Thursday, March 29, 2012

EuG bestätigt Geldbuße für Telefónica wegen Margin-Squeeze - zum Verhältnis Regulierungs-/Wettbewerbsrecht

Mit den heute verkündeten Urteilen in den  Rechtssachen T-336/07, Telefónica SA und Telefónica de España SA / Kommission, sowie T-398/07, Spanien / Kommission, hat das Gericht (EuG) die Klagen gegen die Entscheidung der Kommission vom 04.07.2007 in der Sache COMP/38.784 - Wanadoo España/Telefónica (Zusammenfassung), abgewiesen und damit auch die verhängte Geldbuße in der doch beträchtlichen Höhe von 151.875.000 € bestätigt (siehe auch die Pressemitteilung des Gerichts).

Nach den EuGH-Urteilen zum Margin-Squeeze der Deutschen Telekom (C-280/08 P, dazu im Blog hier) und zum Vorabentscheidungsersuchen C-52/09 TeliaSonera (mehr dazu im Kartellblog) waren inhaltlich keine großen Überraschungen zu erwarten (wenngleich man natürlich bei derartigen komplexen Verfahren nie ausschließen kann, dass eine Klage erfolgreich einzelne Verfahrensmängel hätte aufzeigen können). Tatsächlich bestätigen die Urteile die bisherigen großen Linien, und auch wenn die nun abgewiesenen Kläger wohl noch Rechtsmittel an den EuGH erheben werden, würde ich auch von dessen Urteil keine Umwälzungen erwarten.

In ihrer Entscheidung vom 04.07.2007 war die Kommission zum Ergebnis gekommen, dass Telefónica auf zwei Großkunden-Breitbandmärkten (regionale und nationale Produkte) marktbeherrschend war und auf diesen Märkten von September 2001 bis Dezember 2006 von ihren Wettbewerbern unfaire Preise in Sinne einer Kosten-Preis-Schere zwischen den Preisen für einen Breitbandzugang auf dem spanischen "Massenmarkt" und den Preisen für den Großkunden-Breitbandzugang auf regionaler und nationaler Ebene verlangt habe. Dabei wandte die Kommission die Methode des "ebenso effizienten Wettbewerbers" (as efficient competitor-test) an und verwendete als Kostenmaßstab das Konzept der LRAIC (Long Run Average Incremental Costs, langfristige durchschnittliche Zusatzkosten).

Zunächst zum Urteil über die Klage der Telefónica (T-336/07):

1. Verfahrensfragen
Das EuG geht vorweg auf allgemeine Verfahrensaspekte ein und macht gleich einmal deutlich, dass es sich nicht durch alle umfangreichen Anlagen zur Klageschrift und zur Erwiderung wühlen möchte: diese Anlagen sind "nur insoweit zu berücksichtigen [...], als sie Klagegründe oder Argumente untermauern oder ergänzen, die die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen ausdrücklich angeführt haben, und genau bestimmt werden kann, welche darin enthaltenen Elemente die fraglichen Klagegründe oder Argumente untermauern oder ergänzen" (RNr 63 des Urteils). Sodann fasst das EuG instruktiv zusammen, welche Grundsätze für den Umfang der Überprüfung der Kommissionsentscheidung durch das EuG und die Beweislast gelten (im Wesentlichen: ausschließlich Rechtmäßigkeitskontrolle, "beschränkte gerichtliche Kontrolle" komplexer technischer Beurteilungen, Unschuldsvermutung; siehe RNr. 67-73). Im Einzelnen werden dann die geltend gemachten Verfahrensmängel abgehandelt und verworfen.

2. Marktdefinition und Marktbeherrschung
Telefónica wandte sich auch gegen die Marktdefinition und machte ua geltend, dass die Breitband-Großkundenprodukte durch Entbündelung substituierbar wären. Das EuG folgt der Kommission, da die Umstellung auf Entbündelung äußerst kostspielig, sehr zeitaufwendig und nicht im gesamten Land möglich sei.  Die entbündelten Teilnehmeranschlüsse wurden von der Kommission daher zutreffend nicht als Teil der hier relevanten Märkte angesehen. Auch die Unterscheidung zwischen dem regionalen und lokalen Produkt wird vom EuG aufgrund der konkreten Umstände akzeptiert, unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass "die zur Regulierung des Wettbewerbs definierten Märkte unbeschadet der Märkte definiert werden, die in bestimmten Fällen nach dem Wettbewerbsrecht definiert werden können" (RNr. 141).

