor dem OGH waren aber jene Beiträge, die zwar werblich wirkten, für die aber kein Entgelt gezahlt worden war. Der OGH verweist dazu auf die gesetzlichen Bestimmungen in § 26 Mediengesetz und Z 11 des Anhangs zum UWG, die jeweils eindeutig auf Veröffentlichungen abstellen, für die ein Entgelt geleistet wird. Ein gesetzliches Kennzeichnungsgebot für unentgeltliche Werbung besteht hingegen nicht.

Der OGH prüft dann abschließend, ob das "als 'Schleichwerbung' beanstandete Verhalten der Beklagten" (also die unentgeltlichen, "werbenden" Artikel) unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG unlauter ist (eine mögliche Irreführung im Sinne des § 2 UWG prüft er übrigens nicht mehr). Er kommt zum Ergebnis, dass es "unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebots (§ 1 UWG)" keiner zusätzlichen Aufklärung des Publikums bedarf, wenn ein redaktioneller Beitrag "aus Gefälligkeit Äußerungen kommerziellen Charakters mit 'werblichem Überschuss' enthält."

5. Naiv, an "Gefälligkeitsartikel" zu glauben?
Das Unbehagen an diesem Ergebnis ist wohl darauf zurückzuführen, dass bei derartigen Beiträgen an reine Gefälligkeit oft schwer zu glauben ist. Immerhin handelt es sich um eine Gratiszeitung, die nur von Werbung lebt, und in der häufig von Unternehmen berichtet wird, die auch Inserate schalten; schließlich wirken selbst Berichte über Unternehmen, die kein als solches gekennzeichnetes Inserat geschaltet haben, besonders freundlich und enthalten zur besseren Information des Publikums oft gleich alle notwendigen Kontaktinformationen und Hinweise auf besondere Angebote. Da läge es vielleicht nahe, an Zusammenhänge, Geldflüsse oder Gegengeschäfte zu denken - aber solange solche nicht festgestellt sind, kann man im Gerichtsverfahren eben nicht von entgeltlicher (nicht gekennzeichneter) Werbung ausgehen.

Dass der OGH hier von Gefälligkeit ausgeht, ist nicht naiv, sondern notwendig: er kann seiner Entscheidung keine Vermutungen zugrunde legen, sondern muss bei den festgestellten Tatsachen bleiben. Der "Hochzeitsplaner"-Beitrag etwa war demnach unentgeltlich veröffentlicht worden. Offenbar war die Berichterstatterin einfach so überzeugt und begeistert von der Hochzeitsplanerin, dass sie diese Begeisterung - ohne Gegegleistung, aus reiner Gefälligkeit - mit der Welt (bzw. zumindest dem Bezirk Oberpullendorf) teilen wollte.

Im Übrigen wäre es auch medienethisch schwer zu argumentieren, dass (allzu) positive (aber nicht gegen Entgelt erfolgte) Berichterstattung - anderswo vielleicht als "constructive news" eingefordert - als "Werbung" zu kennzeichnen wäre. Schließlich könnte dies wiederum irreführend sein, weil Werbung in diesem Zusammenhang (§ 26 Mediengesetz bzw. Z 11 des Anhangs zum UWG) Entgeltlichkeit voraussetzt (Anderes gilt für audiovisuelle Mediendienste, siehe dazu unter Punkt 6. unten).

Es ist tatsächlich auch nicht unüblich, dass werblich wirkende Artikel außerhalb einer konkreten Entgeltbeziehung entstehen - etwa wenn ein positives Umfeld erst aufbereitet werden soll ("Jetzt haben wir zweimal so schön über Euch geschrieben, wollt Ihr nicht einmal ein Inserat schalten?"). Dass viele Medien - insbesondere natürlich Gratismedien, die nur von Werbung leben - ein "inseratenfreundliches Umfeld" schaffen möchten, ist weder neu noch rechtlich verpönt. Ein Objektivitätsgebot für Printmedien besteht nicht, auch Kampagnenjournalismus bzw. eine Berichterstattung, die die Interessen bestehender und möglicher Inserenten im Auge hat, ist zulässig, Selbst der Ehrenkodex des Presserates schließt das übrigens nicht aus: nach diesem dürfen auch wirtschaftliche Interessen des Verlages redaktionelle Inhalte beeinflussen - bloß nicht in einer Weise, "die Fehlinformationen oder Unterdrückung wesentlicher Informationen zur Folge haben könnte."

Von Qualitätsjournalismus erwartet man anderes, aber Qualitätsjournalismus ist keine Rechtspflicht.

