Vor etwa zwei Jahren brach dann der Telekom-Skandal auf und die Medien begannen, konkreter über Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Verordnungsnovelle zu berichten. Dabei wurde in manchen Berichten deutlich, dass das Verständnis für den Regelungsgegenstand der Verordnung doch ziemlich begrenzt ist. Also habe ich mich in einem weiteren Beitrag bemüht, die Universaldienstverordnung und vor allem den Hintergrund der Novelle verständlich zu machen (ich kann freilich nicht beurteilen, ob das jetzt über oder unter dem "Vorstandsniveau" war, auf auf dem der Regulierungsverantwortliche der Telekom seinem Vorstand das Thema Universaldienstverordnung erklärt hat). Rund um den Beginn des parlamentarischen Untersuchungsauschusses habe ich mich nochmals damit befasst (hier) und schließlich auch versucht, die kolportierte Größenordnung der Vorteile zu hinterfragen, die der Telekom Austria durch die Novelle entstanden sein könnten (hier). Auf das Knappste zusammengefasst: die Novelle war im Interesse der Telekom Austria, aber die kolportierten 10 Mio. €, die ihr das angeblich gebracht haben soll, lassen sich für mich nicht nachvollziehen (nähere Begründung dazu in den schon erwähnten Blogbeiträgen hier, hier und hier).
Der ORF kann offenbar nicht zwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof unterscheiden |
"Aber bleiben wir bei dem Punkt, den die Kollegin angesprochen hat: Korruption. Also die Politik ist in wirkliches schiefes Licht gekommen, durch die Enthüllungen der vergangenen Jahre, auch jetzt wieder in den letzten Wochen neue Enthüllungen, zum Telekom-Skandal, morgen geht der Prozess weiter.Abgesehen davon, dass die Universaldienstverordnung kein Gesetz ist (aber diese Fehlmeinung ist wohl nicht mehr wegzubekommen, gerade war das auch im Morgenjournal auf Ö1 wieder zu hören), hätte man natürlich, wenn man schon "nachgesehen" hat, auch leicht herausfinden können, dass der Verwaltungsgerichtshof noch keine Entscheidungen zur novellierten Universaldienstverordnung zu treffen hatte (das RIS ist dein Freund!). Die Sachlage war - auch das habe ich schon in den früheren Beiträgen dargestellt - vielmehr so, dass die Novelle der Universaldienstverordnung im Kern eine Reaktion des Verordnungsgebers auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes war (vom 25.2.2004, 2002/03/0273, und vom 19.12.2005, 2005/03/0200): da nach dieser Rechtsprechung eine "payphone access charge" nicht mit Zusammenschaltungsanordnungen durchgesetzt werden konnte, wurde die Möglichkeit dazu eben durch eine Änderung der Universaldienstverordnung geschaffen.
Ich möchte etwas fragen, da Sie ja den Senat im Verwaltungsgerichtshof leiten, der sich mit Fragen der Telekommunikation beschäftigt. Sie werden sicherlich, ich hab’s auch nachgesehen, in den letzten Jahren immer wieder auch Beschwerden behandelt haben von Konkurrenten der Telekom Austria, die sich irgendwo zurückgesetzt gefühlt haben. Es ist ja der Sinn zu regulieren und gleiche Marktzugänge von der Verwaltung den Marktteilnehmern zu ermöglichen. Jetzt haben Sie dort Beschwerden möglicherweise abgelehnt, die auf Grund einer Universaldienstverordnung gemacht wurden, auf die die Telekom Austria Einfluss genommen hat, wie man jetzt weiß. Die Drehscheibe, Herr Hochegger, hat das immer wieder politische Landschaftspflege genannt. Ist das für Sie ein Problem, nachträglich zu sagen, hab ich da richtig entschieden, hat sich jemand ein Gesetz, das ich dann anwenden musste, maßschneidern lassen?"
Dass Gesetze (oder Verordnungen) "maßgeschneidert" werden, kommt natürlich vor, und dass gerade im Telekombereich intensives Lobbying - aller Seiten - üblich war (und ist), war (und ist) kein Geheimnis. Angesichts der engen unionsrechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Telekom-Rechtsrahmens waren die Erfolge der Lobbyisten auf österreichischer Ebene aber meist überschaubar und blieben eher symbolisch oder atmosphärisch. Besonders deutlich ist das an der TKG-Novelle 2009 (BGBl I 2009/65) zu sehen. Diese Novelle basiert auf einem Initiativantrag der Abgeordneten Hakl und Gartlehner (siehe im Blog dazu hier), und natürlich kann man bestimmte Formulierungen auf Wünsche eines bestimmten Marktteilnehmers zurückführen: dass etwa bei einzelnen Regulierungsmaßnahmen "Kosten und Risiken von Investitionen" zu berücksichtigen sind, war wohl kein autonomer Einfall der Abgeordneten (oder der im Hintergrund den Text ausarbeitenden Legisten).
Dennoch ist die Bedeutung dieser Änderung marginal (falls überhaupt vorhanden), denn natürlich waren schon zuvor bei einer ordnungsgemäßen regulatorischen Kostenrechnung auch Investitionsrisken zu berücksichtigen - strittig ist ja in der Regel nur, wie diese Risken bewertet werden. "Auf Vorstandsniveau" könnten Lobbyisten solche Änderungen aber sicher als großen Erfolg ihrer Aktivitäten darstellen.
So etwas würde ich übrigens auch für die Universaldienstverordnung nicht ausschließen: dass die Änderung, selbst wenn sie nicht unmittelbar auf das Wirken der mutmaßlich beteiligten Lobbyisten zurückgehen sollte, dennoch dem Vorstand als Lobbying-Erfolg verkauft wurde (und das vielleicht noch als größerer Erfolg, als ihn die unmittelbar damit befassten Regulierungsexperten des Unternehmens wahrgenommen haben).
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