Zur Marktbeherrschung hält das EuG - dem EuGH in TeliaSonera folgend - fest, dass "die Missbräuchlichkeit einer Preispolitik, die von einem vertikal integrierten Unternehmen in beherrschender Stellung auf einem relevanten Großkundenmarkt eingeführt worden ist und auf eine Beschneidung der Margen seiner Wettbewerber auf dem Endkundenmarkt hinausläuft, nicht davon [abhängt], dass dieses Unternehmen auf dem letztgenannten Markt eine beherrschende Stellung besitzt" (RNr. 146). Dass bei Marktanteilen von 100% bzw 84% auf den relevanten Märkten Marktbeherrschung zutreffend angenommen wurde, überrascht auch nicht wirklich, zumal das Argument der Telefónica, beim Großkundenmarkt handle es sich um einen "Markt ohne Zutritts- und Austrittsschranken" doch einigermaßen originell wirkt. Auch die Verpflichtung, entbündelte Teilnehmeranschlüsse kostenorientiert  bereitstellen zu müssen, ändert nichts an der Marktbeherrschung auf den Breitband-Großkundenmärkten; in RNr 166 heißt es:
"Obwohl nämlich die Fähigkeit, regelmäßige Preiserhöhungen durchzusetzen, eindeutig ein Umstand ist, der auf eine beherrschende Stellung hindeuten kann, ist sie keinesfalls ein notwendiger Umstand, da die Unabhängigkeit eines beherrschenden Unternehmens im Preisverhalten mehr mit der Fähigkeit, die Preise festsetzen zu können, ohne die Reaktion der Wettbewerber, Kunden und Lieferanten in Rechnung stellen zu müssen, als mit der Fähigkeit, die Preise zu erhöhen, zu tun hat [...]. Da sämtliche konkurrierende Großkundenprodukte auf den entbündelten Teilnehmeranschlüssen von Telefónica oder auf ihrem regionalen Großkundenprodukt aufbauen, hängt jedoch die Verfügbarkeit konkurrierender Produkte nicht nur von der tatsächlichen Verfügbarkeit entbündelter Teilnehmeranschlüsse und/oder dem regionalen Großkundenprodukt ab, sondern auch von den wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen diese angeboten werden [...]"  
3. Zum Missbrauch der beherrschenden Stellung:
Das EuG tritt der Ansicht der Klägerinnen entgegen, wonach die Kommission die Kosten-Preis-Schere als De-facto-Weigerung eines Vertragsschlusses (refusal to deal) bewertet habe. Die Kommission hat in der Entscheidung Telefónica nicht zur Gewährung des Zugangs zu den Großkundenprodukten verpflichtet; diese Verpflichtung ergab sich schon aus dem spanischen Regulierungsrahmen. Für die Annahme einer missbräuchlichen Kosten-Preis-Schere müssten nicht die Voraussetzungen für eine missbräuchliche  Lieferverweigerung (im Sinne der Rechtssache Bronner) vorliegen; in RNr. 187 heißt es:
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Margenbeschneidung, wenn es keine objektive Rechtfertigung für sie gibt,  bereits als solche einen Missbrauch im Sinne von Art. 82 EG darstellen kann. Die Margenbeschneidung resultiert aus der Differenz zwischen den Vorleistungs‑ und den Endleistungspreisen und nicht aus der Höhe dieser Preise als solchen. Vor allem kann sie nicht nur aus einem ungewöhnlich niedrigen Preis auf dem Endkundenmarkt, sondern auch aus einem ungewöhnlich hohen Preis auf der Vorleistungsebene resultieren [...]. Daher musste die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht nachweisen, dass Telefónica zu hohe Preise für ihre Produkte für den indirekten Großkunden-Zugang oder Dumpingpreise für ihre Endkundenprodukte verlangt hat  [...]."