6. Schleichwerbung erlaubt?
Nein, der OGH hat Schleichwerbung nicht erlaubt (anders als das Ritchie Pettauer auf seinem Blog zuspitzt; das Missverständnis entstand wohl, weil im APA-Bericht - unzutreffend - von "Gefälligkeitsartikeln, die im Gegenzug für gebuchte Inserate erscheinen", die Rede ist). Der OGH hatte das UWG und § 26 Mediengesetz auszulegen, beide setzen für unzulässige "als Information getarnte Werbung" Entgeltlichkeit voraus, und die war in den beim OGH noch strittigen Fällen eben nicht festgestellt worden. Der Begriff "Schleichwerbung" kommt im OGH-Urteil nur im unter Anführungszeichen gesetzten Zitat des Klägervorbringens vor.

Ausdrückliche rechtliche Regelungen für "Schleichwerbung" gibt es nur für audiovisuelle Mediendienste. Art. 1 Abs. 1 lit. j AVMD-RL (für Österreich siehe § 2 Z 29 AMD-G, § 1a Z 7 ORF-G und für den Hörfunk in § 19 Abs. 4 lit. b PrR-G) definiert Schleichwerbung so:
die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, dem Namen, der Marke oder den Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen, wenn sie vom Mediendiensteanbieter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit über ihren eigentlichen Zweck irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt;
Schleichwerbung nach der AVMD-RL muss daher nicht in jedem Fall entgeltlich sein. Der EuGH kam in der Rechtssache C-52/10, "ALTER CHANNEL", zum Ergebnis, dass die Existenz eines Entgelts oder einer ähnlichen Gegenleistung zwar ein Kriterium darstellt, anhand dessen sich die Werbeabsicht eines Fernsehveranstalters feststellen lässt, dass diese Absicht aber bei Fehlen eines solchen Entgelts oder einer solchen ähnlichen Gegenleistung nicht ausgeschlossen werden kann (siehe dazu im Blog hier). Schleichwerbung in diesem Sinne ist in der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation verboten (Art. 9 Abs. 1 lit. a AVMD-RL; § 31 Abs. 2 AMD-G; § 13 Abs. 1 ORF-G; § 19 Abs. 4 lit. b PrR-G).

Für Printmedien gilt damit eine andere Rechtslage als für audiovisuelle Mediendienste: § 26 Mediengesetz untersagt unentgeltliche "Schleichwerbung" (so wie sie in der AVMD-RL verstanden wird und für audiovisuelle Mediendienste sowie in Österreich auch für den Hörfunk verboten ist) nicht. Entgeltliche "Schleichwerbung" ist und bleibt auch im Printbereich unzulässig.

7. Kernfrage: Zusammenhang zwischen Entgelt (für Inserat) und Artikel
Um von lauterkeitsrechtlich unzulässiger "als Information getarnter Werbung" ausgehen zu können, muss ein Zusammenhang zwischen dem redaktionell gestalteten Beitrag und einem Entgelt oder einer anderen Gegenleistung festgestellt werden. Das wird häufig letztlich eine Beweisfrage sein und ist im Einzelfall zu würdigen. Als Freibrief für "Paketangebote" von Inserat und Artikel kann das OGH-Urteil jedenfalls nicht gelesen werden, im Gegenteil: wenn ein solches Paket geschnürt wird (Inserat und Artikel zu Gesamtpreis), ist der Artikel jedenfalls nach § 26 Mediengesetz zu kennzeichnen.

8. Das Ende des objektiven/neutralen Journalismus?
Die APA schrieb auch, dass sich die Höchstrichter "von der jahrzehntelangen Vorstellung eines objektiven Journalismus verabschiedet" hätten. Das ist die Zuspitzung einer meines Erachtens tatsächlich etwas unglücklichen Argumentationskette im OGH-Urteil:

Bei Prüfung der Frage, ob durch die unentgeltlichen (aber werblichen) Beiträge ein aus § 1 UWG abzuleitendes Transparenzgebot verletzt wurde, führt der OGH Folgendes aus:
3.1. § 26 MedienG wurde aus der Erwägung eingeführt, dass redaktionellen Beiträgen vom Leserpublikum ein größeres Vertrauen entgegengebracht wird als Anzeigen, weil letztere offensichtlich den Interessen deren dienen, die dafür zahlen (4 Ob 60/92).
Die vor mehr als zwanzig Jahren in Rechtsprechung und Schrifttum vertretene Auffassung, dass der Verbraucher bei der offenen Werbung in Rechnung stellt, dass sie stets subjektiv gefärbt ist, und deshalb geneigt ist, gewisse Abstriche zu machen, während er Stellungnahmen von "neutraler Seite" – Zeitungsberichten, Reportagen in Funk oder Fernsehen, Äußerungen der Wissenschaft – oft unbegrenztes Vertrauen entgegenbringt (Nordemann, Wettbewerbsrecht6, 59 Rz 64, zitiert in 4 Ob 60/92), gilt in dieser Allgemeinheit nicht mehr: Der durchschnittlich aufmerksame und kritische Leser geht heute davon aus, dass auch redaktionelle Beiträge in periodischen Medien nicht "neutral" sind und keine absolute Objektivität in Anspruch nehmen können, weil sie von – zumeist auch namentlich genannten – Journalisten stammen, die ihre persönliche Meinung zum Ausdruck bringen, sei es in politischen, wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Belangen.
3.2. Besteht demnach – anders als im Fall 4 Ob 60/92 – für den Durchschnittsleser am Charakter der beanstandeten Veröffentlichungen als redaktionelle Beiträge kein Zweifel, bedarf es im Fall der Unentgeltlichkeit dieser Beiträge unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebots (§ 1 UWG) auch dann keiner zusätzlichen Aufklärung des Publikums durch Kennzeichnung, wenn der Beitrag aus Gefälligkeit Äußerungen kommerziellen Charakters mit "werblichem Überschuss" enthält.
Daran überrascht nicht nur das mehrfache Zitat des Urteils 4 Ob 60/92 aus dem Jahr 1992, in dem es allerdings gar nicht um die Frage der Kennzeichnung nach § 26 Mediengesetz ging, sondern um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der "Zugabe" von Gratisinseraten (die als Inserate klar erkennbar waren).

Vor allem überrascht, dass der OGH offenbar der Auffassung ist, dass sich am Medienverständnis der Maßfigur des "durchschnittlich aufmerksamen und kritischen Lesers" zwischen 1992 und heute etwas geändert habe und die Leser heute weniger von einem "neutralen" Journalismus ausgehen würden als noch vor knapp 25 Jahren. Nun ist das mit solchen Maßfiguren (vom "verständigen Verbraucher" bis hin zum - tatsächlich - "durchschnittlich rechtstreuen Schwachsinnigen") so eine Sache: es handelt sich um normative Maßstäbe, nicht um empirisch gestützte Diagnosen. Es ist daher müßig, jetzt zu überlegen, ob sich dieses geänderte Medienverständnis in entsprechenden Studien nachvollziehen lässt.

Eine Begründung für den nach Ansicht des OGH geänderten Maßstab gibt es nicht (liegt der Grund vielleicht in der Zunahme an Gratisblättern, im grassierenden Meinungsjournalismus, im Gerede von der "Lügenpresse", vielleicht sogar in verbesserter Medienbildung?). Ich kann das Argument auch nicht ganz nachvollziehen: auch vor 25 Jahren wurde nicht flächendeckend an die absolute Objektivität geglaubt, aber es war und ist etwas anderes, ob ich zB politisch gefärbten Journalismus erwarte (übrigens vor 25 Jahren zB in den damals noch stärker vertretenen Parteizeitungen), oder ob mir - egal ob in der politischen Kolumne oder im "objektiven" Testbericht - absichtlich nicht gekennzeichnete kommerzielle (und entgeltliche) Werbung untergejubelt wurde. Die Argumentation, mit der die Kennzeichnungspflicht für entgeltliche Beiträge im Mediengesetz begründet wurde, hat heute genauso Gültigkeit wie bei Einführung des Mediengesetzes 1981.

Es scheint, als wolle sich der OGH mit der (vorgeblichen) Maßstabsänderung vom mehrfach zitierten, aber - wie er an anderer Stelle selbst betont - nicht einschlägigen Urteil 4 Ob 60/92 absetzen. Dort ging es jedoch gerade nicht um eine mögliche Täuschung des Publikums über den werblichen Charakter einer Veröffentlichung (der Streit betraf die Inserate, die als solche erkennbar und gedacht waren, für die aber kein Entgelt verlangt wurde).

Tatsächlich hat der OGH noch nie über unentgeltliche redaktionelle Artikel mit "werblichem Überschuss" entschieden, es wäre also gar nicht notwendig gewesen, sich von der Entscheidung 4 Ob 60/92 abzusetzen und dazu ein angeblich geändertes Medienverständnis heranzuziehen. Oder muss man das aktuelle Urteil so lesen, dass der OGH im Jahr 1992 - hypothetisch - noch zum Ergebnis gekommen wäre, unentgeltliche werbende Artikel wären damals nach § 1 UWG unzulässig gewesen?

