Tuesday, November 09, 2010

EuGH und Vorratsdaten: ein Fall raus, ein neuer rein (und noch immer keine Antwort)

Der EuGH hat heute in der Rechtssache C-92/09 Volker und Markus Schecke GbR / Land Hessen (verbunden mit C-93/09 Hartmut Eifert / Land Hessen) erwartungsgemäß einzelne Rechtsgrundlagen für die Veröffentlichung der Empfänger von Agrarsubventionen als ungültig beurteilt, wobei er sich wesentlich auf Art 7 und 8 der Grundrechtecharta - und vermittelt darüber indirekt auf Art 8 EMRK - gestützt hat. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist das ein durchaus interessantes Urteil (wenngleich vieles davon auch schon im Urteil C-465/00 Österreichischer Rundfunk zum Ausdruck gebracht wurde; damals ging es um die heute aus anderen Gründen wieder aktuelle Frage der Veröffentlichung der Bezüge von ORF-Führungskräften); für Österreich kommt noch der interessante Nebenaspekt hinzu, dass sich das Urteil - entsprechend der Grundrechtecharta - nur auf natürliche Personen bezieht, während das österreichische Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 DSG auch juristische Personen schützt. Man wird sich daher wohl anschauen müssen, ob die vom zuständigen Landwirtschaftsminister schon veranlasste völlige Abschaltung der Transparenzdatenbank im Hinblick auf juristische Personen im Lichte des Unionsrecht nicht vielleicht doch zu weit geht - aber datenschutzrechtliche Fragestellungen sind eigentlich nicht Thema dieses Blogs.

Das konkrete Verfahren vor dem EuGH war hier nur deshalb auf dem Radar, weil eine der Vorlagefragen auch ausdrücklich die Gültigkeit der RL 2006/24/EG über die Vorratsspeicherung von Daten angesprochen hat. Eine Antwort darauf war - auch nach den Schlussanträgen (siehe dazu hier) - nicht wirklich zu erwarten; der EuGH ist diesbezüglich knapp und klar:
"Der zweite Teil der zweiten Frage und die sechste Frage stehen in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand der Ausgangsrechtsstreitigkeiten. Sie gelten nämlich nicht der Veröffentlichung von Daten, die Empfänger von Beihilfen aus diesen Fonds wie die Kläger der Ausgangsverfahren betreffen, sondern der Vorratsspeicherung der Daten von Personen, die Internetseiten aufrufen. Da die Prüfung des zweiten Teils der zweiten Frage und die der sechsten Frage für die Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten in keiner Weise sachdienlich ist, brauchen diese nicht beantwortet zu werden."
Das heißt aber nicht, dass die Vorratsspeicherung von Daten nicht wieder Thema beim EuGH würde:  IT Law in Ireland berichtet über ein neues Vorabentscheidungsersuchen des schwedischen Obersten Gerichtshofs, datierend vom 25.08.2010 (auf der EuGH-Website ist das noch nicht zu finden; Update 23.11.2010: nunmehr verfügbar: C-461/10 Bonnier Audio AB ua); die Fragen werden (entsprechend diesem Bericht) so wiedergegeben:
  • Whether the Data Retention Directive prevents the application of a national rule based on the EU IP Rights Enforcement Directive (2004/48/EC), which provides that an ISP in a civil case can be ordered to provide a copyright owner or a rights holder with information on which subscriber holds a specific IP address assigned by the ISP, from which address the infringement is alleged to have taken place.
  • Whether the answer to the first question is affected by the fact that the state has not yet implemented the Data Retention Directive, although the deadline for implementation has passed.

No comments :