Die Anwendung des "as efficient competitor"-Tests wird vom EuG für richtig befunden, eine Untersuchung der Kostenstrukturen konkreter Wettbewerber ist nicht notwendig. Zitat:
190   Zur Beurteilung der Zulässigkeit der von einem beherrschenden Unternehmen angewandten Preispolitik ist grundsätzlich auf Preiskriterien abzustellen, die sich auf die dem beherrschenden Unternehmen entstandenen Kosten und seine Strategie stützen [...].
191   Insbesondere bei einer Preispolitik, die auf eine Margenbeschneidung hinausläuft, kann anhand dieser Prüfungskriterien festgestellt werden, ob das Unternehmen effizient genug gewesen wäre, um seine Endkundendienste anzubieten, ohne dabei Verluste hinnehmen zu müssen, wenn es vorher seine eigenen Vorleistungspreise für die Vorleistungen hätte zahlen müssen [...]
194    Daher hat die Kommission zu Recht die Ansicht vertreten, dass der maßgebliche Test zur Ermittlung einer Kosten-Preis-Schere darin bestanden habe, festzustellen, ob ein Wettbewerber mit der gleichen Kostenstruktur wie der nachgelagerte Geschäftsbereich des vertikal integrierten Unternehmens nachgelagerte Dienste erbringen könnte, ohne Verluste zu verzeichnen, wenn das vertikal integrierte Unternehmen den Zugangspreis auf dem vorgelagerten Markt, der seinen Konkurrenten berechnet werde, entrichten müsste, wobei sie die Selbstkosten von Telefónica zugrunde gelegt hat [...], ohne die Margen der alternativen Hauptbetreiber auf dem spanischen Markt zu untersuchen. 
Besonders nett finde ich das Vorbringen zur Investitionsleiter: Nach Ansicht der Telefónica sollte es nichts ausmachen, wenn einzelne Stufen fehlen, was gerade beim Bild einer Leiter nicht sehr überzeugend wirkt. Das EuG dazu (in RNr. 196):
"Wie die Kommission zutreffend feststellt, kann der Prozess, der den alternativen Betreibern die schrittweise Investition in die eigene Infrastruktur ermöglicht, nur eine gangbare Strategie darstellen, wenn auf den verschiedenen Stufen der Leiter keine Kosten-Preis-Schere besteht. Die den Wettbewerbern von Telefónica aufgezwungene Kosten-Preis-Schere führte jedoch wahrscheinlich zu einem verzögerten Markteintritt und Wachstum ihrer Wettbewerber und erschwerte das Erreichen von hinreichenden Größenvorteilen, die Investitionen in eine eigene Infrastruktur und die Nutzung der entbündelten Teilnehmeranschlüsse gerechtfertigt hätten" 
Die Anwendung des "as efficient competitor"-Tests gilt nur für die nachgelagerte Ebene. Wie die Kommission festgestellt habe, "setzt die Anwendung der Methode des ebenso effizienten Wettbewerbers nicht voraus, dass die Wettbewerber von Telefónica in der Lage sind, auf vorgelagerter Ebene die gleichen Vermögenswerte wie Telefónica einzubringen. Der Kosten-Preis-Scheren-Test gilt für einen ebenso effizienten Betreiber auf der nachgelagerten Ebene, d. h. einen Betreiber, der das Großkundenprodukt des beherrschenden Unternehmens verwendet, im Wettbewerb mit diesem auf dem nachgelagerten Markt steht und dessen Kosten auf diesem Markt den Kosten des beherrschenden Unternehmens entsprechen." (RNr. 209)