Für das vom OGH erzielte Ergebnis hätte es gereicht, auf die Voraussetzung der Entgeltlichkeit sowohl nach § 26 Mediengesetz als auch nach Z 11 des Anhangs zum UWG hinzuweisen und festzuhalten, dass sonstige - nicht monetär oder durch eine andere Gegenleistung gestützte - Motive, um besonders positiv über ein Produkt, eine Dienstleistung, oder ein Unternehmen zu schreiben, demnach nicht offengelegt werden müssen.

So aber wirkt die Argumentation des OGH tatsächlich, als würde er sich von einer "jahrzehntelangen Vorstellung eines objektiven Journalismus" verabschieden. Diese Vorstellung lag aber weder dem Mediengestz zugrunde (die Erläuterungen sprachen nur vom "größeren Vertrauen" in redaktionelle Beiträge, nicht von der Erwartung eines objektiven und/oder neutralen Journalismus) noch der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, sondern sie wurde vom OGH im Jahr 1992 ohne Not aus einem alten deutschen Kommentar importiert - und nun wieder mühsam "exportiert".

Im Übrigen: auch objektiver Journalismus ist vielleicht eine Wunschvorstellung, aber (sieht man vom Rundfunk ab) keine Rechtspflicht.

Monday, June 11, 2007

Penetrante Mitspiel-Aufforderungen, unaufmerksame Fernsehzuschauer, geringer Unterhaltungswert

In einem Urteil des Oberlandesgerichtes Wien kommt eine (mittlerweile eingestellte) Gewinnspielsendung nicht gut weg (und nein, diesmal handelt es sich nicht um den ORF-"Quiz-Express", der Gegenstand des anhängigen EuGH-Verfahrens ist - siehe dazu hier und hier -, sondern um ein gar nicht so unähnliches "Quiz" eines privaten Rundfunkveranstalters).
Das OLG Wien gab in seinem Urteil in zweiter Instanz (die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen) der auf das UWG - wegen irreführender Werbung - gestützten Unterlassungsklage des Vereins für Konsumenteninformation statt, und fand dabei recht deutliche Worte:

"Schon alleine die vom Erstgericht zutreffend konstatierte 'Penetranz' dieser Aufforderungen zum Wählen der Mehrwertnummer zeigt, dass diese nicht bloß zum Zwekc der Erklärung von Spielregeln, sondern der Bewerbung des von der Beklagten im Rahmen der Ausübung ihres Gewerbes veranstalteten Gewinnspieles dienten, zumal die Beklagte aus jedem Versuch einer Teilnahme [...] direkt Profit zog."

"Beim durchschnittlichen Fernsehzuschauer [kann] schon allgemein kein hoher Konzentrations- und Aufmerksamkeitsgrad vorausgesetze werden. Dies gilt [...] um so mehr für die vorliegende Sendung, welche keinen Informations- und nur einen sehr geringen Unterhaltungswert hat und über den Großteil der Sendedauer von zwei Stunden fast ereignislos verläuft, zumal die Lösung des Rätsels nach spätestens 30 Minuten jedem Zuseher klar ist [...]"

"Nun sind aber das Konzept der vorliegenden Sendung und die Werbeaussagen der Moderatorin gerade dazu angelegt, den Zuseher von solchen vernünftigen Überlegungen abzuhalten, ihn zu unüberlegten, spontanen Anrufen zu animieren und seine Aufmerksamkeit gerade von der Tatsache der Kostenersatzpflicht auch für fehlgeschlagene Anrufe abzulenken."

Währenddessen befassen sich die deutschen Medienwächter weiter mit dem Grundsätzlichen: eine Norm muss her! Die "GSPWM-Pressemitteilung" (das nennen die wirklich so! das "M" steht übrigens für Medienkompetenz!) ist übertitelt:

"Schneider zu Gewinnspielen im Fernsehen: 'Im Interesse der Nutzer ist eine präzise Rechtsgrundlage nötig' "

Natürlich braucht es nicht irgendeine Norm, sondern eine Änderung des Rundfunkstaatsvertrages, der damit auch mit so zentralen Fagen des Rundfunkrechts wie dem "Hot Button" angereichert werden könnte. Mein Vorschlag für einen Titel: "X. Änderung des Rundfunkstaatsvertrages, mit der zur Gewährleistung reeller Gewinnchancen Bestimmungen zur Verwendung heißer Knöpfe oder Summer ["Hot Button/Buzzer"] bei Fernseh-Gewinnspielen getroffen werden". Natürlich könnte man dann auch noch vorsehen, dass jede Landesmedienanstalt weitere Richtlinien festlegen sollte, schließlich geht es ja, wie Schneider in der Pressemitteilung betont, "um höchst komplexe Sachverhalte"!