Dass das missbräuchliche Verhalten Verbrauchern oder Wettbewerbern tatsächlich geschadet hat, ist für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art 82 EG (nunmehr: Art 102 AEUV) nicht erforderlich (im Detail dazu RNr 266- 283).

4. "Ultra-vires"-Anwendung von Art 82 EG, Subsidiarität und loyale Zusammenarbeit
Das alte und dennoch immer wiederkehrende Thema des Verhältnisses zwischen Regulierungsrecht und allgemeinem Wettbewerbsrecht wird im Urteil T-336/07 und dem sechsten Klagegrund abgehandelt, mit dem die Telefónica "Ultra-vires-Anwendung von Art. 82 EG und Verstoß gegen die Grundsätze der Subsidiarität, der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit, der loyalen Zusammenarbeit und der ordnungsgemäßen Verwaltung" geltend macht. Trotz des teilweise offenbar hochgradig absurden Klagsvorbringens bemüht sich das EuG um eine solide Abhandlung (RNr. 286-316); beispielhaft zitiere ich aus RNr 290:
Was zweitens das Vorbringen der Klägerinnen betrifft, die Kommission habe bei der Bewertung des Verhaltens von Telefónica in der angefochtenen Entscheidung in die Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörden eingegriffen und auf regulatorische Begriffe wie "Investitionsleiter" Bezug genommen, ist festzustellen, dass sich die Klägerinnen auf die Behauptung beschränken, dass dieser Begriff, dessen Verwendung im Rahmen der Anwendung von Art. 82 EG jeder Grundlage entbehre, spiegele weder die Entwicklung des spanischen Marktes noch die Entwicklung der Wettbewerbsstrategie der alternativen Betreiber wider. Auch wenn die Klägerinnen feststellen, dass dieser Begriff regulatorischer Art sei und nicht zum Wettbewerbsrecht gehöre, machen sie keine Angaben dazu, inwiefern durch die Verwendung dieses wirtschaftlichen Konzepts durch die Kommission zur Beschreibung der Entwicklung des spanischen Breitbandmarkts nach der Liberalisierung des Telekommunikationssektors dargetan werden soll, dass die Kommission ihre Befugnisse überschritten oder Art. 82 EG "zu regulatorischen Zwecken" angewandt habe; ihrer Auffassung kann daher nicht gefolgt werden. 
Das EuG hält in RNr. 293 ausdrücklich fest, dass das Art. 7-Verfahren nach der RahmenRL in keiner Weise die Zuständigkeit der Kommission zur Feststellung der Verstöße gegen die Art. 81 EG und 82 EG [nunmehr Art 101 und 102 AEUV] beeinträchtigt: "Somit ergänzen die Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags im Wege der Ausübung einer nachträglichen Kontrolle den vom Unionsgesetzgeber gesetzten Rechtsrahmen für die Vorabregulierung der Telekommunikationsmärkte".

Telefónica konnte sich nicht in Unkenntnis darüber befinden, dass die Beachtung der spanischen Regelung im Bereich der Telekommunikation sie nicht vor einem Eingreifen der Kommission auf der Grundlage von Art. 82 EG schützte (RNr 299); der Rechtsrahmen zur elektronischen Kommunikation zwingt die Kommission auch nicht dazu, das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände nachzuweisen, um ihr Eingreifen (in einem regulierten Sektor) zu rechtfertigen (RNr 300). Die spanische Regulierungsbehörde CMT ist "jedenfalls keine Wettbewerbsbehörde, sondern eine Regulierungsbehörde; sie ist zu keinem Zeitpunkt eingeschritten, um die Einhaltung von Art. 82 durchzusetzen oder Entscheidungen zu erlassen, die sich auf die Praktiken beziehen, die von der angefochtenen Entscheidung mit einer Geldbuße belegt sind" (RNr 301).

Die Kommission war auch nicht verpflichtet, eine Vertragsverletzungsklage gegen Spanien einzuleiten (um ein Einschreiten der nationalen Regulierungsbehörde zu erreichen): "selbst wenn man unterstellt, dass die CMT eine Vorschrift des Unionsrecht verletzt hat und die Kommission daher ein Verletzungsverfahren gegen das Königreich Spanien einleiten konnte, [sind] solche Umstände in keiner Weise geeignet, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu beeinträchtigen." (RNr 307).

Zum Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verweist das EuG darauf, dass die spanische Regulierungsbehörde am Verfahren der Kommission tatsächlich beteiligt wurde (auch wenn sie dann keine Stellungnahme abgegeben hat; s. RNr 310). Allerdings sehen die von der Kommisison anzuwendenden Verfahrensvorschriften (VO 1/2003) gar keine Verpflichtung zur Konsultation der nationalen Regulierungsbehörden vor (RNr 312).

5. Geldbuße
Etwa ein Drittel des Urteils in der Rs T-336/07 befasst sich dann mit der Bemessung der Geldbuße; daraus möchte ich hier nur hervorheben, dass das EuG nochmals betont, dass es Telefónica freigestanden sei, die Endkundenpreise zu erhöhen (RNr 336), und dass der Umstand, dass die Kommission nicht gegenüber der spanischen Regulierungsbehörde eingegriffen habe, kein berechtigtes Vertrauen der Telefónica hervorrufen konnte, dass kein Verstoß gegen Art 82 EG vorliege (RNr 346).

Zum Urteil T-398/07  Spanien / Kommission: Bitte, bitte, klag doch mich!
Dass sich Mitgliedstaaten ihren jeweiligen Incumbents besonders verbunden fühlen, ist kein spezifisch spanischen Phänomen, man denke nur beispielsweise an die deutschen "Regulierungsferien" zugunsten der Deutschen Telekom. Dennoch ist es bemerkenswert, wie sehr sich Spanien in seiner Klage gegen die Kommissionsentscheidung vom 04.07.2007 für die Telefónica ins Zeug wirft. Das EuG hat über diese Klage gesondert entschieden, konnte allerdings viele Begründungselemente übernehmen, da die Argumente doch "überraschend" ähnlich waren. Spanien beschränkte sich aber im Wesentlichen auf die Fragen der loyalen Zusammenarbeit, Subsidiarität und "ultra-vires"-Anwendung des Art 82 EG, wobei. Besonders betont wurde die Bedeutung des Regulierungsrechts mit den Möglichkeiten des Verfahrens nach Art 7 RahmenRL und die befürchteten Auswirkungen auf die Arbeit der Regulierungsbehörde.

Das EuG sprach auch gegenüber Spanien deutlich aus, was Sache ist: Das Argument, dass die Verpflichtung zur Zusammenarbeit im Sinne des Art 7 Abs 2 der RahmenRL missachtet worden wäre, war so kraus, dass das EuG nicht einmal darauf eingehen konnte ("It is clear that the Kingdom of Spain has not presented any sufficiently clear argument in support of the part of the plea relating to the infringement of Article 7(2) of the Framework Directive"; das Urteil ist bislang nicht in deutscher Sprache verfügbar, Zitate daher englisch). Auch dass die Regulierungsbehörde nicht beteiligt worden wäre, weist das EuG - wie auch im Urteil T-336/07 - zurück. Allgemein zur Zusamemnarbeit sagt das EuG in RNr 50:
50   First, the fact that the contested decision related to products and services regulated by CMT in accordance with the applicable European directives is of no relevance. As correctly stated by the Commission, in the absence of express derogation to that effect, competition law is applicable to regulated sectors [...]. Further, the applicability of the competition rules is not ruled out where the sectoral provisions concerned do not preclude undertakings from engaging in autonomous conduct which prevents, restricts or distorts competition [...]
51   Second, the Kingdom of Spain’s assertion that the Commission, in the contested decision, carried out an ‘in depth’ analysis of CMT’s regulatory activity is also of no relevance. While it is certainly true that in the contested decision the Commission made reference to the regulatory context in which Telefónica supplied the regional and national wholesale products, that is because it is necessary, in order to determine whether pricing practices are abusive, to consider all the circumstances and to investigate whether the practice tends to remove or restrict the buyer’s freedom to choose his sources of supply, to bar competitors from access to the market, to apply dissimilar conditions to equivalent transactions with other trading parties, or to strengthen the dominant position by distorting competition [...]
52   Third, it cannot be maintained that the Commission penalised Telefónica for an anti-competitive practice which had previously been analysed by CMT. [...]
Dass die Entscheidung der Kommission die Regulierungstätigkeit der CMT hindern würde, kann das EuG auch nicht nachvollziehen; der Verweis auf die Trinko-Entscheidung des US Supreme Court (die von allen einschlägigen Auftragsgutachtern der Incumbents gerne herangezogen wird) geht schon deshalb ins Leere, weil die von Sekundärrecht abgeleitete Regulierung jedenfalls nicht dem Primärrecht (hier: Art 82 EG) derogieren kann. Außerdem (RNr 56):
it is clear that ex ante regulation by a NRA and ex post review by the Commission have distinct purposes and objectives, the competition rules laid down by the EC Treaty supplementing, by ex post review, the legislative framework adopted by the European Union legislature for ex ante regulation of the telecommunications markets 
Auch die "ultra vires"-Argumente vermögen nicht zu überzeugen (RNr 100-105):
The Kingdom of Spain has however provided nothing in the way of explanation of why the Commission has, in the present case, 'applied Article 82 EC in a way which goes beyond its wording. [...]
The plea is therefore too vague to be answered, and must accordingly be declared to be inadmissible [...]
Schließlich versucht es Spanien noch mit dem Hinweis auf das Gebot der Rechtssicherheit und meint, die Kommission habe mit der angefochtenen Entscheidung eine Zuständigkeit zur Überprüfung von Entscheidungen der Regulierungsbehörde in Anspruch genommen:
106   The Kingdom of Spain claims, in essence, that, by adopting the contested decision, the Commission infringed the principle of legal certainty, since that decision involves an ex post alteration of the design of the ex ante regulatory framework. [...] By means of the contested decision the Commission has become a body with the power to review the administrative activity of the NRA, and the consequence of that is that the regulation of prices has been duplicated. [...]
108   That principle [of legal certainty] has not been infringed in the present case. As stated by the Commission, the Kingdom of Spain’s plea is based on the mistaken premiss that the Commission altered ex post the regulatory framework, which has not been demonstrated.
109   First, it is clear that the sectoral legislation to which the Kingdom of Spain refers has no effect on the competence which the Commission derives directly from [...] Article 7(1) of Regulation No 1/2003 [...]
113 Second, the Kingdom of Spain cannot claim that it was the duty of the Commission, under Article 7 of the Framework Directive, to monitor the regulatory measures adopted by CMT. [...]
114   Third, the Court cannot hold that damage to legal certainty also has ‘future consequences’, taking into account the differences expressed in the contested decision on the subject of the definition of the markets or the methodology of analysis which the NRA are permitted to use in connection with ex ante regulation. As is clear in particular from Article 15 of the Framework Directive, the identification of product and service markets within the electronic communications sector, the characteristics of which may be such as to justify the imposition of regulatory obligations set out in the Specific Directives is without prejudice to markets that may be defined in specific cases under competition law. Likewise, paragraph 28 of the Commission guidelines on market analysis and the assessment of significant market power under the Community regulatory framework for electronic communications networks and services (OJ 2002 C 165, p. 6) states that market definitions under the new regulatory framework for electronic communications networks and services may, in some cases, even in similar areas, be different from the markets as defined by the competition authorities.
115   Fourth and last, while the Kingdom of Spain claims that the Commission ought to have brought infringement proceedings against it, under Article 226 EC, if the Commission had come to the conclusion that the decisions of CMT, as an organ of the Member State, did not ensure the absence of a margin squeeze and, therefore, did not comply with that regulatory framework, it must be observed that, in the contested decision, the Commission did not make any such finding. Further, in any event, even if CMT had infringed a rule of European Union law and the Commission could on that basis have brought infringement proceedings against the Kingdom of Spain, such possibilities can have no effect on the lawfulness of the contested decision.
Das nennt man wahre Unterstützung: Spanien brachte hier ernsthaft vor, die Kommission hätte nicht gegen Telefónica, sondern gegen Spanien mit Klage vorgehen sollen!

PS:  Zum Verhältnis zwischen Regulierungs- und Wettbewerbsrecht kann ich wieder einmal auf meinen Vortrag vom August 2010 hinweisen. Dass auch die heutigen Entscheidungen des EuG meine Position bestätigen, wie ich sie etwa in meiner Replik zu einem originellen Beitrag von Potacs dargelegt habe (beides in Medien und Recht, nicht online), muss ich wohl nicht gesondert betonen.

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